Entscheidungsdatum
02.11.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W235 2240105-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Skopje vom 18.01.2021, Zl. KONS/2471/2020, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 29.10.2020, Zl. Skopje-ÖB/KONS/1844/2020, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Kosovo, stellte am XXXX .09.2020 bei der Österreichischen Botschaft Skopje einen Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie C zur mehrfachen Einreise nach Österreich für einen geplanten Aufenthalt in der Dauer von 90 Tagen von XXXX .09.2020 bis XXXX .11.2020. Als Hauptzweck wurde „Besuch von Familienangehörigen oder Freunden“ angegeben und wurde als einladende Person seine Ehefrau, XXXX , angeführt.
Dem Antrag waren nachstehende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:
? Auszüge aus dem kosovarischen Reisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt unter der Nr. XXXX , mit Gültigkeit von XXXX .05.2017 bis XXXX .05.2027;
? Auszüge aus dem ungarischen Reisepass der einladenden Person, ausgestellt unter der Nr. XXXX , mit Gültigkeit von XXXX .03.2017 bis XXXX .12.2022, aus welchem hervorgeht, dass sie ungarische Staatsangehörige ist;
? Auszug aus dem ungarischen Heiratsregister mit der Nr. XXXX , wonach der Beschwerdeführer und die einladende Person am XXXX .04.2017 in XXXX , Republik Kosovo, die Ehe geschlossen haben;
? Geburtsurkunde des Beschwerdeführers (in Originalsprache und in englischer Übersetzung), ausgestellt von der Republik Kosovo am XXXX .06.2020 mit der Nr. XXXX ;
? Lohnzettel der einladenden Person für den Zeitraum von XXXX .01.2019 bis XXXX .12.2019, auf welchem Bruttobezüge in der Höhe von € 8.413,38 sowie steuerpflichtige Bezüge in der Höhe von € 6.141,02 ausgewiesen sind;
? Lohn- und Gehaltsabrechnungen der einladenden Person für den Zeitraum Jänner 2020 bis März 2020, auf welchen ein Nettolohn in der Höhe von € 999,11 ausgewiesen ist und als Beruf „Zimmermädchen“ angeführt wird;
? kosovarischer Strafregisterauszug betreffend den Beschwerdeführer vom 05.06.2020 (in Originalsprache und englischer Übersetzung), mit dem Vermerk „There is no criminal background in the Kosovo Police Information System“;
? Anmeldebescheinigung nach § 51 Abs. 1 Z 1 NAG betreffend die einladende Person, ausgestellt am XXXX .03.2017 vom Magistrat der Stadt XXXX , Abteilung Aufenthaltsrecht, Zl. XXXX ;
? Mietvertrag vom XXXX .08.2018 betreffend ein Bestandsobjekt in der Größe von ca. 50 m², in welchem der Beschwerdeführer und die einladende Person als Mieter angeführt werden, abgeschlossen für den Zeitraum von XXXX .09.2018 bis XXXX .08.2022 unter Vereinbarung eines Mietzinses in der Höhe von € 400,00 sowie einer monatlichen Betriebskostenpauschale von € 162,00;
? Auszug aus dem Zentralen Melderegister betreffend die einladende Person;
? E-Card der einladenden Person;
? Reiseversicherung für den Beschwerdeführer mit einer Gültigkeit für die Dauer von 90 Tagen ab XXXX .09.2020 und
? ÖSD-Zertifikat A1 des Beschwerdeführers vom XXXX .04.2018
Am selben Tag wurde dem Beschwerdeführer ein Verbesserungsauftrag erteilt, mit welchem ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass sämtliche fremdsprachige Unterlagen in deutscher oder englischer Übersetzung vorgelegt werden müssen. Ferner wurde er zu einer persönlichen Vorsprache geladen.
