TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/22 I403 2246499-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.2021
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Entscheidungsdatum

22.09.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66
FPG §66 Abs1
FPG §66 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §51 Abs1 Z2
NAG §53a Abs1
NAG §55 Abs1
NAG §55 Abs3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2246499-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ungarn, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2021, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Ungarns, bezieht eine Alterspension und stellte am 11.06.2019 einen Antrag auf Ausgleichszulage, woraufhin das Magistrat der Stadt XXXX dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) mit Schreiben vom 09.10.2019 mitteilte, dass die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) nicht (mehr) vorliegen würden und die belangte Behörde ersucht werde, eine mögliche Aufenthaltsbeendigung zu prüfen.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 24.01.2020 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass ein Verfahren zur Erlassung einer gegen sie gerichteten aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet worden sei und ihr die Möglichkeit eingeräumt, diesbezüglich sowie zu einem umfassenden Fragenkatalog hinsichtlich ihrer persönlichen Verhältnisse innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung schriftlich Stellung zu beziehen. Das Schreiben wurde nicht behoben; ein Bekannter der Beschwerdeführerin informierte die belangte Behörde, dass dies der Beschwerdeführerin aufgrund eines stationären Krankenhausaufenthaltes nicht möglich gewesen sei.

Am 16.06.2021 wurde die Beschwerdeführerin dann niederschriftlich unter Heranziehung einer Dolmetscherin für die ungarische Sprache durch die belangte Behörde einvernommen. Sie gab an, an Rheuma und Arthrose zu leiden und viele Medikamente dagegen nehmen zu müssen. Vor ihrer Einreise nach Österreich habe sie bei ihrer jüngeren Schwester in Ungarn gelebt, eine andere Schwester lebe in Rumänien. Sie beziehe eine Pension von ungefähr 300 Euro aus Österreich, Rumänien und Ungarn; ihre Wohnung, in der sie allein lebe, koste 400 Euro, doch werde sie von der Baptistenkirche monatlich mit einem Kuvert mit Geld in der Höhe von etwa 300 Euro unterstützt. Ohne die Kirche könne sie nicht überleben.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.08.2021 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde ihr ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Dies wurde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin nicht über ausreichende finanzielle Mittel im Sinne des § 51 Abs. 2 NAG verfüge und kein besonders schützenswertes Familien- oder Privatleben im Bundesgebiet nachgewiesen habe.

Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 09.09.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Voraussetzungen für eine Ausweisung würden nicht vorliegen, da die Beschwerdeführerin neben ihrer Pension in Höhe von 321,51 Euro im Monat auch regelmäßige Unterstützungsleistungen in Höhe von 300 Euro durch die Kirche erhalte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

Die volljährige Beschwerdeführerin ist ungarische Staatsangehörige und somit EWR-Bürgerin. Ihre Identität steht fest. Sie war seit dem 03.11.2016 zunächst mit einem Nebenwohnsitz, ab 04.12.2017 dann mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Am 06.06.2018 wurde ihr eine Anmeldebescheinigung ausgestellt. Sie ging zunächst Erwerbstätigkeiten als Arbeiterin nach, konkret von 03.07.2017 bis 01.08.2017, von 17.08.2017 bis 09.09.2017, von 13.09.2017 bis 03.11.2017, von 20.02.2018 bis 19.03.2018 und von 20.04.2018 bis 29.06.2018. Danach bezog sie von 04.07.2018 bis 02.07.2019 Krankengeld, seither eine Alterspension.

Die Beschwerdeführerin stellte am 11.06.2019 einen Antrag auf Ausgleichszulage, der mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt abgewiesen wurde, da die Beschwerdeführerin nicht über ausreichende Existenzmittel und daher auch nicht über einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 292 Abs. 1 ASVG verfüge.

