TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/13 I422 2243643-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2021
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Entscheidungsdatum

13.08.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
NAG §53a
StGB §146
StGB §147 Abs1 Z1
StGB §148
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WaffG §50 Abs1

Spruch


I422 2243643-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Deutschland, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 10.05.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 12.08.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde eines deutschen Staatsangehörigen (in Folge: Beschwerdeführer) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde) vom 10.05.2021, Zl. XXXX . In ihrer Entscheidung erließ die belangte Behörde aufgrund einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG mit verfahrensgegenständlichen Bescheid über ihn ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt I.), erteilte ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeits- und erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer wurde in W., in Deutschland geboren, besuchte in seinem Herkunftsland vier Jahre die Grund- und sechs Jahre die Hauptschule und absolvierte dort eine Lehre zum XXXX ( XXXX ). Im Anschluss daran arbeitete der Beschwerdeführer von 2007 bis 2014 in Deutschland bei verschiedenen Unternehmen in der XXXX . Die Eltern befinden sich in der Pension und leben in der Türkei. Zudem hat der Beschwerdeführer zwei Brüder und drei Schwestern, die in Deutschland leben. Zu seinen Eltern und zu seinen Geschwistern steht der Beschwerdeführer in regelmäßigem Kontakt.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Anfang des Jahres 2014 im Bundesgebiet auf und ist durchgehend seit dem 24.01.2014 mit Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet melderechtlich erfasst. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung ist der Beschwerdeführer, beginnend mit dem 13.05.2020, in der Justizanstalt XXXX zudem mit Nebenwohnsitz gemeldet.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anbindungen in Form seiner Ehegattin und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn, mit welchen er in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist türkische Staatsangehörige und verfügt als Ehegattin des Beschwerdeführers über eine Aufenthaltsberechtigung für das österreichische Bundesgebiet. Sie ist seit 28.12.2015 mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Seit 13.02.2017 befindet sich die Ehegattin des Beschwerdeführers in einem Beschäftigungsverhältnis zum XXXX . Zunächst als geringfügig beschäftigte Angestellte. Seit dem 01.10.2020 liegt eine Beschäftigung der Ehegattin im Ausmaß über der Geringfügigkeitsgrenez vor. Der Sohn des Beschwerdeführers ist deutscher Staatsangehöriger. Er ging im österreichischen Bundesgebiet in den Kindergarten und besucht gegenwärtig die zweite Klasse der Volkschule in L. Des Weiteren leben mehrere Verwandte in Form von Onkel, Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinen in Österreich wohnhaften Verwandten besteht nicht. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über keine weiteren maßgeblichen sozialen oder privaten Anbindungen im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer weist in den nachstehenden Zeiträumen folgende Beschäftigungsverhältnisse auf:

?        03.02.2014 bis 01.08.2014 und 12.02.2015 bis 31.03.2016 bei der W. GmbH Nfg.KG;

?        04.04.2016 bis 19.05.2017 bei der N. AG;

?        28.08.217 bis 29.09.2017 bei der SCH. XXXX GmbH;

?        01.03.2018 bis 15.06.2018 bei der M. XXXX GmbH;

?        26.11.2018 bis 21.12.2018 und 09.01.2019 bis 01.03.2019 bei der XXXX W. GmbH;

?        26.04.2019 bis 03.05.2019 bei der XXXX GmbH;

?        02.09.2019 bis 02.09.2019 bei der A. XXXX GmbH & Co KG;

?        17.06.2021 bis 11.07.2021 zu A. U. K.

?        12.07.2021 bis 07.08.2021 bei der T. OG

In den Zeiträumen 20.08.2018 bis 01.12.2018, 21.05.2019 bis 07.07.2019, 12.08.2019 bis 20.10.2019 sowie 18.11.2019 bis 13.01.2020 befand sich der Beschwerdeführer in einem Beschäftigungsverhältnis als geringfügig beschäftigter Arbeiter zu S. C.. Ebenso war er im Zeitraum 15.01.2020 bis 16.03.2020 bei der S. und M. XXXX KG sowie im Zeitraum 19.03.2020 bis 12.05.2020 bei der J. GmbH als geringfügig beschäftigter Arbeiter gemeldet.

Seit dem 12.08.2021 befindet sich der Beschwerdeführer in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis zu A. U. K..

Zwischenzeit bezog der Beschwerdeführer in den Zeiträumen 03.06.2017 bis 27.08.2017, 30.09.2017 bis 22.11.2017, 03.03.2019 bis 25.04.2019, 05.05.2019 bis 01.09.2019, 03.09.2019 bis 05.09.2019 sowie 07.09.2019 bis 09.10.2019 Arbeitslosengeld. In den Zeiträumen 23.11.2017 bis 28.02.2018, 25.06.2018 bis 25.07.2018; 06.09.2018 bis 25.11.2018; 23.12.2018 bis 08.01.2019 sowie zuletzt vom 10.10.2019 bis 11.05.2020 erhielt der Beschwerdeführer Notstands- und Überbrückungshilfe.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auf. Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.12.2020, zu XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten.

Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Beschwerdeführer hat

I.       in XXXX und XXXX mit dem Vorsatz, durch den Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich unter Verwendung von Scheinidentitäten und Vorspiegelung, die Verkäufe zum Teil namens und auf Rechnung der G. XXXX GmbH durchzuführen, sowie unter der Vorspiegelung eines geringer, als den tatsächlichen Kilometerstand der von ihm verkauften Fahrzeuge und tatsächlich nicht durchgeführter Wartungs- und Servicearbeiten an den PKW, zu einer Handlung, die Nachgenannte am Vermögen schädigte bzw. schädigen sollte, nämlich zum Abschluss eines Kaufvertrages über nachstehende KFZ und Bezahlung des Kaufpreise an ihn,

a.       verleitet und zwar:

i.       Am 07.04.2020 in XXXX den A.N. zur Bezahlung von EUR 10.000,00 für einen Seat Alhambra;

ii.      Am 23.04.2020 in XXXX die K. und D. K. zur Bezahlung von EUR 10.000,00 für einen VW Sharan;

iii.    Am 10.05.2016 in H. den E.T.Y. zur Bezahlung von EUR 7.750,00 für einen BMW 535;

iv.      Am 25.08.2017 in XXXX den L.T. zur Bezahlung von EUR 17.300,00 für einen BMW 525d;

v.       Am 22.09.2019 in S. den M.P. zur Bezahlung von EUR 11.500,00 für einen Audi A5;

vi.      im September 2017 in L. den M.H. zur Bezahlung von EUR 14.000,00 für einen A3 Sportback;

vii.    im Jahr 2019 ca. zehn und im Jahr 2020 zwei weitere namentlich nicht mehr ausforschbare Opfer zur Bezahlung von der Höhe nach nicht mehr feststellbaren Kaufpreisen;

b.       zu verleiten versucht, und zwar:

i.       am 29.03.2020 in M.E. den M. W. zur Bezahlung von EUR 11.000,00 für den unter Punkt i) angeführten Seat Alhambra;

ii.      im Mai 2020 in M.E. durch Inserate auf www.willhaben.at Autoverkäufer zur Bezahlung von Kaufpreisen für einen VW Passat (EUR 8.900,00) und einen Audi A5 (EUR 10.500,00);

wobei er den Betrug in Ansehung seines Vorsatzes auf unrechtmäßige Bereicherung und Schadensherbeiführung mit einem insgesamt EUR 5.000,00, im Zweifel jedoch EUR 50.000,00 übersteigenden Schaden beging bzw. zu begehen suchte, indem er zur Täuschung falsche bzw. verfälschte Urkunden und falsche Beweismittel, möglich eigenmächtig erstellte Wartungshefte, eigenmächtig veränderte Kaufverträge und widerrechtlich an sich gebrachte sowie nachgemachte Firmenstempel der M. B. Autohandels GmbH und manipulierte Tachometeranzeigen benützte und den schweren Betrug nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB gewerbsmäßig beging bzw. zu begehen suchte;

II.      seit 2016 bis 12.05.2020 dadurch, dass er eine Schusswaffe Walter PP samt 28 Munition in Tschechien ankaufte und an seinen Wohnadressen in H. und L. verwahrte, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine Schusswaffe der Kategorie B besessen; (…)

Bei der Strafbemessung wertete das Strafgericht als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis und den Umstand, dass es bei der Tatausübung teilweise beim Versuch geblieben ist, hingegen wertete es als erschwerend, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Vorstrafen in Deutschland hat, das Vorliegen mehrfacher, über die Erforderlichkeit für die Gewerbsmäßigkeit hinausgehender Angriffe, das Vorliegen der nicht strafsatzbegründenden Qualifikation des § 147 Abs. 2 StGB und den längeren Zeitraum.

Seit dem 25.01.2021 befindet sich der Beschwerdeführer im gelockerten Vollzug. Zunächst im Rahmen als Freigänger und seit 17.06.2021 mittels elektronisch überwachten Hausarrest. Seit 17.06.2021 wird der Beschwerdeführer im Zuge des elektronisch überwachten Hausarrestes vom Verein Neustart betreut. Über diese leitete er im Rahmen seiner Betreuung auch eine Schuldenregulierungsverfahren ein.

In Deutschland weist der Beschwerdeführer zwei einschlägige Vorstrafen auf:

So wurde er mit Urteil des Amtsgerichtes XXXX vom 07.12.2011 wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in sieben Fällen, in fünf Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Betrug, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Des Weiteren wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichtes XXXX vom 23.03.2015 wegen gewerbsmäßigem Betrugs in Tateinheit mit Missbrauch wegen Wegstreckenzählern in drei Fällen zu einer Freiheitstrafe in der Dauer von einem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollzug ebenfalls unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 10.05.2021 erließ die belangte Behörde Bescheid über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren (Spruchpunkt I.), erteilte ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, insbesondere in den dort einliegenden Bescheid und die Angaben im Beschwerdeschriftsatz. Am 12.08.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger (AJ-Web) und des Strafregisters eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere seiner Volljährigkeit und seiner Staatsangehörigkeit, ergaben sich durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Die Identität des Beschwerdeführers ist durch seinen deutschen Personalausweis belegt und wurde seine Identität im Strafverfahren ebenfalls verifiziert.

Der Beschwerdeführer brachte im Administrativverfahren keinerlei gesundheitliche Einschränkungen vor und bestätigte zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung, dass er gesund sei und an keinen Krankheiten leide. In Zusammenschau mit seinem Alter und seinen bisherigen und gegenwärtigen beruflichen Tätigkeiten gründet sich die Feststellung bezüglich seiner Arbeits- und Erwerbsfähigkeit.

Die Feststellungen zu seiner Herkunft und zu seiner Schul- und Berufsausbildung basieren auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben in der Beschuldigtenvernehmung am 12.05.2020 und im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens. Auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht basieren die Feststellungen zu seinen in Deutschland ausgeübten Tätigkeiten und seinen dort wohnhaften Familienangehörigen und dem bestehenden und aufrechten Kontakt zu ihnen. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Beschwerdeführer auch, dass seine Eltern Pensionisten seien und sie mittlerweile wieder in die Türkei verzogen seien.

Aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschuldigtenvernehmung vom 12.05.2020 und den gleichbleibenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2021 ergibt sich die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet. So brache er glaubhaft vor, dass er sich mit seiner Ehegattin nach seinen strafgerichtlichen Verurteilungen in Deutschland auseinandergelebt und sie in Trennung gelebt haben. Zudem sei er zu diesem Zeitpunkt arbeitslos gewesen und habe weg aus Deutschland wollen und sei er deshalb in weiterer Folge nach Österreich eingereist. Anschließend habe er sich mit seiner Frau wieder versöhnt und sei sie mit dem gemeinsamen Sohn im Jahr 2015 zu ihm nach Österreich gezogen. Die Angaben decken sich mit einem aktuellen Auszug des Zentralen Melderegisters und resultiert daraus auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit 24.01.2014 melderechtlich im österreichischen Bundesgebiet erfasst ist. Ebenso leitet sich aus dem Zentralen Melderegister seine aktuelle Nebenwohnsitzmeldung in einer Justizanstalt ab.

Dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet über familiäre Anbindungen in Form seiner Ehegattin und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn verfügt, mit denen er in einem gemeinsamen Haushalt lebt, ergibt sich zunächst aus den glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde und in der Beschuldigtenvernehmung vom 12.05.2020 sowie in der mündlichen Verhandlung und decken sich seine Angabe zudem mit einem aktuellen ZMR-Auszug betreffend seine Ehegattin. Die Staatsangehörigkeiten seiner Ehegattin und seines Sohnes ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Auf einer IZR-Abfrage seiner Ehegattin basiert die Feststellung betreffend ihre Aufenthaltsberechtigung für das österreichische Bundesgebiet. Aus dem Beschwerdevorbringen und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergeben sich in Zusammenschau mit einem aktuellen Auszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger die Feststellungen zum Beschäftigungsverhältnis seiner Ehegattin. Glaubhaft erweisen sich auch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem Sohn und legte er hinsichtlich des Schulbesuches im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Schulbesuchsbestätigung für das Schuljahr 2020/21 vor Die Ehegattin wurde zudem ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen. Sie nahm aber an dieser nicht Teil. Nachdem dem Beschwerdeführer schon im Rahmen seines Vorbringens Glauben geschenkt und ein aufrechtes und funktionierendes Familienleben angenommen werden kann und auch in der mündlichen Verhandlung seitens der Rechtsvertretung ausdrücklich auf eine niederschriftliche Einvernahme der Ehegattin verzichtet wurde, wurde von einer weiteren Einvernahme der Ehegattin als Zeugin zu diesem Beweisthema abgesehen.

Die Feststelllungen zu seiner darüber hinaus in Österreich lebenden Verwandten gründen auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung und der dabei vorgelegten Familienaufstellung. Dass kein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinen in Österreich wohnhaften Verwandten besteht, lässt sich aus seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung entnehmen. So verneinte er darin explizit das Vorliegen eines allfälligen Abhängigkeitsverhältnisses. Allerdings bestehe in emotionaler Hinsicht eine starke Bindung und ein Naheverhältnis, da er sich mit seinen Verwandten im Alltag sehr oft treffen würde und zu seinen gleichaltrigen Verwandten eine starke Bindung bestehe. Dies vor allem an den Wochenenden und in den Stunden, in denen er frei habe.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer darüber über keine weiteren maßgeblichen sozialen oder privaten Anbindungen im Bundesgebiet verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung. In seinen freien Stunden gehe der Beschwerdeführer einkaufe oder treffe er sich mit seinen Familienangehörigen. Die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Organisation oder den Besuch eines Kurses verneinte der Beschwerdeführer ebenso wie ein allfälliges ehrenamtliches Engagement. Kontakt bestehe zu seinen in Österreich aufhältigen Verwandten und habe er abgesehen von ihnen keinerlei sozialen Kontakte in Österreich.

Aus dem Beschwerdeschriftsatz, seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung sowie der dabei vorgelegten persönlichen Stellungnahme und dem Schreiben des Vereins Neustart sowie einer Einsichtnahme in einen aktuellen Auszug des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger resultieren die Feststellungen zu seinen bisherigen Beschäftigungsverhältnissen im Bundegebiet und zum zeitweisen Bezug von Arbeitslosegeld sowie von Notstands- und Überbrückungshilfe.

Aus einer Einsichtnahme in das Strafregister und dem eingeholten Strafurteil ergibt sich die Verurteilung des Beschwerdeführers durch ein österreichisches Strafgericht sowie das seiner Tat zu Grunde liegende Fehlverhalten und die vom Strafgericht herangezogenen Strafbemessungsgründe. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bereits zwei rechtkräftige einschlägige Vorstrafen in Deutschland aufweist, ergibt sich ebenfalls aus dem Strafurteil.

Der gelockerte Vollzug des Beschwerdeführers begründet sich aus seinem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz und den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. So wird in der Beschwerde darauf verwiesen, dass er seit dem 25.01.2021 Freigänger ist und als XXXX arbeitet. Im Wesentlichen übereinstimmend brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor, er habe von der über ihn verhängten Freiheitsstrafe rund elf Monate im geschlossenen Vollzug verbracht und sei seit rund fünf Monate Freigänger und habe seit rund zwei Monaten elektronische Fußfesseln. Dies deckt sich auch mit einer im Verwaltungsakt einliegenden Vollzugsinformation, aus der sich der gelockerte Vollzug entnehmen lässt. Auf der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bestätigung des Vereins Neustart fußen die Feststellung zum elektronisch überwachten Hausarrest, zur Betreuung durch den Verein Neustart und zur Einleitung eines Schuldenregulierungsverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

§ 67 Abs. 3 FPG sieht hingegen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot vor, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So kann es gemäß § 67 Abs. 3 Z 1 FPG insbesondere erlassen werden, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden sind.

Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Deutschland EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des § 67 FPG.

Als Bezugspunkt für die für jedes Aufenthaltsverbot Voraussetzung bildende Gefahrenprognose sieht § 67 Abs. 1 FPG zwei unterschiedliche Gefährdungsmaßstäbe vor. Einerseits (nach dem ersten und zweiten Satz) die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, wobei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr auf Grund eines persönlichen Verhaltens des betreffenden Fremden vorliegen muss, und andererseits (nach dem fünften Satz) – wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seinen Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte – darüber hinausgehend eine nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreichdurch seinen Verbleib im Bundesgebiet

Der erhöhte Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 FPG fünfter Satz FPG kommt also dann zur Anwendung kommt, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einen zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen kann, wobei im Lichte der hg. Judikatur diese „Privilegierung“ – wiewohl diese Bestimmung in ihrem Wortlaut lediglich auf den (faktischen) Aufenthalt abstellt – nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn es sich diesbezüglich um einen rechtmäßigen Aufenthalt handelt (vgl. VwGH 12.03.2013, 2012/18/0228). Hinsichtlich der Ermittlung des anzuwendenden Gefährdungsmaßstabs ist damit erforderlich festzustellen, ob ein zehnjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vorliegt oder nicht.

Zudem ist bei EWR- Bürgern und Schweizer Bürger, die nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a NAG und Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab – der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist – heranzuziehen (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0147). Ein Aufenthaltsverbot gegen Personen, denen das Recht auf Daueraufenthalt zukommt, setzt demnach voraus, dass ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Im gegenständlichen Fall hält sich der Beschwerdeführer rechtmäßig und durchgehend seit Jänner 2014 im Bundesgebiet auf. Allerdings kommt dem Beschwerdeführer infolge des mehrfachen Bezugs von Notstands- und Überbrückungshilfe – beginnend mit 23.11.2017 – im gegenständlichen Fall kein Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des § 53a NAG zu (vgl. VwGH 04.10.2018, Ra 2017/22/0218).

Nachdem eine Aufenthaltsdauer von unter zehn Jahren vorliegt, kommt der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG zur Anwendung, wonach für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine aktuelle, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefordert wird, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht XXXX in dessen Urteil vom 16.12.2020, zu XXXX wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall und 15 StGB und des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt.

Das strafrechtlich relevante Verhalten des Beschwerdeführers berührt die Grundinteressen der Gesellschaft und stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG 2005 zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367).

Aber auch nach Würdigung seines durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes, des sich hieraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und der Gefährdungsprognose kommt das erkennende Gericht zur Überzeugung, dass vom Beschwerdeführer eine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche ein Aufenthaltsverbot dem Grunde nach zu rechtfertigen vermag.

Der Beschwerdeführer weist mit dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.12.2020 über eine rechtkräftige Verurteilung im Bundesgebiet auf. Allerdings fußt diese Verurteilung auf einem delinquenten Verhalten, dass der Beschwerdeführer bereits erstmals im März 2016 – somit rund zwei Jahr nach seiner Einreise – setzte und führte er dieses Verhalten bis zum Mai 2020 – sohin über einen Zeitraum von rund vier Jahren – fort. Durchaus lässt das erkennende Gericht nicht unberücksichtigt, dass es sich hierbei um die einzige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers in Österreich handelt. Allerdings weist der Beschwerdeführer zwei einschlägige Vorstrafen in Deutschland auf. So wurde er mit Urteil des Amtsgerichtes XXXX vom 07.12.2011 wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in sieben Fällen, in fünf Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Betrug, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr und zehn Monaten und er des Weiteren mit Urteil des Amtsgerichtes XXXX vom 23.03.2015 wegen gewerbsmäßigem Betrugs in Tateinheit mit Missbrauch wegen Wegstreckenzählern in drei Fällen zu einer Freiheitstrafe in der Dauer von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Im Hinblick auf seine letzte strafgerichtliche Verurteilung in Deutschland ist besonders hervorzuheben, dass er mit der Manipulation von Zählerständen bei KFZ dieses bereits in Deutschland gezeigte und geahndete Fehlverhalten nunmehr in Österreich fortsetzte. Augenscheinlich ist in diesem Zusammenhang auch der hohe Organisationsgrad und das arbeitsteilige Vorgehen bei seinen Tathandlungen. So ließ sich der Beschwerdeführer beispielsweise bei einem Urlaub in der Türkei Stempel bekannter Automarken wie Audi, VW und Seat – davon ungefähr 30 Stück an der Zahl – für die Fälschung von KFZ Papiere anfertigen. Für das Manipulieren bzw. Zurücksetzen der Kilometerstände der zu verkaufenden KFZ arbeitete er hingegen mit einem Dritten zusammen und investierte hierbei Geld (zwischen EUR 100,00 – 150,00) in ein technisch anspruchsvolles Vorgehen, bei dem die Kilometerangaben des jeweiligen KFZ um einen maßgeblichen Betrag zurückgedreht werden konnten. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer das Vertrauen der KFZ-Käufer ausnutze. Wie des Weiteren bereits im Strafurteil dargelegt wurde, beging der Beschwerdeführer sein strafrechtlich relevantes Verhalten aufgrund seiner tristen Einkommens- und Vermögenssituation. Dies bestätigte der Beschwerdeführer zuletzt auch vor dem erkennenden Gericht, wonach er aus seiner Zeit in Deutschland Schulden habe und er mit der Tatbegehung seine Schulden habe abbauen wollen. Allerdings vermag das Vorliegen einer finanziellen Notlage nicht das vom Beschwerdeführer gesetzte Fehlverhalten das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges rechtfertigen (vgl. VwGH 04.10.2006, 2006/18/0284). Im gegenständlichen Fall kommt zum Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges hinzu, dass der Beschwerdeführer zudem im unbefugten Besitz einer Schusswaffe war. Auch wenn er diese gemäß den eigenen Angaben nach zufällig und lediglich zur Selbstverteidigung bzw. zur Abschreckung erworben und er deren Verwendung nicht beabsichtigt habe bzw. er sie auch nie benutzt habe, vermag dies am rechtswidrigen Besitz der Schusswaffe ebenfalls nichts zu ändern.

Zu berücksichtigen bleiben auch die vom Strafgericht ausgesprochenen Strafbemessungsgründe. Zwar werden sein umfassendes und reumütiges Geständnis, sowie das teilweise Verbleiben der Straftaten im Versuchsstadium zu seinen Gunsten berücksichtigt, dem stehen allerdings erschwerend der längere Zeitraum, das Vorliegen mehrfacher, über die Erforderlichkeit für die Gewerbsmäßigkeit hinausgehender Angriffe und das Vorliegen der nicht strafsatzbegründenden Qualifikation des § 147 Abs. 2 StGB und die zweifache Vorbestrafung in Deutschland gegenüber.

Wie bereits die belangte Behörde dahingehend völlig zutreffend ausführte, weist das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers eindeutig auf seine mangelnde Rechtstreue gegenüber der österreichischen Rechtsordnung hin und bringt er dadurch seine Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten deutlich zum Ausdruck. Insbesondere hatte er aus seinen beiden einschlägigen Verurteilungen in Deutschland offenbar nichts gelernt und hielten ihn diese nicht von der Begehung weiterer Straftaten – nur diesmal in Österreich – ab. Diesen Eindruck gewann auch das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung, wenn der Beschwerdeführer vermeint, dass er bei seinen Tathandlungen durchaus an die daraus resultierenden Konsequenzen gedacht, er allerdings nicht mit einer tatsächlichen Inhaftierung gerechnet habe.

Das Bundesverwaltungsgericht lässt nicht unberücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung reuig zeigte. Ebenso wird sein Beschwerdevorbringen – wonach er bereits wieder arbeitstätig geworden ist und er sein Familienleben im Bundesgebiet aufrecht halten wolle – zu seinen Gunsten gewertet. Auch wird positiv berücksichtigt, dass sich der Beschwerdeführer seit dem 25.01.2021 in gelockertem Vollzug befindet. In diesem Zusammenhang bleibt allerdings anzumerken, dass der Gesinnungswandel eines Straftäters nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399). Im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer gesetzte Fehlverhalten ist die Zeit zu wenig weit fortgeschritten um ihn einen positiven Gesinnungswandel attestiert zu können (VwGH 26.01.2021, Ra 2020/14/0491). Auch wenn sich der Beschwerdeführer seit Jänner 2021 im gelockerten Vollzug und er sich seit Mitte Juni 2021 im elektronisch überwachten Hausarrest befindet, bleibt dahingehend auch zu berücksichtigen, dass sich aus dem Status eines Strafhäftlings als „Freigänger“ keine maßgebliche Minderung der sich aus dem strafbaren Verhalten ergebenden Gefährdung ableiten lässt und dies auch sinngemäß auch für die Bewilligung der Strafverbüßung in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes gilt (vgl. VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0373).

In weiterer Folge bleibt auch zu prüfen, ob die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende gewichtige Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen allenfalls nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen können.

Infolge seiner im Bundesgebiet aufhältigen Familienangehörigen weist der Beschwerdeführer ein Familienleben im Bundesgebiet auf. Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens iSd Art. 8 MRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des EGMR jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind (E 26. Jänner 2006, 2002/20/0423). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 MRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152).

Zweifelsfrei verfügt der Beschwerdeführer über ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet in Form seiner Ehegattin und des gemeinsamen Sohnes. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass ihn dieses familiäre Umfeld nicht von der Begehung strafbarer Handlungen abhielt – weder in Deutschland, noch in Österreich. Wie sich aus dem Akteninhalt und den Ausführungen des Beschwerdeführers zudem ergibt, erfuhr das Familienleben bereits aufgrund seines früheren Fehlverhaltens eine räumliche Trennung zwischen 2014 und 2015. Hervorzuheben ist dabei auch, dass der Beschwerdeführer seiner Ehegattin nach der Versöhnung und deren Übersiedelung nach Österreich zusicherte, dass er nicht erneut straffällig werde, was er – wie er selbst ausführte – nicht eingehalten habe. Die Bewertung des Familienlebens des Beschwerdeführers erfährt auch dadurch eine gewichtige Minderung, dass er dieses durch seine kontinuierliche Begehung von Straftaten und den daraus drohenden fremdenrechtlichen Konsequenzen aufs Spiel gesetzt und eine etwaige Trennung von seinen Familienmitgliedern bewusst in Kauf genommen hat. In diesem Zusammenhang lässt das Bundesverwaltungsgericht nicht außer Acht, dass das gemeinsame Familienleben zudem in Deutschland fortgesetzt werden kann. Sein Sohn besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und seine Ehegattin wurde in Deutschland geboren und lebte gemäß den Angaben des Beschwerdeführers bis zu ihrer Übersiedelung nach Österreich überwiegend in Deutschland. Im Hinblick auf seine weiteren in Österreich lebenden Verwandten ergab sich kein von der höchstgerichtlichen Judikatur gefordertes Abhängigkeitsverhältnis. Aber auch unter dem Aspekt der mehrjährigen und gewerbsmäßigen Begehung sowie der Schwere seiner Tathandlungen erweist sich der Eingriff in sein Privat- und Familienleben als gerechtfertigt.

Demgegenüber verfügt der Beschwerdeführer nach wie vor über Bindungen nach Deutschland. Er wurde dort geboren, wuchs dort auf, besuchte dort die Schule und leben seine Geschwister ebenfalls in Deutschland. Eine vollkommene Entwurzelung des Beschwerdeführers ist somit nicht gegeben.

Angesichts des zuvor aufgezeigten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers erweist sich auch das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot unter dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG als zulässig und ist zur Erreichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und der Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen – insbesondere der Verhinderung der Eigentumskriminalität – durch den Beschwerdeführer) auch dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten, als die gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG dem Grunde nach als zulässig zu werten (vgl. VwGH 17.12.2020, Ra 2020/18/0279).

In weiterer Folge bleibt die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes einer Prüfung zu unterziehen. Wie umseits bereits erwähnt, bleibt im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass es sich um die erste strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet handelt, er ein reumütiges und umfassendes Geständnis tätige bzw. es teilweise bei einem Versuch blieb und er zudem über familiäre Anbindungen im Bundesgebiet verfügt und er sich seit geraumer Zeit wieder ein einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis befindet. Wie die umseitigen Ausführungen allerdings auch zeigen, weist der Beschwerdeführer mehrere einschlägige Vorstrafen in seinem Herkunftsstaat auf und lässt dies den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer aus seinem bisherigen Fehlverhalten offenkundig nichts gelernt hat und ihm die österreichische Rechtsordnung zudem offenbar gleichgültig ist. Zu berücksichtigen gilt auch der lange Tatzeitraum von rund vier Jahren und das Vorliegen mehrfacher, über die Erforderlichkeit für die Gewerbsmäßigkeit hinausgehende Angriffe. Des Weiteren fließt auch mit ein, dass ihn jenes Privat- und Familienleben, auf das er sich nunmehr zu stützen beabsichtigt, ebenfalls nicht von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten hat und dieses Familienleben auch in Deutschland fortgeführt werden kann. Im gegenständlichen Fall erscheint die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes von fünf Jahren angesichts des konkreten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und dem Vorliegen mehrerer qualifizierter Erfolge als angemessen um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung wirksam zu begegnen und als solches auch erforderlich um ein Umdenken beim Beschwerdeführer zu bewirken.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer zweifelsfrei eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Hierfür spricht insbesondere die Deliktsqualifikation der Gewerbsmäßigkeit. Angesichts des getrübten Vorlebens und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner tristen Einkommens- und Vermögenssituation heraus straffällig wurde und ihn die Rückzahlung seiner Schulden zur Begehung von Straftaten verleitete, kann nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer hinkünftig im österreichischen Bundesgebiet nicht erneut straffällig wird.

Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und auch für die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes (vgl. VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367; 19.12.2019, Ra 2019/21/0276; ua.).

Dabei weicht die der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsprechung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I422.2243643.1.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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