TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/5 G314 2243699-2

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Entscheidungsdatum

05.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §3
VwGVG §33 Abs1
ZustG §16 Abs2
ZustG §7

Spruch


G314 2243699-1/3E
G314 2243699-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Mag. Ralph KILCHES, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021, XXXX , betreffend eine Angelegenheit nach dem GebAG (Grundverfahren: XXXX des Landesgerichts XXXX ) beschlossen (A) und zu Recht erkannt (B):

A)       Der Wiedereinsetzungsantrag vom 06.07.2021 wird gemäß § 33 Abs 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

C)       Die Revision ist jeweils gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF) wurde im Verfahren XXXX v des Landesgerichts XXXX für die Verhandlung am XXXX .2021 um 9:00 Uhr an ihrem Arbeitsplatz an der Adresse XXXX , XXXX , als Zeugin geladen. Sie leistete der Ladung Folge, wurde am angegebenen Tag vernommen und um 14:30 Uhr entlassen.

Mit der Eingabe vom 22.04.2021 begehrte sie dafür Zeugengebühren von insgesamt EUR 206,40. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus Fahrtkosten von EUR 29,90 (Kilometergeld als Mitfahrerin 598 km á EUR 0,05), Verpflegungsmehrkosten von EUR 29 (Frühstück EUR 12, Mittagessen EUR 8,50 und Abendessen EUR 8,50) sowie Nächtigungskosten von EUR 142,50. Zum Nachweis der Nächtigungskosten legte sie die Rechnung eines Hotels in XXXX vom XXXX .2021 vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Zeugengebühren der BF mit insgesamt EUR 88,10 bestimmt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Reisekosten von EUR 29,90 und den Verpflegungsmehrkosten für Mittag- und Abendessen von insgesamt EUR 17, die jeweils antragsgemäß bestimmt wurden, sowie aus den gemäß § 14 Abs 1 GebAG mit EUR 4 bestimmten Mehrkosten für das Frühstück und den mit EUR 37,20 bestimmten Nächtigungskosten. Aufgrund des Verhandlungsbeginns um 9 Uhr sei eine Nächtigung der aus XXXX angereisten BF unvermeidlich gewesen. Die Kosten dafür seien laut § 15 Abs 1 GebAG mit EUR 37,20 gedeckelt, wenn nachgewiesen sei, dass sie EUR 12,40 übersteigen.

Im Rahmen der Zustellung dieses Bescheids an die BF wurde er am XXXX .2021 einer anderen Arbeitnehmerin der Rechtsanwaltskanzlei mit der Adresse XXXX , XXXX , wo die BF als Rechtsanwaltsanwärterin beschäftigt ist, ausgehändigt. Die BF erhielt den Bescheid erst am XXXX .2021.

Mit ihrer am 09.06.2021 eingebrachten Beschwerde fordert die BF den Ersatz von weiteren EUR 105,30 an Nächtigungskosten. Sie beantragt, eine mündliche Verhandlung (per Videokonferenz) durchzuführen, die Nächtigungskosten in Abänderung des angefochtenen Bescheids mit insgesamt EUR 142,50 zu bestimmen und ihr den Fehlbetrag von EUR 105,30 aus Amtsgeldern zu überweisen. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmungen zur Höhe und Vergütung von Nächtigungskosten nicht nachvollziehbar, unsachlich und gleichheitswidrig seien. Das Gericht sei verpflichtet, ein Gesetzesprüfungsverfahren anzuregen. Die in § 15 GebAG festgelegten Beträge seien nicht adäquat, zumal die BF Anspruch auf eine angemessene, ihren Lebensverhältnissen entsprechende Unterkunft habe. In XXXX sei eine solche Unterkunft um EUR 12,40 und auch um EUR 37,20 nicht verfügbar. Durch die geringe Entschädigung werde die Möglichkeit einer beweisführenden Partei, dass Zeugen zu Gericht kämen, beeinträchtigt. Die Nächtigung in XXXX sei für die BF gleich teuer wie für einen aus dem Ausland anreisenden Zeugen oder für einen Bundesbeamten, denen nach § 16 GebAG bzw. § 13 RGV höhere Beträge ersetzt würden. Bei einem entsprechenden Nachweis seien Zeugen daher die vollen Nächtigungskosten zu ersetzen (wie das etwa in § 26 Z 4 lit c EStG für die steuerliche Absetzbarkeit von Nächtigungskosten bei einer Inlandsdienstreise vorgesehen sei).