Die Beschwerdeführerin erhält monatlich 39,31 Euro Alterspension von der Pensionsversicherungsanstalt, über die sie auch krankenversichert ist. Daneben erhält sie rund 130 Euro Alterspension aus Rumänien und eine ähnliche Summe aus Ungarn; insgesamt erhält sie rund 320 Euro Pension monatlich. Zusätzlich erhält sie Zuwendungen von der Baptistengemeinde, deren Mitglied sie ist. Sie ist von diesen Zuwendungen abhängig, um ihr Leben zu finanzieren. Ihre Mietwohnung kostet monatlich rund 300 Euro, wobei ein Baukostenbeitrag von rund 1.500 Euro zu bezahlen war.

Die Beschwerdeführerin leidet an Rheuma, Arthrose, Gastritis und einer Sehnenscheidenentzündung.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Vor ihrer Ausreise aus Ungarn lebte sie bei ihrer Schwester, doch musste sie das Haus aufgrund von Konflikten mit ihrem Schwager 2016 verlassen. Sie wurde in der Folge bereits in Ungarn finanziell von einer Kirchengemeinde unterstützt. Ihre Schwester ist inzwischen geschieden.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht aufgrund ihres vor den österreichischen Behörden in Vorlage gebrachten ungarischen Personalausweises fest.

Die Feststellungen zu ihren Einnahmen und ihren Mietkosten ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde und einem im Akt einliegenden Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2021 bzw. dem im Akt einliegenden Mietvertrag. Die Pensionsbezüge der Beschwerdeführerin aus Rumänien ergeben sich aus einem im Akt einliegenden Schreiben der rumänischen „Casa judeteana de pensii cluj“, die Summe der aus Ungarn erhaltenen Alterspension ergibt sich aus der Differenz zur von der Beschwerdeführerin genannten Gesamtsumme an Pensionsbezug von rund 300 bis 320 Euro. Soweit in der Beschwerde einmal die Rede davon ist, dass sie 400 Euro von der Baptistengemeinde erhält, scheint es sich dabei um einen Schreibfehler zu handeln, werden an anderer Stelle im Schriftsatz doch - im Einklang mit den Aussagen der Beschwerdeführerin selbst – 300 Euro genannt. Irgendwelche Nachweise für diese Zahlungen wurden nicht vorgelegt.

Dass die Beschwerdeführerin seit 03.11.2016 durchgehend in Österreich gemeldet ist, allerdings erst ab dem 04.12.2017 mit Hauptwohnsitz, ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik. Ihre beruflichen Tätigkeiten ergeben sich ebenso wie der Bezug von Krankengeld bzw. Alterspension aus einem Auszug der Sozialversicherungsanstalt. Das Stellen eines Antrags auf Ausgleichszulage ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom 26.09.2019, die Ablehnung des Antrages aus einem im Akt einliegenden Email der Pensionsversicherungsanstalt vom 27.08.2021.

Die Feststellungen zu den Erkrankungen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Aussagen gegenüber der belangten Behörde und den im Akt einliegenden Befunden sowie dem Beschwerdeschriftsatz.

Ihre Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik.

Dass die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise von ihrer Schwester und einer Kirchengemeinde in Ungarn unterstützt wurde und Konflikte mit ihrem Schwager hatte, ergibt sich aus ihrer Einvernahme am 16.06.2021. Dass ihre Schwester inzwischen geschieden ist, ergibt sich aus dem Beschwerdeschriftsatz.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Ausweisung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet:

„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:

„(1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Abs. 1 bis 3 des mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelten § 53a NAG lautet:

„(1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.“

Der mit "Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate" betitelte § 55 NAG lautet:

„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“

3.1.2. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war aus den folgenden Gründen abzuweisen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Ungarn und damit EWR-Bürgerin iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG bzw. des § 2 Abs. 1 Z 4 NAG.

