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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ÄrzteG 1998 §136 Abs1 Z1 idF 2014/I/082Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofräten Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des Dr. A B in C, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12. November 2018, LVwG 49.30-659/2018-14, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Österreichischen Ärztekammer Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der 1955 geborene Revisionsweber ist Arzt für Allgemeinmedizin in der Steiermark, Lehrer für Selbstheilkunde, homöopathischer Supervisor und Autor.
2 Mit Disziplinarerkenntnis des Disziplinarrats der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten vom 27. Juni 2017 wurde die vom Revisionswerber erhobene Befangenheitsanzeige zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Revisionswerber der Disziplinarvergehen gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) für schuldig erkannt (Spruchpunkt II.), weil er auf seiner Homepage in einem Artikel zum Thema „Impfen“
1. die Existenz von krankmachenden Viren leugnete,
2. die Äußerungen tätigte,
a) dass Impfen nie vor Krankheiten schütze,
b) die Natur keine Krankheiten kenne und
c) keine einzige Krankheit durch Impfungen verschwunden sei.
3 Über den Revisionswerber wurde hiefür gemäß § 139 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG 1998 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- verhängt und die Strafe gemäß § 139 Abs. 3 ÄrzteG 1998 unter Festsetzung einer Bewährungsfrist von einem Jahr bedingt nachgesehen. Weiters wurde vom Widerruf der zu Dk 5/16 St. bedingt verhängten Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung für zwei Monate abgesehen. Unter einem wurde dem Revisionswerber der Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von EUR 1.500,-- gemäß § 163 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 auferlegt.
4 Die gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem Erkenntnis vom 12. November 2018 mit der Maßgabe als unbegründet ab, als es im Spruch der als verletzt zitierten Norm des § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 durch § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 ÄrzteG 1998 iVm § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und § 1 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Information in der Öffentlichkeit ersetzte (Spruchpunkt I.). Weiters sprach es aus, dass die Barauslagen für die Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen dem Revisionswerber mit gesondertem Beschluss auferlegt werden (Spruchpunkt II.). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
5 Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Verwaltungsgericht dazu folgende Feststellungen:
„Der Beschwerdeführer ist Medieninhaber der Homepage X und für dessen Inhalt verantwortlich. Die Homepage wird von ihm auch immer wieder verändert (Inhalte und Termine).
Dieser Homepage unter X (Stand: 27.06.2016) war zum Thema ‚Impfen‘ Folgendes zu entnehmen:
‚Impfen
Tod durch Zecke ????????
Ein ketzerischer Essay - nur Impfen schützt wirklich!
Vor wenigen Wochen gab es hierzulande eine Meldung, eine Schlagzeile, einen Seite-1-Aufmacher aller einheimischen Zeitungen, und es plätscherte sogar über die Grenzen, ein Mädchen sei an den Folgen eines Zeckenbisses gestorben.
1
Die Reaktionen waren erwartet und überwältigend. Auch in eingefleischten Nicht-Impf-Familien wogten die Ängste, Menschen, sonst eher neutral diesen Dingen gegenüber, liefen zu den Impfärzten; der Impfstoff in vielen Apotheken drohte auszugehen. Zufriedene Gesichter bei allen die daran nicht zu schmal (wie man hört) verdienen. Über Impf-Aufklärer und -kritiker wurde Schmach und Schande vergossen, federn und teeren sollte man sie, ins Gefängnis mit ihnen, diesen unverantwortlichen Hetzern gegen die Wissenschaft; Ärzten, die nicht impfen, sollte man die Praxen sperren, Internet und TV und Stammtische waren sich einig ... denn nur impfen schützt! Der tragische Todesfall wird blank und pur hingestellt als Folge von Nicht-Impfen - und der größte Teil der Menschen fällt darauf hinein.
Also, wenn man von einem Zeckenbiss sterben kann, warum soll dieses Mädl nicht daran gestorben sein?
2
... weil bei einem einigermaßen realistischen, sprich vernünftigen Verständnis der Natur wir nicht am Biss einer Zecke sterben können. Das, was wir als Virus, wörtl.: Gift bezeichnen, ist als Erreger diverser Erkrankungen eine durch nichts bewiesene Spekulation, Annahme, Vermutung; Arbeitshypothese bestenfalls. Am Biss einer giftigen Schlange, eines Skorpions können wir, je nach Umständen, erkranken oder sterben, keine Frage da haben wir es mit einem veritablen Gift zu tun. Nicht so bei der ungiftigen Zecke. Diese führt vielleicht zu einer Hautreizung, -entzündung als Zeichen körperlicher, heilsamer Reaktion.
