TE Vwgh Beschluss 2021/11/12 Ra 2021/03/0138

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Veröffentlicht am 12.11.2021
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Index

L40016 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung Polizeistrafen Steiermark
L40056 Prostitution Sittlichkeitspolizei Steiermark
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
LSicherheitsG Stmk 2005 §2 Abs1
LSicherheitsG Stmk 2005 §4 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der N D in G, vertreten durch Mag. Ferdinand Attems, Rechtsanwalt in 8045 Graz, Andritzer Reichsstraße 26/3. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 16. Juni 2021, Zl. LVwG 30.11-497/2020-24, betreffend Übertretung des Stmk LSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen, soweit sie sich auf die Übertretung des Stmk LSG bezieht.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 16. Jänner 2020 war der Revisionswerberin - u.a. - eine Übertretung des Stmk LSG angelastet worden: Sie habe (nach Tatort und -zeit näher konkretisiert) „die EB während der Amtshandlung fortwährend geduzt und dieses Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung nicht eingestellt“; durch das beschriebene Verhalten, das der herrschenden Sitte widerspreche und die allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit verletzt habe, habe sie den öffentlichen Anstand verletzt.

2        Über sie wurde deshalb gemäß §§ 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 Stmk LSG eine Geld- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

3        Nachdem das die Beschwerde dagegen abweisende Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 2. Juni 2020 vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Dezember 2020, Ra 2020/03/0073, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben worden ist (wofür das Unterbleiben der mündlichen Verkündung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses maßgebend war), hat das Verwaltungsgericht - im zweiten Rechtsgang - mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis erneut über die Beschwerde entschieden:

4        Diese wurde neuerlich als unbegründet abgewiesen, wobei der Tatvorwurf dahingehend „präzisiert [wurde], dass die Beschwerdeführerin während der Amtshandlung Frau Insp. W fortwährend geduzt und dieses Verhalten trotz mehrmaliger Abmahnung nicht eingestellt hat.“

5        In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht - u.a. - fest, dass die Revisionswerberin während der Amtshandlung Insp. W. durchgehend geduzt habe. Diese Feststellung gründe sich auf die glaubwürdigen Aussagen der beiden Beamten, wobei auch die Revisionswerberin eingeräumt habe, zur weiblichen Beamtin unbewusst mehrmals „du“ gesagt zu haben.

6        Da sich im Beweisverfahren herausgestellt habe, dass die Revisionswerberin während der Amtshandlung durchgehend Insp. W. geduzt habe, sich dies aber nicht auf Insp. F. bezogen habe, sei der Tatvorwurf in diesem Sinn zu präzisieren bzw. einzuschränken gewesen, weil die belangte Behörde der Revisionswerberin vorgeworfen habe, beide Polizeibeamten geduzt zu haben.

7        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der (näher zitierten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ab, weil es den Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht aufgegriffen habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe, die belangte Behörde habe der Revisionswerberin das Duzen beider „Polizeibeamten“ zu Grunde gelegt, sei der Revisionswerberin im behördlichen Verfahren bloß angelastet worden „die EB“ während der Amtshandlung geduzt zu haben. Der unbestimmte und inhaltsleere Begriff „EB“ sei aber weder einer Präzisierung noch einer Einschränkung zugänglich.

12       Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte:

13       Jedenfalls bei verständiger, den Zusammenhang berücksichtigender Lesart musste auch der Revisionswerberin klar gewesen sein, dass mit „EB“ die bei der Amtshandlung einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemeint waren (ungeachtet dessen, ob diese Abkürzung etwa für „Exekutivbeamte“ oder „Einsatzbeamte“ stehen sollte). Damit konnte diese Formulierung weder die Gefahr der Doppelbestrafung bergen noch eine Einschränkung von Verteidigungsrechten mit sich bringen. Dies zeigt im Übrigen deutlich die eigene Verantwortung der Revisionswerberin in der Beschwerde gegen das behördliche Straferkenntnis, in der sie einräumte, „die Beamten geduzt“ zu haben.

14       In der Revision werden also keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang zurückzuweisen. (Die Entscheidung über den die Übertretung der StVO betreffenden Teil der Revision bleibt Sache des dafür zuständigen Senats des Verwaltungsgerichtshofs).

Wien, am 12. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030138.L00

Im RIS seit

06.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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