TE Lvwg Erkenntnis 2021/11/16 LVwG-2021/S2/2597-15

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.11.2021

Index

97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

BVergG 2018 §155 Abs1
BVergG 2018 §365 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Mit Schriftsatz vom 27.09.2021, beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingelangt am 27.09.2021 per E-Mail um 17.24 Uhr, hat die AA (im weiteren kurz Antragstellerin genannt), vertreten durch BB, Adresse 1, **** Z, in dem vom Land Tirol (kurz Auftraggeber genannt), vertreten durch CC, Adresse 1, **** Y, am 21.09.2011 eingeleiteten Abrufes aus der Rahmenvereinbarung auf vom 10.07.2021 „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ – Lose 1 bis 3 – die Nichtigerklärung des gesamten erneuten Aufrufes zum Wettbewerb vom 21.09.2021 samt Eventualantrag beantragt und gleichzeitig einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Der Senat 2 des Landesverwaltungsgerichtes Tirol entscheidet durch Frau Mag.a Weißgatterer als Vorsitzende Richterin, sowie Herrn Dr. Wurdinger als Berichterstatter und Herrn Dr. Rosenkranz als weiteres Mitglied

zu Recht :

1.   Der Nachprüfungsantrag „den gegenständlichen angefochtenen erneuten Aufruf zum Wettbewerb vom 21.09.2021 für die Lose 1 bis 3 für nichtig zu erklären“ wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Dem Nachprüfungsantrag wird im Sinne des von der Antragstellerin ebenfalls gestellten Eventualantrages Folge gegeben und die Festlegung „die Analyseergebnisse sind innerhalb von 14 Stunden ab Abstrichnahme dem Land Tirol über die Schnittstelle von MM zur Verfügung zu stellen“ in Punkt 2. des Dokumentes „Abruf aus der Rahmenvereinbarung vom 21.09.2021“ als rechtswidrige wesentliche Abweichung von der seinerzeitigen Rahmenvereinbarung, zugeschlagen am 10. Juli 2021, für nichtig erklärt.

3.   Der Auftraggeber hat der Antragstellerin die von dieser entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von zusammen Euro 7.800,00 zuhanden der Rechtsvertreter binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu ersetzen.

4.   Die einstweilige Verfügung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 07. Oktober 2021, Zl LVwG-***, wird aufgehoben.

5.   Die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 27.09.2021, beim Landesverwaltungsgericht Tirol per E-Mail eingelangt am 27.09.2021 um 17.24 Uhr, hat die Antragstellerin die Nachprüfung des vom Auftraggeber durchgeführten erneuten Aufrufes zum Wettbewerb auf Basis der Rahmenvereinbarung vom 10.07.2021“Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ – Lose 1 bis 3 beantragt und gleichzeitig einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt.

Im Einzelnen wird im Schriftsatz vom 27.09.2021 ausgeführt, wie folgt:

„In umseits bezeichneter Rechtssache gibt die Antragstellerin bekannt, dass sie der CC, Adresse 1, **** Z, Vollmacht erteilt hat. Die Antragstellerin ersucht, die Zustellungen in diesem Verfahren an die CC (zH DD) vorzunehmen.

I. ANTRAG AUF NICHTIGERKLÄRUNG

1.       SACHVERHALT

1.1      Mit europaweiter Bekanntmachung vom 2.6.2021 zu *** hat der Auftraggeber ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit sieben Partnern betreffend Laborleistungen für COVID-19-Testungen nach dem Billigstbieterprinzip eingeleitet.

1.2      Das Vergabeverfahren zum Abschluss der Rahmenvereinbarung wurde im Wesentlichen in folgenden Unterlagen geregelt:

Bekanntmachung vom 2.6.2021;

Bekanntmachung Berichtigung vom 11.6.2021;

Dokument “Aufforderung zur Angebotsabgabe“;

Fragenbeantwortung vom 9.6.2021;

Fragenbeantwortung vom 10.6.2021.

1.3      Unter Punkt 2.1.1. der Leistungsbeschreibung des Dokuments "Aufforderung zur Angebotsabgabe" finden sich hinsichtlich der Analysezeiten folgende Mindestanforderungen:

„Bild im pdf ersichtlich“

1.4      In der Fragenbeantwortung vom 10.6.2021 wurde hinsichtlich der Analysezeiten festgehalten, dass die 12-Stunden-Frist für die Auswertung ab Eintreffen im Labor für die Nachtstunden nicht gilt:

„Bild im pdf ersichtlich“

1.5      Die Angebotsfrist endete am 18.6.2021, 12:00 Uhr. Die Antragstellerin hat ihr ausschreibungskonformes Angebot innerhalb offener Frist entsprechend den Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen über die Vergabeplattform abgegeben.

1.6      Mit Schreiben der vergebenden Stelle vom 29.6.2021 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Rahmenvereinbarung (nach Ablauf der Stillhaltefrist) mit ihr zu schließen. Zum Schutz des Wettbewerbs innerhalb der Rahmenvereinbarung wurden seitens des Auftraggebers jedoch die Namen der weiteren präsumtiven Rahmenvereinbarungspartner sowie die Gründe für deren Auswahl nicht bekanntgegeben. Mit Schreiben der vergebenden Stelle vom 10.7.2021 wurde die Rahmenvereinbarung mit der Antragstellerin geschlossen.