Intermezzo
Nach einem Gespräch mit dem mittlerweile zu einem Freund gewordenen Y Z sei ganz klar festgehalten, dass ich keinesfalls die Existenz von Viren, Bakterien u.ä. leugne - sie haben nur, wie gesagt eine andere biologische Aufgabe als in der üblichen Medizin und Biologie dargestellt.
Und weiter
Nun, was hat es auf sich mit der Gehirnhaut-Entzündung? Jeder Kopfschmerz ist eine mehr oder weniger leichte Reizung der Gehirnhäute. Wenn ich zuviel Sonne erwischt, gerade im früheren Sommer, dann bekomm ich Kopfweh, manchmal auch einen Sonnenstich. Der Körper versucht dieses zuviel an Sonne zu neutralisieren, loszuwerden; im Gehirn kommt es zu einer Anschwellung, das heißt zu einer meist leichten Entzündung mit Hitze, Schmerz, Schwäche, oft Übelkeit und Erbrechen usw. Wird dies durch unser ängstliches Unverständnis - dazu Medikamenten oder ausgeprägten körperlichen Schwächezuständen blockiert - werden Heilungsvorgänge im Gehirn-Rückenmarkssystem behindert, ja gelähmt. Dies kann gegebenenfalls zum Ausfall der gesamten Steuerung führen, sprich auch zum Tode. - Wir kennen also Symptome einer Gehirnhaut-Entzündung als Heilungsversuch. Diese mit einem Virus als Auslöser in Verbindung zu bringen ist vollkommene Willkür, wissenschaftlich nicht haltbar. Durch Rückenmarks-Punktionen können manchmal Antikörper festgestellt werden, die mit Viren in Verbindung gebracht werden, die man auch bei den Zecken gefunden hat. Mehr nicht.
3
Krankheiten erscheinen als böse Zufälle der Natur, wenn wir die Natur nicht verstehen. Sehen wir in ihnen jedoch Heilungsbemühungen des Körpers, die wir nicht behindern sollten, wird alles sehr viel einfacher. - Deswegen: Nur impfen schützt! Und zwar wirklich. Die Impfung mit Verständnis der natürlichen Zusammenhänge, Aufklärung also - und Mut zum eigenen Herzen, das heißt Mut, auf unsere Intuition zu hören. Was nie möglich ist, wenn wir gelähmt sind durch die üblichen Ängste, die aus kollektivem Unverständnis geboren sind.
4
Warum die chemischen Impfungen nie schützen können vor einer Krankheit? Die Antwort ist wie alles, was Sinn macht, einfach: Wir erkranken nicht durch Bakterien und Viren; diese sind Helfer oder bei den Viren zerbrochene Zellkerne, also Stoffwechselprodukte, die ausgeschieden oder wieder eingebaut werden im Körper. - So einfach die Vorgänge in der Natur auch sind, so lange wir kompliziert und ängstlich bleiben, werden wir die Zusammenhänge nicht begreifen und bleiben furchtsame Wesen, unmündige Opfer. Darum: wer zweifelt, möge nicht aufhören zu zweifeln, bis wir gefunden haben, was uns entspricht. Zweifel ist eine Möglichkeit, einer heilsamen Krankheit gleich, dir zur Gesundung führen wird, wenn wir uns informieren und die fraglichen Themen von allen Seiten untersuchen. Nicht umsonst heißt es prüfet alles, das Gute behaltet. Verzweifeln wird, wem es an Mut zum gesunden Zweifel fehlt, der sich durch Herz und Hausverstand auflösen wird in klare, freudvolle und heitere Einsicht; ja die eine Sicht ... sie kommt aus und führt zu den ewigen Gesetzen der Natur ...
Literatur:
J. Fridrich, Impfen mit den Augen des Herzens betrachtet
K. Bielau, Wendezeit der Medizin, Teil 1, Teil 2
A. Zoebel, Lesen Sie dieses Buch bevor Sie Impfling
Hinterfragt doch endlich das Impfen!
Wozu Impfen?
Impfen - Erstarrung in Angst‘
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark am 24.10.2018 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus:
‚Bakterien und Viren sind nicht die Ursache von Krankheiten, das ist für mich 100%ig. Es geht für mich nicht um den Glauben, sondern um die Erfahrung und die Einsicht.
