Entscheidungsdatum
30.07.2021Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W157 2244269-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , GZ. XXXX , Teilnehmernummer XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit am XXXX bei der GIS Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden: „belangte Behörde“) eingelangtem Schreiben beantragte XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführerin“) die Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen. Im dabei verwendeten Antragsformular kreuzte diese unter der Rubrik „Wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ keine Auswahlmöglichkeit an. Weiters gab die Beschwerdeführerin an, dass in ihrem Haushalt keine weitere Person lebe.
Dem Antragsformular waren folgende Unterlagen angeschlossen:
? Meldebestätigung;
? Bestätigung über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzungsbetrag vom XXXX ;
? Vorschreibung vom XXXX .
2. Die belangte Behörde richtete am XXXX eine Aufforderung an die Beschwerdeführerin zur Nachreichung von Unterlagen binnen einer Frist von zwei Wochen. Im Schreiben wies die belangte Behörde insbesondere darauf hin, dass für die weitere Bearbeitung des Antrages Nachweise über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage und über alle Bezüge der Beschwerdeführerin fehlen würden.
3. Die Beschwerdeführerin schrieb hierauf am XXXX eine E-Mail, in der sie erklärte, bereits alle Dokumente übersendet zu haben.
4. Am XXXX übermittelte die Beschwerdeführerin eine Rezeptgebührenbefreiung (Anspruch bis zum XXXX ) vom XXXX und gab bekannt, keine Alimente zu erhalten.
5. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass diese schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Unterlagen, und zwar einen Nachweis über alle ihre Bezüge zu erbringen, diesen Nachweis aber nicht erbracht habe.
6. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Beschwerde vom XXXX , in der die Beschwerdeführerin mitteilte, noch eine Unterlage nachzureichen.
Der Beschwerde war ein handschriftliches Schreiben vom XXXX angefügt, in dem bestätigt wurde, dass die Beschwerdeführerin keine weiteren Einkommen habe und von Erspartem lebe.
6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom XXXX und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX ein. Im Rahmen der Beschwerdevorlage wies die belangte Behörde darauf hin, dass bis zum XXXX eine Befreiung bestanden habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Die Beschwerdeführerin brachte am XXXX einen Antrag auf Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen ein. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung wurden auf dem Antragsformular kein Feld angekreuzt und kein Haushaltsmitglied angegeben.
Dem Antrag war weder ein Nachweis für den aufrechten Bezug einer sozialen Transferleistung, noch für das aktuelle Einkommen der Beschwerdeführerin beigeschlossen.
1.2. Mit Schreiben vom XXXX wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf das Fehlen von Unterlagen, insbesondere von Nachweisen über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage und über alle Bezüge der Beschwerdeführerin, hin und forderte diese konkret auf, „Anspruch und Einkommen […] (AMS, Lohn, Mindestsicherung, Rezeptgebührenbefreiungetc.)“ nachzureichen.
Für die Nachreichung der fehlenden Unterlagen wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gesetzt. Es wurde weiters bemerkt, dass der Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen werden müsse, wenn „bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen“.
1.3. Die Beschwerdeführerin brachte bis zur Bescheiderlassung am XXXX zwar eine Rezeptgebührenbefreiung (Anspruch bis zum XXXX ) vom XXXX zur Vorlage, wies aber keine weiteren Unterlagen betreffend ihr aktuelles Einkommen vor.
1.4. Erst im Rahmen der Beschwerde vom XXXX legte die Beschwerdeführerin ein handschriftliches Schreiben vom XXXX vor, in dem bestätigt wurde, dass sie keine weiteren Einkommen habe und von Erspartem lebe.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde und von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
3.1. Für den Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen maßgeblich:
3.1.1. § 28 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 119/2020, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[…]“
3.1.2. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lautet auszugsweise wie folgt:
„Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro
monatlich
[…]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
[…]
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
[…]“
3.1.3. Die Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lautet auszugsweise wie folgt:
„Befreiungsbestimmungen
§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)
zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
[…]
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
[…]
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
[…]
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.