1.7      Auf Basis dieser Rahmenvereinbarung hat der Auftraggeber (vertreten durch die vergebende Stelle) am 21.9.2021 einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb in vier geografischen Losen (Los 1 "JJ", Los 2 "KK", Los 3 "LL" und Los 4 "GG") eingeleitet.

1.8      Der erneute Aufruf zum Wettbewerb wird im Wesentlichen im Dokument "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" geregelt.

1.9    Zum Auftragsgegenstand wird unter Punkt 2 des Dokuments "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" zu den Analysezeiten festgelegt, dass diese im Gegensatz zur Rahmenvereinbarung nicht mehr 24 Stunden ab Abnahme beträgt, sondern nur mehr 14 Stunden ab Abnahme:

Bild als pdf ersichtlich

1.10    Die Angebotsfrist endet am 29.9.2021, um 12:00 Uhr.

Beweis:  Erneuter Aufruf zum Wettbewerb (Beilage ./A);

Vergabeakt (vom Auftraggeber vorzulegen);

1.11    Gegen den erneuten Aufruf zum Wettbewerb vom 21.9.2021 in den Losen 1 bis 3 sowie die darin festgelegte Analysezeit von 14 Stunden richtet sich der gegenständliche Nachprüfungsantrag.

2.       BESTIMMTE BEZEICHNUNG DES VERLETZTEN RECHTS / BESCHWERDEPUNKTE / ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG

2.1      Die Antragstellerin erachtet sich durch den erneuten Aufruf zum Wettbewerb vom 21.9.2021 generell im Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie insbesondere

?      im Recht auf Durchführung eines transparenten und dem freien und lauteren Wettbewerb entsprechenden Vergabeverfahrens,

?      im Recht auf Gleichbehandlung aller Bieter und Rahmenvereinbarungspartner,

?      im Recht auf Nicht-Diskriminierung,

?      im Recht auf Durchführung eines rechtskonformen erneuten Aufrufs zum Wettbewerb

?      im Recht auf Unterlassung diskriminierender und markteinschränkender Festlegungen ohne sachliche Begründung

?      im Recht auf Einhaltung der Bedingungen der Rahmenvereinbarung und Unterlassung der Festlegung von der Rahmenvereinbarung abweichender Analysezeiten,

?      im Recht auf Unterlassung der Festlegung von diskriminierenden und unsachlich kurzen Analysezeiten,

?      im Recht darauf, dass Rahmenvereinbarungen während ihrer Laufzeit nicht wesentlich geändert werden,

?      im Recht auf Einhaltung festgelegter Mindestanforderungen,

?      im Recht auf vergaberechts- und ausschreibungskonforme Angebotsprüfung und Billigstbieterermittlung sowie

?      im Recht auf transparente und vergaberechtskonforme Angebotsbewertung

verletzt.

2.2      Es wird daher der gesondert anfechtbare erneute Aufruf zum Wettbewerb vom 21.9.2021 angefochten, in eventu, die darin in Punkt 2 des Dokuments "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" festgelegte Anforderung einer Analysezeit von 14 Stunden.

Beweis: wie bisher;

3.       ZULÄSSIGKEIT DES NACHPRÜFUNGSANTRAGES

3.1      Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Tirol und Rechtzeitigkeit des Antrags

3.1.1   Der Auftraggeber des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb ist das Land Tirol. Gemäß § 1 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 iVm § 3 Abs 2 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2018 (idF "TVNG 2018") ist das Landesverwaltungsgericht Tirol zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen sowie zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch das Land Tirol zuständig.

3.1.2   Bei dem erneuten Aufruf zum Wettbewerb vom 21.9.2021 handelt es sich gemäß § 2 Z 15 lit a) sublit jj) BVergG um eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

3.1.3   Gemäß § 10 Abs 1 TVNG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung gesondert anfechtbarer Entscheidungen spätestens binnen zehn Tagen ab Absendung der Entscheidung bzw erstmaliger Verfügbarkeit einzubringen. Im konkreten Fall hat der Auftraggeber den erneuten Aufruf zum Wettbewerb am 21.9.2021 versandt. Der gegenständliche Antrag auf Nichtigerklärung ist somit jedenfalls rechtzeitig.

Beweis:        wie bisher;

3.2      Interesse am Vertragsabschluss

3.2.1   Die Antragstellerin ist ein führendes österreichisches Unternehmen für SARS-CoV-2-assoziierte Labordiagnostik. Der gegenständliche Auftrag in den Losen 1 bis 3 stellt für die Antragstellerin in Anbetracht der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse in Österreich sowie der mit einer Auftragserteilung verbundenen Publizitätswirkung ein wesentliches Referenzprojekt dar.

