Entscheidungsdatum
06.09.2021Norm
BDG 1979 §43 Abs1Spruch
W136 2244033-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag Brigitte HABERMAYER-BINDER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter HR Mag. Bernhard JIRGAL und MinR Mag. Christoph PROKSCH als Beisitzer über die Beschwerden des XXXX gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 08.06.2021, GZ 2021-0.071.290,44198/3-DK/3/20, betreffend Entlassung nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter und war zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen Streifenkommandant am Grenzübergang XXXX .
2. Mit Bescheid vom 17.11.2020 verfügte die Landespolizeidirektorin für Kärnten als Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979, weil er im Verdacht stünde am 20.10.2020 als Streifenkommandant im Grenzkontrolldienst am Grenzübergang XXXX in der Zeit von 15:30 bis 16:30 ein DIN-A4 großes Blatt mit der Aufschrift „Für Jugos gesperrt, da Österreicher sich auch nicht frei bewegen dürfen!!!“ auf das Verkehrszeichen „Polizei-Grenzkontrolle“ angebracht zu haben, der mit ihm Dienst versehenden Polizeiaspiratin auf Nachfrage befohlen zu haben, das Blatt dort zu belassen und das Blatt, das die Polizeiaspiratin dennoch entfernt hatte, bei Dienstablöse etwa eine Stunde später neuerlich befestigt zu haben.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, damals noch rechtfreundlich vertreten, rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsreicht und brachte im Wesentlichen vor, dass er das Blatt nicht geschrieben habe, das Anbringen ein unbedachter Scherz gewesen sei und außerdem keine subjektive Tatseite vorläge. Zudem sei der Bescheid schon deswegen unwirksam, weil er vom Bezirkspolizeikommandanten, mithin von einem unzuständigen Organ, ausgestellt worden sei.
3. Mit Bescheid vom 17.12.2020 verfügte die Bundesdisziplinarbehörde die näher begründete Suspendierung des Beschwerdeführers gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 BDG 1979, wegen des Verdachtes (wörtlich, Anonymisierung durch das Bundesverwaltungsreicht),
„1. Er habe am 20. Oktober 2020, in der Zeit von ca. 15:30 bis 16:30 Uhr, im Dienst und als Streifenkommandant, am österreichisch/slowenischen Grenzübergang XXXX , auf einem unmittelbar bei der Einreise nach Österreich befindlichen und für alle Einreisenden aus Slowenien deutlich sichtbaren Schild „Polizei-Grenzkontrolle“ ein DIN-A4 großes Blatt mit der formatfüllenden Aufschrift „Für Jugos gesperrt, da Österreicher sich auch nicht frei bewegen dürfen!!!“, angebracht und dort belassen und
2. Er habe der Polizeiaspirantin Insp XXXX , die das im Punkt 1. beschriebene Blatt um 16:30 Uhr entfernen wollte, die Weisung erteilt, es dort zu belassen.“
4. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 23.03.2021, schriftlich ausgefertigt am 01.06.2021, GZ W136 2238996-1/9E, wurden die gegen die vorgenannten Bescheide erhobenen Beschwerden des Beschwerdeführers abgewiesen.
5. Mit dem bekämpften Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe dadurch, dass er (wörtlich)
„1. […] am 20. Oktober 2020, in der Zeit von ca. 15:30 bis 16:30 Uhr, im Dienst und als Streifenkommandant, am österreichisch/slowenischen Grenzübergang XXXX , auf einem unmittelbar bei der Einreise nach Österreich befindlichen und für alle Einreisenden aus Slowenien deutlich sichtbaren Schild „Polizei-Grenzkontrolle“ ein DIN-A4 großes Blatt mit der formatfüllenden Aufschrift „Für Jugos gesperrt, da Österreicher sich auch nicht frei bewegen dürfen!!!“, angebracht und dort belassen [hat]
2. […] es als verantwortlicher Streifenkommandant am 20. Oktober 2020, in der Zeit von ca. 18:15 Uhr bis ca.18:25 Uhr unterlassen [hat], für eine weisungsgemäße Vollziehung der Grenzkontrolle am GÜG XXXX zu sorgen, indem er
a) den Grenzkontrolldienst um ca. 18:15 Uhr abbrach und den Dienstort gemeinsam mit der Polizeischülerin XXXX verließ, obwohl die ablösende Streife noch nicht eingetroffen war und
b) den Dienstort bzw. die Dienststelle (Abfertigungskojen) mit eingeschalteter EDV- Anlage, eingeschaltetem Funk, eingeschalteten dienstlichen Mobiltelefonen und dem Zentralschlüssel für sämtliche Grenzkontrollstellen Kärntens unversperrt und für jedermann zugänglich, verließ,“
seine Dienstpflichten nach den §§ 43 Abs. 1 und 2 und § 44 Abs. 1 BDG 1979 iVm mit dem Befehl vom 29.08.2020 gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt und gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen. Vom Vorwurf ohne Mund-Nasenschutz Dienst versehen zu haben sowie vom Vorwurf, er habe der Polizeiaspirantin am 20.10.2020 die Weisung erteilt, dass von ihm zuvor am Schild „Polizei Grenzkontrolle“ angebrachte Blatt Papier dort zu belassen, wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.
