Entscheidungsdatum
14.10.2021Norm
AWG 2002 §15Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 03.05.2021, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte. 1., 2., und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, diese Spruchpunkte werden aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren dazu gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
2. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt 4. des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der zweite Satz der Tatbeschreibung des Spruches entfällt.
3. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 45,-- Euro neu festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG überdies einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 90,-- Euro zu leisten.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 585,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Straferkenntnis vom 3.5.2021, ***, legte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (im Folgenden: Belangte Behörde) dem Beschwerdeführer die nachstehenden Verwaltungsübertretungen zur Last:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Zeit: 26.03.2021, 13:20 Uhr
Ort: Gemeindegebiet ***, ***, ***
Tatbeschreibung:
1. Sie haben vor dem 26.3.2021 gefährliche Abfälle abgelagert, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Zum angeführten Zeitpunkt wurde auf der Gründfläche hinter dem Lokal B folgender Abfall vorgefunden: drei nicht gebrauchsfähige Kühlschränke
2. Sie haben vor dem 26.3.2021 gefährliche Abfälle abgelagert, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Zum angeführten Zeitpunkt wurde auf dem Grundstück bei der Einfahrt von der *** zum Parkplatz des Lokales (kleine Wiese) B folgender Abfall vorgefunden: nicht fahrbereiter, nicht zum Verkehr zugelassener Pkw der Marke Audi A4 (Begutachtungsplakette 3/13)
3. Sie haben vor dem 26.3.2021 gefährliche Abfälle abgelagert, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen. Zum angeführten Zeitpunkt wurde auf dem Grundstück vor dem Lokal B folgender Abfall vorgefunden: nicht fahrbereiter Lkw der Marke Mercedes, Kennzeichen ***, ohne Begutachtungsplakette
4. Sie haben die angeführten Abfälle gelagert, obwohl, wenn der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande ist, er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten so rechtzeitig zu übergeben hat, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§1 Abs.3) vermieden werden. Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Am 26.3.2021 wurde auf und neben dem auf dem Grundstück vor dem Lokal B abgestellten Lkw folgender Abfall vorgefunden: Eisenabfälle, Sperrmüll.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu 1. § 79 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Ziffer 1 AWG 2002
zu 2. § 79 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Ziffer 1 AWG 2002
zu 3. § 79 Abs. 1 Ziffer 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Ziffer 1 AWG 2002
zu 4. § 79 Abs. 2 Z 4 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF. i.V.m. § 15 Abs. 5 AWG
2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF.“
Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer zu den Spruchpunkten 1. bis 3. unter Anwendung von § 79 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG) eine Geldstrafe von jeweils € 850,- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 8 Stunden) und zu Spruchpunkt 4. unter Anwendung von § 79 Abs. 2 Z 4 AWG eine Geldstrafe in Höhe von € 450,- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Stunden).
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der Tatvorwurf auf die Anzeige der PI *** vom 1.4.2021 stütze. Am 26.03.2021 sei im Zuge von Erhebungen festgestellt worden, dass auf der Grünfläche hinter dem Lokal drei nicht gebrauchsfähige Kühlschränke abgestellt gewesen seien. Durch die unsachgemäße Lagerung der Kühlschränke bestand die Möglichkeit, dass giftige Stoffe ins Erdreich gelangen könnten. Weiter sei festgestellt worden, dass am Grundstück vor dem Lokal des Beschwerdeführers der LKW Marke Mercedes mit dem Kennzeichen *** ohne Begutachtungsplakette seit einem längeren Zeitraum abgestellt gewesen sei und dieser als Sperrmüllablage benutzt worden sei. Es sei laut den erhebenden Polizeibeamten augenscheinlich gewesen, dass der LKW aufgrund seines desolaten Zustandes nicht mehr verkehrstauglich sei und deshalb auf der Ladefläche Eisenabfälle und Sperrmüll gelagert werde. Weiters sei auf dem Grundstück bei der Einfahrt von der *** zum Parkplatz des Lokales, in einer kleinen Wiese, ein nicht fahrbereiter und nicht zum Verkehr zugelassener PKW der Marke Audi A4, weiß lackiert, mit einer Begutachtungsplakette mit der Lochung 3/13, (weitere Daten nicht mehr lesbar) abgestellt gewesen.