3.2.2   Das Interesse der Antragstellerin am Erhalt des gegenständlichen Auftrages zeigt sich bereits in der Beteiligung an der vorausgegangenen Ausschreibung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung sowie der Legung eines Angebots in Los 2 (und der Legung von Angeboten samt Zuschlagserteilung für die Lose 1 und 3) in einem früheren erneuten Aufruf zum Wettbewerb. Daraus ergibt sich unzweifelhaft das Interesse der Antragstellerin am Vertragsabschluss; dieses Interesse ist zudem durch die Stellung des gegenständlichen Nachprüfungsantrags evident.

Beweis:          PV (GF EE), wird von der Antragstellerin stellig gemacht;

3.3      Angaben über den drohenden Schaden

3.3.1   Durch die unter Punkt 4 näher ausgeführten Rechtswidrigkeiten wird der Antragstellerin in den Losen 1 bis 3 die Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren/erneutem Aufruf zum Wettbewerb unmöglich gemacht.

3.3.2   Der Antragstellerin droht durch die Rechtswidrigkeiten der Entgang des aus diesem Auftrag zu lukrierenden Gewinns sowie der Deckungsbeitrag zu den Fixkosten in der Höhe von jedenfalls mehr als EUR 10.000. Hinzu kommen die für den gegenständlichen Antrag entrichteten Pauschalgebühren sowie die Kosten der rechtsfreundlichen Beratung und Vertretung in Höhe von rund EUR 10.000.

3.3.3   Daneben droht der Antragstellerin auch der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes. Nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden erfasst der Begriff des Schadens eben nicht nur bloße Vermögensschäden im Sinne des Zivilrechts, sondern ganz allgemein jene Nachteile, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeiten, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen, liegen (BVA 26.4.2004, 12N-2/04-55).

Beweis:           PV (GF EE), wird von der Antragstellerin stellig gemacht;

3.4      Pauschalgebühren entrichtet

3.4.1   Aufgrund der garantierten Anzahl an Proben pro Monat unter Punkt 5. im Dokument "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" geht die Antragstellerin in den Losen 1 bis 3 jeweils von einem geschätzte Auftragswert im Oberschwellenbereich aus.

3.4.2   Die Antragstellerin überweist EUR 7.200,00 an Pauschalgebühren an das LVwG. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Bild als pdf ersichtlich

Beweis: Zahlungsbestätigung (wird kurzfristig nachgereicht);

4.       ZU DEN RECHTSWIDRIGKEITEN

4.1      Erneuter Aufruf zum Wettbewerb weicht wesentlich von den Bedingungen der Rahmenvereinbarung ab

4.1.1   Gemäß Punkt 2. des Dokuments "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" muss das Analyseergebnis innerhalb von 14 Stunden ab Abstrichnahme dem Land Tirol über die Schnittstelle MM zur Verfügung gestellt werden. Diese Bedingung zum erneuten Aufruf zum Wettbewerb weicht wesentlich von den Festlegungen unter Punkt 2.1.1 des Dokuments "Aufforderung zur Angebotsabgabe" (=Rahmenvereinbarung) sowie der Fragenbeantwortung vom 10.6.2021 ab, wonach

(i)    ein Analyseergebnis erst zwölf Stunden ab Eintreffen der Probe im Labor (!) an das Land Tirol übermittelt werden muss,

(ii)   diese 12-Stunden-Regel in der Nacht bei einem Eintreffen der Probe nach 20:00 Uhr nicht gilt und der Analyseprozess erst am nächsten Tag um 8:00 Uhr begonnen werden muss und

(iii) das PCR-Analysesystem des Rahmenvereinbarungspartner innerhalb von 24 Stunden ab Abnahme valide Daten liefern muss.

Im Vergleich zu den Festlegungen in der Rahmenvereinbarung wird im gegenständlichen erneuten Aufruf zum Wettbewerb folglich die Analysefrist (ab Abnahme) ganz massiv um zehn Stunden verkürzt.

4.1.2   Gemäß § 155 Abs 1 BVergG dürfen bei der Vergabe von Leistungen auf Basis einer Rahmenvereinbarung keine wesentlichen Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vorgenommen werden. Laut den Gesetzesmaterialien sowie der Judikatur des VwGH liegt eine solche wesentliche Änderung insbesondere dann vor, wenn der Leistungsgegenstand bei Abrufen derart geändert wird, dass – wäre diese neue Bedingung bereits in der Ausschreibung für den Abschluss der Rahmenvereinbarung enthalten gewesen – wesentliche andere Angebote abgegeben worden wären oder sich der Bieterkreis stark verändert hätte (vgl VwGH 18.3.2015, 2012/04/0070; 16.12.2015, Ra 2015/04/0071). Beides ist gegenständlich evident, wie im Folgenden näher ausgeführt.

4.1.3   Die Verkürzung der Analysefrist ab Abnahme um zehn Stunden im Vergleich zur Rahmenvereinbarung hat im gegenständlichen erneuten Aufruf zum Wettbewerb zum Ergebnis, dass faktisch so gut wie keine Laborbetreiber mehr in der Lage sind, die Analysen rechtzeitig zu erbringen. Die Gründe dafür liegen in der Transportlogistik, was sich im vorliegenden Fall anschaulich am Beispiel der Auswertung der mobilen Testteams darlegen lässt.