Die Beschwerdeführerin war mit Unterbrechungen von 03.07.2017 bis 29.06.2018 erwerbstätig, danach bezog sie von 04.07.2018 bis 02.07.2019 Krankengeld, seither eine Alterspension. Die Beschwerdeführerin hat noch kein Recht auf Daueraufenthalt erworben; es steht unbestritten fest, dass sie noch keine fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist; einen Nebenwohnsitz meldete sie erst mit November 2016 an. Es ist aber auch keiner der Sonderfälle des § 53a Abs. 3 NAG erfüllt, da sie sich zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben noch nicht seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hatte (Z 1), da sie ihre Erwerbstätigkeit zwar möglicherweise infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgegeben hatte, dies aber am 04.07.2018 erfolgt war und sie zu diesem Zeitpunkt sich noch nicht seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hatte (Z 2) und auch die Voraussetzungen der Z 3 des § 53 Abs. 3 NAG nicht erfüllt sind.

Wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, ist der Hauptzweck des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet unstreitig keine Ausbildung iSd § 51 Abs. 1 Z 3 NAG und ist sie zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes in Österreich weder Arbeitnehmerin oder Selbständige (§ 51 Abs. 1 Z 1 NAG).

Im Rahmen der Prüfung des Tatbestandes des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG ist zu beurteilen, ob ein Unionsbürger für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und ein umfassender Krankenversicherungsschutz besteht, sodass während des Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedsstaats in Anspruch genommen werden müssen. Für das Vorliegen ausreichender Existenzmittel genügt, wenn dem Unionsbürger die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen; hingegen stellt die Bestimmung keine Anforderungen an die Herkunft der Mittel (vgl. VwGH vom 12.12.2017, Ra 2015/22/0149, mit Verweis auf EuGH vom 19.10.2004, Zhu und Chen, C-200/02; EuGH vom 16.07.2015, Singh u., C-218/14).

Bei der Beurteilung, ob ein Unionsbürger über ausreichende Existenzmittel verfügt, um ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 lit. b der Freizügigkeitsrichtlinie - in Österreich umgesetzt durch § 51 Abs. 1 Z 2 NAG - in Anspruch nehmen zu können, ist eine konkrete Prüfung der wirtschaftlichen Situation des Betroffenen vorzunehmen, ohne die beantragten Sozialleistungen zu berücksichtigen, was notwendigerweise impliziert, dass die Beantragung von Sozialleistungen und allenfalls ein Bezug derselben nicht schon per se bedeutet, dass keine ausreichenden Existenzmittel vorliegen (vgl. VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0132, mit Verweis auf EuGH vom 11.11.2014, Dano, C-333/13; EuGH vom 19.09.2013, Brey, C-140/12).

Zwar verfügt die Beschwerdeführerin in Österreich aufgrund ihres Pensionsbezuges über einen Krankenversicherungsschutz, jedoch ist gegenständlich im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, dass sie über ausreichend erspartes Vermögen verfügt oder von ihrem Pensionsbezug leben könnte, gab sie doch selbst an, ohne die Zuwendungen der Baptistengemeinde nicht überleben zu können. Ihre Einkünfte aus der Alterspension reichen nur aus, um die Kosten der Mietwohnung zu begleichen.

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass ein Drittstaatsangehöriger, der nachweisen muss, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint (um dem Vorwurf der Mittellosigkeit zu entgegen, der – aufgrund der Gefahr einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft - zu einer Erlassung eines Einreiseverbotes führen kann), sich durchaus auf finanzielle Zuwendungen Dritter berufen kann, dass diesbezüglich aber ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen bestehen muss (vgl. VwGH 09.07.2020, Ra 2020/21/0257). Unterhaltsleistungen aus einem Sikh-Tempel wurden als nicht ausreichend angesehen, um die notwendigen Unterhaltsmittel im Sinne des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG nachzuweisen (VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132).