Daraufhin erfolgte am 11.09.2020 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers bei der Österreichischen Botschaft Skopje wegen des Verdachts auf eine Schein-/Aufenthaltsehe. Im Rahmen der Befragung zu seiner Ehe mit der einladenden Person führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, seine Ehefrau heiße XXXX , sei am XXXX in XXXX geboren und lebe seit fünf Jahren in Österreich. Zuvor habe sie in XXXX , Ungarn, gewohnt. Der Beschwerdeführer sei vor dieser Eheschließung noch nie verheiratet gewesen, habe jedoch eine Tochter. Seine Ehefrau sei zuvor auch nicht verheiratet gewesen. Sie habe keine Kinder. Die Eltern seiner Ehefrau, XXXX und XXXX , würden ebenso wie ihre Schwester, XXXX , in XXXX leben. Ihr Bruder, XXXX , sei verheiratet, habe einen Sohn und lebe in XXXX . Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe als Reinigungskraft für die Unternehmen „ XXXX “ sowie „ XXXX “ gearbeitet und sei von einem Hotel, dessen Name er nicht kenne, übernommen worden. In Ungarn habe sie die Mittelschule abgeschlossen. Neben Ungarisch spreche sie Deutsch und lerne aufgrund ihrer Liebesbeziehung nunmehr auch Albanisch. Der Beschwerdeführer spreche Albanisch, habe während seines Aufenthalts in Österreich einen Intensivkurs Deutsch gemacht und freiwillige Arbeit geleistet. Ferner spreche er gut Serbokroatisch. Seine Englischkenntnisse würden sich auf Schulniveau beschränken. Mit seiner Ehefrau spreche er Deutsch. Sie hätten gemeinsam einen Deutschkurs in XXXX besucht. Besondere Merkmale seiner Ehefrau kenne er nicht.
Zu ihrer Beziehung gab der Beschwerdeführer an, sie hätten sich über die Internetplattform „ XXXX “, sohin über eine Single-Börse, kennengelernt. Nachdem sie einander geschrieben hätten, hätten sie sich persönlich getroffen und Nummern ausgetauscht. Im März 2015 oder 2016 habe er sie in XXXX in einem Kaffeehaus getroffen. In der Folge hätten regelmäßige Treffen in XXXX oder XXXX stattgefunden. Seine Ehefrau sei daraufhin nach XXXX gezogen und habe im Unternehmen des Beschwerdeführers gearbeitet. Sie habe mit dem Thema Hochzeit begonnen. Nach zwei Jahren Beziehung, sohin im Jahr 2017, hätten sie sich entschieden zu heiraten. Nach Feststellung seines illegalen Aufenthalts am XXXX .07.2018 sei dem Beschwerdeführer eine Frist von einem Monat zur Ausreise eingeräumt worden. In der Folge habe er ausreisen müssen bzw. sei er abgeschoben worden. Seither besuche ihn seine Ehefrau zweimal jährlich. Zu dem Grund für seine Abschiebung führte er an, er habe in Slowenien um € 10.000,00 gefälschte Dokumente von einer illegalen Quelle gekauft. In Klammer findet sich hinsichtlich dieser Ausführungen folgender Vermerk: „angeblich ein Mitarbeiter einer Behörde!“.
Im Rahmen der Befragung zur Eheschließung führte der Beschwerdeführer an, die Hochzeit habe am XXXX .04.2017 in XXXX stattgefunden. Bei der Hochzeit seien neben ihm und seiner Ehefrau der Standesbeamte sowie die Trauzeugen, konkret sein Onkel und seine Tante, anwesend gewesen. Fotos von der Hochzeit gebe es nicht, da es lediglich eine kleine Hochzeit am Standesamt gewesen sei. Beide hätten alltägliche Kleidung getragen. Der Beschwerdeführer habe die Hochzeit organisiert. Nach der Hochzeit seien sie in XXXX im Café XXXX gewesen. Am Essen habe die engste Familie, insgesamt zehn bis 15 Leute, teilgenommen. Zuhause hätten sie noch mit einigen Leuten gefeiert. Die Familie seiner Ehefrau habe aus finanziellen Gründen nicht anreisen können. Seinen Ehering trage er aktuell nicht. Es sei ein schlichter Silberring. Die Eheringe hätten sie sich gegenseitig geschenkt und auf einem Markt in XXXX gekauft. Seine Ehefrau trage den gleichen Silberring. Ferner habe er ihr noch Ohrringe zur Hochzeit geschenkt.
1.2. Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 28.09.2020 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt. Im diesbezüglichen Vorhalt wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen zur Erteilung eines Einreisetitels nicht erfülle, da seine Einreise eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder Gesundheit darstelle. Konkret habe er vor der Österreichischen Botschaft Skopje angegeben, unter Verwendung gefälschter slowenischer Urkunden in Österreich aufhältig gewesen zu sein und diese Urkunden von einem „Mitarbeiter einer Behörde“ für € 10.000,00 erworben zu haben. Die Bestechung öffentlich Bediensteter zur Erlangung öffentlicher Urkunden sowie die Verwendung bzw. die Vorlage von gefälschten und verfälschten Unterlagen zur Erlangung eines Aufenthaltsrechtes sei mit einer positiven Gesinnung zur österreichischen Rechtsordnung nicht zu vereinbaren. Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht XXXX wegen der Straftaten nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB verurteilt worden. Sein strafrechtliches Fehlverhalten lasse auf eine negative Einstellung zu einem geordneten Fremden- und Niederlassungswesen schließen. Dem Beschwerdeführer wurde eine Frist von einer Woche zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Schreiben vom 02.10.2020 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtfreundlichen Vertreters einen Antrag auf Fristerstreckung bis 16.10.2020, welchem mit Mitteilung der Österreichischen Botschaft Skopje vom selben Tag stattgegeben wurde.
