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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der B, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 18. April 1996, Zl. III 190-6/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/21/0377, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 19. Mai 1994, mit dem gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 1 und §§ 19, 20 und 21 FrG ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof teilte in diesem Erkenntnis die Auffassung der belangten Behörde, daß das Gesamtverhalten der Beschwerdeführerin die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, und sprach aus, daß angesichts des 2 1/2jährigen (überwiegend) rechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und ihrer Beschäftigung während dieser Zeit von einem relevanten Eingriff im Sinne des § 19 FrG in ihr Privatleben auszugehen sei und die belangte Behörde zu Unrecht die Prüfung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 19 FrG und nach § 20 Abs. 1 FrG unterlassen hat. Weiters wurde die Auffassung der belangten Behörde, daß bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes das Verstreichen von zehn Jahren vonnöten sei, nicht geteilt.
Mit dem nunmehr neuerlich vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurde gegen die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 i. V.m. den §§ 19, 20 und 21 FrG in der Dauer von fünf Jahren erlassen. Im fortgesetzten Verfahren ging die belangte Behörde - soweit für die Behandlung der Beschwerde notwendig - davon aus, daß die Beschwerdeführerin seit Ende 1991 in Österreich gewohnt und gearbeitet habe. Ihre Angehörigen seien im ehemaligen Jugoslawien aufhältig, die Beschwerdeführerin versorge sie von Österreich aus finanziell. Nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes habe die Beschwerdeführerin im Jahre 1994 Österreich verlassen (laut Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten wurde sie am 11. Oktober 1994 abgeschoben). Am 5. November 1994 habe sie in Belgrad einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet. Sie lebe mit ihrem Ehemann seit März 1995 in Italien.
Unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens der Beschwerdeführerin sei die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle einen relevanten Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin dar und sei zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend notwendig.
Die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin am Wieder-Aufenthalt im Bundesgebiet wögen im Hinblick auf die Neigung der Beschwerdeführerin, sich zur Erreichung persönlicher Ziele über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Die Beschwerdeführerin habe sich vom Dezember 1991 bis zu ihrer Ausreise im Jahr 1994 überwiegend rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und sei einer Tätigkeit als Hilfsarbeiterin im Gastgewerbe mit Familienanschluß nachgegangen. Sie habe sich einen Freundes- und Bekanntenkreis geschaffen. Die Beschwerdeführerin und ihre Freunde hätten intensiv an der Integration und Bindung der Beschwerdeführerin "gearbeitet". Seit März 1995 lebe sie mit ihrem österreichischen Ehemann in Italien zusammen. Die Verwandten der Beschwerdeführerin lebten in Jugoslawien, die Verwandten ihres österreichischen Ehemannes in Österreich. Das Gewicht der privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Wieder-Aufenthalt in Österreich werde durch die relative Kürze ihres Vor-Aufenthaltes, durch die Erschleichung der Rechtmäßigkeit dieses Vor-Aufenthaltes und den Umstand, daß die familiäre Einheit mit dem Ehemann in Italien gegeben ist, verringert. Darüber hinaus hätte die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Eheschließung vom Aufenthaltsverbot gewußt und hätte daher damit rechnen müssen, für die Dauer des Aufenthaltsverbotes entweder getrennt zu leben oder - wofür sie sich entschieden hätte - zusammen im Ausland. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG zulässig.
Die Dauer des Aufenthaltsverbotes entspreche den für seine Erlassung maßgeblichen Umständen. Die belangte Behörde sei der Ansicht, daß bis zum Wegfall des Grundes für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes das Verstreichen von fünf Jahren vonnöten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt gegen die - zutreffende - Ansicht der belangten Behörde, daß die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, nichts vor.
Die Beschwerdeführerin hält die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde der §§ 19 und 20 FrG für rechtswidrig. Der Eingriff in ihre privaten und familiären Beziehungen wöge schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes. Das ihr zur Last gelegte Fehlverhalten im Jahre 1991 sei von relativ geringem Gewicht, was schon dadurch zum Ausdruck komme, daß sie vom Gericht nur zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt worden sei. Seit diesem Fehlverhalten habe sie sich immer wohlverhalten. Die Beschwerdeführerin habe sich ab Beginn ihres Aufenthaltes in Österreich bemüht, sofort Anschluß an die Familie des Arbeitgebers und in der Folge auch zur einheimischen Bevölkerung zu finden. Sie habe auch in kürzester Zeit die deutsche Sprache erlernt.
Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier zum Schutz der öffentlichen Ordnung im Bereich des Fremdenwesens und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen) dringend geboten. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt wurde, spricht nicht gegen diese Annahme, weil die Fremdenpolizeibehörde ohne Bindung an die Gründe für eine bedingte Strafnachsicht die Zulässigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Hinblick auf die Bestimmungen des Fremdengesetzes eigenständig zu beurteilen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 1996, Zl. 96/18/0246). Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin das ihr zur Last liegende Fehlverhalten im Jahre 1991 setzte, läßt die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Beschwerdefall nicht als unzulässig erscheinen. Es kann entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung nicht von einem einmaligen Fehlverhalten der Beschwerdeführerin ausgegangen werden, wurde doch unter Vorlage des gefälschten Diploms für die Beschwerdeführerin wiederholt eine Beschäftigungsbewilligung erteilt.
Im Rahmen der gemäß § 20 Abs. 1 vorzunehmenden Interessenabwägung hat die belangte Behörde auf die auch in der Beschwerde hervorgehobenen Umstände Bedacht genommen. Hiebei hat die Behörde zu Recht auf das im Inland geführte Privat- und Familienleben abgestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/18/0106). Wenn die belangte Behörde die für die Beschwerdeführerin sprechenden Momente höchstens gleich schwer gewichtete wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes geirrt habe. Im Hinblick auf die wiederholten verpönten Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von der Annahme ausgeht, daß die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (§ 21 Abs. 2 FrG) vorhersehbarerweise nicht vor Verstreichen von fünf Jahren wegfallen werden.
Die Beschwerde erweist sich sohin als nicht begründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210478.X00Im RIS seit
11.07.2001