Der Präsident des Landesgerichts XXXX legte die Beschwerde samt den relevanten Aktenbestandteilen iSd § 233 Abs 3 Geo dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.

Das BVwG forderte die BF mit Schreiben vom 25.06.2021 auf, sich zu der nach der Aktenlage verspäteten Einbringung der Beschwerde (Zustellung laut Rückschein am XXXX .2021) zu äußern.

In ihrer Stellungnahme vom 06.07.2021 weist die BF darauf hin, dass die Übernehmerin des Bescheids keine taugliche Ersatzempfängerin iSd § 16 Abs 2 ZustG sei, sodass durch die Übergabe an sie keine Zustellung bewirkt worden sei. Der Zustellmangel sei am XXXX .2021 dadurch geheilt worden, dass der Bescheid der BF an diesem Tag tatsächlich zugekommen sei. Die Beschwerde sei daher fristgerecht eingebracht worden. Gleichzeitig beantragte die BF die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und bringt dazu vor, dass der mit der Postverwaltung betrauten Arbeitnehmerin der Anwaltskanzlei, die den Bescheid am XXXX .2021 entgegengenommen habe, insofern ein Fehler unterlaufen sei, als sie diesen erst am XXXX .2021 geöffnet und mit einem Eingangsstempel mit diesem Datum versehen habe. Sie habe die Beschwerdefrist ausgehend von diesem Tag ermittelt. Ein solcher Fehler, der – wenn überhaupt – auf einem geringfügigen Verschulden beruhe, sei ihr vorher noch nie unterlaufen.

Feststellungen:

Die BF wurde als Zeugin im Verfahren XXXX des Landesgerichts XXXX für den XXXX .2021 ab 9 Uhr geladen. Hierfür fuhr sie am XXXX .2021 von XXXX nach XXXX , um am Verhandlungstag zeitgerecht vor Gericht erscheinen zu können. Für ihre Übernachtung in einem Hotel in XXXX wurden EUR 140,40 zuzüglich EUR 2,10 Ortstaxe bezahlt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Landesgerichts XXXX und des Gerichtsakts des BVwG. Die Kosten der Übernachtung der BF von XXXX auf XXXX .2021 gehen aus der vorgelegten Hotelrechnung hervor.

Es ist glaubhaft, dass der Bescheid am XXXX .2021 von einer anderen Arbeitnehmerin in der Rechtsanwaltskanzlei, in der auch die BF beschäftigt ist, übernommen wurde, und der BF erst am XXXX .2021 tatsächlich zukam, weil die aktenkundige Zustellkarte den Vermerk „Zugestellt am XXXX .2021, Übernahmeverhältnis: Arbeitnehmer ( XXXX )“ trägt und die der BF zugestellte Bescheidausfertigung einen mit XXXX .2021 datierten Eingangsstempel trägt. Bei lebensnaher Betrachtung handelt es sich bei der Übernehmerin des Bescheids nicht um eine Dienstnehmerin der BF, sondern um eine andere Mitarbeiterin der Kanzlei, in der die BF als Rechtsanwaltsanwärterin tätig ist.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet und sie an der Versäumung kein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden trifft.

Da der Bescheid am XXXX .2021 jemandem übergeben wurde, der nicht als Ersatzempfänger iSd § 16 Abs 2 ZustG in Betracht kommt und insbesondere kein Arbeitnehmer der BF (als Empfängerin) ist, wurde an diesem Tag noch keine rechtswirksame Zustellung bewirkt, sodass die Beschwerdefrist nicht zu laufen begann. Da der Bescheid der BF am XXXX .2021 zugekommen ist, gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als an diesem Tag bewirkt. Ausgehend vom XXXX .2021 als dem Tag des fristauslösenden Ereignisses wurde die Beschwerde am XXXX .2021 fristgerecht eingebracht.

Voraussetzung der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, dass die Partei die Frist versäumt hat (siehe VwGH 27.04.2020, Ra 2019/17/0042). Der mangels Fristversäumung unzulässige Antrag der BF auf Wiedereinsetzung ist daher zurückzuweisen (vgl. VwGH 21.04.2020, Ra 2020/14/0023).