Impfen hat keine einzige Krankheit ausgerottet, oder zum Verschwinden gebracht. (...)
Die Natur kennt Krankheiten. Wenn ich auf meiner Homepage geschrieben habe, dass die Natur keine Krankheiten kennt, so war das eine peppige, provokative Formulierung, um die Menschen zum Denken anzuregen. Akute Krankheiten sind Reinigungsprozesse, chronische natürlich auch. Akute aber ganz besonders. Das Wort ‚Katarrh‘ kommt aus dem Griechischen und bedeutet ‚herausfließen‘. Noch unsere Großeltern haben Husten und Schnupfen etwa als ‚Katarrh‘ bezeichnet. Alle Krankheiten sind Reinigungsvorgänge des Organismus, von Körper und Seele, die chronisch werden können, wenn sie nicht verstanden und unterdrückt werden.
Ich sehe mich nicht in erster Linie berufen, zu behandeln oder zu heilen, sondern aufzuklären, um freie Entscheidungen zu ermöglichen. Jemanden durch Impfungen zu vergiften, widerspricht meinem Ethos. Ich würde niemanden impfen, rate aber auch niemandem ab, sondern verweise auf Kollegen, die impfen. (...) Ich widerspreche der Wissenschaftspraxis nicht, jeder hat Recht. Ich habe nur eine andere Sichtweise, die sich auch wissenschaftlich fundieren lässt. Es stellt sich die Frage: Was ist Wissenschaft? Ich gehe davon aus, dass Viren nicht Erreger diverser Erkrankungen sind. Viren existieren, sind aber keine Krankheitserreger.
Es gibt FSME, aber nicht als Folge eines Zeckenbisses. (...)
Durch Medikamente werden Heilungsvorgänge im Gehirn- und Rückenmarkssystem behindert. Die akuten Symptome werden unterdrückt. Man muss die Homepage als Ganzes lesen, nicht nur Satz für Satz. (...)
Wenn ich gefragt werde, warum Impfungen vor einer Krankheit schützen sollen, so gebe ich an: Warum sollen Impfungen vor einer Krankheit schützen? Erklärend führe ich an, nach holistischer Sichtweise sind Gesundheit und Krankheit fließende Prozesse, die von unzähligen Faktoren abhängig sind (psychologisch, Stress, Burn-Out, Unfreiheit, Zwang, körperliche Ressourcen, Ernährung, etc.). Im Körper sind Mikroorganismen mitzuständig für Heilungs- und Reinigungsprozesse. Mikroorganismen sind Bakterien oder Pilze, zB. Ist Eiter immer ein Reinigungsprozess (pus bonum et laudabile). Wenn der Körper stark genug ist, führt er ein Ausfließen von selbst durch, sonst muss man mithelfen (zB. Aufschneiden bei Geschwüren, etc.). (.. )“
Die Beurteilung des beigezogenen Sachverständigen gab das Verwaltungsgericht wie folgt wieder:
„Im Einzelnen:
Zu ,krankmachende Viren existieren nicht':
Gesundheit ist laut WHO definiert als ein Zustand physischen, mentalen und sozialen Wohlbefindens, wohingegen die Krankheit die Abwesenheit dieses Wohlbefindens darstellt. Krankheit ist individuell zu sehen. Krankheit wird ausgelöst durch diverse Noxen: Umwelt (Verkehrsunfall), Umwelteinflüsse und Umweltgifte sowie Pathogene (Erreger, wie Bakterien, Protozoen und Viren). Wissenschaft widmet sich der Suche nach der Wahrheit.
Der Zeckenstich per se führt kaum je direkt zum Tode eines Menschen. Durch den Zeckenstich und die Zeckenspeicheleindringung in die Wunde werden Erreger übertragen, welche Krankheiten auslösen können, darunter (selten) auch tödliche Krankheiten. Die Existenz solcher Erreger ist naturwissenschaftlich erwiesen. Durch Zecken übertragene Infektionen sind beispielsweise Borreliose (durch Bakterien übertragen, bis dato keine Impfung) oder FSME, eine Hirnhautentzündung (durch Viren ausgelöst, gegen welche eine Impfung existiert).
