TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/17 W220 2199249-1

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Veröffentlicht am 17.11.2021
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Entscheidungsdatum

17.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W220 2199249-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela UNTERER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Indien, vertreten durch Mag. Wilfried EMBACHER und Dr. Thomas NEUGSCHWENDTNER, Rechtsanwälte in 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018, ZI.: 550657003/160785563, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.11.2021, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX (alias XXXX ) wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

II. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, reiste am 05.04.2011 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des vormals zuständigen Bundesasylamtes vom 12.04.2011 sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des vormals zuständigen Asylgerichtshofes vom 20.02.2013, GZI.: C11 419.062-1/2011/10E, als unbegründet abgewiesen.

Am 06.06.2016 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005.

Mit oben zitiertem, gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 23.03.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Erstantrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 06.06.2016 gemäß § 55 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erließ gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt II.), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.) und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers eine Frist von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Am 04.11.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Punjabi statt, in welcher neben dem Beschwerdeführer als Partei auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Er führt die im Kopf dieser Entscheidung genannten Personalien; seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist in Indien im Bundesstaat Punjab geboren, wo er bis zu seiner Reise nach Österreich lebte und Schulbildung im Umfang von zwölf Jahren sowie eine Berufsausbildung als Friseur absolvierte. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Punjabi. In Indien leben nach wie vor die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers, zu denen der Beschwerdeführer selten Kontakt hat.

Der Beschwerdeführer reiste am 05.04.2011 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag unter der Aliasdentität XXXX , geb. XXXX , einen Antrag auf internationalen Schutz, der sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen (Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.04.2011 iVm Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.02.2013, GZI.: C11 419.062-1/2011/10E). Am 06.06.2016 stellte der Beschwerdeführer unter seiner nunmehrigen Identität XXXX , geb. XXXX , gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 und legte im Zuge dessen seinen Reisepass und seine Geburtsurkunde vor.

Seit seiner Einreise nach Österreich im April 2011 lebt der Beschwerdeführer durchgehend in Österreich und ist meldebehördlich registriert. Er verfügt über ein ÖSD Zertifikat Deutsch Österreich auf dem Niveau B1 vom 03.03.2016 und kann sich auf Deutsch unterhalten. Am 11.01.2012 meldete der Beschwerdeführer in Österreich das Gewerbe „Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt“ an und wurde dies in das Gewerberegister eingetragen. Der Beschwerdeführer war in der Folge bis 2018 als Zusteller tätig und sozialversichert, wobei er ab 2016 über mehrere Autos verfügte und Angestellte beschäftigte. Im Herbst 2018 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung gemäß § 88 Abs. 1 GewO entzogen, da er sich nicht zulässigerweise in Österreich aufhielt. Seit Ende 2018 lebt der Beschwerdeführer im Wesentlichen von Ersparnissen; derzeit verfügt er noch über rund 18.000,00 Euro. Der Beschwerdeführer lebt (mit einer Unterbrechung von etwa Sommer 2013 bis Ende 2015) im gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin, einer österreichischen Staatsangehörigen, die er seit Ende 2011 kennt; für die Mietkosten von 280 Euro monatlich kommt überwiegend seine Lebensgefährtin, die im Ausmaß von etwa zehn Stunden pro Woche als Zeitungszustellerin tätig ist und Notstandshilfe bezieht, auf. Der Beschwerdeführer unterstützte seine Lebensgefährtin bei der Pflege ihrer Ende 2014 verstorbenen Tochter und hat ab und zu Kontakt zu ihren weiteren Familienangehörigen, etwa ihrem Sohn und ihrer Schwester. Seit dem Entzug seiner Gewerbeberechtigung ging der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nach; für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels will er wieder als Zusteller arbeiten. Im April 2011 bezog der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seinen bisherigen Verfahren (Seite 4 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) in Verbindung mit den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten Urkunden (Reisepass und Geburtsurkunde) des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zum Herkunftsort, der Schul- und Berufsbildung, den Sprachkenntnissen und den Familienangehörigen des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen plausiblen Angaben in der mündlichen Verhandlung, an denen kein Grund zu zweifeln besteht (Seiten 4 bis 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).

Die Feststellungen zur Einreise des Beschwerdeführers in das österreichische Bundesgebiet und seinen bisherigen Verfahren ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Aufenthalt, den Lebensverhältnissen und den wirtschaftlichen, sozialen und familiären Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner als Zeugin einvernommenen Lebensgefährtin in der mündlichen Verhandlung (Seiten 6 bis 15 und 16 bis 20 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) in Verbindung mit den im Verfahren vorgelegten Integrationsunterlagen (insbesondere dem gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 sowie der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid beiliegende Unterlagen und mit Stellungnahmen vom 22.07.2016 sowie 27.03.2017 übermittelte Dokumente) und dem Akteninhalt betreffend das Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers sowie Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und das Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den in Österreich verrichteten Tätigkeiten des Beschwerdeführers; Anhaltspunkte für das Vorliegen von Gesundheitsbeeinträchtigungen sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist zulässig und rechtzeitig.