Der Beschwerdeführer habe den Sachverhalt nicht bestritten. Zur Bestrafung würde außerdem gemäß § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten genügen. Mildernd als auch erschwerend seien keine Umstände zu werten gewesen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen das Straferkenntnis wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und darin zusammengefasst ausgeführt, dass die Kühlschränke lediglich kurzzeitig zum Abtransport hinausgestellt worden seien. Diese seien ordnungsgemäß entsorgt worden, es stimme aber nicht, dass diese längere Zeit draußen gestanden seien. Der Scherenschrott sei ordnungsgemäß entsorgt worden. Weiters stimme es nicht, dass der LKW dort längere Zeit abgestellt gewesen sei. Er würde zur Aufnahme der wiederverwertbaren Materialien dienen, sei aber nicht in einem desolaten Zustand. Mittlerweile sei der LKW abtransportiert und auf eine dichte Bodenplatte gestellt worden. Der Audi sei fahrbereit und verkauft worden.
3. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer Herr A, geb. am ***, betreibt eine Landwirtschaft sowie am Standort ***, ***, ein Gasthaus („B).
Am 26.3.2021 führten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion *** am genannten Standort eine Kontrolle durch. Dabei wurden auf dem Grundstück hinter dem Lokal drei abgestellte Kühlschränke vorgefunden.
Vor dem Lokal befand sich sein LKW, Marke Mercedes, amtliches Kennzeichen ***, ohne Begutachtungsplakette. Auf der Ladefläche des LKW sowie daneben auf dem unbefestigten Boden (aus Erdmaterial) befanden sich Sperrmüll, Elektrokabel, Metallteile sowie Teile von Fenstern. Der LKW war frei zugänglich und nicht z.B. durch einen Zaun gesichert. Ebenso war die Ladebordwand heruntergeklappt. Es konnte ohne Hindernisse auf die Ladefläche des LKW hinaufgeklettert werden. Unter den auf und neben dem LKW gelagerten Gegenständen waren auch spitze bzw. scharfe, vor allem metallische, Teile.
Weiters befand sich auf dem Grundstück bei der Einfahrt von der Straße *** zum Parkplatz des Lokals in einer kleinen Wiese ein nicht zum Verkehr zugelassener PKW, Marke Audi A4, weiß, letzte Begutachtungsplakette von März 2013.
Der Beschwerdeführer hat im Zuge der mit März 2020 beginnenden Coronavirus-Pandemie begonnen, seinen Gasthof „B“ umzubauen. Dieser Umbau hat auch am 26.3.2021, zum Zeitpunkt der Kontrolle durch die Polizei, noch stattgefunden. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, aber jedenfalls zeitnah vor der Kontrolle durch die Polizei hat der Beschwerdeführer die drei Kühlschränke aus dem Gasthaus hinaus auf die Freifläche hinter dem Lokal gestellt. Die Kühlschränke wurden am 28.4.2021 bei der Fa. C entsorgt. Der Beschwerdeführer hat die Kühlschränke mit der Absicht aus seinem Lokal hinausgestellt, sie zu entsorgen, hatte also Entledigungsabsicht.
Zum weißen Audi wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer diesen mit Kaufvertrag vom 10.5.2021 um einen nicht mehr feststellbaren Betrag, jedenfalls zwischen 200,- und 500,- Euro, verkauft hat. Vor dem Umbau des Lokals stand der Audi in einer Garage, während des Umbaus ist der Audi auf der Freifläche vor dem Lokal gestanden. Das Fahrzeug war betriebsbereit und enthielt alle Betriebsflüssigkeiten. Da er nach dem Umbau nicht mehr gebraucht wurde, hat ihn der Beschwerdeführer verkauft. Er hatte keine Absicht, ihn dauerhaft auf der Freifläche vor dem Lokal zu belassen.
