TE Lvwg Beschluss 2021/10/13 LVwG-AV-1466/002-2020

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Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

GewO 1994 §360
VwGVG 2014 §28 Abs1
VwGVG 2014 §31 Abs1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seinen Richter Hofrat Dr. Kindermann-Zeilinger über die Beschwerde der A, ***, ***, vertreten durch die B Rechtsanwälte, ***, ***, gegen den auf Rechtsgrundlage des § 360 Abs. 1 und 4 Gewerbeordnung 1994 (GewO) erlassenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 01. Oktober 2020, Kennzeichen ***, den

BESCHLUSS:

I.

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

II.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 01. Oktober 2020, Kennzeichen ***, wurde gegenüber A hinsichtlich der von ihm betriebenen Betriebsanlage im Standort ***, ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes wie folgt verfügt:

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO sei der der Rechtsordnung entsprechende Zustand der Betriebsanlage dadurch herzustellen, dass entweder bis spätestens vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides ein Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung für die im Bescheid näherer angeführten Anlagenteile, für welche kein gewerbebehördlicher Konsens vorliege, gestellt werde und die im Bescheid angeführten Mängel behoben sowie Nachweise hierfür der Behörde innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides gemeldet werden oder die nicht vom gewerbebehördlichen Konsens erfassten oder nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Anlagenteile dadurch stillgelegt werden, dass die elektrische Anschlussversorgung zu diesen durch ein konzessioniertes Elektrounternehmen zugriffssicher abgeklemmt werde und bis zum genannten Zeitpunkt der Behörde ein Arbeitsbericht dieses Elektrounternehmens hierüber vorgelegt werde. Die davon betroffenen Bereiche seien mit dem Schriftzug „Gewerbebehördlich gesperrt!“ zu versehen (Spruchteil I.).

Gemäß § 360 Abs. 4 GewO wurde A des Weiteren hinsichtlich der genannten Betriebsanlage aufgetragen, dem der Rechtsordnung entsprechenden Zustand dadurch herzustellen, dass entweder im Bescheid angeführte Mängel behoben werden und Nachweise hierfür der Behörde innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides gemeldet werden oder eine Stilllegung der mängelbehafteten Maschinen, Geräte, Anlagenteile und Einrichtungen durch zugriffssicheres Abklemmen der elektrischen Versorgung (mit Arbeitsnachweis des ausführenden fachkundigen Elektrounternehmens) durchgeführt werde. Weiters seien die davon betroffenen Bereiche mit dem Schriftzug „Gewerbebehördlich gesperrt!“ zu versehen (Spruchteil II.).

In der Begründung dieses Bescheides wird zu Spruchteil I. auf eine gewerbebehördliche Überprüfung der Betriebsanlage vom 08.07.2020 Bezug genommen und dargestellt, dass die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert gewesen sei und im Zeitpunkt der Überprüfung auch betrieben worden sei. Zudem seien eine Vielzahl von gewerbebehördlich vorgeschriebenen Auflagen nicht eingehalten worden. Eine Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mit Setzung einer angemessenen Frist sei am 10.08.2020 ergangen. Da bis zur Bescheiderlassung keinerlei Nachweise für die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes der Betriebsanlage bei der Behörde eingebracht worden seien, sei daher wie im Spruchteil I. zu entscheiden gewesen.

Die unter Spruchteil II. ausgesprochenen Vorkehrungen seien zwingend notwendig gewesen, um die bei der Überprüfungsverhandlung am 08.07.2020 festgestellte Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen abzuwehren. Auch in diesem Zusammenhang habe der Anlagenbetreiber bis zur Erlassung des Bescheides keinerlei Nachweise für die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes der Betriebsanlage bei der Behörde eingebracht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Zugestellt wurde dieser Bescheid den B Rechtsanwälten in Vertretung des Bescheidadressaten A durch Übernahme der Sendung am 06.10.2020.

In der fristgerecht gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde vom 29.10.2020 wird beantragt, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid aufzuheben sowie das Verwaltungsverfahren einzustellen.

Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wird zum angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt St. Pölten vom 01. Oktober 2020, Kennzeichen ***, in rechtlicher Hinsicht Folgendes festgestellt:

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO hat, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 besteht, die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Gemäß § 360 Abs. 4 GewO hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.

Gemäß § 360 Abs. 5 GewO sind die Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Vorweg ist festzuhalten, dass über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, bereits mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 22.12.2020, LVwG-AV-1466/001-2020. entschieden worden ist.

An die Bestimmung des § 360 Abs. 5 GewO anknüpfend ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der angefochtene Bescheid – wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist – nachweislich am 06.10.2020 dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist und mit der damit erfolgten Erlassung des Bescheides die Frist gemäß § 360 Abs. 5 GewO in Gang gesetzt worden ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Grund für die Unzulässigkeit einer Beschwerde und damit Anlass für das Verwaltungsgericht, einen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen, kann insbesondere sein, wenn es sich bei der angefochtenen Erledigung um keinen Bescheid handelt. Ebenso ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel gegen einen schon ex lege außer Kraft getretenen Bescheid jedenfalls zurückzuweisen (vgl. VwGH v. 05.07.1999, 99/16/0151, sowie Slg 2699/77).

Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Bescheid vom 01.10.2020 nach der erfolgten Zustellung am 06.10.2020 und dem zwischenzeitigen Verstreichen der Frist von einem Jahr ex lege außer Kraft getreten und gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Es war daher mit der Zurückweisung der Beschwerde vorzugehen.

Die ordentliche Revision war im vorliegenden Fall nicht zuzulassen, da mit Blick auf die klare Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist und die Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Zwangs- und Sicherungsmaßnahme; Verfahrensrecht; Beschwerde; Unzulässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1466.002.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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