Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §94 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der T in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Mai 1995, Zl. 110.156/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Mai 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 28. April 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) abgewiesen.
Die belangte Behörde begründete dies wie folgt:
"Die genannte (gemeint: die erstinstanzliche) Behörde hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß der vom Gesetz verlangte gesicherte Unterhalt nicht gegeben ist, weil die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel im Ausmaß von ÖS 4.754,-- für den dauernden Aufenthalt von zwei Personen nicht ausreichen. Dabei hatte die Behörde den Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Salzburg zu berücksichtigen und als Berechnungsgrundlage heranzuziehen gehabt.
Gegen diese Beurteilung haben Sie im wesentlichen eingewendet, daß eine Rückkehr in Ihre Heimat nicht möglich sei.
Diese Einwendungen haben allerdings nicht belegen können, aus welchen Gründen die Ermessensausübung der Behörde bei der Beurteilung des gesicherten Lebensunterhaltes gesetzwidrig gewesen wäre. Sie sind somit Ihrer Pflicht am Verfahren entsprechend mitzuwirken nicht ausreichend nachgekommen, da keine anderen finanziellen Mittel vorgebracht wurden.
Gerade die Notwendigkeit, in einem ohnedies sensiblen Bereich die weitere Zuwanderung sorgfältig zu steuern, macht es erforderlich, strenge Maßstäbe an die Beurteilung der gesicherten Unterhaltsmittel von Zuwanderern anzulegen. Ist der Unterhalt für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert, so darf gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes eine Bewilligung nicht erteilt werden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz mit der Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten begründet hat. Ihr Ehegatte sei Rentner in Österreich. Er beziehe derzeit eine Rente von S 6.790,--. Dieser Betrag stützt sich auf ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Landesstelle Salzburg, in welchem dem Gatten der Beschwerdeführerin die monatliche Anweisung einer Invaliditätspension samt Ausgleichszulage abzüglich Krankenversicherungsbeitrag von S 6.790,-- ab Februar 1993 bekanntgegeben wird. Die belangte Behörde stützte sich hingegen auf die ebenfalls einliegende Bestätigung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 14. Juni 1994, in welcher die Zusammensetzung des Pensionsauszahlungsbetrages ab 1. April 1994 mit netto S 4.754,80 bekanntgegeben wird.
Die belangte Behörde übersieht aber, daß in letztgenannter Bestätigung auch darauf hingewiesen wird, daß "über die Erhöhung der Ausgleichszulage für die Gattin noch nicht entschieden" ist. Auch in der gegen die abweisende Entscheidung der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung ist ein Hinweis darauf enthalten, daß der Gatte der Beschwerdeführerin eine Ausgleichszulage erhalten werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach (zB. im Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0456, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) entschieden, daß ein allfälliger Anspruch auf Ausgleichszulage bei der Prüfung der Frage, ob der Unterhalt des Fremden gesichert ist, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Anspruch auf Ausgleichszulage nicht der antragstellenden Fremden unmittelbar zusteht, sondern dem gemäß § 94 Abs. 2 ABGB unterhaltspflichtigen Ehegatten aus dessen Pensionsberechtigung aus eigener Pensionsversicherung. Ein Fremder ist zwar initiativ zur Dartuung der ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes für die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligung verpflichtet, doch geht diese Pflicht nicht so weit, daß sich die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, zu dessen Durchführung sie gemäß § 37 und § 39 AVG verpflichtet ist, ersparen könnte. Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren ausreichend dargetan, daß hinsichtlich der Erhöhung der Ausgleichszulage ein Verfahren bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter anhängig ist. Es lag daher an der belangten Behörde, diesen Hinweisen amtswegig nachzugehen.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid aber auch mit einer - prävalierenden - Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, in dem sie bei einer auf § 5 Abs. 1 AufG gestützten Entscheidung entgegen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 1995, B 2259/94, und vom 12. Juni 1995, B 1599/94, ua.), der sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen hat (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 95/18/0936, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird), keine Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 MRK vorgenommen hat.
Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995190401.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
03.02.2009