Auch die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG betreffend das Erfordernis ausreichender Existenzmittel sollen verhindern, dass Unionsbürger die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates unangemessen in Anspruch nehmen und so zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen (vgl. EuGH, 21.12.2011, Ziolkowski C-424/10 und C-25/10). Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG soll nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaates zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen (vgl. EuGH 11.11.2014, Dano, C-333/13). Auch wenn für den Nachweis ausreichender finanzieller Mittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG (im Gegensatz zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG) kein Rechtsanspruch auf Unterhaltszahlungen notwendig sein mag, können freiwillige Zuwendungen einer Kirchengemeinde, die im Übrigen nie nachgewiesen wurden (angeblich erfolgen die Zahlungen mittels „Kuvert“) und die jederzeit ausfallen können (abhängig vom Budget der Kirche, vom Verhalten der Beschwerdeführerin, von der Leitung der Baptistengemeinde), nicht als zur Verfügung stehende Mittel angesehen werden. Die unverbindlichen und zu keinem Zeitpunkt bescheinigten Zuwendungen der Kirchengemeinde lassen den Schluss nicht zu, dass die Beschwerdeführerin auch in der Zukunft in der Lage ist, ohne Sozialhilfeleistungen zu überleben. Dagegen spricht auch, dass sie 2019 einen Antrag auf Ausgleichszulage stellte.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 29.4.2004, Skalka, C-160/02, Rn. 26, festgehalten, dass die österreichische Ausgleichszulage Sozialhilfecharakter hat, soweit sie dem Empfänger im Fall einer unzureichenden Rente ein Existenzminimum gewährleisten soll. Im Urteil vom 19.9.2013, Brey, C-140/12, Rn. 60 ff, hat der EuGH dargelegt, dass die Ausgleichszulage als "Sozialhilfeleistung" (im Sinn des Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG) angesehen werden kann. Der Umstand, dass ein EWR-Bürger zum Bezug dieser Leistung berechtigt ist, könne einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (Rn. 63; vgl. dazu auch VwGH 04.10.2018, Ra 2017/22/0218). Nun wurde der Beschwerdeführerin zwar keine Ausgleichszulage gewährt, doch wurde ihr Antrag nur aufgrund des Umstandes abgewiesen, dass sie eben nicht über ausreichende finanzielle Mittel und somit nicht über ein Aufenthaltsrecht verfüge. Das Stellen eines Antrages auf Ausgleichszulage kann als Indiz gesehen werden, dass die Beschwerdeführerin nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um ihre Lebensbedürfnisse abdecken zu können.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes konnte die Beschwerdeführerin gegenständlich nicht nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG erfüllt.

Zum Entscheidungszeitpunkt liegen hinsichtlich der Beschwerdeführerin somit weder die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht für mehr als drei Monate iSd § 51 NAG noch für ein Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern iSd § 52 NAG vor und fehlt es insoweit auch an den Voraussetzungen für eine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG. Auch hat sie mangels eines über fünf Jahre rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet kein Daueraufenthaltsrecht iSd § 53a Abs. 1 NAG erworben.

Auch ergibt sich für die Beschwerdeführerin kein Aufenthaltsrecht aus anderweitigen niederlassungs- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften oder unmittelbar auf Grund des Unionsrechts, welches einer Ausweisung entgegenstehen würde (derartige Vorschriften hätte die Behörde bzw. das Gericht nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes „in die Prüfung der Ausweisungsentscheidung“ mit einzubeziehen, vgl. VfSlg 18.985/2010; VfGH 30.11.2010, U 833/10; 18.06.2012, U 1553/11; 05.06.2014, U 2238/2013).

Die Ausweisung der Beschwerdeführerin nach § 66 Abs. 1 FPG in Verbindung mit § 55 Abs. 3 NAG erfolgte im gegenständlichen Beschwerdefall somit dem Grunde nach zu Recht.

Wird durch eine Ausweisung überdies in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist eine gewichtende Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung der besagten persönlichen Interessen ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine Ausweisung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2010/18/0248).