3.2. Zu A) I. Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“:

3.2.1. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Gemäß § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht.

Die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 60 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist dergestalt einschränkend auszulegen, dass sie sich - wie die inhaltlich ähnliche Erteilungsvoraussetzung nach § 60 Abs. 3 Z 2 AsylG 2005 ausdrücklich - nur auf Aufenthaltstitel nach den §§ 56 und 57 AsylG 2005 beziehen kann. Dieses Verständnis liegt auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nahe, ermöglicht es doch, Einreiseverbote, die mangels fristgerechter Ausreise des Drittstaatsangehörigen keiner Verkürzung oder Aufhebung nach § 60 Abs. 1 oder 2 FPG 2005 zugänglich sind, bei zwingenden Gründen des Art. 8 EMRK im Wege der Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 gegenstandslos werden zu lassen (VwGH 16.12.2015, Ro 2015/21/0037, mit Verweis auf VfGH 03.12.2012, G 74/12).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des/der Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Art 8 EMRK geschützte Familienleben (VwGH 9.9.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.3.2013, 2012/21/0178, E vom 30.8.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.4.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva u.a. gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist aber auch bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen gewisser integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend von einem Überwiegen des persönlichen Interesses auszugehen, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken bzw. die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. Es ist daher auch in Fällen eines mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthaltes eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung aller fallbezogen maßgeblichen Aspekte vorzunehmen, wenn auch unter besonderer Gewichtung der langen Aufenthaltsdauer. (VwGH 17.10.2016 Ro, 2016/22/0005; 23.02.2017 Ra2016/21/0340).

Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthaltes und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels (oder an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden. Dazu zählen das Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0165; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001; 03.11.2015, Ra 2015/21/0121; 25.04.2014, Ro 2014/21/0054), Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften (z. B. AuslBG, VwGH 16.10.2012, 2012/18/0062; 25.04.2014, Ro 2014/21/0054), eine zweifache Asylantragstellung (vgl. VwGH 20.07.2016, Ra 2016/22/0039; 26.03.2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), unrichtige Identitätsangaben, sofern diese für die lange Aufenthaltsdauer kausal waren (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165), sowie die Missachtung melderechtlicher Vorschriften (vgl. E 31. Jänner VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006).

3.2.2. Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers aus folgenden Gründen in einer Gesamtschau nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt:

Der Beschwerdeführer lebt seit April 2011 durchgehend in Österreich und ist meldebehördlich registriert. Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich ist daher mit mehr als zehn Jahren bereits so lang, dass im Sinn der oben wiedergegebenen höchstgerichtlichen Judikatur regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist. Im Fall des Beschwerdeführers kann auch nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren: Er verfügt über ein ÖSD Zertifikat Deutsch auf dem Niveau B1 vom 03.03.2016 und kann sich auf Deutsch unterhalten. Von Jänner 2012 bis zur Entziehung seiner Gewerbeberechtigung aufgrund unzulässigen Aufenthalts in Österreich im Herbst 2018 war der Beschwerdeführer als Zusteller tätig und sozialversichert, wobei er ab 2016 über mehrere Autos verfügte und Angestellte beschäftigte. Seit Ende 2018 lebt der Beschwerdeführer im Wesentlichen von Ersparnissen; derzeit verfügt er noch über rund 18.000,00 Euro. Der Beschwerdeführer lebt (mit einer Unterbrechung von etwa Sommer 2013 bis Ende 2015) im gemeinsamen Haushalt mit seiner Lebensgefährtin, einer österreichischen Staatsangehörigen. Der Beschwerdeführer unterstützte seine Lebensgefährtin bei der Pflege ihrer Ende 2014 verstorbenen Tochter und hat ab und zu Kontakt zu ihren weiteren Familienangehörigen, etwa ihrem Sohn und ihrer Schwester. Seit dem Entzug seiner Gewerbeberechtigung ging der Beschwerdeführer keiner Erwerbstätigkeit nach; für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels will er wieder als Zusteller arbeiten, was im Hinblick auf seine langjährige selbständige Tätigkeit als Zusteller realisierbar erscheint. Der Beschwerdeführer bezog lediglich im April 2011 Leistungen aus der Grundversorgung. Dabei wird nicht übersehen, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers bereits im Februar 2013 rechtskräftig abgeschlossen wurde und der Beschwerdeführer seitdem über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügte, sodass seine Integrationsschritte jedenfalls dadurch gemindert sind, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines zunächst vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. in der Folge unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich und damit der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein musste. Allerdings kommt zwar dem Umstand, dass der Aufenthaltsstatus des Fremden ein unsicherer war, Bedeutung zu, er hat aber nicht zur Konsequenz, dass der während unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249 bis 253). Bei der Missachtung der Ausreiseverpflichtung bzw. dem in Folge unrechtmäßigen Aufenthalt handelt es sich zudem um Gesichtspunkte, die typischerweise auf Personen zutreffen, die nach negativer Erledigung ihres Antrages auf internationalen Schutz einen mehr als zehnjährigen inländischen und zuletzt jedenfalls unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet aufweisen; diese Umstände sprechen somit per se nicht gegen die Anwendbarkeit der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend einen mehr als zehnjährigen Inlandsaufhalt (VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0378, 0388). Zu Ungunsten des Beschwerdeführers ist weiters zu berücksichtigen, dass er im Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 05.04.2011 unrichtige Identitätsangaben tätigte; der Beschwerdeführer legte jedoch im Zuge der Stellung des gegenständlichen Antrags bereits im Jahr 2016 seinen Reisepass und seine Geburtsurkunde vor und stellte seine Identitätsangaben richtig, sodass eine maßgebliche Kausalität der unrichtigen Identitätsangaben des Beschwerdeführers für seine mehr als zehnjährige Aufenthaltsdauer nicht zu erkennen ist.