1.3. Mit Stellungnahme vom 16.10.2020 brachte der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung zusammengefasst und im Wesentlichen vor, dass gemäß § 15b FPG begünstigte Drittstaatsangehörige das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten hätten. Sie würden jedoch der Visumpflicht unterliegen, sofern Anhang I zur Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20 FPG) auf sie Anwendung finde. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Ehe zweifelsfrei ein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG. Er habe daher einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Visums. Die Behörde habe die beabsichtigte Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Visums lediglich auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Urkundendelikts nach § 223 Abs. 2 und § 224 StGB gestützt. Gegen den Beschwerdeführer sei aufgrund dieser Verurteilung mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .01.2018, Zl. XXXX , ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren erlassen worden. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .08.2018, Zl. XXXX , insoweit stattgegeben, als das Aufenthaltsverbot auf zwei Jahre herabgesetzt worden sei. In dieser Entscheidung sei berücksichtigt worden, dass die Verwendung von verfälschten bzw. gefälschten Urkunden zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet und damit dem Zugang zum Arbeitsmarkt fremdenrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufe. Ein zweijähriges Aufenthaltsverbot habe das Bundesverwaltungsgericht im Verhältnis zur Straftat sowie zu der ausgesprochenen Geldstrafe als angemessen erachtet. Da dieses Aufenthaltsverbot am XXXX .08.2020 abgelaufen sei, sei davon auszugehen, dass aktuell keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vom Beschwerdeführer ausgehe. Ferner würde es dem Wesen eines befristeten Aufenthaltsverbots und dessen Rechtskraftwirkung zuwiderlaufen, wenn trotz Ablaufs des Aufenthaltsverbots die dem Aufenthaltsverbot zugrundeliegenden Verfehlungen weiterhin die Verweigerung eines Visums begründen könnten. Im Sinne des Art. 27 der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (= Freizügigkeitsrichtlinie) sei eine strafrechtliche Verurteilung alleine nicht geeignet, die Freizügigkeit zu beschränken. Die Verweigerung eines Visums müsse in einem angemessenen Verhältnis zur Verfehlung stehen. Das sei im Fall des Beschwerdeführers seit Ablauf des Aufenthaltsverbots jedenfalls nicht mehr der Fall. Im vorliegenden Fall würden auch keine sonstigen Beweisergebnisse hinsichtlich des Beschwerdeführers vorliegen, welche die Annahme der Gefahr der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer bereue seine strafrechtliche Verurteilung und habe keine negative Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung. Er sei seit dieser Verurteilung nicht mehr strafrechtlich auffällig gewesen. Hingewiesen wurde weiters darauf, dass die Versagung der Erteilung eines Visums den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzen würde, da hierdurch ein Zusammenleben mit seiner Ehefrau, der einladenden Person, verhindert werde.
2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 29.10.2020, Zl. Skopje-ÖB/KONS/1844/2020, wurde die Erteilung des beantragten Visums verweigert. Begründend wurde ausgeführt, dass die Einreise des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstelle. In der Folge wurde auf die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers hingewiesen und weiter ausgeführt, dass diese den Rückschluss auf eine negative Einstellung zur Rechtsordnung zulasse. Der Umstand, dass das Aufenthaltsverbot zwischenzeitlich abgelaufen sei, vermöge nichts daran zu ändern, dass der Beschwerdeführer wissentlich verfälschte und gefälschte Urkunden zur Erlangung eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet verwendet und diesbezüglich keine Reue gezeigt habe. Bereits zwei Monate nach Erlassung des Einreiseverbots habe er über die slowenische Botschaft in Pristina versucht, ein Visum zu erlangen. Dies zeige, dass er nach wie vor keine Einsicht zeige, habe er doch dieses Visum zur Einreise in Österreich verwenden wollen. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten unter Beweis gestellt, dass er weiterhin nicht davor zurückschrecke, Betrugshandlungen zu setzen, um sein Ziel – eine Niederlassung in Österreich – zu erreichen.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde zunächst das mit Stellungnahme vom 16.10.2020 erstattete Vorbringen wiederholt. In Bezug auf den Vorhalt der Behörde, wonach der Beschwerdeführer während des aufrechten Aufenthaltsverbots einen Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt habe, wurde ausgeführt, dass eine solche Antragstellung in einem Rechtsstaat immer erlaubt sein müsse und nie etwas Gefährliches darstelle. Jedenfalls sei eine Antragstellung nicht geeignet, eine Gefahr für die Grundinteressen einer Gesellschaft darzustellen, obliege es doch der jeweiligen Behörde, über den Antrag zu entscheiden. Wenn der Beschwerdeführer daher vor über zwei Jahren erfolglos um ein Visum für Slowenien angesucht habe, sei es Sache der slowenischen Behörde gewesen, diesen Antrag abzuweisen. Der Beschwerdeführer habe sich der für ihn geltenden Rechtslage gefügt und keinen tatsächlichen Versuch unternommen, nach Österreich einzureisen. Im vorliegenden Fall lägen auch keine sonstigen Beweisergebnisse vor, die die Annahme einer Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit rechtfertigen würden. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer sein Fehlverhalten nicht bereue und während des aufrechten Aufenthaltsverbots versucht habe, nach Österreich einzureisen, entsprächen nicht den Tatsachen und würden einer konkreten Grundlage in den Ermittlungsergebnissen entbehren.