Gemäß der Antwort des Auftraggebers auf Frage 15 in der Fragenbeantwortung vom 9.6.2021 müssen die Proben der mobilen Testteams täglich am Ende der Öffnungszeit der jeweiligen Screeningstraße abgeholt werden. Am Standort Y erfolgt dies täglich am Parkplatz "FF" um 21:00 Uhr. Wenn also beispielsweise vom mobilen Testteam in Y eine Probe um 9:00 Uhr abgenommen wird, verbleibt dem Auftragnehmer im Zeitpunkt der Übernahme um 21:00 Uhr noch eine Restfrist von zwei Stunden für die vollständige Analyse der Probe. Naturgemäß kann die Analyse dieser Probe daher nur mehr durch einen Rahmenvereinbarungspartner rechtzeitig erfolgen, der in unmittelbarer Umgebung ein Labor betreibt (sofern eine rechtzeitige Auswertung binnen zwei Stunden überhaupt realistisch sein sollte). Auf Basis der (ursprünglichen) Anforderungen gemäß der Rahmenvereinbarung würde die Restfrist jedoch noch zwölf Stunden betragen, weshalb eine Auswertung auch noch problemlos von Laborbetreibern mit weiter entfernten Standorten (wie der Antragstellerin) durchgeführt werden könnten. Schon anhand dieses Beispiels ist es daher evident, wie drastisch sich der Bieterkreis durch die um zehn Stunden verkürzte Analysefrist verändert bzw dass der Auftraggeber eine Anforderung ganz wesentlich zum Nachteil der Antragstellerin abgeändert hat (und zwar in genauer Kenntnis der Logistik der Antragstellerin).

4.1.4   Die Änderung der Analysefrist hat zudem gravierende Auswirkungen auf die Angebotserstellung und -kalkulation der Rahmenvereinbarungspartner. Die Kosten für die Probenlogistik sind (neben den Kosten für die eigentliche Analyse) ein wesentlicher Faktor für den Preis pro Analyse, wie dieser gegenständlich für den Abschluss der Rahmenvereinbarung anzubieten war.

Bei einer um zehn Stunden verkürzten Analysefrist müssen wesentlich mehr Transportfahrten erfolgen, was sich wiederum erheblich auf den Preis pro Analyse auswirkt. Wenn diese verkürzte Analysefrist daher bereits Gegenstand der Ausschreibung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung gewesen wäre, hätte dies zu wesentlich anderen Angeboten mit viel höheren Preisen pro Analyse geführt. Vor diesem Hintergrund ist es daher offenkundig, dass auch die zweite Alternative, welche ein vergaberechtlich unzulässiges wesentliches Abweichen von der Rahmenvereinbarung begründet, klar erfüllt ist.

4.1.5   Die gegenständlich um zehn Stunden verkürzte Angebotsfrist erfüllt sohin (sogar) beide (für sich alternativen) Voraussetzungen, welche gemäß der Judikatur des VwGH eine vergaberechtswidrige wesentliche Änderung der Bedingungen der Rahmenvereinbarung darstellen. Dementsprechend ist auch der erneute Aufruf zum Wettbewerb für die Lose 1 bis 3 unter diesen geänderten Bedingungen klar vergaberechtswidrig.

Beweis: Vergabeakt (vom Auftraggeber vorzulegen);

4.2      Verkürzte Analysefrist sachlich nicht gerechtfertigt

4.2.1   Der Auftraggeber begründet die um zehn Stunden verkürzte Analysefrist damit, dass dies aufgrund einer Klarstellung des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (idF "BMSGPK") mit E-Mail vom 20.9.2021 geboten wäre. Gemäß dieser Klarstellung des BMSGPK müsse die 24 Stunden Analysefrist nicht ab Probenabnahme gerechnet werden, sondern ab Einmeldung eines Verdachtsfalls bei der Hotline 1450.

Diese Argumentation überzeugt jedoch deshalb nicht, weil das Ministerium in seiner Klarstellung vom 20.9.2021 festhält, dass von diesem 24 Stunden Zeitraum lediglich die Probenabnahme, der Transport, die anschließende Auswertung sowie die Meldung des Ergebnisses an die Gesundheitsbehörde umfasst sind. Der Zeitraum zwischen Einmeldung des Verdachtsfalls bei der Hotline 1450 und Probenabnahme wird vom BMSGPK hingegen nicht erwähnt. Die Klarstellung des BMSGPK ist sohin nicht geeignet, die vergaberechtswidrige Verkürzung der Analysefrist sachlich zu rechtfertigen (wie wohl so eine Rechtfertigung auch keine Vergaberechtswidrigkeit beseitigen könnte).

4.2.2   Des Weiteren wurde der dieser Klarstellung zugrundeliegende Erlass des BMSGPK bereits im März 2021 an die Gesundheitsbehörden übermittelt. Der Abschluss der verfahrensgegenständlichen Rahmenvereinbarung erfolgte jedoch erst am 10.7.2021. Eine Änderung der Rechtslage erfolgte seit Abschluss der Rahmenvereinbarung folglich nicht. Dies schon deshalb nicht, weil Erlässe keine neue Rechtslage schaffen, sondern bloß interne Verwaltungsvorgänge sind.