Zur Strafzumessung wurde im bekämpften Bescheid wörtlich wie folgt ausgeführt:
„[…]
Erschwerungsgründe
• Mehrere Delikte
• Zwei disziplinäre Vorstrafen
Milderungsgründe:
• Geständnis
Der erkennende Senat der BDB ist - wie auch die Disziplinaranwaltschaft des Bundesministeriums für Inneres - der Überzeugung, dass das Verhalten des DB bei der Grenzkontrolle am 20. Oktober 2020 eine sehr schwerwiegende Dienstpflichtverletzung darstellt. Aufgrund der vorgeworfenen Tat ergibt sich - wie schon oben zu § 43 Abs. 2 BDG umfassend ausgeführt - ein bedenkliches Bild des Disziplinarbeschuldigten. Dessen Amtsführung scheint von unsachlichen, rassistischen und bestimmte Staatsangehörige diffamierenden, bzw. beleidigenden Ideen getragen zu sein. Dass ihm offenbar daran gelegen war „Jugos“ die Einreise nach Österreich zu verbieten und ihm jegliches Gefühl für allenfalls zu befürchtende diplomatische Folgen der öffentlichen Anbringung eines solchen Schreibens, fehlte, beweist schon der Umstand, dass er - sogar nachdem er von einer jungen Polizeiaspirantin, die sich für das Verhalten ihres Kollegen schämte, auf die Bedenklichkeit hingewiesen worden war (sie fragte, ob sie den Zettel abnehmen darf) - auf dessen Belassung am Schild beharrte und insofern den rechtswidrigen Ausschluss einer Einreise bestimmter Staatsangehöriger aufrecht erhalten wollte. Dass ihm offenbar eine rassistische Gesinnung innewohnt, wird auch durch das rechtskräftig abgeschlossene Disziplinarverfahren GZ 44075/3-DK/3/18 bestätigt, dem ein Sachverhalt zugrundelag, bei dem er - neben der Begehung des Tatbestandes des § 83 StGB (Diversion) in einem Bordell rumänisches Personal als „Schlampe, Hure und Ausländerin, die er gleich an der Theke ficken werde“ beschimpfte.
Ergänzt wird der negative Eindruck den er abgibt durch das vorzeitige Abrücken vom Dienst, welches unter achtloser Zurücklassung dienstlicher Einsatzmittel erfolgte. Dem DB schien es völlig egal zu sein, ob sich jemand Zutritt zu Einsatzräumen und Einsatzmitteln der Polizei hätte verschaffen können. Er ließ den Zentralschlüssel für sämtliche Grenzdienststellen der Polizei Kärnten, sowie ein Funkgerät ungesichert zurück. Dies stellt ein an Gleichgültigkeit kaum zu überbietendes Desinteresse am Dienst und der Erfüllung dienstlicher Aufgaben - für die er auch durchaus angemessen bezahlt wurde - dar. Im Ergebnis erweckt der DB den Eindruck, dass ihm der Dienst und dienstliche Interessen völlig egal zu sein scheinen.