Der LKW, Marke Mercedes, wurde im Zuge des Umbaus von einer Halle des Beschwerdeführers auf den Platz vor dem Lokal gestellt. Hauptsächlich wird der LKW im Rahmen der Landwirtschaft auf eigenem Privatgrund verwendet. Der LKW ist fahrbereit und enthält alle Betriebsflüssigkeiten.
Während des Umbaus wurde der LKW als Sperrmülllager und „Zwischenlager“ für andere Metalle und Abfälle verwendet. Diese hat der Beschwerdeführer dort zwischengelagert, weil sie im Zuge des Umbaus des Lokals angefallen sind. Auf dem LKW wurden die Abfälle zur Abholung durch andere Firmen bereitgehalten bzw. durch den Beschwerdeführer entsorgt. Den Metallschrott hat der Beschwerdeführer bei der Fa. D GmbH, in ***, am 20.4.2021 entsorgt. Der Beschwerdeführer wollte sich der auf dem LKW befindlichen Gegenstände (Sperrmüll, Metallschrott, andere Abfälle) entledigen bzw. hat sich derer entledigt.
Am 22.4.2021 führte die Technische Gewässeraufsicht (TGA) der belangten Behörde einen Lokalaugenschein auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers durch. Dem Bericht vom selben Tag ist zu entnehmen wie folgt:
„[…]
Im Zuge der Erhebung vor Ort konnte festgestellt werden, dass sich, bis auf eine Gefriertruhe, keine der in oben angeführten Schreiben erwähnten Ablagerungen mehr auf dem Grundstück GN ***, KG ***, befinden. Hinsichtlich der noch vor befindlichen Gefriertruhe wird angemerkt, dass diese unter einem Vordach witterungsgeschützt abgestellt wurde. Aufgrund der geeigneten Lagerung der ggst. Gefriertruhe kann hier von einer bestimmungsgemäßen Verwendung ausgegangen werden.
Angemerkt wird, dass Herr A der Behörde am 21.04.2021 eine Rechnung (Bar-Abrechnung: ***, vom 20.04.2021) der Fa. D GmbH vorgelegt hat. Diese Rechnung kann aus Sicht des Gefertigten als Entsorgungsbestätigung für die im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tulln erwähnten Ablagerungen von Schrott- Sperrmüllteilen angesehen werden.“
Der Beschwerdeführer verfügt über keine Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen im Sinne der §§ 24a ff AWG.
4. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, Zl. ***, sowie durch Befragung des Beschwerdeführers im Zuge der durchgeführten Verhandlung. Weiters wurde mit Zustimmung des Beschwerdeführers Einsicht genommen in den Akt der Umweltrechtsbehörde, Zl. ***, aus dem sich die Stellungnahme der TGA vom 22.4.2021 ergibt.
Die Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf den Umbau seines Lokals erwiesen sich als stringent und daher glaubwürdig. Ebenso hat er zugegeben, den Sperrmüll sowie anderen Abfall aus dem Lokal auf dem LKW zwischengelagert zu haben, dies mit der Absicht, diesen zu entsorgen. Die Existenz des Abfalls (zur rechtlichen Qualifikation s. u.) auf dem LKW wurde zum einen vom Beschwerdeführer nicht bestritten, zum anderen ist sie durch die im Akt aufliegenden Lichtbilder erwiesen. Daraus ergibt sich auch die konkrete Art der Zwischenlagerung.