4.2.3   Eine sachliche Rechtfertigung für die Verkürzung der Analysefrist ist in der Argumentation des Auftraggebers im gegenwärtigen Fall daher nicht ersichtlich. Insbesondere ist keine sachliche Rechtfertigung für die dramatische Einschränkung des potentiellen Bieterkreises (unter den Partnern der Rahmenvereinbarung) ersichtlich.

Beweis: E-Mail BMSGPK vom 20.9.2021 (Beilage ./B);

Erlass BMSGPK vom 3.3.2021 (Beilage ./C).

5.       ANTRÄGE

Aus all diesen Gründen werden daher gestellt die

Anträge,

(i)      den gegenständlich angefochtenen erneuten Aufruf zum Wettbewerb vom 21.9.2021 für die Lose 1 bis 3 für nichtig zu erklären,

in eventu

(ii)    die Festlegung "Die Analysergebnisse [sic] sind innerhalb von 14 Stunden ab Abstrichnahme dem Land Tirol über die Schnittstelle von MM zur Verfügung zu stellen." in Punkt 2. des Dokuments "Abruf aus der Rahmenvereinbarung" als rechtswidrige wesentliche Abweichung von der Rahmenvereinbarung für nichtig zu erklären,

sowie jedenfalls

(iii)   eine mündliche Verhandlung anzuberaumen,

(iv)    Akteneinsicht im größtmöglichen Umfang in den Vergabeakt zu gewähren, und

(v)      dem Auftraggeber aufzutragen, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren für diesen Nachprüfungsantrag binnen 14 Tagen zu Handen ihres Rechtsvertreters bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

II.      ANTRAG AUF ERLASSUNG EINER EINSTWEILIGEN VERFÜGUNG

1.       ALLGEMEINES

Die Antragstellerin verweist auf das gesamte oben unter Punkt I. erstattete Vorbringen und die angebotenen Beweismittel und erhebt diese zum Vorbringen bzw zu Bescheinigungsmitteln des gegenständlichen Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

2.       ZUR INTERESSENABWÄGUNG

Die Vergabekontrollbehörden haben widerholt ausgesprochen, dass nach dem Grundgedanken der Rechtsmittelrichtlinie dem provisorischen Rechtsschutz Vorrang einzuräumen und eine einstweilige Verfügung nur dann nicht zu erlassen ist, wenn besondere Gründe eine solche Ausnahme vom Prinzip des Vorrangs des vergaberechtlichen Rechtsschutzes vor Zuschlagserteilung erfordern (etwa BVwG 24.7.2015, W123 2110737-1/4E; BVA 21.2.2006, N/0008-BVA/08/2006-EV30; BVA 25.4.2006, N/0025-BVA/04/2006-EV7 ua). Solche besonderen Gründe sind im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

2.1      Interesse der Antragstellerin

Zur unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen der Antragstellerin ist ergänzend zu den Ausführungen unter Punkt I.3.3 festzuhalten, dass die einstweilige Verfügung schon deshalb zwingend erforderlich ist, da der Auftraggeber ansonsten durch die (rechtswidrige) Durchführung des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb unumkehrbare Tatsachen schaffen könnte.

Bei einer Nicht-Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung droht der Antragstellerin insbesondere ein Schaden aus entgangenem Gewinn; auch hinsichtlich der sonstigen unmittelbar drohenden Schäden wird auf Punkt I.3.3 des Nachprüfungsantrages verwiesen. Der Antragstellerin drohen somit erhebliche Schäden und Nachteile. Durch die rechtswidrigen wesentlichen Abweichungen von der Rahmenvereinbarung wird es der Antragstellerin zudem unmöglich gemacht, ein Angebot abzugeben, weshalb die Angebotsfrist für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens jedenfalls auszusetzen ist.

2.2      Interesse des Auftraggebers und der übrigen Verfahrensteilnehmer

Dem Aussetzen der Angebotsfrist bzw dem Erlass einstweiliger Maßnahmen stehen keine vergleichbaren Interessen des Auftraggebers und etwaiger sonstiger Mitbieter entgegen.

Zudem sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Verfahrensverzögerungen auf Grund von Nachprüfungsverfahren in ihrem Zeitplan zu berücksichtigen (vgl etwa BVwG 24.7.2015, W123 2110737-1/4E; BVA 28.12.2006, N/0105-BVA/07/2006-EV11).

Darüber hinaus ist ein dem Auftraggeber allfällig entstehender Schaden schon deswegen weniger stark zu gewichten, weil er durch seine rechtswidrige Festlegung die Situation geschaffen hat, welche diesen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erst notwendig gemacht hat. Dieser Umstand wird auch vom Europäischen Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zur Erlassung einstweiliger Anordnungen gemäß Art 279 AEUV (zB EuGH 25.4.1996, Rs C-87/94, Kommission/Belgien) berücksichtigt.