Der Beschwerde wurden folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:
? Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX .08.2018 im Verfahren zu XXXX samt Protokollierung des mündlich verkündeten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .01.2018, Zl. XXXX , mit welchem der Beschwerde insoweit stattgeben wurde, als das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot auf zwei Jahre herabgesetzt wurde und
? Schreiben des Beschwerdeführers vom XXXX .11.2020, mit welchem er sich für die von ihm begangenen strafbaren Handlungen entschuldigt und verspricht, diese künftig nicht zu wiederholen
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.01.2021, Zl. KONS/2471/2020, wies die Österreichische Botschaft Skopje die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Im Rahmen der Darstellung des Verfahrensganges wurde unter anderem ausgeführt, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Antragstellung befragt worden und der Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe gemäß § 117 FPG aufgetreten sei, weshalb am 11.09.2020 eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers erfolgt sei. Das Ergebnis sei dem Bundesministerium für Inneres mit dem Ersuchen um Befragung der Ehefrau übermittelt worden. Da das Ergebnis der beiden Einvernahmen den Verdacht des Bestehens einer Aufenthaltsehe bestätigt habe, sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.09.2020 mitgeteilt worden, dass Bedenken hinsichtlich der Erteilung eines Einreisetitels bestünden. Mit seiner Stellungnahme vom 16.10.2020 habe der Beschwerdeführer die Bedenken der Behörde nicht zerstreuen können, weshalb sein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels mit Bescheid vom 29.10.2020 abgewiesen worden sei. Gegen diesen Bescheid richte sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde.
Begründend wurde zur Abweisung der Beschwerde zusammengefasst ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er lediglich einmal versucht habe während des aufrechten Aufenthaltsverbots ein Visum zu erlangen, entspreche nicht den Tatsachen, habe er doch sowohl bei der slowenischen als auch bei der ungarischen und der österreichischen Botschaft jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gestellt. Er habe sohin wiederholt versucht, in den Schengen-Raum einzureisen. Betreffend die Eheschließung des Beschwerdeführers sei hervorzuheben, dass seine Ehefrau lediglich einen Monat im selben Unternehmen wie er gearbeitet habe, dies ihre erste Arbeitsaufnahme in Österreich gewesen sei und die Eheschließung bereits am XXXX .04.2017 erfolgt sei, also lediglich kurz nach ihrem Dienstantritt und ihrer darauffolgenden Kündigung im Unternehmen des Beschwerdeführers am XXXX .03.2017 sowie nach Ausstellung ihrer Anmeldebescheinigung am XXXX .03.2017. Auch hätten die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er erst nach dem XXXX .07.2018 zur Ausreise aufgefordert worden sei, nicht nachvollzogen werden können, da er lediglich bis XXXX .05.2017 bei der Sozialversicherung gemeldet gewesen sei. Vielmehr sei der Eindruck entstanden, dass er bereits am XXXX .04.2017 das Land verlassen habe müssen, ihm dies bewusst gewesen sei und die Ehefrau lediglich eingereist sei, um sein Aufenthaltsrecht zu sichern. Ferner würden seine vagen Angaben, wonach er seiner Ehefrau „im März 2015 oder 2016“ in einem Kaffeehaus begegnet sei, gegen die Annahme einer aufrechten Ehe sprechen. Das Vorbringen zu den Treffen in XXXX und XXXX sowie zur zweijährigen Beziehung vor der Eheschließung sei nicht nachvollziehbar, da seine Ehefrau am XXXX .02.2017 in Österreich zu arbeiten begonnen habe, die EU-Anmeldebescheinigung am XXXX .03.2017 ausgestellt worden sei, aber sie erst seit XXXX .09.2018 in Österreich gemeldet sei. Vor diesem Hintergrund erscheine es unglaubwürdig, dass trotz der räumlichen Distanz regelmäßige Treffen stattgefunden hätten und eine Beziehung geführt worden sei. Im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .01.2018 werde ausgeführt, dass die Ehe während des unsicheren Aufenthalts entstanden sei. Der Beschwerdeführer habe jederzeit damit rechnen müssen, dass sein durch die Verwendung gefälschter Ausweisdokumente erschlichenes Aufenthaltsrecht von den Behörden aufgedeckt werde. Die Beziehung zu seiner Ehefrau sei vom Bundesamt nicht als besonders schützenswert erachtet worden, da zu diesem Zeitpunkt das Ehepaar erst seit Kurzem verheiratet gewesen sei und zwischen ihnen eine erhebliche Sprachbarriere bestanden habe. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe nach den Ausführungen des Bundesamtes nicht Albanisch gesprochen, der Beschwerdeführer habe kaum Ungarisch gesprochen und beide hätten die deutsche Sprache nur schlecht beherrscht. Das Bundesamt habe überdies darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau bei den getrennten Befragungen am 29.08.2017 einfachste Fragen zur Hochzeit sowie zu den jeweiligen Familienangehörigen nicht oder nur unvollständig beantworten hätten können.