Der Beschwerdeführer hat in Bezug auf die Kühlschränke eine Entledigungsabsicht in der Verhandlung dadurch zugestanden, dass er gesagt hat, dass diese zu entsorgen gewesen wären, weil er sich modernere Geräte habe anschaffen wollen. Angesichts der Verwendung des LKW als Zwischenlager erwies sich auch die Aussage, dass dieser lediglich während der Umbauarbeiten dort gestanden sei, als plausibel, zumal auch die TGA in Folge festgestellt hat, dass der LKW nunmehr in einer Halle steht. Gleiches kann für den Audi gelten, auch wenn die Aussage, dass dieser als „Werkzeugkoffer“ verwendet worden sei, konstruiert erscheint, zumal es im Landwirtschaftsbetrieb des Beschwerdeführers ausreichend Möglichkeiten gegeben hätte, wo Werkzeug gelagert werden kann. Außerdem wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Auto gerade nicht als Lager für teure Gegenstände angesehen, sollten Bedenken bestehen, dass diese gestohlen werden könnten.
Die fehlende Sammel- bzw. Behandelerlaubnis des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das EDM-Portal.
5. Rechtslage:
5.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) lauten auszugsweise:
„Strafbemessung(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[…]
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1.
die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2.
der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
[…]“
5.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG) lauten auszugsweise:
„Ziele und Grundsätze(1) – (2a) […]
(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls
1.
die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2.
Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3.
die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4.
die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5.
Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6.
Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7.
das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9.
Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
[…]
Begriffsbestimmungen(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1.
deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2.
deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1.
eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2.
sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
[…]
Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer(1) – (2) […]
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1.
hiefür genehmigten Anlagen oder
2.
für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
(4) – (4a) […]
(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.
[…]
(1) Wer
1.
gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,
2.
- 21. […]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41 200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4 200 € bedroht.
(2) Wer
1.
- 3. […]
4.
nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 5 nicht oder nicht rechtzeitig einem entsprechend Berechtigten übergibt,
5.
- 26. […]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.
[…]“
6. Erwägungen:
6.1. Zu Spruchpunkt 1. (Spruchpunkte 1. bis 3. des Straferkenntnisses):
6.1.1. Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer den Audi sowie auch den LKW während des Umbaus vor dem Lokal stehen gehabt. Ebenso stellte er die Kühlschränke hinaus, damit er sie zur Entsorgung abtransportieren konnte.
Die belangte Behörde hat ihm nun in den Spruchpunkten 1. bis 3. des Straferkenntnisses eine Ablagerung von Abfall vorgeworfen. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen. Aus dem Gesetzeswortlaut und der zu § 15 Abs. 3 AWG ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung folgt, dass der im AWG verwendete Begriff des „Lagerns“ nur etwas Vorübergehendes bedeutet, während unter „Ablagern“ etwas Langfristiges zu verstehen ist (vgl. VwGH 26.6.2021, 2008/07/0078). Unter der Lagerung von Abfällen im Sinne des § 15 Abs. 3 AWG ist daher die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen (VwGH 15.9.2011, 2009/07/0154).
Diese Unterscheidung ist insofern von Bedeutung, als in einem Verwaltungsstrafverfahren die Tat so eindeutig zu umschreiben ist, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl. VwGH 5.9.2013, 2013/09/0065). Wirft die Strafbehörde einem Beschuldigten – wie gegenständlich – nun vor, Abfall abgelagert zu haben, so kann darunter nicht auch verstanden werden, dass die Verbringung von Abfall an den Tatort mit der Absicht erfolgt wäre, diesen dort lediglich kurzfristig zu belassen mit dem Ziel, ihn dann woanders entsprechend zu entsorgen. Wie das Verfahren ergeben hat, hat der Beschwerdeführer jedoch nicht die Absicht gehabt, den LKW, den Audi und die Kühlschränke dauerhaft an der jeweiligen Stelle zu belassen. Das bedeutet im Ergebnis: Er hat sie dort zwischengelagert, nicht aber abgelagert.
6.1.2. Die belangte Behörde hat aus diesem Grund dem Beschwerdeführer eine Tat angelastet, die er nicht begangen hat. Dem Verwaltungsgericht ist es verwehrt, die vorgeworfene „Ablagerung“ in eine „Lagerung“ zu korrigieren, würde es sich denn damit um eine Auswechslung der Tat handeln, zu der das Gericht nicht befugt ist.