Eine einstweilige Verfügung stellt daher weder für den Auftraggeber noch für sonstige Verfahrensbeteiligte eine unverhältnismäßige Belastung dar.

2.3      Kein entgegenstehendes öffentliches Interesse

Nach der Judikatur der Vergabekontrollbehörden zählen zu den besonderen öffentlichen Interessen, die der Erlassung einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen, grundsätzlich nur die Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum (vgl etwa BVA 29.12.2003, 02N-147/03).

Eine Gefährdung von Leib und Leben durch einen für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens verzögerten Abschluss des gegenständlichen Auftrages (Abruf aus der Rahmenvereinbarung) besteht nicht. Dem Auftraggeber steht zum jetzigen Zeitpunkt die Möglichkeit offen, bestehende Beauftragungen in den Losen 1 bis 3 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens zu verlängern.

Weiters liegt es in der Verantwortung des Auftraggebers, rechtzeitig Vergabeverfahren hinsichtlich notwendiger Beschaffungen durchzuführen. Der grundsätzliche Bedarf an PCR-COVID 19-Testungen ist dem Auftraggeber unzweifelhaft zumindest seit mehreren Monaten bewusst und war dementsprechend vorhersehbar (auch der Erlass des BMSGPK ist dem Auftraggeber seit mehreren Monaten bekannt).

Der Auftraggeber kann sich sohin nicht auf das Vorliegen besondere öffentliche Interessen stützen, die einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen würden. Darüber hinaus liegt in der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse (vgl VfGH 25.10.2002, B 1369/01; BVA 10.2.2006, N/0001-BVA/02-2006-EV10; BVA 24.5.2006, N/0038-BVA/04-2006-EV8). Eine solche ist aber nur bei Stattgabe der einstweiligen Verfügung gewährleistet.

2.4      Ergebnis der Interessenabwägung

Zusammenfassend besteht daher ein großes öffentliches Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Besondere öffentliche Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens sind demgegenüber nicht gegeben. Der Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes ist nämlich die Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren.

Auftraggeberinteressen sowie allfällige Interessen von Mitbietern, die durch die Verzögerung des Vergabeverfahrens geschädigt werden könnten, sind nicht ersichtlich bzw zumindest unbeachtlich. Wie bereits ausgeführt, ist ein besonderes Dringlichkeitsinteresse an der raschen Durchführung des Vergabeverfahrens jedenfalls nicht gegeben.

Die Interessensabwägung hat daher zu Gunsten der Antragstellerin auszufallen, da ihre Interessen bei der Fortführung des Vergabeverfahrens wesentlich bedroht sind.

Die begehrte einstweilige Verfügung stellt auch die gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme dar (VwGH 10.12.2007, Zl. 2007/04/0054).

3.       ANTRÄGE

Es werden daher gestellt die

Anträge,

(i)      eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher dem Auftraggeber die Fortführung des gegenständlichen Vergabeverfahrens (erneuter Aufruf zum Wettbewerb) für die Lose 1 bis 3 untersagt und die Angebotsfrist ausgesetzt wird,

in eventu

(ii)    eine einstweilige Verfügung zu erlassen, mit welcher dem Auftraggeber für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im gegenständlichen Vergabeverfahren (erneuter Aufruf zum Wettbewerb) die Öffnung der Angebote in den Losen 1 bis 3 untersagt wird,

sowie jedenfalls

(iii)   dem Auftraggeber aufzutragen, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung binnen 14 Tagen zu Handen ihres Rechtsvertreters bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

AA“

Zusammen mit dem Schriftsatz vom 27.09.2021 hat die Antragstellerin Urkunden gelegt, die zum Akt genommen und wie folgt bezeichnet werden:

•        Erneuter Aufruf zum Wettbewerb      Beilage./A

?        E-Mail BMSGPK vom 20.09.2021       Beilage./B

?        Erlass BMSGPK vom 03.03.2021       Beilage./C

Mit E-Mail vom 28.09.2021, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 28.09.2021 um 08.26 Uhr, hat die Antragstellerin den Nachweis über die Entrichtung der Pauschalgebühr von Euro 7.200,00 übermittelt, der zum Akt genommen und wie folgt bezeichnet wird:

?    Zahlungsbestätigung Pauschalgebühr über Euro 7.200,00  Beilage./D

Mit Schreiben vom 29.09.2021, Zl LVwG-*** forderte das Landesverwaltungsgericht die Antragstellerin auf, die fehlende Pauschalgebühr in Höhe von Euro 600,00 zu entrichten.

Mit Schriftsatz vom30.09.2021, beim Landesverwaltungsgericht Tirol per E-Mail eingelangt am 30.09.2021 um 10.42 Uhr, hat daraufhin der Auftraggeber, vertreten durch die CC, zum Vorbringen im Nachprüfungsantrag Stellung genommen und hiezu im Einzelnen ausgeführt, wie folgt:

„Das Land Tirol hat die CC mit ihrer Vertretung im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren, LVwG-***, beauftragt und erstattet durch ihre ausgewiesene Vertreterin gemäß Auftrag vom 28.09.2021 binnen offener Frist nachstehende

I.       S T E L L U N G N A H M E

zum dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und zum Nachprüfungsantrag der Antragstellerin und führt dazu näher aus wie folgt:

A.)      Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Der einzige Anfechtungspunkt des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens ist die mit dem (erneuten) Abruf aus der Rahmenvereinbarung von 24 Stunden auf 14 Stunden verkürzte Analysefrist für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“.

