TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/03/0241

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
94/01 Schiffsverkehr;

Norm

AVG §8;
SchiffahrtsG 1990 §46 Abs1;
SchiffahrtsG 1990 §48 Abs1;
SchiffahrtsG 1990 §48 Abs3 Z2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Juni 1996, Zl. VerkR-420.254/1-1996/Aum, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Zustellung einer schiffahrtsrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. September 1995 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Gmunden der Marktgemeinde St. Wolfgang die Errichtung einer Schiffahrtsanlage in St. Wolfgang (Schiffsanlagestelle an der Dr. Franz-Xaver-Rais-Promenade) auf der (gemeindeeigenen) Seeparzelle Nr. 514/36 KG St. Wolfgang.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, ihm als Partei des Verwaltungsverfahrens den angeführten Bescheid zuzustellen, als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer als Eigentümer eines Nachbargrundstückes keine Rechte an einer Liegenschaft zustünden, welche der Erteilung der Bewilligung gemäß § 48 (Abs. 3 Z. 2) Schiffahrtsgesetz 1990 (SchG) entgegenstünden. Es fehle ihm daher die Parteistellung.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 1 SchG bedürfen die Errichtung und Benützung einer neuen Schiffahrtsanlage, die Wiederverwendung einer früheren Schiffahrtsanlage nach Erlöschen oder Widerruf der Bewilligung sowie die wesentliche Änderung und Benützung einer bestehenden Schiffahrtsanlage einer Bewilligung.

Die Bewilligung ist gemäß § 48 Abs. 1 zu erteilen, wenn bestehende Rechte (Abs. 3) nicht entgegenstehen und auf näher angeführte Erfordernisse und Interessen Bedacht genommen wurde.

Bestehende Rechte anderer Personen als des Bewilligungsinhabers, die der Erteilung der Bewilligung entgegenstehen, sind nach § 48 Abs. 3 Z. 2 SchG dingliche Rechte an einer Liegenschaft oder Schiffahrtsanlage, soweit sie nicht durch gütliche Übereinkunft oder durch die Einräumung von Zwangsrechten nach den §§ 60 bis 64 beseitigt oder eingeschränkt werden.

Der Beschwerdeführer meint, daß er als Eigentümer von Grundstücken, welche an die Parzelle, auf der die gegenständliche Schiffahrtsanlage errichtet worden sei, unmittelbar angrenzten, "zwingend in seinen dinglichen Eigentumsrechten unmittelbar betroffen" sei. Dies deshalb, weil ein An- und Ablegen von der Schiffahrtsanlage zwingend eine Inanspruchnahme seines Grundstückes "durch Überfahren der Wasserwelle" zur Folge habe, des weiteren im Hinblick "auf die von einem Bootssteg bzw. einem daran festmachenden Motorboot naturgemäß ausgehenden unmittelbaren Immissionen und direkten Ableitungen (Lärm, Wellen, Strömung, etc.)" sowie darauf, daß eine Nutzung seines Seegrundstückes "in der bisherigen Form insbesondere zum Schwimmen und Baden und auch als Bojenplatz für das Segelboot" in Hinkunft nicht mehr bzw. nur mehr eingeschränkt und unter Gefahr möglich wäre.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 27. April 1992, Zl. 91/19/0059) kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, nicht anhand des AVG allein gelöst werden, sondern muß vielmehr aufgrund der im jeweiligen Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift beantwortet werden. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann sohin nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat. Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Maßgebend ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf die im Beschwerdefall strittige Frage ergibt sich, daß die angeführten Vorschriften des SchG, die die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Schiffahrtsanlage regeln, zwar dinglich Berechtigten "an einer Liegenschaft" Parteistellung einräumen; zu diesem Personenkreis können jedoch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nur die dinglich Berechtigten an solchen Liegenschaften gezählt werden, die von der bewilligungspflichtigen Schiffahrtsanlage unmittelbar in Anspruch genommen werden. Dazu gehören nicht die Eigentümer benachbarter Grundstücke. Es ist nämlich nicht zu erkennen, daß die Erteilung der nach § 46 Abs. 1 SchG erforderlichen Bewilligung bestimmend in die Rechtssphäre dieser Personen eingriffe und daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck käme. Was die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Beeinträchtigungen anlangt, so handelt es sich hiebei um bloß mittelbare Auswirkungen. Das Interesse an der Hintanhaltung solcher Beeinträchtigungen wurde vom Gesetz nicht zu einem rechtlichen Interesse im Sinne des § 8 AVG erhoben.

Die belangte Behörde handelte somit nicht rechtswidrig, wenn sie unter Abstandnahme von der Aufnahme der vom Beschwerdeführer für sein Vorbringen angebotenen Beweise seine Parteistellung im vorliegenden Verwaltungsverfahren verneinte. Ob - wie der Beschwerdeführer behauptet - die Schiffahrtsanlage einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte, kann dahingestellt bleiben, weil ihm auch bei Zutreffen dieser Behauptung im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zukommen könnte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996030241.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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