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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des E A in R, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen das am 22. September 2021 mündlich verkündete und am 18. Oktober 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol, LVwG-2021/41/1092-11, betreffend Tierhalteverbot nach dem TSchG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) vom 10. Juni 2020 wurde gemäß § 39 Abs. 1 Tierschutzgesetz (TSchG) gegen den Revisionswerber ein unbefristetes Tierhalteverbot für die Haltung von Tieren aller Art verhängt; gleichzeitig wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol. Dieses führte am 22. September 2021 eine Verhandlung durch und verkündete an deren Ende das angefochtene Erkenntnis, mit dem es der Beschwerde dahingehend Folge gab, dass das auf Dauer verfügte Verbot der Tierhaltung auf landwirtschaftliche Nutztiere beschränkt wurde, im Übrigen die Beschwerde aber abgewiesen wurde. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
3 Das Erkenntnis wurde über Antrag des Revisionswerbers nach Verhandlungsende vom Verwaltungsgericht laut Zustellverfügung am 18. Oktober 2021 schriftlich ausgefertigt und dem Revisionswerber am 19. Oktober 2021 zugestellt. In der wesentlichen Begründung des mündlich verkündeten Erkenntnisses, gegen das der Revisionswerber am 13. Oktober 2021, somit noch vor Zustellung der beantragten schriftlichen Ausfertigung, Revision erhoben hat, legt das Verwaltungsgericht dar, dass es trotz näher angeführter, rechtskräftig abgeschlossener Strafverfahren bis zur Abnahme gemäß § 37 Abs. 2 zweiter Satz TSchG von 36 Rindern am 28. April 2020 zu keinen Verbesserungen der Haltungsbedingungen vor Ort gekommen sei.
Aufgrund von Vorfällen am 12. November 2019 und um den 20. April 2020 sei evident, dass der Revisionswerber seinen Tieren nicht die erforderliche tierärztliche Versorgung zukommen lasse und damit den Tieren Qualen, Schmerzen und Leiden zufüge. Aufgrund der langen Zeitspanne, auf die sich die Anlasstaten und das auch anschließend bis zur vorläufigen Tierabnahme nicht tierschutzkonforme Verhalten erstrecke, sei ein dauerhaftes Tierhalteverbot unumgänglich; angesichts des Lebensalters des Revisionswerbers sei nicht mit einer Änderung der Haltungsumstände zu rechnen. Trotz der laufenden Kontrolle durch die BH sowie der wiederholten Aufforderungen, eine dem Tierschutzgesetz entsprechenden Tierhaltung herzustellen, sei der Revisionswerber nicht in der Lage oder nicht willens gewesen, die Tiere ordnungsgemäß tierärztlich zu versorgen und die nach dem TSchG erforderlichen Maßnahmen umzusetzen, was auf eine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Tierhaltung hinweise.
Allerdings hätten sämtliche Straftaten landwirtschaftliche Nutztiere betroffen und die Beanstandungen auf eine Überforderung des Revisionswerbers mit der Haltung derartiger Tiere schließen lassen, weshalb eine Einschränkung des Verbots auf diese Tiergruppe vorzunehmen sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit Begründungsmängel geltend macht. Entgegen den Anforderungen der Judikatur fehle die Beweiswürdigung gänzlich, der Sachverhalt sei bloß kursorisch umschrieben und die im Verfahren gestellten Beweisanträge seien ohne Begründung vom Verwaltungsgericht abgelehnt worden.
5 Dieses Vorbringen führt nicht zur Zulässigkeit der Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die vom Revisionswerber gerügten Mängel des mündlich verkündeten Erkenntnisses stellen eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, die allerdings nur dann zu einer Aufhebung eines Erkenntnisses oder eines Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führen können, wenn das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Erkenntnis oder Beschluss hätte kommen können, es muss also die „Relevanz“ des Verfahrensfehlers vorliegen, die vom Revisionswerber konkret aufzuzeigen ist.
10 In der Regel wird die Relevanz von Mängeln der Begründung der mündlich verkündeten Entscheidung wegfallen, wenn eine schriftliche Ausfertigung vorliegt, die diese Mängel behebt. Im Ergebnis wird selbst eine erst nach Revisionserhebung - aber vor Entscheidung durch den VwGH - zugestellte schriftliche Ausfertigung für das Revisionsverfahren beachtlich sein und insofern Mängeln der mündlich verkündeten Begründung die Wesentlichkeit nehmen. Ein Revisionswerber ist zwar aufgrund der Konsumation des Revisionsrechts gehindert, nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses eine weitere (zweite) Revision einzubringen. Es ist ihm jedoch möglich, eine Revisionsergänzung vorzunehmen (vgl. zum Ganzen VwGH 23.9.2020, Ra 2019/14/0558 bis 0560, mwH).
11 Im vorliegenden Fall wurden die in der Revision angeführten Begründungsmängel des mündlich verkündeten Erkenntnisses durch die (eine Woche nach Revisionserhebung zugestellte) schriftliche Ausfertigung geheilt, weil dort nicht nur umfassende Sachverhaltsfeststellungen und eine ausführliche Beweiswürdigung vorgenommen wurden, sondern auch ausreichend begründet wurde, warum den Beweisanträgen des Revisionswerbers jeweils nicht nachgekommen wurde. Der Revision gelingt es im Hinblick darauf nicht, eine Relevanz der genannten Begründungsmängel darzulegen, die sie ausschließlich den mündlich verkündeten Entscheidungsgründen anlastet.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020215.L00Im RIS seit
06.12.2021Zuletzt aktualisiert am
10.01.2022