Insgesamt ist seine gestörte Einstellung zu rechtlich geschützten Werten, wie auch das Fehlen jeglichen Interesses an einer - auch nur halbwegs - korrekten Erfüllung seiner polizeilichen Aufgaben deutlich erkennbar. Die Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde auf Entlassung zu erkennen, ist deshalb auch alternativlos. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass der DB bereits einmal strafgerichtlich (diversionel) und zweimal (2018 und 2019) disziplinär sanktioniert wurde. Diese Strafen entfalteten - wie die Disziplinaranwaltschaft zutreffend erkannt hat - keinerlei spezialpräventive Wirkung. Der DB hat nichts daraus gelernt und weder sein Verhalten, noch sein dienstliches Engagement angepasst. Insofern besteht eine negative Zukunftsprognose - aufgrund der bisherigen Erfahrungen mit dem DB ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen auszugehen. Eine weitere Dienstverrichtung im Dienste der österreichischen Bundespolizei - egal in welcher Funktion - ist undenkbar. Eine Belassung im Dienst würde auch ein fatales Signal an die Öffentlichkeit, aber auch an andere Beamte senden. Es entstünde der Eindruck, die Polizeibehörden stünden einer, bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Staatsangehörige beleidigenden Gesinnung nicht klar entgegen und würden solchen Verhaltensweisen, die sogar geeignet sind diplomatische Verwerfungen zu verursachen, nur zögerlich entgegenwirken. Nur durch die konsequente Entfernung des DB aus dem Polizeidienst wird klar signalisiert, dass der Dienstgeber kein Verständnis für ein derartiges Verhalten eines mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Polizeibeamten hat, der - wie oben ausgeführt - darüberhinaus offenbar gar kein Interesse an einer korrekten Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben hat. Nur dadurch wird deutlich gemacht, dass bei derartigen Vorwürfen eine klare Reaktion der zuständigen Disziplinarbehörden erfolgt und nur dadurch kann erreicht werden, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in eine professionelle, unvoreingenommen handelnde Polizei, die ausschließlich dem Recht verpflichtet ist, bestehen bleibt. Jeglicher Eindruck, die österreichische Polizei verwende Beamte in ihren Reihen, die öffentlich und in rassistischer Weise andere Staatsangehörige diskriminieren, bzw. beleidigen muss vermieden werden. Nur dadurch kann das Vertrauen in die Polizei erhalten bleiben. Es ist dem Dienstgeber Republik Österreich nicht mehr zumutbar, den DB weiterhin im Dienst als Polizeibeamter zu verwenden. Aufgrund der ihm angelasteten schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen ist das Vertrauen in ihn unwiederbringlich zerstört.
An Milderungsgründen war ihm lediglich das Tatsachengeständnis im Hinblick auf den Spruchpunkt 1/1 zuzuerkennen, wobei auch hier anzuführen ist, dass ein von glaubwürdiger Reue getragenes Geständnis nicht vorliegt (vgl. dazu seine schriftliche Stellungnahme, aber auch seine Aussagen vor dem BVwG im dortigen Verfahren zu GZ W 136 2238996-1/6Z und W 136 2238404-1/5Z am 23. März 2021). Eine, auch nur halbwegs gute - als Milderungsgrund zu berücksichtigende - Dienstbeschreibung liegt ebenfalls nicht vor. Der Beamte wird nach übereinstimmenden Aussagen der Zeugen XXXX , sowie seines in der Disziplinarverhandlung gehörten Vorgesetzten Oberstleutnant Mag. XXXX gegenüber Parteien als unfreundlich, schnell und grundlos schimpfend, sowie mürrisch beschrieben. Diese Aussagen sind glaubhaft, decken sie sich doch einerseits mit den Tathandlungen, denen das Disziplinarverfahren GZ 44075/3-DK/3/18 zugrundlag, als auch mit den in diesem Verfahren zu beurteilenden Fehlverhalten (Beschimpfung von Angehörigen der ehemaligen Republik Yugoslawien als „Jugos“).“
6. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde ein. Darin verwies er auf sein aus seiner Sicht intaktes privates und dienstliches Umfeld vor seiner Alkoholerkrankung. Er habe einen Alkoholentzug durchgeführt und sich in sein berufliches Leben „zurückgekämpft“, trotzdem sei er mürrisch, eigen und uneinsichtig geblieben. Dies habe im Jahr 2019 zur Scheidung, geführt, das Eigenheim sei der Tochter geschenkt worden, er habe zur Gänze auf eine Abfindung verzichtet. Dass er alles verloren habe, sei ihm privat zu großem Teil selbst zuzuschreiben, beruflich habe er sich nicht mehr neu orientieren können. Unbedacht habe er die ihm angelasteten Dienstvergehen begangen. Privat habe er eine junge Frau kennengelernt, auch das sei schiefgegangen. Es tue ihm aufrichtig leid, was er angerichtet habe. Nachdem er nicht wisse, wie er der Disziplinarstrafe "Entlassung" entgehen könne, jedoch mit Ablauf August 2022 in Pension gehen könne, ersuche er um Beurteilung, inwieweit eine Verwendung für den Zeitraum dieses Jahres im Innendienst überhaupt möglich sei.