Somit lösen Viren nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft FSME aus. Den Virus kann man aus Zecken und aus dem Zentralen Nervensystem isolieren und im Elektronenmikroskop sehen. Mit molekularen Methoden kann das Genom nachgewiesen werden. Wenn man das FSME-Virus-Genom vergleicht, isoliert aus der Zecke und dem Menschen, so ist es das gleiche.
Natürlich ist eine Krankheit (zB. Entzündung) ein kompliziert geregeltes Geschehen, bei dem das eigene Immunsystem auch einmal durch die Abwehrvorgänge die Organe stärker schädigt, als die ersten, mit der Infektion ankommenden Erreger das direkt tun. Dass bestimmte Viren jedoch pathogen, also krankmachend sind, ist vielfach bewiesen und keineswegs nur eine Spekulation (von der Virushepatitis über Grippe, Masern, Pocken etc.). Viren haben eine Vorliebe für bestimmte Zellarten (Organe). In der Wirtszelle kann man Schäden und auch Zelluntergangszeichen, das sogenannte Cell debrees (dies ist unter anderem das Nasensekret bei Schnupfen), beobachten.
Definitiv können Bakterien und Viren Auslöser von Krankheiten sein. Die Aussage des Beschwerdeführers, es würden keine krankmachenden Viren existieren, entspricht somit nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin.
Zu ,Impfen schützt nicht vor Krankheiten‘, ‚keine einzige Krankheit ist durch Impfungen verschwunden‘ und ‚die Natur kennt keine Krankheiten‘:
Das Pockenvirus ist offenbar weltweit ‚in freier Natur‘ verschwunden. Andere Erreger wurden durch Impfungen trotz Bemühungen der WHO mit Impfprogrammen Krankheiten auszurotten (sogenannte Eradikationsprogramme) nicht vollständig ausgerottet (zB. Polio). Dies könnte an der mangelnden Impfdurchdringungsrate in manchen Weltregionen (zB. Süd-Sudan) liegen.
Ein anderes Beispiel ist etwa Hepatitis C. Bis vor einigen Jahren gab es keine Therapie gegen Hepatitis C. Man konnte nur warten, bis der akute Zustand in einen chronischen überging, das war bei etwa 60-80% der Erkrankten der Fall. Derzeit gibt es eine Therapie, die auch schon vor Auftreten der chronischen Erkrankung einsetzen kann. Die WHO setzt Bestrebungen, durch Einsatz der Therapieformen, akut Erkrankte zu therapieren, um langfristig Hepatitis C auszurotten.
Hepatitis C ist ein Beispiel dafür, dass eine Krankheit kein Reinigungsprozess ist. Hepatitis C-Viren replizieren sich schlampig, das heißt, es kommt zu Mutationen im Genom, die Immunabwehr ist immer einen Schritt hinterher, es werden keine neutralisierenden Antikörper gebildet, die Viren vermehren sich bis zum Tod des Patienten.
Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft schützt eine spezifische Impfung zu einem sehr hohen Prozentsatz vor einer spezifischen Erkrankung. Es sind immer auch andere Faktoren (bessere Hygiene, etc.) zu berücksichtigen.
So ist etwa in Österreich in den letzten Jahren trotz Anstrengungen in Bezug auf Hepatitis B Impfungen ein Anstieg an Hepatitis B Erkrankungen zu verzeichnen. Dies ist auf Migration zurückzuführen, da aufgefallen ist, dass in den letzten Jahren ungeimpfte Migranten nach Österreich kamen.
Masern zirkuliert seit Jahrhunderten in Europa. Es gibt jedoch auf der Welt Kollektive in denen Masern nicht vorgekommen sind. Durch Migration, etwa im 19. Jahrhundert hat es hohe Erkrankungsraten in diesen Ländern gegeben (zB. USA, Fidschi-Inseln, etc.).
Unerwünschte Folgewirkungen von Impfstoffen sind sehr selten, aber eine bekannte Tatsache. Die Aufklärung über Risiko, Häufigkeit, Folgenschwere der ärztlichen Intervention oder Vorsorge muss aber auch immer im Lichte des zu verhindernden Schadens stehen.
Eine Behauptung, dass die Natur keine Krankheiten kennt, entspricht nicht dem heutigen Stand der Wissenschaft oder gar der Vernunft.
Die oben angeführt getätigten Äußerungen des Beschwerdeführers entsprechen somit nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin.