Der Beschwerde war aus diesem Grund dahingehend Folge zu geben, die Spruchpunkte 1. bis 3. waren aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren dazu gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.
6.2. Zu Spruchpunkt 2. (Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses) – Lagerung von Abfällen auf und neben der Ladefläche des LKW:
6.2.1. Im Ergebnis unstrittig war, dass es sich bei dem auf sowie neben dem LKW aufgefunden Sperrmüll, Metallschrott sowie den anderen Gegenständen um Abfall im rechtlichen Sinn handelt (vgl. z.B. die Definition von „Siedlungsabfällen“ in § 2 Abs. 4 Z 2 AWG), hat denn der Beschwerdeführer selbst in der Verhandlung vorgebracht, dass er sich dieser Sachen entledigen wollte und folglich auch entledigt hat. Liegt eine Entledigungsabsicht – wie hier – vor, so ist der subjektive Abfallbegriff erfüllt und es liegt Abfall im Sinne des AWG vor.
6.2.2. Gem. § 15 Abs. 3 AWG dürfen Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Dass eine LKW-Ladefläche keine genehmigte Anlage im Sinne der Z 1 darstellt, liegt auf der Hand und wurde auch nicht behauptet. Ein Ort ist jedenfalls dann im Sinne der Z 2 geeignet, wenn durch die Sammlung, Lagerung oder Behandlung keine Schutzgüter im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG beeinträchtigt werden können und nicht gegen andere bundes-, landes- oder unionsrechtlichen Vorschriften verstoßen wird (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015), § 15, Rz 18). Die Schutzgüter müssen nicht tatsächlich gefährdet bzw. beeinträchtigt werden, es genügt deren mögliche Gefährdung bzw. Beeinträchtigung (vgl. VwGH 28.4.2011, 2011/07/0088). Eine konkrete Gefahrensituation muss nicht nachweisbar sein (VwGH 20.3.2013, 2010/07/0175).
Wie festgestellt, wurde der Sperrmüll und die anderen Siedlungsabfälle samt Metallschrott nicht nur auf der Ladefläche des LKW, sondern auch daneben am Boden zwischengelagert. Der LKW war frei zugänglich und in keiner Weise abgesperrt, sodass eine Annäherung an den LKW, sowie ein Hinaufklettern auf die Ladefläche problemlos möglich gewesen wäre. Angesichts des Metallschrotts und der auf den Lichtbildern ersichtlichen spitzen bzw. scharfen Gegenstände ist nicht auszuschließen, dass es zu einer Gesundheitsgefährdung hätte kommen können, hätte sich jemand (etwa ein Kind) dem LKW genähert und wäre auf diesen hinaufgeklettert. Rechtlich ist dies insofern von Bedeutung, als der Verwaltungsgerichthof (VwGH) ausgesprochen hat, dass eine Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 1 AWG auch dann vorliegen kann, wenn das Grundstück, auf dem sich die Abfälle befinden, frei zugänglich ist und damit eine Verletzung oder Gefährdung von Menschen nicht ausgeschlossen werden kann (VwGH 23.2.2012, 2011/07/0233).
Angesichts der möglichen Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen erwies sich die Ladefläche des LKW gegenständlich nicht als geeigneter Ort zur Sammlung oder Zwischenlagerung der genannten Abfälle.
6.2.3. Gemäß § 15 Abs. 5 AWG haben Abfallbesitzer, die zu einer Abfallbehandlung nicht berechtigt oder imstande sind, Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten so rechtzeitig zu übergeben, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG vermieden werden. Der Zeitpunkt, zu dem der Abfall übergeben werden muss, ist dabei variabel bestimmt, tritt aber dann ein, wenn die Übergabe erforderlich ist, um Beeinträchtigungen der Schutzgüter im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG zu vermeiden (Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015), § 15, Rz 33).