Zu Spruchteil B):

Die Ersatzleistungen für Reisekosten und Verpflegungsmehraufwand sind im Beschwerdeverfahren nicht mehr strittig, ebensowenig der Umstand, dass die Nächtigung der BF in XXXX vom XXXX auf den XXXX .2021 als unvermeidlich iSd § 15 Abs 1 GebAG anzusehen ist. Zu klären ist die Höhe des Vergütungsanspruchs für diese Übernachtung.

Gemäß § 3 Abs 1 GebAG umfasst die Zeugengebühr den Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten (Z 1) und die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit durch die Befolgung der Zeugenpflicht ein Vermögensnachteil entsteht (Z 2).

Gemäß § 15 Abs 1 GebAG ist einer Zeugin für jede unvermeidliche Nächtigung ein Betrag von EUR 12,40 zu vergüten, sofern ihr nicht ein Anspruch auf Vergütung des Fahrpreises für einen Schlafwagen oder eine Kabine zusteht. Eine Nächtigung ist auch dann als unvermeidlich anzusehen, wenn diese Reise zur Nachtzeit (22 Uhr bis 6 Uhr) angetreten oder beendet werden müsste. Bescheinigt die Zeugin, dass die Kosten für die Nachtunterkunft EUR 12,40 übersteigen, so sind ihr gemäß § 15 Abs 2 GebAG diese Kosten, jedoch nicht mehr als das Dreifache dieses Betrages (also EUR 37,20) zu ersetzen.

Ausgehend von dieser gesetzlichen Grundlage ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Der Wortlaut des § 15 Abs 2 GebAG sieht klar und ohne andere Interpretationsmöglichkeit vor, dass maximal das Dreifache des § 15 Abs 1 GebAG genannten Betrages von EUR 12,40 zu ersetzen ist, sofern die nachgewiesenen Nächtigungskosten (wie hier) diesen Betrag übersteigen. Der von de BF begehrte Ersatz von EUR 37,20 übersteigenden Nächtigungskosten kommt somit grundsätzlich nicht in Betracht.

Das BVwG teilt die in der Beschwerde geäußerten grundsätzlichen verfassungrechtlichen Bedenken gegen das Ausmaß der Vergütung von Nächtigungskosten gemäß § 15 GebAG nicht, zumal dem Gesetzgeber insoweit ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Eine Antragstellung nach Art 140 B-VG entfällt daher. Die Ungleichbehandlung von aus dem Inland und aus dem Ausland geladenen Zeugen ist sachlich schon dadurch begründet, dass letztere keine Pflicht zum Erscheinen vor einem inländischen Gericht trifft und daher für sie durch den Ersatz von Verpflegungs- und Nächtigungskosten in einem höheren Ausmaß ein Anreiz dafür geboten werden soll, Ladungen dennoch Folge zu leisten (siehe RV 1336 d.B. XIII. GP). Aus dem Inland geladene Zeugen sind dagegen zur Mitwirkung an der Rechtspflege verpflichtet. Damit verbundene finanzielle Einbußen sollen durch den Anspruch auf Zeugengebühren nach dem GebAG abgemildert, müssen aber nicht zwingend in jedem Einzelfall vollständig ausgeglichen werden.

Da im angefochtenen Bescheid die Zeugengebühren, insbesondere die der BF zu ersetzenden Nächtigungskosten, auf Grundlage der hierfür geltenden Normen richtig bestimmt wurden, ist der Bescheid rechtskonform. Die dagegen erhobene Beschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung entfällt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil von der mündlichen Erörterung aufgrund des unstrittigen Sachverhalts keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist.

Es entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH, dass das Versäumen einer Frist Voraussetzung für einen Wiedereinsetzungsantrag ist, sodass in Bezug auf die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war und die Revision insoweit unzulässig ist.

Auch in Bezug auf die Abweisung der Beschwerde waren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG angesichts der klaren Rechtslage, die keine Auslegungsschwierigkeiten bereitet, nicht zu beantworten, sodass insoweit ebenfalls kein Anlass besteht, die Revision zuzulassen.

Schlagworte

Fristenwahrung Wiedereinsetzungsantrag Zurückweisung Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G314.2243699.2.00

Im RIS seit

03.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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