TE Vwgh Beschluss 2021/11/12 Ra 2020/03/0072

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Veröffentlicht am 12.11.2021
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Index

L65003 Jagd Wild Niederösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z31
JagdG NÖ 1974 §87 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und den Hofrat Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des G M in G, vertreten durch Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Julius Raab-Promenade 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich Außenstelle Mistelbach vom 10. Februar 2020, Zl. LVwG-S-2030/001-2019, betreffend Übertretung des NÖ Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zwettl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 24. Juli 2019 bestätigenden angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber schuldig erachtet, er habe zu näher bezeichneter Zeit und an einem näher bestimmten Ort entgegen der jagdrechtlichen Bestimmungen eine Kirrfütterung von Schwarzwild betrieben, wobei etwa 20 kg Karpfen und etwa 4 kg Rüben gehäuft und frei zugänglich auf einer Kirrstelle vorgelegt worden seien, obwohl bei jeder Kirrstelle maximal 1kg/Tag eines artgerechten Futtermittels vorgelegt werden dürfe, wobei zu keinem Zeitpunkt mehr als 1 kg vorliegen dürfe. Er habe dadurch § 46 Abs. 1 2. Satz NÖ Jagdverordnung und § 135 Abs. 1 Z 31 NÖ Jagdgesetz verletzt. Über ihn wurde gemäß § 135 Abs. 2 NÖ Jagdgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

2        Das Verwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines jagdfachlichen Amtssachverständigen durch. Es stellte zusammengefasst fest, dass zur Tatzeit am Tatort 20 kg Karpfen und 4 kg Rüben frei am Boden liegend innerhalb eines Bereichs von ein paar Metern vorgelegt worden seien, wobei sich im Nahbereich der Futtermittelvorlage ein Hochstand, von dem aus die Futtermittel einsehbar gewesen seien, befunden habe. Im gegenständlichen Jagdgebiet komme auch Schwarzwild vor. Die vorgelegten Futtermittel hätten nach Angabe des Sachverständigen artgerechtes Futter für Schwarzwild dargestellt, dabei schade es nicht, dass andere Futtermittel für Schwarzwild attraktiver seien. Es sei mehr als 1 kg artgerechten Futtermittels für Schwarzwild vorgelegt worden.

Soweit der Revisionswerber behauptet habe, dass es sich dabei um keine Kirrung für Schwarzwild gehandelt habe, sei darauf hinzuweisen, dass er selbst angegeben habe, dass die Futtermittel für das Ankirren von Füchsen für „Fuchsnächte“ vorgelegt worden seien, und bei diesen Nächten - soweit ansichtig geworden - auch Schwarzwild erlegt werde. Aufgrund dessen und aufgrund der Art der Vorlage (frei am Boden liegend im Bereich eines Hochstandes) werde der vom Revisionswerber behaupteten Einschränkung der Kirrung auf Füchse kein Glauben geschenkt. Die Vorlage geringer Mengen artgerechten Futtermittels wie im gegenständlichen Fall im Bereich einer jagdlichen Einrichtung (Hochstand) stelle zweifelsfrei eine Kirrung für sämtliche im gegenständlichen Jagdgebiet vorkommenden Wildarten dar. Da das vorgelegte Futtermittel artgerecht für Schwarzwild gewesen sei und dieses - den Angaben des Revisionswerbers zufolge - im gegenständlichen Jagdgebiet vorkomme, liege (auch) eine Kirrung von Schwarzwild vor. Somit sei von einer Kirrung, bei welcher die Einschränkung der Futtervorlage im Sinne des § 46 Abs. 1 NÖ Jagdverordnung nicht eingehalten worden sei, auszugehen. Auch die subjektive Tatseite sei erfüllt, weil der Revisionswerber offensichtlich bewusst Futter frei am Boden liegend vorgelegt habe und es ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls hätte bewusst sein müssen, dass derartige Futtermittel nicht nur Füchse anlocken; so es ihm ansichtig geworden sei, habe er seinen eigenen Angaben folgend auch angelocktes Schwarzwild erlegt.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung die Frage der Auslegung des Begriffs des „artgerechten“ Futtermittels in Zusammenhang mit „Kirrung von Schwarzwild“ in § 46 Abs. 1 NÖ Jagdverordnung vor. Es gelte zu beurteilen, welcher Inhalt diesem Begriff zukomme; die vom Verwaltungsgericht vertretene weite Auslegung dieses Begriffs für Futtermittel würde bedeuten, dass jedes Ausbringen von Fressbarem als Schwarzwildkirrung anzusehen wäre, zumal Wildschweine Allesfresser seien, und das wäre das Ende der guten und im Sinne der Hege notwendigen, jedoch in Gesetz und Verordnung nicht weiter geregelten jagdlichen Übung, Luderplätze zum Anlocken von Raubwild, insbesondere Füchse, anzulegen.

8        Damit zeigt der Revisionswerber keine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage auf.

9        Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Revisionswerber die genannte Menge (4 kg Rüben und 20 kg Karpfen) an artgerechten Futtermitteln vorgelegt hat, und hat unter Zugrundelegung der nicht als unschlüssig zu erkennenden Einschätzung des jagdlichen Amtssachverständigen zu den konkreten Umständen der Fütterung (frei am Boden liegend innerhalb eines Bereiches von ein paar Metern, einsehbar vom nahe gelegenen Hochstand) darauf geschlossen, dass es sich um eine Kirrstelle für Schwarzwild iSd § 46 Abs. 1 NÖ Jagdverordnung handelt. Unter Kirrung wird eine Lockfütterung verstanden, die dem punktuellen Anlocken von Wild außerhalb von Fütterungen durch Vorlage geringer Mengen artgerechter Futtermittel dient, um das Wild zu beobachten oder zu erlegen (vgl. § 87 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz, siehe auch VwGH 30.7.2018, Ra 2018/03/0076). Dass der Revisionswerber die Kirrung - auch - für Schwarzwild angelegt habe, schloss das Verwaltungsgericht aus den entsprechenden Angaben des Revisionswerbers, wonach in den „Fuchsnächten“ - soweit ansichtig geworden - auch Schwarzwild erlegt werde. Dass die dabei vorgenommene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.

10       Der Revisionswerber bestreitet nicht die Tatsache der Futtervorlage an der näher bestimmten Kirrstelle, sondern die Beurteilung des Futters als artgerecht für Schwarzwild. Diesbezüglich hat der Sachverständige schlüssig dargestellt, dass die Art des vorgelegten Futters für Schwarzwild sehr wohl artgerecht, wenn auch weniger attraktiv als andere Futtermittelarten sei. Dem hält die Revision nichts Konkretes entgegen. Soweit der Revisionswerber vorbringt, dass die Kirrstelle ausschließlich zum Anlocken von Füchsen intendiert war, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Dieser Behauptung hat das Verwaltungsgericht in einer nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung aufgrund der Angaben des Revisionswerbers und der Art der Futtervorlage keinen Glauben geschenkt.

11       Ausgehend davon, dass das entgegen den jagdrechtlichen Vorgaben des § 46 Abs. 1 NÖ Jagdverordnung im Übermaß vorgelegte Futter jedenfalls als artgerecht (auch) für Schwarzwild einzustufen war, kommt es auf die in der Revision angesprochenen Frage, wie sehr artgerecht - im Sinne des Ausmaßes der Attraktivität - diese Futtermittel für das Schwarzwild waren, nicht mehr an.

12       In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020030072.L00

Im RIS seit

06.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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