Der Beschwerdeführer weist daher in Österreich neben seiner sehr langen Aufenthaltsdauer insgesamt auch eine grundlegende Integration in beruflicher Hinsicht und auch in sozialer Hinsicht, insbesondere in Bezug auf seine Lebensgefährtin, mit der er seit dem Jahr 2012 (mit einer Unterbrechung von etwa Sommer 2013 bis Ende 2015) im gemeinsamen Haushalt lebt, auf. Jedenfalls kann nicht davon gesprochen werden, dass der Beschwerdeführer seine in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren. Den ungeachtet des mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalts gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen bzw. für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels sprechenden Umständen (wie die Angabe unrichtiger Identitätsdaten bei Stellung des Antrages auf internationalen Schutz und das unrechtmäßige Verbleiben im österreichischen Bundesgebiet) kommt in der vorliegenden Konstellation keine entscheidungswesentliche Bedeutung mehr zu. Eine Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers ist insofern vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen.

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt zwar im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH 01.07.2009, U992/08 bzw. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216; 26.06.2007, 2007/01/0479; 16.01.2007, 2006/18/0453; 08.11.2006, 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; 22.06.2006, 2006/21/0109; 20.09.2006, 2005/01/0699); im gegenständlichen Fall überwiegen aber in einer Gesamtabwägung aller Umstände die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründeten Rechtfertigungen mehr erkennen lassen. Die Verweigerung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung würden im Fall des Beschwerdeführers unverhältnismäßig in seine nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eingreifen. Da dies demnach gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist, ist dem Beschwerdeführer gemäß § 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel zu erteilen.

3.2.3. Zu überprüfen ist noch, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen oder ob nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen ist.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeits-grenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 Abs. 4 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019)

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,

4. einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder

5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

„Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.“

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) lauten:

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG (idF vor BGBl. I Nr. 68/2017) sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt,

[…].

Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Abs. 4 Z 1 sowie über Nachweise gemäß Abs. 4 Z 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen (§ 14a Abs. 6 NAG idF vor BGBl. I Nr. 68/2017).

Die aufgrund dieser Ermächtigung erlassene Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 449/2005 bestimmt Folgendes:

„§ 7 (1) Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben.

(2) Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Nivau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF.“

Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des § 14a Abs. 4 Z 2 und § 14b Abs. 2 Z 2 NAG gelten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Integrationsvereinbarungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 449/2005 allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse des „Österreichisches Sprachdiplom Deutsch“.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über ein ÖSD Zertifikat Deutsch Österreich auf dem Niveau B1 vom 03.03.2016, welches bestätigt, dass die in dieser Kursstufe erworbenen Kenntnisse dem Niveau B1 des Referenzniveaus des Europarates entsprechen, weshalb er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat.

Dem Beschwerdeführer ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, da dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist und der Beschwerdeführer das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Abs. 4 IntG iVm § 81 Abs. 36 NAG und § 14a NAG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt hat.

Das Bundesamt hat den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 sind Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten, beginnend mit dem Ausstellungsdatum, auszustellen.

3.3. Zu A) II. Behebung der Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides:

Aufgrund der Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ sind die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos – gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162) – zu beheben (VwGH 04.10.2018, Fr 2018/14/0004).

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. dazu die jeweils in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur, (insb. zur gewichtigen Gefährdung öffentlicher Interessen durch beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Deutschkenntnisse Integration Integrationsvereinbarung Interessenabwägung Lebensgemeinschaft Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung behoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W220.2199249.1.00

Im RIS seit

06.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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