Medikamente, gezielt und richtig eingesetzt, führen zu Heilungsvorgängen. Diese sind von zahlreichen Faktoren abhängig. Richtig und gezielt eingesetzte Medikamente blockieren Heilungsvorgänge nicht. Die Verschreibung eines Antibiotikums bei einer viralen Erkrankung führt jedoch nicht zur Gesundung. Ein gegenteiliges Beispiel ist die Behandlung von Hepatitis C, die unbehandelt zum Tod führt. Durch spezielle Medikamente kann nun sowohl eine Heilung herbeigeführt werden, als auch der Leberzustand verbessert werden.
Zusammengefasst entsprechen die getätigten streitgegenständlichen Äußerungen des Beschwerdeführers in dem Artikel auf seiner Homepage zum Thema ‚Impfen‘ sowie die oben angeführten streitgegenständlichen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2018 nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin. Der Beschwerdeführer äußert sich lediglich einseitig, nämlich ausschließlich negativ über die Thematik ‚Impfen‘.“
6 Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, es sei im Beweisverfahren nicht hervorgekommen, dass dem Revisionswerber seinen eigenen Patienten (gewissenhafte Behandlung und Betreuung) gegenüber eine Verletzung der Berufspflichten anzulasten sei. Die vom Revisionswerber auf seiner Homepage zum Thema „Impfen“ weitergegebenen Informationen widersprächen jedoch der Verpflichtung, eine medizinische Information, die wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspreche oder den Tatsachen nicht entspreche, nicht weiterzugeben. Die vom Revisionswerber getätigten Aussagen im Rahmen seines Artikels seien nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechend. Die Einschränkung der ärztlichen Meinungsfreiheit gemäß § 53 ÄrzteG 1998 iVm § 2 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Information in der Öffentlichkeit diene dem Schutz der Gesundheit.
7 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2019, E 389/2019-14, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
8 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht, zu der die belangte Behörde im eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung erstattete.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Revision - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof - wie bereits angeführt - gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. etwa VwGH 26.2.2021, Ra 2021/09/0007, mwN).
14 Die maßgeblichen Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, § 53 in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2001, § 136 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2014, lauten (auszugsweise):
„Der Beruf des Arztes
§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.
(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere
1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;
2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;
3. die Behandlung solcher Zustände (Z 1);
4. die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut;
5. die Vorbeugung von Erkrankungen;
6. die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe;
7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;
8. die Vornahme von Leichenöffnungen.
(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.
...
Werbebeschränkung und Provisionsverbot
§ 53. (1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
(2) ...
(3) ...
(4) Die Österreichische Ärztekammer kann nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs. 1 genannten Informationen erlassen.
...
2. Abschnitt
Disziplinarvergehen
§ 136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland
1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder
2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie sich anläßlich der Promotion zum Doctor medicinae universae verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.
(2) Ärzte machen sich jedenfalls eines Disziplinarvergehens nach Abs. 1 Z 1 oder Z 2 schuldig, wenn sie
1. den ärztlichen Beruf ausüben, obwohl über sie rechtskräftig die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung (§ 139 Abs. 1 Z 3) verhängt worden ist oder
2. eine oder mehrere strafbare Handlungen vorsätzlich begangen haben und deswegen von einem in- oder ausländischen Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder zu einer Geldstrafe von zumindest 360 Tagessätzen oder zu einer Geldstrafe von mehr als 36 340 Euro verurteilt worden sind.
Werden in einem oder mehreren Urteilen Freiheitsstrafen und Geldstrafen (nebeneinander) verhängt, ist die Summe der Freiheitsstrafen und der für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen verhängten Freiheitsstrafen maßgeblich. Wird in einem oder mehreren Urteilen ausschließlich auf Geldstrafen erkannt, sind diese zusammen zu zählen.
(3) ...“
15 Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014), Stammfassung, beschlossen von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am 27. Juni 2014 im Rahmen des 129. Österreichischen Ärztekammertages in der hier noch anzuwenden Fassung der von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer im Rahmen des 132. Österreichischen Ärztekammertages am 15. Dezember 2015 beschlossenen 1. Änderung lautet (auszugsweise):
„Aufgrund des § 53 Abs. 4 in Verbindung mit § 117b Abs. 2 Z 9 lit. b) des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 59/2018, wird verordnet:
§ 1. Der Ärztin (dem Arzt) ist jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information untersagt.
§ 2. (1) Unsachlich ist eine medizinische Information, wenn sie wissenschaftlichen Erkenntnissen oder medizinischen Erfahrungen widerspricht.