Die Antragstellerin behauptet in ihrem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Punkt 2.3, dass durch den – aufgrund der beantragten einstweiligen Verfügung – verzögerten Abschluss des gegenständlichen Auftrages (Abruf aus der Rahmenvereinbarung vom 21.09.2021 für 4 Lose für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“) für die Dauer des Nachprüfungsantrages keine Gefährdung von Leib und Leben besteht.

Diese Behauptung der Antragstellerin ist unrichtig.

Nach Rechtsprechung und Literatur ist eine einstweilige Verfügung nicht zu erlassen, wenn deren Erlassung besondere öffentliche Interesse gefährdet. Unter diesen öffentlichen Interessen ist eine Gefährdung von Leib, Leben, Gesundheit sowie Eigentum und die Gefährdung volkswirtschaftlicher Interessen zu verstehen (BVA, 11.01.2008, N/0007-BVA/05/2008-EV15; BVA 29.12.2003, 02N-147/03-5; RPA 2001, 129 [132]; RPA 2004, 285 [293]).

Der Abschluss des gegenständlichen Auftrages zur Beschaffung von „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ stellt eine äußerst wichtige Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 dar. Die anfechtungsgegenständlichen drei Lose (wobei von der mit der beantragten einstweiligen Verfügung zu untersagende Angebotsöffnung auch das Los 4“GG“ [Bezirk X] betroffen ist) sollen die Laboranalyseleistungen von behördlich angeordneten „COVID-19-Tests“ das gesamte Landegebiet von Tirol abdecken:

Los 1 „JJ“:             Proben aus den Screeningstraßen W, V und U sowie Proben der mobilen Teams JJ

Los 2 „KK“:              Proben aus den Screeningstraßen Y und T sowie Proben der mobilen Teams KK inkl. Proben aus allfälligen Testungen in Hochinzidenzgemeinden

Los 3 „LL“:              Proben aus den Screeningstraßen S und R sowie Proben der mobilen Teams LL

Los 4 „GG“:              Proben aus der Screeningstraße X sowie Proben der mobilen Teams X (Abholung der Proben in der Screeningstraße)

Der Abschluss des Auftrages für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ für die oben geographisch näher beschriebenen Teile Tirols ist zur Aufrechterhaltung aller der von der Republik Österreich getroffenen und auch erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung der weiteren Verbreitung von „COVID-19“ unerlässlich und stellt ein gesetzlicher Auftrag dar. Zur Umsetzung dieses Auftrags ist bei einem sogenannten „Verdachtsfall“ ein „COVID-19-Test“ behördlich anzuordnen. Würde die begehrte einstweilige Verfügung erlassen werden, wird die damit einhergehende Verzögerung des Abschlusses des Auftrages für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ dazu führen, dass dieser gesetzliche Auftrag nicht mehr erfüllt werden kann und wäre dadurch im gesamten Landesgebiet Tirol eine wichtige Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von „COVID-19“ nicht mehr umsetzbar, weshalb davon auszugehen ist, dass ein massiver Anstieg an „COVID-19-Infektionen“ zu verzeichnen sein wird.

Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) hat seinen „Erlass betreffend Abklärung von COVID-19-Verdachtsfällen durch Probenahme und Laboruntersuchungen gemäß Epidemiegesetz 1950, CONTAINMENT 3.0, GZ ***“ vom 03.03.2021 im September 2021, konkret mit E-Mail vom 20.09.2021, dahingehend klargestellt, dass mit der Einmeldung eines Verdachtsfalles die 24-Stunden-Frist, bis zu welcher das Analyseergebnis vorliegen muss, zu laufen beginnt, „damit […] sichergestellt [wird], dass zeitnah die notwendigen Maßnahmen gesetzt werden können, um die Weiterverbreitung des Virus und damit weitere Ansteckungen vermeiden zu können“. Vor diesem Hintergrund hatte die Antragsgegnerin als Auftraggeberin im „Abruf aus der Rahmenvereinbarung Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ vom 21.09.2021 die Festlegung zu treffen, dass die noch in der Rahmenvereinbarung vom 10.07.2021 mit 24 Stunden festgelegte Frist für die Vorlage der Analyseergebnisse nunmehr innerhalb von 14 Stunden ab Abstrichnahme dem Land Tirol über die Schnittstelle von MM zur Verfügung zu stellen ist (im Weiteren wird dazu auf die Ausführungen in Punkt B.) verwiesen).

