Entscheidungsdatum
02.09.2021Norm
BFA-VG §9Spruch
I421 2240018-1/27E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Rumänien gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 19.02.2021, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.08.2021 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG stattgeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), einem rumänischen Staatsangehörigen, wurde mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 03.12.2020 seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde, BFA) mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, gegen ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen. Begründend wurde ausgeführt, der BF sei ob seiner Straffälligkeit und in der Folge eines aufgrund dessen rechtskräftig verhängten Aufenthaltsverbotes wiederholt abgeschoben worden, jedoch stets wieder ins Bundesgebiet zurückgekehrt. Zuletzt sei das gegen ihn unbefristet verhängte Aufenthaltsverbot seitens des [damals] Unabhängigen Verwaltungssenats XXXX aufgehoben worden, wobei jedoch ein gegen ihn erlassenes Urteil des Landesgerichtes XXXX , in dessen Rahmen der BF zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war, unberücksichtigt geblieben sei. Dem BF wurde eine zweiwöchige Frist ab nachweislicher Zustellung des Schreibens zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. Eine solche brachte der BF auch einlangend mit 18.12.2020 ein, zudem wurden auch Urkunden in Vorlage gebracht.
2. Am 11.02.2021 wurde der BF vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.
3. Mit Bescheid vom 19.02.2021, Zl. XXXX , erließ die belangte Behörde gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch die Rechtsvertretung des BF eingebrachte Beschwerde, bei der belangten Behörde eingelangt am 21.02.2021, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhalts moniert und der Bescheid zur Gänze angefochten wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der BF sei in Österreich aufgewachsen, wo er auch die Schule besucht und eine Lehre begonnen, allerdings abgebrochen habe. Zu Rumänien habe er keinen Bezug und lebe der Vater des BF in Österreich, bei dem er wohnen könne. Weiters verfüge der BF über eine Einstellungszusage und habe eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen. Dadurch sei sichergestellt, dass keine neuerliche Delinquenz eintrete. Zudem bestehe auch für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein Anlass, vielmehr würde bei Nichtgewährung die Gefahr bestehen, dass der BF die ihn zugesagte Arbeitsstelle nicht antreten könne und ihn dadurch ein beträchtlicher Schaden entstehe. Beantragt werde daher, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, allenfalls zur Ergänzung des Verfahrens an die 1. Instanz zurückzuverweisen, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
5. Mit Schriftsatz vom 26.02.2021, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 02.03.2021, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
6. Mit Teilerkenntnis seitens des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.03.2021, GZ XXXX , wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
7. Mit Eingabe vom 09.08.2021 hat die vormalige Rechtsvertretung des BF mitgeteilt, dass der BF die Ladung zur Verhandlung am 13.08.2021 am 19.07.2021 eigenhändig übernommen hat und dieser mitgeteilt habe, er werde zur Verhandlung nicht erscheinen. Gleichzeitig kündigte die Rechtsvertretung mit dieser Eingabe die Vollmacht auf.
8. Am 13.08.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit einer Vertreterin der belangten Behörde statt. Entschuldigt fern blieb die damalige Rechtsvertretung, welche die Vollmacht - wie in Pkt. 7 ausgeführt - aufgelöst hat. Der BF ist nicht erschienen.
9. Am 24.08.2021 langte die Ladung des BF wieder beim Bundesverwaltungsgericht ein. Am Kuvert ist ersichtlich, dass die Verständigung zur Hinterlegung der Ladung mit Beginn der Abholfrist am 29.07.2021 in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, die Ladung vom BF aber nicht behoben wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige, ledige und kinderlose BF ist rumänischer Staatsangehöriger, dessen Identität feststeht. Er spricht deutsch auf Muttersprachenniveau, zudem muttersprachlich Rumänisch, weiters auch Englisch.
Er wurde am XXXX in XXXX , Rumänien, geboren, wo er bis zu seinem sechsten Lebensjahr aufwuchs. Im Jahr 1991 verzog er schließlich ob der Scheidung seiner Eltern zu seinem in Österreich aufhältigen Vater und ist seit damals im Bundesgebiet aufhältig. Mit Hauptwohnsitz war er erstmalig ab 11.07.1996 erfasst. Bis zum 21. Dezember 2004 verfügte er über Aufenthaltstitel bzw. eine Niederlassungsbewilligung, danach stellte er keine diesbezüglichen Anträge mehr, war jedoch ob des Beitritts Rumäniens zur EU am 01.01.2007 zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.
Im Bundesgebiet besuchte der BF die Volks- sowie die Hauptschule. Anschließend begann er eine Lehre als Uhrenmacher und Feinmechaniker und war der BF diesbezüglich auch vom 04.09.2000 bis 14.10.2003 sozialversicherungsrechtlich erfasst. Er brachte seine Lehre jedoch nicht zum Abschluss. Vom 01.12.2003 bis 31.12.2003, vom 04.07.2005 bis 30.08.2005 und vom 23.06.2010 bis 21.07.2010 war der BF im Bundesgebiet als Arbeiter beschäftigt, ansonsten bezog er regelmäßig Arbeitslosengeld sowie Notstands- bzw. Überbrückungshilfe. Im Zuge seines letzten Haftaufenthaltes war er im Unternehmerbetrieb der Justizanstalt beschäftigt.
Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig.
Der Strafregisterauszug der Republik Österreich weist zur Person des BF folgende Eintragungen auf:
01) LG F.STRAFS. XXXX vom 01.06.2004 RK 05.06.2004
PAR 127 129/1 15 StGB
PAR 27/1 SMG
PAR 229/1 StGB
PAR 88/1 StGB
Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Junge(r) Erwachsene(r)
Vollzugsdatum 16.10.2009
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 05.06.2004
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG F.STRAFS. XXXX vom 13.04.2005
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 05.06.2004
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 10.04.2008
02) LG F.STRAFS. XXXX vom 13.04.2005 RK 18.04.2005
PAR 15 127 StGB
Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Anordnung der Bewährungshilfe
Junge(r) Erwachsene(r)
Vollzugsdatum 16.10.2009
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 18.04.2005
Aufhebung der Bewährungshilfe
LG F.STRAFS. XXXX vom 11.08.2005
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 18.04.2005
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG F.STRAFS. XXXX vom 31.08.2006
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 18.04.2005
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 10.04.2008
03) LG F.STRAFS. XXXX vom 31.08.2006 RK 31.08.2006
PAR 127 129/3 StGB
Freiheitsstrafe 9 Monate
Vollzugsdatum 04.03.2007
04) LG F.STRAFS. XXXX vom 10.04.2008 RK 10.04.2008
PAR 127 129/1 130 (LETZTER FALL) 15 StGB
Freiheitsstrafe 15 Monate
Vollzugsdatum 26.04.2009
05) LG F.STRAFS. XXXX vom 16.02.2011 RK 16.02.2011
§ 127 128 ABS 1/4 129/3 StGB
§ 229/1 StGB
(Urkundenunterdrückung)
Datum der (letzten) Tat 17.11.2010
Freiheitsstrafe 2 Jahre
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.02.2011
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 18.09.2012, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG RIED IM INNKREIS 025 BE 169/2012m vom 06.08.2012
zu LG F.STRAFS. XXXX RK 16.02.2011
Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen
LG F.STRAFS. XXXX vom 29.07.2013
06) LG F.STRAFS. XXXX vom 29.07.2013 RK 20.03.2014
§ 229 (1) StGB
§ 15 StGB §§ 146, 147 (1) Z 1 StGB
§ 231 (1) StGB
§§ 142 (1), 143 1. Satz 2. Fall StGB
§ 241e (3) StGB
Datum der (letzten) Tat 21.06.2013
Freiheitsstrafe 7 Jahre 6 Monate
Vollzugsdatum 06.01.2021
Erstmalig wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.06.2004 zu XXXX wegen §§ 127, 129 Abs 1, 15 StGB, 229 Abs 1 und 88 Abs 1 StGB sowie § 27 Abs 1 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die diesem Urteil zugrundeliegenden Tathandlungen fanden am 4., 20. und 29. August 2003, 20. und 28. November 2003, 3. und 4. November 2003, 7., 16. und 30. Jänner 2004 sowie 3., 4., 7. und 12. Februar 2004 statt. Den unbefugten Erwerb und Besitz von Heroin hatte er für den Zeitraum von März 2003 bis Dezember 2004 zu verantworten. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX vom 10.04.2008 wurde die bedingte Nachsicht der Strafe schließlich widerrufen. Erschwerend erachtete das Gericht, das Zusammenkommen mehrerer Vergehen mit einem Verbrechen sowie die wiederholte Tatbegehung. Demgegenüber wurde das umfassende Geständnis, der bisherige ordentliche Lebenswandel, der teilweise Versuch, der Einfluss durch Drogen und die ungünstige häusliche Erziehung als mildernd beachtet.
In den darauffolgenden Jahren wurde er mit Urteilen des Landesgerichtes XXXX vom 13.04.2005 zu XXXX zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten (§§ 15, 127 StGB) und vom 31. August 2006 zu XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten (§§ 127, 129 Z 3 StGB) verurteilt. Bei Letzteren wurde mildernd das Geständnis, erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen und der Rückfall innerhalb zweier offener Probezeiten gewertet.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX vom 10.04.2008 wurde schließlich hinsichtlich des Urteils vom 13.04.2005, XXXX , die bedingte Strafnachsicht widerrufen und neuerlich wegen §§ 127, 129 Z 1 und 130 letzter Fall und 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt. Bei der Strafzumessung wurden die drei einschlägigen Vorstrafen und der äußerst rasche Rückfall als erschwerend und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als mildernd gewertet.
Ob dieser Verurteilungen wurde gegen den BF mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 13.02.2007, Zl. XXXX , ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches in Rechtskraft erwuchs. Nach seiner Haftentlassung reiste der BF jedoch nicht aus.
Aufgrund dessen wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX , Fremdenpolizeiliches Büro, vom 13. Juli 2009, Zl. XXXX gegen den BF ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches ebenso in Rechtskraft erwuchs.
In der Folge wurde der BF im November 2009 erstmalig nach Rumänien abgeschoben, jedoch am 03.08.2010 wieder im Bundesgebiet angetroffen, weshalb er mit Straferkenntnis vom selbigen Tag rechtskräftig bestraft wurde. Am 12.08.2010 wurde er neuerlich abgeschoben, wobei er 10 Tage später nach Österreich zurückkehrte. Die nächste Abschiebung erfolgte am 23.09.2010 und kehrte der BF Anfang November 2010 ins Bundesgebiet zurück.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 16.02.2011 zu XXXX wurde er wegen §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Diesem Urteil lag zusammengefasst zugrunde, dass der BF in XXXX I. am 17.11.2010 eine fremde bewegliche Sache, nämlich einen PKW im Wert von EUR 25.000,00 der XXXX , mit dem Vorsatz, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch weggenommen hat, indem er mit dem aus ihrer Jacke weggenommenen Autoschlüssel die Zentralverriegelung des PKW öffnete, sich in das Fahrzeug setzte und wegfuhr, sohin eine Sperrvorrichtung mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel öffnete; II. Urkunden, über die er nicht allein verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar: 1. Am 17.11.20210 den Führerschein und Zulassungsschein der XXXX , die sich in einer Tasche im Kofferraum des zu Punkt I. angeführten PKWs befanden; 2. zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt im November 2010 den Reisepass des XXXX und den Zulassungsschein der Fa. XXXX GesmbH, indem er diese aus einer Jacke in einem Baucontainer wegnahm und in sein Hotelzimmer brachte. Am 18.09.2012 wurde er vorzeitig bedingt aus der Haft entlassen und am selben Tag unter Inanspruchnahme der Rückkehrhilfe nach Rumänien abgeschoben. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 29.07.2013 zu XXXX wurde die bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe widerrufen.
Am 05.10.2012 wurde der BF neuerlich im Bundesgebiet angetroffen, am 25.10.2012 erfolgte die Abschiebung, eine weitere am 03.01.2013. Am 21.06.2013 wurde der BF wieder festgenommen.
Mit Entscheidung vom 05.12.2013 zu GZ XXXX wurde das unbefristet verhängte Aufenthaltsverbot des BF aufgehoben, wobei diese Behebung in der Bestimmung des § 64 FPG idF BGBl. I. Nr. 38/2011 begründet lag, welche jedoch mit 31.12.2013 wieder außerkraftgetreten ist (BGBl. I Nr. 87/2012).
Zuletzt wurde der BF vom Landesgericht XXXX als Schöffengericht zu XXXX mit Urteil vom 29.07.2013, rechtskräftig seit 20.03.2014, für schuldig befunden, in XXXX I./ mit Gewalt gegen eine Person einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er am 23. November 2012 XXXX Pfefferspray in die Augen und ins Gesicht sprühte, um ihr die Sicht zu nehmen und die von ihr festgehaltene Plastiktasche entriss, diverse Kosmetikartikel und Lebensmittel in einem nicht mehr feststellbaren Wert, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte; II./ am 21. Juni 2013 A./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, XXXX als Verfügungsberechtigten der Firma XXXX durch die Vorgabe, XXXX sowie ein zahlungsfähiger und –williger Kunde zu sein, wobei er seine Identität durch die Vorlage eines auf XXXX lautenden Führerscheins und eine auf diesen ausgestellte Bankomatkarte zu belegen betretet hat, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung eines entfremdeten unbaren Zahlungsmittels, zum Abschluss von zwei Mobiltelefonverträgen und zur Ausfolgung von zwei Mobiltelefonen der Marke Samsung Galaxy S4 in einem jedenfalls EUR 760,-- übersteigenden Gesamtwert, somit zu einer Handlung verleiten versucht zu haben, durch die die Firma XXXX in diesem Betrag an ihrem Vermögen geschädigt werden sollte; B./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden; C./ amtliche Ausweise, die für andere ausgestellt waren, im Rechtsverkehr gebraucht zu haben, als wären sie für ihn ausgestellt; D./ ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte, nämlich die von der XXXX für XXXX ausgestellte Bankomatkarte, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt zu haben. Hierdurch hat der BF zu I./ das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz, zweiter Fall StGB, zu II./A./ das Vergehen des schweren Betrugs nach §§ 15 Abs 1, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB, zu II./B./ die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, zu II./C./ die Vergehen des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB und zu II./D./ das Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB begangen und wurde zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von siebeneinhalb Jahren verurteilt. Mildernd wurde dabei das teilweise reumütige Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise objektive Schadenswiedergutmachung gewertet, erschwerend hingegen die fünf einschlägigen, rückfallsbegründenden Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen sowie der rasche Rückfall. Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten sowie unter Bedachtnahme auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Taten auf das künftige Leben des BF in der Gesellschaft war für das Landesgericht eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Taten entsprechend und wurde ausgeführt, dass aufgrund des durch zahlreiche einschlägige Vorstrafen getrübten Vorlebens des BF jedenfalls eine empfindliche Freiheitstrafe zu verhängen war, um dem BF das Unrecht seiner Straftaten eindrucksvoll vor Augen führen zu können sowie der Begehung weiterer solcher strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Aufgrund des Umstandes, dass der zur Verurteilung gelangte strafsatzbestimmende schwere Raub bei einer Gesamtschau von Erfolgs-, Handlungs- und Gesinnungsunwert jedoch im unteren Bereich dieses Delikt anzusiedeln ist, konnte trotz der nicht unerheblichen Erschwerungsgründe gerade noch mit einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren das Auslangen gefunden werden. Ob der Attacke mit dem Pfefferspray war XXXX noch knapp einen Monat nach der Tat nicht beschwerdefrei. Eine gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde seitens des OGH mit Beschluss vom 23.01.2014 zu XXXX zurückgewiesen und auch einer Berufung sowie einer Beschwerde seitens des Oberlandesgerichtes XXXX als Berufungsgericht mit Entscheidung vom 20.03.2014 zu XXXX keine Folge gegeben.
Seit dem 17.01.2004 war der BF ausschließlich in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren oder auch mit Nebenwohnsitz obdachlos gemeldet bzw. gar nicht melderechtlich erfasst. Insgesamt verbrachte er bis dato über zwölf Jahre in Haftanstalten. Am 05.03.2021 wurde der BF aus der Haft entlassen.
Im Bundesgebiet lebt der Vater des BF. Nach seiner Haftentlassung war der BF von 08.03.2021 bis 20.05.2021 bei seinem Vater wohnhaft, derzeit ist er auf der Adresse XXXX mit Hauptwohnsitz melderechtlich erfasst.
Der Vater hatte im Jahr 2020 eine Bypass-Operation und bezieht seitdem eine Invaliditätspension. Zudem lebt auch ein Onkel des BF im Bundesgebiet, mit welchem er allerdings nicht in Kontakt steht. Darüber hinaus verfügt der BF im Bundesgebiet ob seines langjährigen Haftaufenthaltes über keine weiteren privaten oder sozialen Bindungen. Auch über weitere familiären Anknüpfungspunkt im EU- bzw. Schengengebiet verfügt er nicht. Im Zeitraum vom 16.03.2017 bis 19.02.2019 absolvierte der BF erfolgreich eine Drogentherapie, außerdem erwarb er im Zuge seines Haftaufenthaltes den Staplerschein. In Rumänien lebt zumindest ein Cousin sowie eine Tante des BF, der BF bezeichnet das Verhältnis zwischen ihm und seiner Tante jedoch nicht als gut, auch zum Cousin besteht kein Kontakt mehr. Zur in Rumänien aufhältigen Mutter pflegt er ebenfalls keinen Kontakt. Der BF brachte eine Einstellungszusage vom 19.02.2021 seitens der XXXX in Vorlage und hat dort von 01.04.2021 bis zum 30.07.2021 gearbeitet.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Zum Sachverhalt:
Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt, den Ausführungen des BF im Zuge seiner schriftlichen Stellungnahme und der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde, dem Strafurteil zu XXXX und XXXX und der Entscheidung des OGH zu XXXX , des Oberlandesgerichts XXXX als Berufungsgericht zu XXXX sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX zu XXXX , den Ausführungen im Zuge der Beschwerde sowie den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Strafregister sowie einem Sozialversicherungsdatenauszug.
Zwar erfolgte am 13.08.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung, zu der der BF ordnungsgemäß geladen wurde, jedoch konnte der BF mangels Erscheinens nicht einvernommen werden und sich der erkennenden Richter keinen persönlichen Eindruck vom BF machen.
2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:
Durch die Vorlage des Personalausweises mit der Dokumentnummer XXXX , welcher als Kopie dem Verwaltungsakt der belangten Behörde beigelegt ist (AS 17 und AS 75), geht eindeutig die Identität, das Geburtsdatum sowie die Staatsangehörigkeit des BF hervor. Die Feststellungen zur Kinderlosigkeit und zum Ledigsein beruhen auf den eigenen Ausführungen des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 11.02.2021, AS 229), des Weiteren auch die Feststellungen hinsichtlich der Sprachkenntnisse des BF (Protokoll vom 11.02.2021, AS 221).
Die Feststellung zum Geburtsort war bereits dem Strafurteil zu XXXX zu entnehmen (AS 38), übereinstimmend auch den Ausführungen des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde (Protokoll vom 11.02.2021, AS 223). Im Zuge seiner Stellungnahme führte der BF dazu korrespondierend aus, im Alter von sechs Jahren ob der Scheidung seiner Eltern zu seinem Vater nach Österreich gekommen zu sein (AS 147). Aus dem Berufungsbescheid des [damals] Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 05.12.2013, GZ XXXX , geht zudem die Feststellung zur Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet hervor (AS 137) und ist selbiges auch durch die aufenthaltsrechtlichen und fremdenpolizeilichen Unterlagen der Bezirkshauptmannschaft XXXX (AS 211 ff) belegt.
Hinsichtlich seiner melderechtlichen Erfassung kann auf einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister verwiesen werden.
Die Feststellungen in Zusammenhang mit dem Aufenthalt samt Schulbildung und Lehre des BF im Bundesgebiet seit dem Jahr 1991 ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt (schriftliche Stellungnahme, AS 147 f; Protokoll vom 11.02.2021, AS 223 ff; Beschwerde vom 21.02.2021, AS 341), insbesondere auch aus dem Berufungsbescheid des [damals] Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX , in welchem bereits damals die entsprechenden Feststellungen getroffen wurden (AS 136).
Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Erfassung des BF als Lehrling sowie weiters hinsichtlich seiner Beschäftigungen als Arbeiter samt Bezug von Arbeitslosengeld sowie Notstands- bzw. Überbrückungshilfe kann auf einen Sozialversicherungsdatenauszug zur Person des BF verwiesen werden. Im Sozialversicherungsdatenauszug ist auch ersichtlich, dass der BF nach seiner Haftentlassung am 01.04.2021 begonnen hat zu arbeiten, diese jedoch am 30.07.2021 wieder beendet hat. Da der BF dazu nicht einvernommen werden konnte, konnten keine weiteren Feststellungen getroffen werden. Die Feststellung, wonach der BF im Unternehmerbetrieb der Justizanstalt beschäftigt war, ergibt sich übereinstimmend aus den Ausführungen des BF im Zuge seiner schriftlichen Stellungnahme (AS 149) sowie dem in Vorlage gebrachten Sozialbericht der Justizanstalt XXXX vom 15.12.2020 (AS 143).
Der Umstand, dass er nicht an lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, war den eigenen Ausführungen des BF vor der belangten Behörde zu entnehmen, zumal ein sehr niedriger Hepatitis C-Wert sowie gelegentliche Rückenschmerzen nicht das Maß einer lebensbedrohlichen Erkrankung erreichen vermögen (Protokoll vom 11.02.2021, AS 223). Aus dem Gesundheitszustand des BF und seinem erwerbsfähigen Alter resultiert die Feststellung zur Arbeitsfähigkeit des BF. Im Übrigen vermeinte dieser auch selbst, arbeitsfähig zu sein (Protokoll vom 11.02.2021, AS 223).
In Zusammenhang mit den strafgerichtlichen Eintragungen des BF kann auf einen aktuellen, amtswegig eingeholten Strafregisterauszug zu seiner Person verwiesen werden.
Hinsichtlich den Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen und den Abschiebungen samt Einreisen kann auf die bereits im Zuge des Berufungsbescheids getroffenen Feststellungen des [damals] Unabhängigen Verwaltungssenats XXXX vom 05.12.2013 zu XXXX verwiesen werden (AS 136 ff). Daraus geht auch hervor, dass ausschließlich der Umstand, dass der BF am 21.07.2013 festgenommen wurde, seine Berücksichtigung erfahren hat, nicht hingegen seine (erst) seit 20.03.2014 rechtskräftig gewordenen letzte Verurteilung (AS 137). Die weiteren Feststellungen zu den jeweiligen Verurteilungen fußen auf den im Zuge des Beschwerdeverfahrens eingeholten strafgerichtlichen Urteilen.
Die näheren Feststellungen seiner letzten Verurteilung samt Milderungs- und Erschwernisgründe ergeben sich aus dem Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX als Schöffengericht zu XXXX vom 29.07.2013 (AS 35 ff). Auch liegt die Entscheidung des OGH zu XXXX (AS 49 ff) und jene des Oberlandesgerichtes XXXX als Berufungsgericht zu XXXX (AS 55 ff) dem Verwaltungsakt bei.
Aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister zur Person des BF gehen sowohl dessen Obdachlosmeldungen bzw. melderechtlichen Lücken als auch die aufsummierte zwölfjährige Haftzeit des BF hervor, welche im Übrigen mit den Eintragungen des Auszuges aus dem Strafregister übereinstimmt.
In einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister geht weiters hervor, dass der BF von 08.03.2021 bis 20.05.2021 bei seinem Vater mit Hauptwohnsitz melderechtlich erfasst war und seit 10.05.2021 in der XXXX gemeldet ist. Der Umstand, dass sich der Vater im Jahr 2020 einer Bypass-Operation unterzog und seitdem eine Invaliditätspension bezieht, ergibt sich aus den Ausführungen des BF vor der belangten Behörde (Protokoll vom 11.02.2021, AS 227). Ausführungen dazu, ob der Vater pflegebedürftig ist und wie der Kontakt zwischen dem BF und dem Vater seit der Haftentlassung ist, konnten mangels Erscheinens des BF zur Beschwerdeverhandlung nicht getroffen werden.
Dass zum in Österreich aufhältigen Onkel des BF kein Kontakt besteht, war ebenso den Ausführungen des BF im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme zu entnehmen wie weiters der Umstand, dass er darüber hinaus über keine weiteren beruflichen, privaten oder sozialen Bindungen und auch über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im EU- bzw. Schengenraum verfügt (Protokoll vom 11.02.2021, AS 233). Hinsichtlich seiner erfolgreich absolvierten Drogentherapie brachte der BF entsprechende Urkunden in Vorlage (AS 143; AS 155; AS 157), hinsichtlich des Erwerbs des Staplerscheines bleibt auf die Ausführungen des BF vor der belangten Behörde zu verweisen (Protokoll vom 11.02.2021, AS 227), welche auch mit der in Vorlage gebrachten Urkunde des Sozialen Dienstes der Justizanstalt XXXX in Einklang stehen (AS 143). Der Umstand, dass zumindest Mutter, Tante und Cousin des BF in Rumänien leben samt (mangelnden) Kontakt zu denselben, ergibt sich aus der niederschriftlichen Einvernahme des BF (Protokoll vom 11.02.2021, AS 225). Die entsprechende Einstellungszusage seitens der XXXX wurde der belangten Behörde mit E-Mail vom 19.02.2021 dargetan (AS 331).
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 4 Z 8 FPG gilt als EWR-Bürger ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Aufgrund der rumänischen Staatsangehörigkeit ist der BF EWR-Bürger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmungen.
Zu Spruchteil A) Stattgabe der Beschwerde
3.1.1 Rechtslage
Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF lautet:
§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) […]
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
[…]
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet wie folgt:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 9 Abs 4 BFA-VG idF vor dem FrÄG 2018 lautete:
Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall:
Entsprechend § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei das persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung ist bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und in Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305). Dabei hat das VwG von Amts wegen – wenn auch unter Mitwirkung des Fremden – den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104 mit Hinweis auf VwGH 19.1.2017, Ra 2016/08/0173; VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, VwSlg. 18886 A).
Dazu bleibt an dieser Stelle der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der BF zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Einreise ins Bundesgebiet bereits sechs Jahre alt gewesen ist und er damit nicht von klein auf im Inland aufgewachsen ist (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).
In Zusammenhang mit dem erhöhten Gefährdungsmaßstab nach § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG gilt festzuhalten, dass der Genuss des verstärkten Schutzes nach Art 28 Abs 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie, der mit § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG im innerstaatlichen Recht umgesetzt wurde, davon abhängig ist, dass sich der Betroffene in den letzten zehn Jahren vor der Ausweisung im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten hat. Dieser Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren muss grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein und ist vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen. Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe finden für die Zwecke der Gewährung des verstärkten Schutzes nach der genannten Bestimmung keine Berücksichtigung und diese Zeiten können die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich unterbrechen. Diesbezüglich ist eine die Gesamtheit der im Einzelfall relevanten Umstände berücksichtigende umfassende Beurteilung vorzunehmen, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen durch die Verbüßung einer Freiheitsstrafe abgerissen sind. Dabei kommt es unter anderem darauf an, wie lange sich der Fremde vor dem Freiheitsentzug im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat sowie auf die Gesamtdauer der Unterbrechungen und deren Häufigkeit (VwGH 18.01.2021, Ra 2020/21/0511 unter Bedachtnahme auf EuGH [Große Kammer] 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, und EuGH 16.1.2014, M. G., C-400/12, neuerlich VwGH 26.11.2020, Ro 2020/21/0013, nunmehr Rn. 10/11).
Diesbezüglich gilt festzuhalten, dass der BF von 22.06.2013 bis zum 05.03.2021 seine im Zuge seiner letzten strafgerichtlichen Verurteilung verhängte siebeneinhalbjährige Haftstrafe verbüßt hat und dadurch die Kontinuität des Aufenthalts des BF in Österreich jedenfalls unterbrochen wurde. Entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist dieser Zeitraum nicht zugunsten des BF zu berücksichtigen und erfährt damit der erhöhte Gefährdungsmaßstab im Sinne des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG gegenständlich keine Anwendung. Der Vollständigkeit halber bleibt an dieser Stelle noch festzuhalten, dass sich der BF auch zuvor ob seines strafrechtlich relevanten Verhaltens regelmäßig in Haft befunden hat und sich bis dato die Zeiten seiner Haftaufenthalte auf über zwölf Jahre belaufen.
Hinsichtlich der Verurteilungen des BF gilt Folgendes festzuhalten:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 mit Hinweis auf VwGH 22.05.2013, 2103/18/0041) und hat der BF in diesem Zusammenhang insgesamt sechs rechtskräftige Verurteilungen erfahren, wobei zum überwiegenden Teile auch neben dem Grunddelikt eine (oder mehrere) entsprechende Qualifikation(en) verwirklicht wurde(n). Wesentlich erscheint gegenständlich des Weiteren, dass der BF im Zuge seiner letzten Verurteilung einen Pfefferspray zur Begehung seines Raubes eingesetzt hat und dabei XXXX derart verletzte, dass diese noch knapp einen Monat nach der Tat nicht beschwerdefrei war. Diesbezüglich bleibt festzuhalten, dass einerseits Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit besonders ins Gewicht fallen (vgl. VwGH 06.07.2020, Ra 2019/01/0426), andererseits auch ein großes öffentliches Interesse an der Einhaltung der waffengesetzlichen Bestimmungen besteht (VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076). Im Übrigen besteht auch ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen (VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076 mit Hinweis auf VwGH 31.03.2000, 99/18/0343) und wurde der BF zuletzt (unter anderem) aufgrund des Gebrauchs fremder Ausweise rechtskräftig verurteilt.
Hinsichtlich der Persönlichkeit des BF gilt festzuhalten, dass dieser durch sein gezeigtes Verhalten in Zusammenhang mit seinen strafgerichtlichen Verurteilungen von einer tief verwurzelten negativen Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten der österreichischen Gesellschaft geprägt ist bzw. er auch – ob seiner letzten Verurteilung – eine herabgesetzte Hemmschwelle in Zusammenhang mit Gewalt erkennen lässt.
Im Sinne einer Gesamtbetrachtung ergibt sich damit in Zusammenhang mit der vorzunehmenden Gefährlichkeitsprognose, dass der BF seit dem Jahr 2003 regelmäßig und immer wieder ein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt hat. Es wird dabei deutlich, dass weder bedingte Strafnachsichten noch offene Probezeiten den BF davon abhalten vermochten, weitere Strafhandlungen im Bundesgebiet zu setzen. Selbst mehrere unbedingt verhängte Freiheitsstrafen gereichten nicht, um ihn zu einem rechtskonformen Leben zu bewegen. Vielmehr lässt sich erkennen, dass der BF mehrfach, zuletzt bereits nach rund zwei Monaten nach seiner bedingten Entlassung, mit gesteigerter krimineller Energie erneut einschlägig straffällig wurde. Dabei wird nicht verkannt, dass der BF selbst suchtgiftabhängig war und seine eigene Suchtmittelergebenheit – wie die Ausführungen der Straferkenntnisse klar erkennen lassen – eine wesentliche Komponente der Straffälligkeit des BF bildet. In Zusammenhang mit Suchtgiftdelinquenz ist darauf hinzuweisen, dass eine solche – auch nach gemeinschaftsrechtlichen Maßstäben – ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), zumal die Grundinteressen der Gesellschaft durch ein derartiges Verhalten gravierend beeinträchtigt werden. Das bedeutet aber nicht, dass in jeglichen Fällen einer Suchtmitteldelinquenz und einer zur Überwindung derselben vorgenommenen Therapie eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gerechtfertigt wäre (vgl. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014). Hierbei gilt festzuhalten, dass die diesbezügliche Verurteilung nach dem SMG bereits 17 Jahre zurückliegt, er zwar auch seine letzte strafgerichtliche Verurteilung mit seiner Drogenabhängigkeit in Zusammenhang mit Beschaffungskriminalität zu rechtfertigen versuchte, nun jedoch bereits im Februar 2019 ein Substitutionsprogramm erfolgreich abgeschlossen hat.
Es bedarf grundsätzlich im Fall von strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens bedarf, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können (VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014 mit Hinweis auf VwGH 22.5.2014, Ro 2014/21/0007). Dazu ergänzend ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (VwGH 30.04.2020, Ra 2019/20/0399). Zumal die Freilassung des BF erst am 05.03.2021 erfolgte, ist noch zu wenig Zeit vergangen, um den BF gegenwärtig einen positiven Gesinnungswandel attestieren zu können.
Das vom BF gezeigte Verhalten, insbesondere aufgrund der wiederholten und raschen Rückfälle des BF, seiner langjährigen Suchtmittelabhängigkeit, infolge derer er strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen sowie zuletzt auch gegen die körperliche Unversehrtheit anderer unter Verwendung einer Waffe – neben Urkundendelikten – beging, unter Berücksichtigung der Wirkungslosigkeit der bisherigen strafrechtlichen Sanktionen, hat zweifelsohne eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen bewirkt.
Das Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 67 Abs 1 FPG wird im gegenständlichen Fall schon durch die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 67 Abs 3 Z 1 FPG („wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist“) indiziert (VwGH 9. 11. 2011, 2011/22/0264) und ergibt sich aus der wiedergegebenen, dem Strafurteil vom 29.07.2013, rechtskräftig seit 20.03.2014, zugrunde liegenden Straftaten.
Damit erfüllt der BF jedenfalls objektiv den Aufenthaltsverbotstatbestand des § 67 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG, welcher die Rechtsgrundlage für ein unbefristetes Aufenthaltsverbot darstellt.
Weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist nun, dass ein damit verbundener Eingriff in das Familien- und Privatleben verhältnismäßig sein muss und es dazu eine Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmen gilt.
§ 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG normierte bis zu seiner Aufhebung durch das FrÄG 2018, dass gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich aufgrund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden darf, wenn ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) verliehen hätte werden können.
Dazu bleibt an dieser Stelle der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der BF zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Einreise ins Bundesgebiet bereits sechs Jahre alt gewesen ist und er damit nicht von klein auf im Inland aufgewachsen ist (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).
Zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 durch das FrÄG 2018 hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, dass sich § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt", erweist. Ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 sind die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0121; VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 bedarf (siehe VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152).
Es stellt sich damit in erster Linie die Frage, ob dem BF vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes – das ist fallbezogen das zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF geführt habende strafgerichtliche Verhalten – die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können.
Gemäß § 10 (1) Z 1 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.
Das zeitlich offenbar erste für die Rückkehrentscheidung und das Aufenthaltsverbot als maßgeblich erachtete strafbare Verhalten des BF führte offenkundig zum Urteil aus dem Jahr 2004, sodass es also darauf ankommt, wie sich die staatsbürgerschaftsrechtliche Situation des BF unmittelbar vor Begehung dieses Delikts dargestellt hätte.
In Bezug auf das Erfordernis des mindestens zehnjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet gilt auszuführen, dass dem BF vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes im März 2003 die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können. So, war der BF zum einen zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig aufgrund eines Aufenthaltstitels bzw. einer Niederlassungsbewilligung – gültig bis 21.12.2004 – in Österreich aufhältig, zum anderen kam der BF im Jahre 1991 zu seinem in Österreich lebenden Vater. Der BF hat die von ihm gesetzten und der ersten Verurteilung zugrundeliegenden Straftaten in der Zeit zwischen März 2003 und Februar 2004 und damit zu einer Zeit begangen, als er bereits seinen Hauptwohnsitz in Österreich seit mehr als zehn Jahren hatte. Darüber hinaus befand sich der BF zu dieser Zeit in einem aufrechten Lehrverhältnis, weshalb von einem gesicherten Lebensunterhalt auszugehen ist und war strafrechtlich unbescholten. Der BF war damit langjährig rechtmäßig in Österreich niedergelassen und hätte ihm daher vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft verliehen werden können. Der BF erfüllt sohin den Aufenthaltsverfestigungstatbestand iSd § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG idF. BGBl. I Nr. 70/2015 (BFA-VG 2014).
Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 allgemein unterstellt wurde, dass die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen hat und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FrPolG 2005, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel) (VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0276).
Der 1984 geborene BF hielt sich ab 1991 durchgehend in Österreich auf, besuchte in Österreich die Volks- und Hauptschule und machte von 2000 bis 2003 eine Lehre. Um vor diesem Hintergrund dennoch eine Rückkehrentscheidung (und ein Aufenthaltsverbot) rechtfertigen zu können, bedürfte es einer spezifischen, auf Grund besonders gravierender Straftaten vom BF ausgehenden Gefahr (vgl. VwGH 18.01.2021, Ra 2020/21/0306 mwN). Eine Aufenthaltsbeendigung in Bezug auf den BF erweist sich gegenständlich sohin nur dann dem Grunde nach als zulässig, wenn eine außergewöhnliche Gefährdung im Sinne der zitierten Judikatur vorliegt.
Eine derartig gewichtige vom BF ausgehende Gefährdung konnte jedoch (gerade noch) nicht festgestellt werden. Der BF wurde unbestritten wegen strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen sowie zuletzt auch gegen die körperliche Unversehrtheit anderer unter Verwendung einer Waffe – neben Urkundendelikten – verurteilt und hat zuletzt eine siebeinhalbjährige Freiheitstrafe verbüßt, um ihm das Unrecht seiner Taten vor Augen führen zu können. Das Gericht verkennt nicht, dass an der Verhinderung solcher Straftaten ein großes öffentliches Interesse besteht und das vom BF gezeigte Verhalten eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen bewirkt hat.
Dennoch sind selbst bei Berücksichtigung der raschen einschlägigen Rückfälligkeit und der erst wenig vergangenen Zeit nach seiner letzten Haftentlassung die vom BF gesetzten Strafhandlungen nicht als Fälle „gravierender Straffälligkeit“ anzusehen, zumal auch die in der Rechtsprechung zu § 9 Abs 4 BFA-VG genannten Formen gravierender Straffälligkeit vom BF nicht verwirklicht wurden. In seinem Fall liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG offenkundig nicht vor, welche sich im Wesentlichen ident mit den Voraussetzungen für die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 3 Z 2, 3 und 4 leg. cit. gestalten. Weder ist aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt, dass der BF einen wie auch immer gearteten Bezug zu Terrorismus oder zu einer terroristischen Vereinigung aufweist (Z 6), noch hat er durch öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen die nationale Sicherheit gefährdet (Z 7) oder öffentlich ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht gebilligt oder dafür geworben (Z 8).
Weiters sind die vom BF begangenen strafbaren Handlungen zwar in keiner Weise zu verharmlosen oder zu relativieren und steht es fest, dass er in erheblichen Umfang straffällig geworden ist. Allerdings kann in dem vom BF gesetzten Verhalten ein, mit beispielsweise bandenmäßigen Suchtmittelhandel oder Vergewaltigung vergleichbarer, die öffentliche Sicherheit gefährdender Sachverhalt nicht erkannt werden.
Unbeschadet dessen gilt es zudem zu berücksichtigen, dass der BF von 16.03.2017 bis 19.02.2019 eine Substitutionstherapie erfolgreich abgeschlossen hat und seither keine Drogen mehr nimmt. Außerdem ist der BF wohnversorgt und stieg der BF sofort nach seiner Haftentlassung wieder ins Berufsleben ein. Weiters war der BF während seiner Haft im Unternehmerbetrieb beschäftigt und hat die Zeit in der Haft auch dafür genützt, einen Staplerschein zu machen. Auch hat die betreuende Sozialarbeiterin des BF, welche den BF seit sieben Jahren kennt, die positiven Entwicklungen des BF feststellen können und spricht sich für die Anerkennung des Wohlverhaltens des BF in den letzten Jahren aus. Weiters gilt es darauf Bedacht zu nehmen, dass der BF einen prägenden Teil seiner Kindheit und Jugend in Österreich verbracht hat, dort eine Ausbildung begonnen hat, erwerbstätig geworden ist und muttersprachlich Deutsch spricht. Zudem hat er in Österreich ein Familienleben mit seinem Vater, wohingegen er in Rumänien über keine Bezugspersonen verfügt. Es ergibt sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im Hinblick auf die begangenen Straftaten und den Tatumständen (gerade noch) keine "gravierende" bzw. "schwere" Straffälligkeit, die es erlauben würde, gegen den 36-jährigen BF, der beinahe sein gesamtes bisheriges Leben in Österreich verbracht hat, und hier über familiäre Bindungen verfügt, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu erlassen (vgl. nochmals VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238, Rn. 12, wo als Beispiele für in der bisherigen Rechtsprechung als ausreichend schwerwiegend angesehene Straftaten Vergewaltigung und grenzüberschreitender Kokainschmuggel genannt werden sowie VwGH 22.01.2021, Ra 2020/21/0506, betreffend grenzüberschreitenden Schmuggel von Suchtgiften in großem Ausmaß und durch einschlägige Rückfälle gekennzeichneter Verkauf von Suchtgift in beträchtlicher Menge).
Der BF erfüllt sohin den Aufenthaltsverfestigungstatbestand iSd § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG idF. BGBl. I Nr. 70/2015 (BFA-VG 2014).
Demzufolge war der Beschwerde stattzugeben und die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides zu beheben.
3.2. Zur aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.03.2020, GZ XXXX , zuerkannt.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf der oben in der rechtlichen Beurteilung angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.
Schlagworte
Angemessenheit Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot Aufenthaltsverbot aufgehoben Behebung der Entscheidung Diebstahl ersatzlose Behebung Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Interessenabwägung Kassation Körperverletzung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Raub schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtmitteldelikt Urkundenunterdrückung Vergehen Verhältnismäßigkeit Vermögensdelikt Wiederholungsgefahr WiederholungstatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2240018.1.01Im RIS seit
03.12.2021Zuletzt aktualisiert am
03.12.2021