(2) Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.
(3) Eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information liegt vor bei
1. herabsetzenden Äußerungen über Ärztinnen (Ärzte), ihre Tätigkeit und ihre medizinischen Methoden;
2. Darstellen einer wahrheitswidrigen medizinischen Exklusivität;
3. Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche und/oder marktschreierische Darstellung.
§ 3. Unzulässig ist die Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber. Zulässig ist die sachliche, wahre und das Ansehen der Ärzteschaft nicht beeinträchtigende Information über Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige Medizinprodukte sowie über deren Hersteller und Vertreiber in Ausübung des ärztlichen Berufes.
...“
16 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht den gegen den Revisionswerber vom Disziplinarrat erhobenen Vorwurf der Verletzung der Standes- und der Berufspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Z 1 und Z 2 ÄrzteG 1998 dahingehend präzisiert und zugleich eingeschränkt, dass der Revisionswerber gemäß „§ 136 (1) Z 1 und Z 2 ÄrzteG iVm § 53 Abs. 1 ÄrzteG und § 1 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit“ für schuldig erkannt wurde (vgl. VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0010, mwN). Das Verwaltungsgericht hat somit eine Verletzung des Standesansehens und der Berufspflichten durch einen Verstoß gegen die sich aus § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 ergebenden Verpflichtungen durch Äußerungen des Revisionswerbers in dem auf dessen Homepage veröffentlichten Artikel über das Thema „Impfen“ erblickt.
17 Ein Verstoß gegen die Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 ist grundsätzlich geeignet, als ein standeswidriges Verhalten im Sinn des § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 qualifiziert zu werden (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/09/0045; neuerlich 29.10.2019, Ra 2019/09/0010). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umfassen die in § 136 ÄrzteG 1998 normierten Standespflichten sowohl das Verhalten des Arztes bei der Ausübung seines Berufes als auch außerberufliches Verhalten. Bei der Beurteilung eines außerberuflichen Verhaltens eines Arztes sind die zum insoweit vergleichbaren § 43 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgestellten Leitlinien, wonach bei der Prüfung, ob ein außerdienstliches Verhalten eines Beamten einen Dienstbezug (Rückwirkung auf den Dienst) aufweist, ein strengerer Maßstab (nicht bloß geringfügiges Fehlverhalten) anzulegen ist als bei dienstlichen Fehlverhalten, heranzuziehen (vgl. wiederum VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0010, mwN).
18 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 29. Oktober 2019, Ra 2019/09/0010, bereits festgehalten, dass § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 nur Informationen durch einen Arzt „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ betrifft und daher einen ausreichenden Zusammenhang mit dem ärztlichen Beruf voraussetzt. In weiterer Folge hat er ausgehend von den getroffenen Feststellungen im Einzelfall (es ging um Äußerungen zu Nachteilen und Gefahren des Impfens im Rahmen eines Vortrags in einem Pfarrheim), unter anderem unter Hinweis auf das Fehlen einer werbemäßigen Hervorhebung eigener Behandlungsmethoden, jedoch keinen ausreichenden Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes erblickt und die dem dortigen Revisionswerber (ausschließlich) vorgeworfene Verletzung des Standesansehens nach § 136 Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 durch einen Verstoß gegen die sich aus § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 ergebenden Verpflichtungen eines Arztes verneint.
19 Die Frage, ob Informationen einen ausreichenden Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes im Sinn des § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 aufweisen, ist anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu klären. Eine solche Einzelfallbeurteilung wirft jedoch nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. VwGH 1.6.2021, Ra 2019/09/0163, mwN).
20 Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Internetauftritt („Homepage“) eines praktizierenden Arztes „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ steht, dient dieser doch offensichtlich (auch) dazu, die Aufmerksamkeit auf seine Ordination zu lenken und somit Werbezwecken, was sich schon durch die Bezugnahme auf dessen Praxis (beispielsweise durch die Anführung der „Öffnungszeiten“) und die von ihm angebotenen Behandlungsmethoden ergibt. Die festgestellten plakativen Aussagen des Revisionswerbers dienen erkennbar der werbemäßigen Hervorhebung eigener Behandlungsmethoden gegenüber jenen, die von ihm abgelehnt wurden. In diesem Sinn führt die Revision im Zusammenhang mit der Homepage selbst aus, dass „der Revisionswerber mit seinem Auftritt dafür (sorgt), dass potentielle Patienten mit Interesse an alternativer Medizin sich an einen ausgebildeten Arzt (nämlich ihn selbst) wenden können“ (siehe Revision Seite 21).