Gemäß § 66 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt, wenn ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden soll, insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Fallgegenständlich hält sich die Beschwerdeführerin frühestens seit November 2016 (zunächst aber nur mit einem Nebenwohnsitz) im Bundesgebiet auf. Sie befindet sich daher jedenfalls nicht länger als fünf Jahre im Bundesgebiet. Ein Familienleben in Österreich wurde nicht behauptet, allerdings hat sie Freundinnen, die ebenfalls aus Ungarn stammen. Zugleich spricht sie kaum Deutsch, wie in der Beschwerde erklärt wird. Eine besonders nachhaltige Aufenthaltsverfestigung ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht und kann die Beschwerdeführerin ihre Kontakte zu ihren Freundinnen durch gegenseitige Besuche aufrechterhalten.

Auch wenn die Beschwerdeführerin angibt, dass sie selten Kontakt zu ihrer Schwester in Ungarn habe, diese in Scheidung lebe und sie nicht unterstützen könne, so ist darauf hinzuweisen, dass sie vor ihrer Ausreise aus Ungarn bei dieser Schwester lebte und gegenüber der belangten Behörde angab, gezwungen gewesen zu sein, das Haus zu verlassen, da sie in Konflikt mit ihrem Schwager gewesen sei. Es ist daher durchaus davon auszugehen, dass sie auch in Zukunft von ihrer Schwester, die nunmehr keine Rücksicht mehr auf ihren Mann nehmen muss, unterstützt wird; zudem wurde die Beschwerdeführerin auch in Ungarn bereits von ihrer Kirchengemeinde unterstützt. Besondere Rückkehrschwierigkeiten sind daher nicht zu erwarten.

Soweit in der Beschwerde moniert wurde, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Lebensbedingungen im Herkunftsland bei der Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG zu berücksichtigen seien, wurde in der Beschwerde nicht aufgezeigt, was konkret diesbezüglich zu berücksichtigen wäre und die Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich maßgeblich stärken sollte. Eine Behandlung ihrer Sehnenscheidenentzündung, auf welche in der Beschwerde erstmals hingewiesen wird, und ihrer Arthroseerkrankung kann auch in Ungarn erfolgen bzw. wäre gegebenenfalls eine Fortsetzung der medizinischen Betreuung durch Arztbesuche in Österreich möglich.

Bei einer gewichtenden Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Ausreise der Beschwerdeführerin mit ihren gegenläufigen privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet hat sich bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung ergeben, sodass die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

Soweit in der Beschwerde moniert wurde, dass die Entscheidung der belangten Behörde ohne Einvernahme der Beschwerdeführerin erlassen wurde, ist dies aktenwidrig.

Der Vollständigkeit halber ist im gegebenen Zusammenhang überdies zu betonen, dass der Beschwerdeführerin eine Rückkehr in das Bundesgebiet auch nicht dauerhaft verunmöglicht wird, da gegen sie auch kein Aufenthaltsverbot iSd § 67 FPG verhängt wurde. Bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen steht ihr ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht offen bzw. ist sie als EWR-Bürgerin auch weiterhin zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, berechtigt.

3.2. Zum Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Nachdem die Beschwerdeführerin strafgerichtlich unbescholten blieb, war fallgegenständlich keine derartige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit erkennbar, die ihre sofortige Ausreise erfordert hätte. Ihr war daher ein Durchsetzungsaufschub in der Dauer von einem Monat zu gewähren.

Insofern war die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist angesichts des Umstandes, dass zwischen der behördlichen Entscheidung und jener des Bundesverwaltungsgerichtes lediglich etwa eineinhalb Monate liegen, die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich letztlich als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Entgegen der Behauptung in der Beschwerde wurde die Beschwerdeführerin zudem von der belangten Behörde einvernommen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Aufenthaltsrecht Ausgleichszulage Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Ausweisungsverfahren Durchsetzungsaufschub EU-Bürger EWR-Bürger Interessenabwägung öffentliche Interessen Pension Pensionshöhe Privat- und Familienleben private Interessen Unionsbürger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2246499.1.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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