Neben den dargelegten Anhaltspunkten für das Bestehen einer Aufenthaltsehe sei es als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer nicht davor zurückschrecke, Straftaten zu verüben, um ein Aufenthaltsrecht zu erwirken. Laut eigenen Angaben habe er gegen Hingabe finanzieller Zuwendungen an einen slowenischen Beamten slowenische Urkunden erlangt, auf deren Grundlage er sich mehrere Jahre unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe. Die Bestechung öffentlicher Bediensteter sowie die Verwendung von ge- und verfälschten Dokumenten, um sich ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen, sei nicht mit einer positiven Gesinnung zur österreichischen Rechtsordnung zu vereinbaren. Das Bundesverwaltungsgericht habe seinerzeit bei der Verhängung eines Einreiseverbots nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer € 10.000,00 an einen Amtsträger bezahlt bzw. diesen bestochen habe, um Urkunden zu erlangen. Er habe sohin den Tatbestand des § 304 Abs. 2 StGB erfüllt und betrage der Strafrahmen in diesem Fall von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Dieses strafrechtliche Fehlverhalten lasse auf eine negative Einstellung zu einem geordneten Fremden- und Niederlassungswesen schließen. Das Verhalten des Beschwerdeführers, welcher wiederholt durch Vortäuschung falscher Tatsachen versucht habe, ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu erschleichen, beeinträchtige massiv das Grundinteresse der österreichischen Gesellschaft. Zusammenfassend würden die zweifelhaften Umstände rund um seine Ehe die nach wie vor bestehende Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers untermauern, auch wenn das Vorliegen einer Aufenthaltsehe nicht im Mittelpunkt der Erwägungen der belangten Behörde gelegen sei. Die Argumentation, wonach er sich der geltenden Rechtslage gefügt habe und keine tatsächlichen Versuche unternommen habe, um in Österreich einzureisen, entspreche nicht den Tatsachen. Dem Beschwerdeführer sei es sohin insgesamt nicht gelungen, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
5. Am 01.02.2021 stellte der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag. Begründend wurde nach Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, wenn die Behörde in der Beschwerdevorentscheidung erstmals auf den Tatbestand einer Aufenthaltsehe Bezug nehme, sei festzuhalten, dass die Behörde dabei lediglich auf „Anhaltspunkte“ sowie auf „zweifelhafte Umstände“ abstelle und selbst einräume, dass die Aufenthaltsehe nicht im Mittelpunkt der Erwägungen der Botschaft gestanden sei. Die Vermutungen würden jeglicher Grundlage entbehren und seien rein spekulativ. Die Botschaft dürfe das Beweismaß zur Feststellung einer Aufenthaltsehe als negative Voraussetzung nicht dadurch umgehen, dass sie aufgrund des bloßen Anscheins einer Aufenthaltsehe negative Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels treffe. Die Ausführungen der Botschaft, wonach es unglaubwürdig erscheine, dass es trotz räumlicher Distanz zu regelmäßigen Treffen, geschweige denn zu einer Beziehung gekommen sein solle, würden eine unzulässige Einmischung in den höchstpersönlichen Lebensbereich darstellen. Die Ehepartner würden sich emotional tief verbunden fühlen und eine intakte Ehe führen. Das Fehlen eines gemeinsamen Haushalts könne nicht per se zur Annahme führen, dass kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK bestehe, da bei Beantragung eines Visums in Österreich im Regelfall noch kein Wohnsitz vorliege. Im gegenständlichen Verfahren sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da er erst in der Beschwerdevorentscheidung mit den konkreten Vorwürfen zum Bestehen einer Aufenthaltsehe konfrontiert worden sei, sodass er in seiner Stellungnahme nicht darauf Bezug nehmen habe können. Die Umstände, dass sich der Beschwerdeführer und seine Ehefrau erst kurz gekannt hätten und nicht dieselbe Erstsprache sprächen, sei für die Beurteilung einer Ehe unerheblich und zeige in Zusammenschau damit, dass die Thematik von der Behörde nicht bereits früher aufgegriffen worden sei, dass es keine relevanten Beweise für eine Aufenthaltsehe gebe. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass § 11a Abs. 2 FPG jedenfalls Art. 47 GRC verletze, wonach jede Person ein Recht darauf habe, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt werde. Es komme sohin zum Anwendungsvorrang von Unionsrecht und sei sohin vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gegenständlich sei dies umso mehr der Fall, da die Botschaft nur vage Vermutungen geäußert habe, ohne dass diese im Zuge einer mündlichen Verhandlung ausgeräumt hätten werden können. Im Übrigen wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen.
