RS Vfgh 2021/10/5 E2972/2021

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan; mangelhafte Auseinandersetzung mit der sich äußerst rasch ändernden Situation betreffend die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung und ihren Truppen; mangelhafte Prüfung der laufenden Entwicklung bei extremer Volatilität der Sicherheitslage auch in Orten der innerstaatlichen Fluchtalternative

Rechtssatz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) begründet zunächst hinsichtlich der spezifisch zur Stadt Kabul getroffenen Länderfeststellungen, dass die dortige Sicherheitslage einer Rückkehr des Beschwerdeführers mit Blick auf Art2 und 3 EMRK nicht entgegenstehe, weil die Region relativ sicher sei. Darüber hinaus geht es im angefochtenen Erkenntnis vom 01.07.2021 davon aus, dass für den Beschwerdeführer in den Städten Herat und Mazar-e Sharif eine (Neu-)Ansiedlungsmöglichkeit gegeben sei, weil auf Grund der Sicherheits- und Versorgungslage keine Gefahr für den Beschwerdeführer bestehe.

Vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt seiner Entscheidung verfügbaren Länderinformationen, insbesondere des Länderinformationsblattes vom 11.06.2021 und der breiten medialen Berichterstattung über die Entwicklungen in Afghanistan, war das BVwG damit verpflichtet, das Vorliegen einer realen Gefahr einer Verletzung des Art2 oder 3 EMRK bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers angesichts der sich nahezu täglich ändernden Situation in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung und ihren Truppen eingehend auch im Hinblick auf die laufende Entwicklung zu prüfen.

Indem das BVwG ausschließlich momentbezogen von einer im Hinblick auf Art2 und 3 EMRK zulässigen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ausgegangen ist, ohne dabei der sich rasch ändernden, durch sich intensivierende kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Taliban und afghanischen Regierungstruppen gekennzeichneten Sicherheitslage Rechnung zu tragen, hat es sein Erkenntnis mit Willkür belastet.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2972.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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