7. Gegenständliche Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde mit Note vom 30.06.2021 samt dem Verwaltungsakt vorgelegt.
Gleichzeitig wurde dem Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen einen weiteren den Beschwerdeführer betreffenden Einleitungsbeschluss der belangten Behörde vom 16.06.2021 vorgelegt, welche mit Erkenntnis des BVwG vom 30.07.2021, GZ W116 2244035-1/3E abgewiesen wurde.
8. Mit Ladung vom 12.08.2021 lud das BVwG die Parteien des Verfahrens zu einer Beschwerdeverhandlung.
Mit Schreiben vom 24.08.2021, beim BVwG am 26.08.2021 eingelangt, stellte der Beschwerdeführer einen Verfahrenshilfeantrag und führte aus, dass er bis zu dessen Bewilligung nicht an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen könne.
9. Mit Note vom 31.08.2021 übermittelte der Disziplinaranwalt eine der Dienstbehörde des Beschwerdeführers am 12.08.2021 zugegangene Verständigung von der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers. Aus der gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes Klagenfurt ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 03.08.2021 wegen versuchter Nötigung (Anm.: seiner Lebensgefährtin) rechtskräftig verurteilt wurde sowie von weiteren Vorwürfen mangels Schuldbeweis freigesprochen wurde, da seine Lebensgefährtin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat.
10. Am 01.09.2021 übermittelte der Beschwerdeführer eine Krankenstandbestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 18.08.2021 für den Zeitraum 18.08. bis 14.09.2021 wegen „depressiver Episode, RLS“.
Am 02.09.2021 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes und der belangten Behörde statt, der Beschwerdeführer blieb der Verhandlung fern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung
1.1. Der oben unter I. Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.
1.2. Der Beschwerdeführer hat das unter Spruchpunkt 1 des bekämpften Bescheides dargestellte Verhalten zugestanden, allerdings bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsreicht im Verfahren betreffend Suspendierung vorgebracht, dass es sich dabei um einen Scherz gehandelt habe. Insoweit er in dieser Verhandlung angegeben hat, dass der von ihm angebrachte Zettel von den Reisenden nicht habe wahrgenommen werden können, weil dieser immer durch ihn oder einen Assistenzeinsatz versehenden Soldaten verdeckt gewesen sei, ist diese Angabe völlig lebensfremd. Dies zeigt sich schon darin, dass der Zettel, als er am Schild angebracht war, vom Assistenzeinsatz versehenden Soldaten XXXX fotografiert wurde und der Beschwerdeführer nach einer Stunde für den Zweck der Ablöse seinen Posten verlassen hat und der Zettel in weiterer Folge von der ihn bei der Kontrolle ablösenden Polizeischülerin XXXX wahrgenommen wurde.
Zur Anlastung gemäß Spruchpunkt 2 des bekämpften Bescheides (vorzeitiges Verlassen des Dienstes) hat der Beschwerdeführer keine Stellungnahme abgegeben, allerdings gibt es keinen Zweifel an den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Polizeischülerin.
Der Beschwerdeführer hat somit die angelasteten Pflichtverletzungen begangen, was sich auch aus seiner Beschwerde ergibt, wo er sie zugesteht.
1.3. Der Beschwerdeführer weist zwei disziplinäre Vorstrafen aus:
1.3.1. Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim BMI, GZ 44075/3-DK/3/18, vom 03.08.2018, wurde wegen einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG (Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, sowie unangemessenes Verhalten in einem Lokal - beides außer Dienst) gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 3 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 3.000,- verfügt.
1.3.2. Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim BMI, GZ 44129/5-DK/3/19, vom 21. August 2019, wurde wegen einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG (Fahren ohne Lenkberechtigung) gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 400,- verfügt.
1.4. Der Dienstvorgesetzte hat in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde den Beschwerdeführer betreffend eine negative Dienstbeschreibung abgegeben und weiters angegeben, dass dieser aufgrund seines unangenehmen Auftretens sowie seiner Interesselosigkeit am Dienst beinahe ausschließlich im grenzpolizeilichen Dienst eingesetzt wird (VH-Protokoll vom 06.05.2021, Seite 11 bis 18).
1.5. Der Beschwerdeführer ist während seiner Suspendierung erneut straffällig geworden (siehe oben Verfahrensgang I.9).
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 135a BDG 1979 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch einen Senat zu erfolgen, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
2. Die anzuwendenden Normen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 idF BGBl I. Nr. 136/2021, (BDG 1979) lauten:
„Allgemeine Dienstpflichten
§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
(3) ...
Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
…..
Strafbemessung
§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.
…..
3. Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Dass der Beschwerdeführer die angelasteten Dienstpflichtverletzungen begangen hat, steht unzweifelhaft fest, diese wurden in der Beschwerde auch zugestanden. Zu prüfen war demnach die Strafzumessung, gegen die sich die Beschwerde richtet.
3.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist die Strafbemessung eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 93 BDG 1979 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, wobei die Behörde verpflichtet ist, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (zuletzt VwGH vom 04.11.2014, Zl. Ro 2014/09/0023).
Bei der Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe (§§ 91 ff BDG 1979) handelt es sich um eine aus gebundenen Entscheidungen und einer Ermessensentscheidung zusammengesetzte Entscheidung. Bei der Beurteilung der Schuld und deren Schwere ist kein Ermessen zu üben, erst die Auswahl der Strafmittel (§ 92 Abs. 1 leg.cit) und gegebenenfalls (im Fall einer Geldbuße oder Geldstrafe) die Festlegung von deren Höhe stellen Ermessensentscheidungen dar. Hiebei sind Beurteilungen betreffend die Persönlichkeit des Beschuldigten, sein vergangenes und zukünftiges Verhalten zu treffen.
3.2. Der belangten Behörde ist zu folgen, wenn sie aufgrund der Schwere der Pflichtverletzungen im Zusammenhalt mit der dem Beschwerdeführer zu bescheinigenden negativen Zukunftsprognose die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt hat.
Sowohl das Anbringen eines diskriminierenden Textes auf eine einem Grenzkontrollschild sowie das vorzeitige Verlassen des Dienstes unter den von der belangten Behörde spruchgemäß dargestellten Umständen stellen schwerwiegendste dienstliche Verfehlungen dar, bei denen grundsätzlich eine Entlassung in Betracht zu ziehen ist. Aufgrund der Persönlichkeit des Beschwerdeführers ist der belangten Behörde zu folgen, wenn sie die Disziplinarstrafe der Entlassung als alternativlos erachtet. Der Beschwerdeführer weist bereits seit Jahren eine weit unterdurchschnittliche Dienstleistung auf, es gab in der Vergangenheit wiederholt Beschwerden von Betroffenen aufgrund seiner Unfreundlichkeit und Aggressivität im Rahmen der Dienstausübung. Aufgrund seiner bereits seit geraumer Zeit bestehenden Interesselosigkeit am Dienst führen auch seine Kollegen Beschwerde und wollen mit dem Beschwerdeführer nicht Dienst versehen. Der Beschwerdeführer ist in der Vergangenheit wiederholt verwaltungsstrafrechtlich, strafrechtlich und disziplinär in Erscheinung getreten. Zu bemerken ist, dass der Beschwerdeführer während aufrechter Suspendierung wegen versuchter Nötigung seiner Lebensgefährtin rechtskräftig verurteilt wurde.
Zwar hat der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid Einsicht und Reue erkennen lassen, jedoch ist auch diese nicht geeignet, eine andere als die von der belangten Behörde ausgesprochene Entlassung als vertretbar erscheinen zu lassen. Im Suspendierungsverfahren hat sich der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsreicht noch gänzlich uneinsichtig hinsichtlich eines allfälligen Fehlverhaltens gezeigt. In Anbetracht, dass der Beschwerdeführer in weiterer Folge ein Erscheinen weder zur Disziplinarverhandlung noch zur Beschwerdeverhandlung für notwendig erachtet hat, entstehen allerdings gewisse Zweifel an seiner (ausschließlich schriftlich gezeigten) Schuldeinsicht.
Zusammengefasst gibt es keinen Hinweis auf eine unzutreffende Strafzumessung der belangten Behörde, aus dem Vorbringen, dass der Beschwerdeführer in einem Jahr in Pension gehen könne und er bis dahin „Innendienst“ versehen könne, ergibt sich kein Hinweis auf eine Rechtwidrigkeit des bekämpften Bescheides. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Über den am 26.08.2021 eingebachten Antrag auf Zuerkennung von Verfahrenshilfe wird mit gesondertem Beschluss entschieden werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf das unter A) zitiert Judikat wird verwiesen.
Schlagworte
Beamter dienstliche Aufgaben Dienstpflichtverletzung Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren Entlassung Exekutivdienst öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Rassismus Schwere der Dienstpflichtverletzung Strafbemessung strafrechtliche Verurteilung ZukunftsprognoseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2244033.1.00Im RIS seit
03.12.2021Zuletzt aktualisiert am
03.12.2021