Der Beschwerde wurde ein als „Eidesstättige Erklärung“ bezeichnetes Schreiben des Arbeitgebers der Ehefrau des Beschwerdeführers beigelegt, wonach diese unter der Situation leide und ihren Arbeitgeber regelmäßig ersuche, den Beschwerdeführer im anhängigen Verfahren zur Erlangung eines Einreisetitels zu unterstützen. Ebenso stehe er in regelmäßigem Kontakt mit dem Beschwerdeführer, da er dem Ehepaar bei der Abstimmung mit dem Rechtsanwalt helfe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.
2. Zu A)
2.1. Gesetzliche Grundlagen:
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
§ 15b Begünstigte Drittstaatsangehörige
(1) Begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 11) haben das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten, unterliegen aber der Visumpflicht, sofern Anhang I zur Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20) auf sie Anwendung findet. Sie haben Anspruch auf Erteilung eines Visums.
(2) Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa an begünstigte Drittstaatsangehörige sind prioritär zu führen und von Verwaltungsabgaben befreit.
(3) Über den dreimonatigen Zeitraum nach Abs. 1 hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4. Hauptstückes des 2. Teils des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Inhaber von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten (§§ 54 und 54a NAG) oder von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten anderer Mitgliedstaaten sind zur visumfreien Einreise berechtigt.
2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen in Umsetzung der RL 2004/38/EG des NAG lauten:
§ 51 Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate
(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie 1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; 2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder 3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er 1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist; 2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt; 3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder 4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.
§ 52 Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern
(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.
(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.
§ 53 Anmeldebescheinigung
(1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgenden Nachweise vorzulegen:
1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;
2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;
3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;
4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;
6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;
7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.
§ 54 Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers
(1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlichen aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.
(3) Das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.
(4) Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.
(5) Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 oder 2 erfüllen und 1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet; 2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet; 3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird; 4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenen Partner wegen der Beeinträchtigung seine schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder 5. ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang – solange er für nötig erachtet wird – ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.
(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.
(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.
2.1.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) in der Fassung (EU) 2019/1155 vom 20.06.2019 lauten wie folgt:
Art. 1 Ziel und Geltungsbereich
(1) Mit dieser Verordnung werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für geplante Aufenthalte im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von höchstens 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen festgelegt.
(2) […]
(3) […]
(4) Bei der Anwendung dieser Verordnung handeln die Mitgliedstaaten unter umfassender Einhaltung des Rechts der Union, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Über Anträge nach dieser Verordnung wird nach den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts im Einzelfall entschieden.
Art. 21 Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
(1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden, a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist; d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist, die für den Zeitraum des geplanten Aufenthalts, oder, falls ein Visum für die mehrfache Einreise beantragt wird, für den Zeitraum des ersten geplanten Aufenthalts gilt.