21 Gemäß dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten entsprechen die inkriminierten Aussagen des Revisionswerbers nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin bzw. einzelne Äußerungen „gar der Vernunft“. Angesichts dessen bestehen keine Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der auf Basis des Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen, denen die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nichts Stichhaltiges entgegensetzt, eine Verletzung des Standesansehens als verwirklicht erachtet, weil er entgegen den sich aus § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und der Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 ergebenden Pflicht, zu Werbezwecken unsachliche Informationen weitergegeben habe.
22 Wenn sich der Revisionswerber mit seinen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung auch gegen die Annahme des Vergehens der Berufspflichtverletzung wendet und dazu auf die hg. Rechtsprechung zur Vertrauensunwürdigkeit und ein Abweichen zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juli 2013, 2010/11/0075, verweist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Feststellung des Erlöschens der ärztlichen Berufsberechtigung gemäß § 59 ÄrzteG 1998 infolge Wegfalls der zur Erfüllung der Berufspflichten erforderlichen Vertrauenswürdigkeit, was gemäß Abs. 3 die Streichung aus der Ärzteliste und die Feststellung der Behörde zur Folge hat, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht, nicht um eine Strafe, sondern um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor nicht vertrauenswürdigen Ärzten handelt. Vertrauenswürdig ist eine Person, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag. Vertrauenswürdigkeit bedeutet, dass sich die Patienten darauf verlassen können, dass ein Arzt bei Ausübung des ärztlichen Berufes den Berufspflichten nach jeder Richtung entspricht (vgl. zum Ganzen VwGH 20.6.2006, 2004/11/0202, mwN). Es handelt sich um ein von einem Disziplinarverfahren getrenntes Verfahren. Die ins Treffen geführte Entscheidung betraf - entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen - somit das Erlöschen der Berechtigung zur Berufsausübung und Streichung aus der Ärzteliste und nicht eine Disziplinarverurteilung, sohin einen anders gelagerten Sachverhalt, weshalb ein Abweichen von der Rechtsprechung schon deshalb nicht dargetan wird.
23 Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass der Revisionswerber (in Idealkonkurrenz) auch das Vergehen der Berufspflichtverletzung begangen habe, kann im Hinblick auf die hier vorliegenden Verstöße gegen die einschlägigen Werbebeschränkungen und unter Berücksichtigung, dass die Homepage des Revisionswerbers nicht bloß zu Werbezwecken für die Akquise von (neuen) Patienten eingerichtet ist, sondern naturgemäß auch eine Informationsquelle und Werbung für bestehende Patienten darstellt, nicht als rechtswidrig erkannt werden (anders gelagert hingegen VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0010).
24 Soweit der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit erblickt, wird zunächst auf den bereits erwähnten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes verwiesen. Weiters ist darauf zu verweisen, dass § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 und die darauf basierende Verordnung Arzt und Öffentlichkeit 2014 Werbebeschränkungen für den ärztlichen Berufsstand normiert. Das Verbot unsachlicher, unwahrer oder das Standesansehen der Ärzteschaft beeinträchtigender Informationen liegt sowohl im Interesse der Ärzteschaft als auch im Interesse der Allgemeinheit, sich bei der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen von sachlichen Erwägungen leiten zu lassen (vgl. VfGH 12.6.2012, B 811/11, unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0108834; zur Deckung von Werbebeschränkungen bei bestimmten Berufsgruppen im Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK vgl. RIS-Justiz RS0119851; zur besonderen Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als Disziplinarvergehen vgl. zuletzt VfGH 24.2.2021, E 607/2020, mwN).
25 Dass die mit der Disziplinierung erfolgte Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit des Revisionswerbers im Hinblick auf das in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannte Ziel im vorliegenden Einzelfall unverhältnismäßig wäre, ist aufgrund der festgestellten zumindest als unsachlich zu wertenden Informationen durch den Revisionswerber über das Thema „Impfen“ und im Hinblick auf die relativ geringe Geldstrafe nicht zu ersehen (beachte ferner zur Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht für bestimmte Kinderkrankenheiten EGMR (Große Kammer) 8.4.2021, Vav?i?ka ua/Tschechien, 47621/13).
26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher von dem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
27 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Oktober 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019090140.L00Im RIS seit
06.12.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021