[…]“
3.2. In Bezug auf den Beschwerdefall enthält demnach die Fernmeldegebührenordnung die Verpflichtung des Antragstellers, für die Gewährung der Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr den Befreiungsgrund durch den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung genannten Leistungen nachzuweisen, und berechtigt die belangte Behörde, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. Die erforderlichen Nachweise sind gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz Fernmeldegebührenordnung dem Antrag anzuschließen.
3.3. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückweist, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 27.08.2020, Ra 2020/15/0035; 29.01.2020, Ra 2019/09/0118).
Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden zu Recht erfolgt ist.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
3.4. Von der Beschwerdeführerin wurden zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung die gemäß § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung erforderlichen Nachweise nicht erbracht.
Mit Schriftsatz vom XXXX wurde diese deshalb von der belangten Behörde aufgefordert, Nachweise über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage und über alle ihre Bezüge zu erbringen, mit dem Zusatz „Anspruch und Einkommen nachreichen (AMS, Lohn, Mindestsicherung, Rezeptgebührenbefreiung etc.)“.
Da von der Beschwerdeführerin bis zur Bescheiderlassung die geforderten Nachweise nicht vollständig erbracht wurden (kein Beleg für das aktuelle Einkommen), wurde der verfahrenseinleitende Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen.
3.5. In der vorliegenden, rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde machte die Beschwerdeführerin nicht geltend, dass sie alle geforderten Unterlagen innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist zur Nachreichung von Unterlagen nachgereicht habe.
Vielmehr gestand sie dort zu, ein fehlendes Dokument zu übersenden.
3.6. Es ist also unstrittig, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor der belangten Behörde, trotz hinreichend konkreter Aufforderung durch die Behörde, sämtliche für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden nicht innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist erbrachte.
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Judikatur lag im Beschwerdefall ein Mangel des verfahrenseinleitenden Antrages vor, weshalb auch der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde erforderlich war. Die gesetzte Frist zur Vorlage der Unterlagen war angemessen.
Die Beschwerdeführerin erfüllte diesen Verbesserungsauftrag trotz hinreichend konkreter Aufforderung nicht. Da die Zurückweisung daher zu Recht erfolgte, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht sieht sich jedoch veranlasst darauf hinzuweisen, dass die vorliegende abschlägige Entscheidung einer neuerlichen Antragstellung bei der GIS Gebühren Info Service GmbH nicht entgegensteht.
3.7. In seinem Erkenntnis vom 09.06.2010, 2006/17/0161, sprach der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Nachweis von außergewöhnlichen Belastungen aus, dass erst, wenn der Antragsteller von der ihm gebotenen Möglichkeit zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts keinen Gebrauch macht, eine Abweisung ohne weitere Ermittlungen in Betracht kommt (vgl. auch VwGH 20.12.2016, Ra 2016/15/0003).
Materiell betrachtet räumte die belangte Behörde mit der Aufforderung zur Nachreichung von Unterlagen der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts ein und diese machte davon keinen Gebrauch.
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann es im Beschwerdefall dahinstehen, ob im vorliegenden Fall ein Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG, der infolge seiner Nichtbehebung zur Zurückweisung des Antrages führt, vorlag, oder, ob die Beschwerdeführerin ihre Mitwirkungspflicht im Sinne der vorgenannten höchstgerichtlichen Judikatur nicht entsprach und der Antrag daher abzuweisen gewesen wäre, weil jene durch die Zurückweisung an Stelle einer Abweisung im vorliegenden Fall nicht in einem Recht verletzt sein kann.
Unzweifelhaft ist, dass die Beschwerdeführerin bis zur Bescheiderlassung die geforderten Nachweise nicht erbrachte.
3.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall – auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages und angesichts des unbestrittenen Sachverhaltes – gemäß § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu B)
3.9. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt – wie dargelegt – der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
angemessene Frist Berechnung Einkommensnachweis Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Mitwirkungspflicht Mitwirkungsrecht Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen neuerliche Antragstellung Rundfunkgebührenbefreiung Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W157.2244269.1.00Im RIS seit
06.12.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021