(4) Das Konsulat oder die zentralen Behörden prüfen gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Höchstdauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger Aufenthalte, die aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels genehmigt wurden.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung eines Visums für den Flughafentransit überprüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.
(8) Im Verlauf der Prüfung eines Antrags können das Konsulat oder die zentralen Behörden den Antragsteller in begründeten Fällen befragen und zusätzliche Unterlagen anfordern.
(9) Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.
Art. 32 Visumverweigerung
(1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller: i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist; ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet; iia) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Flughafentransits nicht begründet; iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat; v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist; vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere, wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI in der Sprache des Mitgliedstaates, der die endgültige Entscheidung über den Antrag getroffen hat, und in einer anderen Amtssprache der Organe der Union mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
[(4) gestrichen]
(5) […]
2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.2.1. Vorauszuschicken ist, dass sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auf das Unionsrecht beruft. Die Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (= Freizügigkeitsrichtlinie), wurde durch den österreichischen Gesetzgeber in § 15b FPG und §§ 51 bis 56 NAG umgesetzt.
Um zu beurteilen, ob dem Beschwerdeführer entsprechend dieser Richtlinie ein Einreisevisum in Form eines Visums C (gemäß § 15b FPG – Aufenthaltsrecht von drei Monaten) zu erteilen ist, ist zunächst zu klären, ob sich seine Ehefrau, die einladende Person, eine in Österreich wohnende und arbeitende ungarische Staatsangehörige, selbst in einer unter die Freizügigkeitsrichtlinie fallenden Situation befindet.
Dies ist gegenständlich der Fall. Der Ehefrau des Beschwerdeführers kommt in Österreich ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Sie ist gemäß § 51 NAG aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, weil sie in Österreich ihren Hauptwohnsitz hat und Arbeitnehmerin ist, dies unabhängig davon, ob ausreichende Existenzmittel vorhanden sind. Nicht von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang nämlich die Höhe der Vergütung, das Ausmaß der Arbeitszeit und/oder die Dauer des Dienstverhältnisses (vgl. Abermann/Czech/Kind/Peyrl, „Kommentar zum Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2016“, § 51, Rz 8f, unter Verweis auf EuGH vom 26.02.1992, C-357/89).
Da die Ehefrau des Beschwerdeführers in Österreich ihr Recht auf Freizügigkeit ausübt, ist weiters zu prüfen, ob der Beschwerdeführer von ihr ein Recht nach der Freizügigkeitsrichtlinie ableiten kann.
Gemäß der Definition des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sind begünstigte Drittstaatsangehörige (unter anderem) der Ehegatte und eigene Verwandte in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres eines EWR-Bürgers, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, sofern der Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 07.04.2011, Zl. 2011/22/0005, und vom 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, überdies festgehalten, dass einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Aufenthaltsehe bzw. Scheinehe zu qualifizieren ist), die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt.
Wie ausgeführt, handelt es sich bei der einladenden Person um eine ungarische Staatsangehörige, die ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat und mit dem Beschwerdeführer aufrecht verheiratet ist. Der Beschwerdeführer zieht ihr nach.
Da die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG vorliegen, ist der Beschwerdeführer als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 15b FPG zu qualifizieren.
2.2.2. Die Österreichische Botschaft Skopje stützte die Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gegenständlich erkennbar auf Art. 32 Abs. 1 lit a sublit. vi Visakodex und kam zu dem Ergebnis, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstellt.
2.2.2.1. Begründend verwies die Behörde primär auf das strafrechtliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers sowie auf den Umstand, dass er während eines aufrechten Aufenthaltsverbotes mehrfach bei verschiedenen Vertretungsbehörden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln stellte. Die Argumentation der Behörde erweist sich jedoch nicht als tragfähig. Dies aus nachstehenden Gründen:
Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer mit Urteil das Landesgerichtes XXXX vom XXXX .07.2017, GZ. XXXX , wegen der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig verurteilt wurde.
Gegen den Beschwerdeführer wurde in der Folge ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen eingeleitet. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .01.2018, Zl. XXXX , wurde gegen ihn ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem am XXXX .08.2018 mündlich verkündeten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. XXXX , insoweit stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbots auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. Begründend wurde festgehalten, dass aufgrund des strafrechtlichen Fehlverhaltens sowie aufgrund der fehlenden Reue des Beschwerdeführers das Aufenthaltsverbot dem Grunde nach zu Recht erlassen worden sei. Die Verhängung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbots erweise sich jedoch als zu hoch. Ein zweijähriges Aufenthaltsverbot erscheine demgegenüber im Verhältnis zur Straftat und zu der ausgesprochenen Sprache als angemessen.