Der Beschwerdeführer verfügt über keine Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen, ist also gemäß § 15 Abs. 5 AWG verpflichtet, die Abfälle einem zur Sammlung und Behandlung Berechtigten zu übergeben. Zuzugestehen in dieser Hinsicht ist dem Beschwerdeführer, dass er dies auch gemacht hat, als er den Metallschrott der Fa. C zur Entsorgung übergeben hat und auch den restlichen auf dem LKW befindlichen Abfall entsorgt hat. Allerdings hat eine Übergabe eben so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen vermieden werden. Dies war, wie oben ausgeführt, jedoch nicht der Fall, hätte es denn zu einer Gesundheitsgefährdung kommen können.
6.2.4. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm in Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses vorgeworfene Verwaltungsübertretung dadurch zu verantworten, dass er Sperrmüll und Eisenabfälle nicht rechtzeitig einem Berechtigten übergeben hat. Er hat dadurch gegen die Bestimmung des § 15 Abs. 5 AWG verstoßen und eine Verwaltungsübertretung des § 79 Abs. 2 Z 4 AWG in objektiver Hinsicht begangen. Angesichts der möglichen Gesundheitsgefährdung war der Spruch entsprechend zu konkretisieren, sodass der zweite Satz der Tatbeschreibung entfallen konnte.
Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, aus denen sich ergeben hätte, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, sich an das Gesetz zu halten. Vielmehr hat er sogar selbst zugestanden, sich des Abfalls entledigen zu wollen. Die Tat ist somit auch subjektiv vorwerfbar, zumal für die Strafbarkeit gemäß § 5 Abs. 1 VStG fahrlässiges Verhalten genügt und ein Gegenbeweis nicht angetreten wurde.
7. Zur Strafhöhe:
7.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 450,- verhängt. Dabei handelt es sich um die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe, welche nur im Fall einer außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG herabgesetzt werden dürfte. Dazu müssten die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, wozu im Verfahren allerdings keine Anhaltspunkte gegeben waren, hat denn der Beschwerdeführer vielmehr bewusst den Metallschrott sowie die Siedlungsabfälle und den Sperrmüll auf und neben der Ladefläche des LKW gelagert.
Angesichts der hohen Bedeutung des geschützten Rechtsguts, nämlich des Gesundheits- und Umweltschutzes, kommt ein Absehen von der Strafe im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG – allenfalls unter Erteilung einer Ermahnung – gegenständlich ebenso nicht in Betracht. Die verhängte Strafe erweist sich als tat- und schuldangemessen, aber auch aus spezial- und generalpräventiver Sicht als notwendig.
8. Zu den Kosten des Verfahrens:
8.1. Da der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. des Straferkenntnisses Folge gegeben wurde, waren dem Beschwerdeführer dahingehend keine Kosten aufzuerlegen.
8.2. Die Beschwerde zu Spruchpunkt 4. des Straferkenntnis war als unbegründet abzuweisen, dieser Punkte war also zu bestätigen. In einem solchen Fall hat das Gericht auszusprechen, dass der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat (§ 52 Abs. 1 VwGVG). Dieser beträgt 20 % der erhängten Strafe, mindestens jedoch 10,- Euro (§ 52 Abs. 2 VwGVG). Der Beschwerdeführer war daher zu einem Kostenbeitrag von 90,- Euro zu verpflichten.
Gleichzeitig waren die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens mit 45,- Euro (10 % der verhängten Strafe gemäß § 64 Abs. 2 VStG) neu festzusetzen.
9. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern diese der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Im Übrigen waren Fragen der Beweiswürdigung zu klären, die im Allgemeinen nicht revisibel sind (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/04/0036).
Schlagworte
Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Abfall; Behandlung; Lagerung; Ablagerung;Anmerkung
VwGH 23.02.2022, Ra 2021/07/0096-8, EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.1271.001.2021Zuletzt aktualisiert am
03.03.2022