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GrunderwerbsteuerNorm
GrEStG 1955 §1 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dkfm. Dr. Friedrich Grohs, Dr. Michael Goriany und Dr. Andreas Grohs, Rechtsanwälte in Wien I, Freyung 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 8. April 1982, Zl. GA 11-725/82, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vertrag vom 4. November 1980 vereinbarten die Stadt Wien und die Beschwerdeführerin zur Erfüllung der baubehördlichen Abtretungsverpflichtungen in das öffentliche Gut, daß von der der Stadt Wien gehörigen Liegenschaft EZ. 81 des Grundbuches der KG. X gewisse Grundflächen im Gesamtausmaß von 121 m2 gegen eine Entschädigung von S 181.500,-- zum Zwecke des Gemeingebrauches dem „öffentlichen Gut“ zugeschrieben würden. Weiters wurde vereinbart, daß der physische Besitz am Vertragsobjekt der Stadt Wien verbleibe, die dafür an die Beschwerdeführerin und deren etwaige Rechtsnachfolger keinerlei Entgelt zu leisten habe.
Über diesen Erwerbsvorgang wurde noch am selben Tage an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien Abgabenerklärung gemäß § 18 GrEStG erstattet. Mit Schreiben vom 20. Mai 1981 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien wies sodann die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsfreund darauf hin, daß der gegenständliche Erwerbsvorgang nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, da die Liegenschaft im Eigentum der Stadt Wien stehe und bleibe. Vorsichtshalber beantragte sie Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 „Z. 6“ (gemeint offenbar: Z. 7) lit b GrEStG.
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1981 setzte sodann das Finanzamt entgegen diesem Antrag für den vorliegenden Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer fest und begründete dies in seiner - auf Grund der dagegen erhobenen Berufung ergangenen - Berufungsvorentscheidung vom 21. Jänner 1982 damit, daß durch den vorliegenden Erwerbsvorgang der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies sodann auch die belangte Behörde auf Grund des Vorlageantrages der Beschwerdeführerin die Berufung als unbegründet ab. Sie führte hiezu aus, auch wenn die Beschwerdeführerin durch die Entschädigungsleistung von S 181.500,-- keinen direkten Übereignungsanspruch erworben habe, so könne eine Steuerfreiheit dennoch nicht Platz greifen, da im vorliegenden Fall der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht worden sei. Die Verwertung bestehe aus zwei Erwerbsvorgängen, und zwar im Erwerb der Verfügungsbefugnis über die Grundflächen und in der Ausübung dieser Verfügungsbefugnis durch Abtretung derselben an die Stadt Wien, wobei erst der letztgenannte Erwerbsvorgang die Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. b GrEStG genieße. Der strittige Vorgang sei gleich zu beurteilen, wie wenn die Beschwerdeführerin von einem privaten Nachbarn die erforderlichen Grundflächen erworben und diese dann der Gemeinde Wien als Trägerin des öffentlichen Gutes übertragen hätte. Aber auch die Voraussetzungen der - von der Beschwerdeführerin in der Berufung begehrten - Steuerbefreiung nach § 3 Z. 6 GrEStG lägen nicht vor, da die Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen keine Ersatzgrundstücke für enteignete Grundstücke erworben habe.
Mit Beschluß vom 17. Juni 1985, B 308/82-10, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin, wie aus ihrem Vorbringen hervorgeht, in ihrem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen - völlig gleichgelagerte Fälle betreffenden - Erkenntnisse vom 19. September 1968, Slg. Nr. 3782/F, vom 14. September 1972, Slg. Nr. 4424/F, und vom 12. Dezember 1985, Zl. 83/16/0153, dargetan und dort ausführlich begründet hat, stellen Vereinbarungen wie die vor-liegende, bei denen zur Erfüllung der baubehördlichen Abtretungsverpflichtungen in das öffentliche Gut vereinbart wird, daß die Stadt Wien ihr gehörige Teile von Grundstücken gegen Leistung einer Entschädigung dem öffentlichen Gut zu-zuschreiben hat, Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 GrEStG dar. Ebenso wie in jenen Fällen wurde nämlich auch die Beschwerdeführerin durch diesen Vertrag wirtschaftlich in die Lage versetzt, die streitgegenständlichen Grundflächen auf eigene Rechnung zu verwerten. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird des
Näheren auf die Entscheidungsgründe der genannten Erkenntnisse verwiesen.
Aber auch die weiteren in der Beschwerde geltend gemachten Befreiungstatbestände liegen nicht vor. Die Heranziehung des § 3 Z. 6 GrEStG scheitert schon daran, daß eine Enteignung nicht stattgefunden hat. Bei Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland nach § 4 Abs. 1 Z. 5 GrEStG handelt es sich nicht um Vorgänge, durch die der eine oder andere Einzelbauplatz, sondern um solche, durch welche ein größeres Baulandgebiet baulich nutzbar gemacht wird (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Mai 1971, Slg. Nr. 4230/F, und vom 18. September 1980, Zlen. 319/78, 320/78). Aber auch die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. b leg. cit. kann nicht zur Anwendung gelangen, weil kein Erwerb eines Grundstückes durch die Stadt Wien, sondern der Erwerb der Verwertungsbefugnis über solches Grundstück durch die Beschwerdeführerin vorliegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. im Dreiersenat erfolgen. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Hinsichtlich der oben zitierten, nicht in der Amtlichen Sammlung seiner Erkenntnisse und Beschlüsse veröffentlichten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Wien, am 26. Juni 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1985160080.X00Im RIS seit
06.12.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021