Das Bundesverwaltungsgericht brachte mit seiner Entscheidung zum Ausdruck, dass nach Ablauf von zwei Jahren vom Beschwerdeführer keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr mehr ausgehen wird, und hielt dies in seiner Begründung auch explizit fest.
Mit Verweis auf das dem Urteil des Landegerichtes XXXX vom XXXX .07.2017, GZ. XXXX , zugrundeliegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers vermag die Behörde sohin nicht zu begründen, dass die Einreise des Beschwerdeführers eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt. Eine solche Rechtsansicht würde – wie vom Beschwerdeführer zutreffend ausgeführt – der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .08.2018, Zl. XXXX , zuwiderlaufen.
Wenn weiters ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vor der Österreichischen Botschaft Skopje angeführt habe, einem Amtsträger € 10,000,00 für die Ausstellung von Urkunden bezahlt zu haben, und er sohin mit seinem Verhalten den Tatbestand der Bestechung im Sinne des § 304 Abs. 2 StGB [gemeint wohl: § 307 Abs. 2 StGB] erfüllt habe, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme anführte, die gefälschten Dokumente von einer illegalen Quelle erlangt zu haben, wobei sich in der Niederschrift in Klammer der Vermerk „angeblich ein Mitarbeiter einer Behörde!“ findet. Dieser Vermerk bietet jedoch keine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass der Beschwerdeführer den Tatbestand der Bestechung im Sinne des § 307 StGB tatsächlich erfüllt hat. Eine nähere Befragung zu den Modalitäten der Beschaffung der Urkunden erfolgte nämlich nicht. Hinzuweisen ist weiters darauf, dass der strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers die Verwendung einer falschen oder verfälschten besonders geschützten Urkunde im Rechtsverkehr zugrunde liegt. Auch vor diesem Hintergrund bestehen keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass er einen Amtsträger bestochen hätte, damit ihm dieser pflichtwidrig eine (echte) Urkunde ausstellt. Insgesamt entbehrt die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer das Verbrechen der Bestechung begangen hat, einer hinreichend konkreten Grundlage in den Ermittlungsergebnissen.
Mit den Ausführungen, wonach der Beschwerdeführer während des Bestehens eines aufrechten Aufenthaltsverbots wiederholt bei Vertretungsbehörden verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gestellt hat, vermag die Behörde im Übrigen kein Fehlverhalten des Beschwerdeführers aufzuzeigen, welches geeignet wäre, die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich zu gefährden. Insbesondere hat die Behörde nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer gegenüber den Vertretungsbehörden eine falsche Identität angeführt, falsche oder verfälschte Urkunde vorgelegt oder die Behörden auf sonstige Weise über verfahrensrelevante Tatsachen getäuscht hätte. Ebenso wenig liegen im Akt Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer während des aufrechten Aufenthaltsverbots ohne Visum in Österreich eingereist ist oder dies zumindest versucht hat.
2.2.2.2. In der Beschwerdevorentscheidung führte die Österreichische Botschaft Skopje erstmals – wenn auch nur ergänzend - zur Begründung der Versagung des Einreisetitels an, es bestünden konkrete Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau lediglich eine Aufenthaltsehe geschlossen hätten.
Konkret wurde im Zuge der Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, dass aufgrund der Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Antragstellung der Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe entstanden sei, weshalb er am 11.09.2020 niederschriftlich zur Eheschließung befragt worden sei. Das Ergebnis sei gemeinsam mit dem Ersuchen um Befragung der Ehefrau an das Bundesministerium für Inneres übermittelt worden. Die beiden Einvernahmen hätten den Verdacht des Bestehens einer Aufenthaltsehe bestätigt und sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.09.2020 mitgeteilt worden, dass Bedenken gegen die Erteilung eines Einreisetitels bestünden.
In Bezug auf diese Darstellung ist zunächst festzuhalten, dass der Aufforderung zur Stellungnahme vom 28.09.2020, mit welcher dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur beabsichtigten Abweisung seines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gewährt wurde, in keiner Weise zu entnehmen ist, dass die Behörde vom Bestehen einer Aufenthaltsehe ausging. Die Behörde hielt zwar fest, dass die Einreise des Beschwerdeführers ihrer Ansicht nach eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstelle; zur Begründung verwies sie jedoch auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers sowie auf das gegen ihn erlassene (nicht mehr aufrechte) Aufenthaltsverbot. Auch der Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 29.10.2020, Zl. Skopje-ÖB/KONS/1844/2020, enthält keine Hinweise, dass die Behörde vom Vorlie