Der Behauptung der Antragstellerin, dass die Auftraggeberin die (mit unterschiedlichen Rahmenvereinbarungspartnern) bestehenden Beauftragungen für die ausschreibungsgegenständlichen Lose für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens verlängern könne und dadurch auch bei einer Stattgebung der beantragten einstweiligen Verfügung kein besonderes öffentliches Interesse verletzt werde, ist entgegenzuhalten, dass die verkürzte Analysefrist auf 14 Stunden im Hinblick auf den Erlass des BMSGPK bzw. die Klarstellung zur Auslegung des Erlasses vom September 2021 für die Verhinderung der Verbreitung von „Covid-19-Infektionen“ dringend erforderlich ist und einen Verlängerung der bestehenden Verträge nur auf Grundlage der diesen Verträgen zugrundeliegenden Analysefrist von 24 Stunden möglich wäre, ungeachtet dessen, dass eine solche Verlängerung der bestehenden Verträge nicht automatisch erfolgen kann, sondern die Zustimmung sämtlicher Vertragspartner bedarf.

Diese verkürzte Analysefrist auf 14 Stunden steht sohin in unmittelbaren Wirkungszusammenhang mit der Verhinderung der Verbreitung von „COVID-19-Infektionen“ und dient damit dem effektiven Schutz von Leib und Leben sowie der Gesundheit.

Das BMSGPK vermeldet zum 29.09.2021, 09:30 Uhr, allein in Österreich bereits 10.998 Todesfälle im Zusammenhang mit einer „COVID-19-Infektion“. Nach den Bundesländermeldungen zum 29.09.2021 gibt es in Österreich 741.046 Personen, die an einer „COVID-19-Infektionen“ erkrankt sind, davon allein 70.121 Personen in Tirol. Zum 29.09.2021 sind in Tirol 53 erkrankte Personen hospitalisiert und bei 16 Personen ist eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich (vgl. https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Neuartiges-Coronavirus-(2019-nCov).html [abgefragt am 29.09.2021]).

Die „COVID-19-PCR-Tests“ verfügen über eine äußerst hohe klinische-diagnostische Sensivität und Spezifität zum Nachweis einer „COVID-19-Infektion“ und ist daher eine essenzielle Maßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von weiteren „COVID-19-Infektionen“ (vgl. Ärzteblatt zur Sensitivität eines PCR-Tests auf Sars-CoV-2, unter: www.aerzteblatt.de [abgerufen am 29.09.2021]).

Würde die begehrte einstweilige Verfügung erlassen werden und es zu einer Verzögerung des Abschlusses des Auftrages für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ kommen, so ist – wie bereits dargelegt – davon auszugehen, dass die Anzahl der an Covid-19-Virus erkrankten Personen steigen wird, da die Ermittlung von bereits infizierten Personen erheblich erschwert bzw. verzögert werden würde. Dies zeigt unzweifelhaft, dass bei Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung eine massive Gefährdung von Leib und Leben besteht. Mit einer Verzögerung des Abschlusses des Auftrages für „Laborleistungen für COVID-19-Testungen“ ist zudem mit einem Anstieg von Hospitalisierungen und intensivmedizinischen Betreuungen sowie einem damit verbundenen Anstieg von Spitalkosten zu rechnen. Ein solcher Anstieg lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass dies wiederum zur Folge hat, dass „verschärfte Maßnahmen“ zur Verhinderung der weiteren Verbreitung von „Covid-19-Infektionen“ erforderlich sein werden.

Zusammengefasst zeigt sich, dass bei Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung sowohl Leib und Leben als auch volkswirtschaftliche und gesundheitspolitische Interessen gefährdet werden. Das Schutzbedürfnis der Antragstellerin ist gegenüber den besonderen öffentlichen Interessen nachrangig.

Der nachzitierte Rechtssatz der Vergabekontrollbehörde stellt in ihrer Entscheidung zum BVergG 2006 vom 11.01.2008 (N/0007-BVA/05/2008-EV15) dies zweifelsfrei klar:

„Bei einer anzustellenden Interessenabwägung gemäß § 329 Abs. 1 BVergG ist einer potentiellen Gefährdung der Unversehrtheit von Leib und Leben von Menschen der Vorzug gegenüber wirtschaftlichen Interessen eines Nachprüfungswerbers bzw. dem bestehenden Interesse nach einer vergaberechtsrichtigen Entscheidung eines Auftraggebers einzuräumen.“

Die Antragstellerin behauptet nur vermögensrechtliche Schäden wie z.B. entgangener Gewinn bzw. Deckungsbeitrages, Verlust eines Referenzprojektes, anwaltliche Beratungskosten ins Treffen. Diese von der Antragstellerin behaupteten Schäden bzw. Interessen unterliegen in der Interessenabwägung den bereits dargelegten besonderen öffentlichen Interessen.

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist daher zurück- bzw. abzuweisen.

B.)      Zum Nachprüfungsantrag:

Ad „Erneuter Aufruf zum Wettbewerb weicht wesentlich von den Bedingungen der Rahmenvereinbarung ab“

Die Antragstellerin führt in Punkt 4.1 ihres Nachprüfungsantrages aus, dass durch die „Verkürzung der Analysezeit“ eine wesentliche Änderung an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vorgenommen worden sei.

Diese Behauptung der Antragstellerin ist unrichtig.

In der „Aufforderung zur Abgabe eines Angebots“ im „O

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten