TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/7 W200 2240421-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2021
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Entscheidungsdatum

07.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W200 2240421-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol vom 25.01.2021, Zl. 1242368104-190839444, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.10.2022 erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der zum Zeitpunkt der Einreise minderjährige afghanische Beschwerdeführer führt laut eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, gehört der paschtunischen Volksgruppe und dem sunnitischen Glauben an, reiste im August 2019 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung nannte er als Fluchtgrund wegen der Taliban aus Afghanistan geflüchtet zu sein. Sein Vater hätte während der Feldarbeit gesehen, dass die Taliban einen militärischen Posten angreifen wollten und hätte dies schnell weitergeleitet. Die Taliban seien vom Militär dann angegriffen worden und viele seien getötet worden. 15 Tage später hätten die Taliban dann seinen Vater getötet und kurze Zeit später sei sein Bruder entführt worden und seither verschollen. Danach hätte er Angst um sein Leben gehabt. Seine Mutter und sein Onkel hätten ihm geraten aus Afghanistan zu flüchten.

Im Rahmen der Einvernahme am 11.12.2020 beim BFA gab der minderjährige Beschwerdeführer an, seit einem Monat in psychologischer Betreuung zu sein. Weiters legte er zwei Drohbriefe der Taliban vor. Er habe seinem Vater in der Landwirtschaft nach der Schule geholfen. Sein Bruder sei Taxifahrer gewesen. Sie hätten Grundstücke und ein eigenes Haus besessen. Er gab an von Österreich aus früher mit seiner Familie über einen gewissen „ XXXX “ in Kontakt gestanden zu sein. Nachdem seine Mutter an Krebs verstorben sei, hätte er mit seinem Onkel über einen „ XXXX Kontakt. Dieser hätte ihm gesagt, dass er 25 Minuten vom Onkel entfernt wohne. Er sei vielleicht ein Verwandter seiner Mutter – er wisse es nicht. Die Frage, ob er nie näher nachgefragt habe, wer XXXX sei, verneinte er. Dieser sei auf der Beerdigung seiner Mutter gewesen und hätte ihn dann kontaktiert. Als er die Drohbriefe per Post bekommen habe, sei sein Name auf dem Kuvert oben gestanden.

Er hätte keinen Kontakt mit Freunden oder Bekannten in der Heimat. Im Zuge der Ausreise sei er zehn Tage in Kabul gewesen. Die Schleppung hätte sein Onkel bezahlt.

Als Fluchtgrund gab er an, dass sein Vater ein normaler Landwirt gewesen sei, der weder mit der Regierung noch mit den Taliban Kontakt gehabt hätte. Eines Tages hätte sein Vater auf den Feldern bei der Arbeit die Taliban gesehen, die die Regierung angreifen hätten wollen. Er wisse nicht, wer die Regierung informiert hätte, aber die Regierung hätte dann Taliban angegriffen und viele davon seien ums Leben gekommen. Der Attacke sei in der Nacht gewesen und hätte bis in den Morgen gedauert. Ca. 15 Tage später sei sein Vater auf den Feldern von den Taliban angeschossen worden und ein bis zwei Wochen später hätte seine Familie dann einen Drohbrief von den Taliban erhalten – nicht direkt, sondern über die Moschee. Im ersten Drohbrief sei gestanden, dass sein ältester Bruder und er (der Beschwerdeführer) zu einem bestimmten Dorf zu einem mächtigen Talibankommandanten kommen müssten. Dort befinde sich auch ein Stützpunkt. Sie hätten die Drohbriefe nicht ernst genommen und nichts gemacht. Sie wüssten auch nicht warum sein Vater von den Taliban erschossen worden sei.

Zwei bis drei Wochen später hätten sie dann den zweiten Drohbrief erhalten, in dem sie wieder aufgefordert worden seien vorbeizukommen. Er selbst sei jung gewesen und hätte den Drohbrief nicht gelesen, er hätte aber gehört, was drinnen gestanden sei. Seine Mutter und sein ältester Bruder hätten den Brief gelesen. Eine Woche später sei sein ältester Bruder verschollen und sie hätten sein leeres Auto auf einer Straße gefunden. Sie hätten nicht gewusst, ob er entführt oder getötet worden sei. Drei bis vier Tage später hätte er in der Schule von seiner Mutter einen Anruf erhalten. Sie hätte gesagt, dass die Taliban in der Nähe seien und er nicht nachhause kommen solle. Er solle zu seinem Onkel gehen, wo er sich dann ein bis zwei Wochen aufgehalten hätte. Dieser hätte mit ihm nicht über die Vorfällte gesprochen und hätte seine Ausreise organisiert.

Nach den Umständen des Todes des Vaters befragt, antwortete er, nicht dabei gewesen zu sein. Wann konkret es gewesen sei, wisse er nicht – 15 Tage nach dem Angriff der Regierung auf die Taliban. Es sei warm gewesen, das Datum wisse er nicht. Er hätte dann die Leiche seines Vaters gesehen. Ihm sei in die Brust geschossen worden.

Befragt, warum er wisse, dass der Vater von Taliban erschossen worden sei, antwortete er, dass die Dorfbewohner gesagt hätten, dass sein Vater als Spion gearbeitet hätte und deswegen von den Taliban erschossen worden sei.

Befragt, woher die Dorfbewohner wüssten, dass der Vater von den Taliban erschossen worden sei bzw. ob jemand den Vorfall beobachtet hätte, antwortete er, davon nichts zu wissen. Er hätte auch nicht nachgefragt. Konkret zu den Drohbriefen befragt gab er an, dass ca. zwei Wochen nach der Ermordung seines Vaters – das genaue Datum wisse er nicht, weil er in der Türkei geschlagen worden sei – die Familie den ersten Drohbrief bekommen hätte. Die Briefe seien in der Moschee abgegeben worden und sie hätten sie dann in der Moschee erhalten. Er wisse nicht, wer konkret den Brief von der Moschee bekommen bzw. geholt hätte, sondern nur, dass seine Mutter ihm gesagt hätte, dass ein Drohbrief von der Moschee gekommen sei. Er wisse auch nicht, wer den Drohbrief nachhause gebracht hätte. Im ersten Drohbrief stand ohne weitere Begründung, dass sein ältester Bruder und er persönlich zum Talibanführer gehen müssten. Sie hätten es nicht ernst genommen und er sei sehr jung gewesen und hätte auch nicht selbst entscheiden können, was er tun solle. Zwei bis drei Wochen später sei der zweite Drohbrief gekommen und es sei wie beim ersten Vorfall gewesen. Er wisse nicht wie der Brief von der Moschee zu ihm nachhause gekommen sei und auch im zweiten Brief sei gestanden, dass sie persönlich erscheinen müssten. Er selbst hätte keinen Zugriff auf die Briefe gehabt und er könne auch nicht gut Paschtu lesen, sodass er nicht wisse, was drinnen stehe. Es handelt sich bei den Drohbriefen um jene Briefe, die er heute der Behörde vorgelegt hätte.

Auf den Vorhalt, dass er angegeben habe, dass er Paschtu lesen und schreiben könne und für die Behörde deshalb nicht nachvollziehbar sei, dass er nicht wisse, was in den Briefen genau drinnen stehe, obwohl er seit Sommer 2020 im Besitz der Briefe sei und diese sogar heute abgegeben hätte, antwortete er, dass er die Sprache Paschtu nicht gut lesen könne. Er könne besser Dari als Paschto lesen.

Auch den zweiten Brief hätten sie nicht ernst genommen und ein bis zwei Wochen später sei dann sein Bruder verschollen. An einem Nachmittag gegen 14:00 Uhr sei er das Auto des Bruders leer auf der Hauptstraße gegenüber dem eigenen Haus gestanden. Bis heute hätten sie keine Informationen, wo er sich befinde.

Befragt, was die Familie unternommen hätte, nachdem der Bruder nicht mehr nachhause gekommen sei, antwortete er, dass sie nichts unternommen hätten und auch nicht zur Polizei gegangen seien. Sie seien auch nicht zu den Dorfältesten gegangen, da diese die Talibanführer seien. Seither hätte niemand etwas von seinem Bruder gehört.

Zum Inhalt des Telefongesprächs mit der Mutter befragt, antwortete er, dass diese ihm gesagt hätte, dass die Taliban in der Nähe des Hauses seien. Sie hätte gesagt, dass sie ihn nicht verlieren wolle und er bitte nicht nachhause kommen solle, sondern zu seinem Onkel gehen solle.

Befragt, warum die Mutter gewusst hätte, dass die Taliban in der Nähe seien, gab er an, dies nicht zu wissen – vielleicht hätte sie sie gesehen. Gefragt hätte er die Mutter nicht. Er sei dann ein bis zwei Wochen bei seinem Onkel im Distrikt XXXX – ca. drei Stunden mit dem Auto vom Heimatdorf entfernt – geblieben. Nach Schulschluss sei ein Auto auf der Straße gestanden und er sei eingestiegen. Ein Fahrer hätte das Auto gelenkt und er sei damit nach Kabul gefahren, dann mit einem anderen Auto Richtung Bagram und unterwegs sei er auf der Hauptstraße ausgestiegen, wo sein Onkel wohne. Es hätte sich um ein Taxi gehandelt.

Während des zweiwöchigen Aufenthalts bei seinem Onkel sei es zu keinen Vorfällen mehr gekommen. Sein Onkel hätte aber gesagt, dass er sein Heimatland verlassen müsse. Die Frage, ob die Taliban jemals an ihn persönlich herangetreten seien, verneinte er. Als sein Vater noch am Leben gewesen sei, hätte er die Taliban selber gesehen. Er könne nicht erklären, warum die Taliban an ihm und seinen Bruder Interesse gehabt hätten.

Afghanistan hätte er vom Heimatort des Onkels aus verlassen und sei dann mit dem Auto über die Grenze zum Iran.

Die Frage, wann er die Briefe mit der Post in Österreich erhalten hätte, konnte er nicht beantworten. Er wisse auch kein ungefähres Datum. Er hätte mit seiner Betreuerin in der Unterkunft über die Drohbriefe gesprochen und diese hätte ihm gesagt, dass er sich die Briefe zuschicken lassen solle. Er hätte seine Adresse dann an XXXX geschickt und die Mutter hätte ihm dann die Briefe geschickt.

Auf den Vorhalt, dass auf dem Kuvert vermerkt sei, dass die Briefe von Kabul aus geschickt worden seien, antwortete er, dass XXXX zum Distrikt Kabul gehöre.

Befragt, warum er sich die Drohbriefe erst ein Jahr nach der Asylantragstellung schicken hätte lassen, antwortete er, nicht gewusst zu haben, dass die Drohbriefe gute Beweismittel seien.

Zum geplanten Angriff der Taliban auf die Regierung befragt, antwortete er, darüber keine Informationen zu haben. Sein Vater hätte ganz genau gesehen, dass die Taliban die Regierung angreifen wollten, hätte ihm aber nichts darüber erzählt.

Im dem Fall einer Rückkehr befürchte er getötet zu werden, weil auch sein Vater und sein Bruder ungerechtfertigt getötet worden seien. Er hätte nicht damit gerechnet, aus Afghanistan fliehen zu müssen. Auf den Hinweis, dass er zuvor angegeben hätte, dass sein Bruder verschollen sei und er gar nicht wisse, ob er getötet worden sei, antwortete er, nicht zu wissen, ob der Bruder tot oder am Leben sei. Er sei jedenfalls verschollen und vielleicht sei er selbst irgendwann nicht mehr da.

Mit Bescheid des BFA vom 25.01.2021 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf Afghanistan abgewiesen und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung erteilt.

Nach Wiedergabe der Einvernahmeprotokolle stellte das BFA die afghanische Staatsangehörigkeit, das Geburtsdatum XXXX , die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Paschtunen und der Tadschiken und zum sunnitischen Glauben sowie Sprachkenntnisse in Paschtu und Dari und die Abstammung aus der Provinz Logar fest. Er hätte acht Jahre die Schule besucht und könne lesen und schreiben. Er sei in der islamisch-afghanisch geprägten Gesellschaft geboren und aufgewachsen und dort sozialisiert. Zu den Gründen für das Verlassen Afghanistans wurde ausgeführt, dass nicht festgestellt werden konnte, dass er in der Heimat einer persönlichen Bedrohung durch die Taliban ausgesetzt gewesen sei und deshalb Afghanistan verlassen hätte müssen. Es hätte nicht festgestellt werden können, dass er aufgrund einer persönlichen Verfolgung Afghanistan verlassen hätte müssen. Weiters folgten Ausführungen zur Situation im Fall einer Rückkehr und insbesondere auch Feststellungen zu Afghanistan.

Beweiswürdigend wurde hinsichtlich der Gründe für das Verlassen Afghanistans ausgeführt, dass er eine persönliche Bedrohung und Verfolgung durch die Taliban nicht glaubhaft darstellen hätte können. Seine Behauptung einer konkreten Verfolgung können nur als eine in den Raum gestellte Behauptung gewertet werden, der aufgrund der mangelnden Plausibilität und Nachvollziehbarkeit keine Glaubwürdigkeit geschenkt werden könne.

So hätte er im Rahmen der Erstbefragung als Fluchtgrund geltend gemacht, dass sein Vater von den Taliban getötet, sein Bruder entführt worden wäre und dieser seither als vermisst gelte und seine Mutter und sein Onkel ihm daraufhin geraten hätten, das Land zu verlassen. Er hätte jedoch bei der Erstbefragung die Drohbriefe mit keinem Wort erwähnt. Diese Behauptung hätte er erst im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA vorgebracht. Diesbezüglich gälte es auch anzuführen, dass im zu Beginn der Befragung vor dem BFA die Frage gestellt worden sei, ob er bisher immer die Wahrheit gesagt hätte, und er dies bejaht hätte, allerdings ein kleines Detail – nämlich die Dauer des Aufenthalts in der Türkei – von ihm von der ursprünglichen Aussage „über zwei Monate“ zu „ein bis zwei Monate. Zusätzlich war ich dann noch ca. zwei Monate in der Türkei in Haft“ geändert wurde.

Die Tatsache, dass er einen unbedeutenden Fehler in einem Detail des Erstbefragungsprotokolls vermerkt und korrigiert hätte, zeige, dass er sich mit dieser Niederschrift im Detail befasst hätte. Dass er das vollkommene angebliche Fehlen wesentlicher, geradezu zentraler Angaben zu seinem Fluchtgrund trotz dessen nicht gerügt hätte, bleibe schleierhaft und anzuzweifeln.

In weiterer Folge hätte er durch die Vorlage von zwei Drohbriefen eine aktuelle Bedrohungssituation vermitteln wollen. Dazu wurde von der erkennenden Behörde aber festgestellt, dass solche Drohbriefe ohne viel Aufwand auf verschiedensten Wegen (Gefälligkeitsausstellungen, Internet, Verfälschungen,.) erlangt werden können und es allgemein bekannt sei, dass die Taliban nicht massenhaft Drohbriefe verschicken. Es sei vielmehr zu einem bizarren Asylgeschäft geworden solche Briefe gegen teilweise hohe Geldleistungen zu kaufen.

Weiters erscheine es wenig nachvollziehbar, warum er über die konkreten Inhalte der Drohbriefe nicht Bescheid gewusst hätte: Dies hätte er ja mit den Ausführungen, die Sprache Paschtu nicht so gut zu beherrschen zu entkräften versucht. Dies widerspreche jedoch seinen Ausführungen zu Beginn der Einvernahme, dass er die Sprache Paschtu in Wort und Schrift beherrschen würde. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein derartig geringes Interesse am Inhalt jener Drohbriefe, die zur Flucht aus dem Heimatland geführt hätten, bestanden hätte, und in der Zwischenzeit durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, sich die Drohbriefe übersetzen zu lassen.

Außerdem mute es auch äußert seltsam an, dass er der Behörde auch nicht detailliert darlegen hätte können, wie die beiden Drohbriefe nachhause gekommen seien. Diese Unwissenheit von essenziellen Daten lasse die Geschichte in einem absoluten unglaubwürdigen Licht erscheinen und sei ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens.

Ebenso wenig wird er nachvollziehbar die Behauptung begründen können, dass sein Bruder von den Taliban entführt worden sei. Er sei sich lediglich in Vermutungen ergangen, da das Auto des ältesten Bruders leer auf der Straße gestanden sei.

Zur Ermordung des Vaters wurde ausgeführt, dass sowohl er als auch seine Familie den Vorfall selbst nicht miterlebt hätten, sondern lediglich aufgrund von Erzählungen der Dorfbewohner davon erfahren hätten. Erzählungen von Dritten müssten jedoch massiv hinter persönlich Erlebtes zurücktreten, im Besonderen deswegen, da diese angeblichen Erzählungen einer Wahrheits- bzw. Glaubwürdigkeitsprüfung nicht zugänglich sei. Die Tatsache, dass der Vater verstorben sei, sei glaubhaft – denkbar sei allerdings auch, dass es sich um ein singuläres Ereignis und ohne Zusammenhang mit der vorgebrachten persönlichen Bedrohung handle. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Familie keine Anzeige bei der Polizei erstattet hätte – dies mit der Begründung, dass die Polizei sowieso nichts für die afghanische Bevölkerung unternehme. Diese Behauptung beruhe jedoch auf reinen Vermutungen und konnte er mit keinerlei stichfesten Beweisen untermauern. Die Familie hätte somit keinen Versuch unternommen den Schutz der Behörden für sich in Anspruch zu nehmen und diese um Hilfe zu ersuchen.

Widersprüche gab es auch hinsichtlich der Ausreise aus Afghanistan: Während er zu Beginn der Einvernahme ausgesagt hätte, vor seiner Ausreise zehn Tage in Kabul aufhältig gewesen zu sein, hätte er – konkret zur Ausreise befragt – angegeben von XXXX losgefahren und irgendwann an der Grenze zum Iran gelandet zu sein. Den gestellten Vorhalt hätte er dahingehend aufzuklären versucht, dass sich die Provinz XXXX in der Provinz Kabul befände, während er am Beginn der Einvernahme nicht genau sagen hätte können, wo XXXX sei, sondern das es in der Nähe von Kabul sei und er nicht wisse, ob es in der Provinz Kabul liege.

Das Bundesamt verkenne nicht, dass er beim Einvernahmezeitpunkt minderjährig gewesen sei und deshalb bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit ein besonderer Maßstab anzulegen sei. Allerdings sei er in Anwesenheit der gesetzlichen Vertreterin einvernommen worden und auf die Wahrheitspflicht hingewiesen worden. Insgesamt betrachtet gehe die erkennende Behörde somit nicht davon aus, dass die aufgetretenen abweichenden Angaben auf die Minderjährigkeit zurückzuführen sein.

Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass sein Vater vermutlich durch die Taliban aufgrund einer ihm unterstellten politischen Gesinnung durch eine Schusswaffe getötet worden sei. Wenig später seien die Drohbriefe, die im Original vorgelegt worden seien, dazugekommen, der ältere Bruder sei entführt und verschollen,…. Nach dem Tod der Mutter lebe nur noch der jüngste Bruder des Beschwerdeführers mit dem Onkel mütterlicherseits in Afghanistan.

Das Ermittlungsverfahren sei aufgrund der beim Beschwerdeführer vorliegende PTBS mangelhaft gewesen. Angeschlossen war ein psychotherapeutischer Befundbericht vom 25.2.2021 mit der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung 309.81. Am 05.07.2021 wurde ein Befund der Uniklinik Innsbruck, Psychotraumatologie und Traumatherapie, vom 25.05.2021 mit dem Inhalt, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10.F43.1) sowie eine nicht näher bezeichnete dissoziative Störung (ICD 10 F44.9) leide. Es würden sich Hinweise auf das Vorliegen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 11) zeigen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der nunmehr volljährige afghanische Beschwerdeführer, sein Vater war Tadschike, die Mutter Paschtunin, ist Sunnit, gesund, ledig, arbeitsfähig, aus der Provinz Logar stammend, spricht Dari und Paschtu, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.08.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat seit seiner Geburt im gemeinsamen Familienverband gelebt, in Afghanistan acht Jahre lang die Schule besucht und seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen. Die Eltern sind verstorben, ein kleiner Bruder lebt beim Onkel mütterlicherseits.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan hat. Es konnte nicht festgestellt werden, dass er Ziel von Angriffen oder Bedrohungen durch die Taliban geworden ist. Schließlich konnte insbesondere nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine individuell konkret gegen ihn gerichtete Bedrohung oder Verfolgung droht.

Des Weiteren droht ihm auch keine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der Tatsache, dass er in Europa gelebt hat. Gleichsam wird festgestellt, dass nicht jedem afghanischen Rückkehrer aus Europa physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.

Dem Beschwerdeführer würde jedoch bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dort herrschenden allgemeinen schlechten Sicherheitslage und der Machtübernahme durch die Taliban mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen. Es kann somit eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt instabilen Sicherheitslage und der damit einhergehenden willkürlichen Gewalt in Afghanistan nicht ausgeschlossen werden.

Dem Beschwerdeführer ist es dementsprechend auch nicht möglich und auch nicht zumutbar, sich im Rückkehrfall in einer der bisher als sicher geltenden Großstädte Afghanistans niederzulassen. Insbesondere nicht nachdem die Städte Mazar-e Sharif, Herat und Kabul, neben vielen Provinzhauptstädten, nun ebenfalls von den Taliban eingenommen wurden. In der Folge ist es ihm auch nicht möglich, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft befriedigen zu können bzw. nicht, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Festgestellt wird, dass die aktuell vorherrschende Pandemie aufgrund des Corona-Virus kein Rückkehrhindernis darstellen würde. Der Beschwerdeführer gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen (chronischer) physischer Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde. Jedoch ist die diesbezügliche Situation mit der nun erfolgten Machtübernahme durch die Taliban nicht mehr einschätzbar und der Umgang mit der Corona-Pandemie der Taliban ungewiss.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK).

Er ist strafrechtlich unbescholten. Er leidet an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (ICD 10 43.1) und einer dissoziativen Störung (ICD 10 F44.9).

Zu Afghanistan:

1. COVID-19:

KI der Staatendokumentation des BFA, 19.07.2021

Die Delta-Variante treibt Beobachtern zufolge die Covid-19-Infektionen in Afghanistan in die Höhe, wobei die Dunkelziffer an Fällen weiterhin als sehr hoch geschätzt wird. Krankenhäuser kommen weiterhin an ihre Belastungsgrenze und es sind nicht genug Betten vorhanden um neue Covid-19 Patienten zu behandeln (DW 17.6.2021; vgl. USAID 11.6.2021) Gesundheitseinrichtungen berichten auch von Engpässen bei medizinischem Material und Sauerstoff (USAID 11.6.2021). Schulen und Universitäten sind weiterhin geschlossen (DW 17.6.2021; vgl. VOA 13.7.2021) und es gibt Berichte, wonach sich Menschen nicht streng an die Vorgaben halten und häufig keine Masken tragen (DW 17.6.2021; vgl. VOA 13.7.2021).

Anfang Juli erreichten mehr als 1,4 Millionen Impfdosen des Herstellers Johnson & Johnson Afghanistan. Die Impfraten in Afghanistan sind nach wie vor extrem niedrig, weniger als 4% der Bevölkerung sind geimpft (UNICEF 9.7.2021).

Entwicklung der COVID-19 Pandemie in Afghanistan

Der erste offizielle Fall einer COVID-19 Infektion in Afghanistan wurde am 24.2.2020 in Herat festgestellt (RW 9.2020; vgl UNOCHA 19.12.2020). Laut einer vom afghanischen Gesundheitsministerium (MoPH) durchgeführten Umfrage hatten zwischen März und Juli 2020 35% der Menschen in Afghanistan Anzeichen und Symptome von COVID-19. Laut offiziellen Regierungsstatistiken wurden bis zum 2.9.2020 in Afghanistan 103.722 Menschen auf das COVID-19-Virus getestet (IOM 23.9.2020). Aufgrund begrenzter Ressourcen des öffentlichen Gesundheitswesens und der Testkapazitäten der Testkriterien, des Mangels an Personen, die sich für Tests melden, sowie wegen des Fehlens eines nationalen Sterberegisters werden bestätigte Fälle von und Todesfälle durch COVID-19 in Afghanistan wahrscheinlich insgesamt unterrepräsentiert (HRW 14.1.2021; vgl. UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021, UNOCHA 19.12.2020, RFE/RL 23.2.2021a).

Die fortgesetzte Ausbreitung der Krankheit in den letzten Wochen des Jahres 2020 hat zu einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen geführt, wobei jene Einrichtungen die als COVID-19-Krankenhäuser in den Provinzen Herat, Kandahar und Nangarhar gelten, nach Angaben von Hilfsorganisationen seit Ende Dezember voll ausgelastet sind. Gesundheitseinrichtungen sehen sich auch zu Beginn des Jahres 2021 großen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung ihrer Kapazitäten zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung grundlegender Gesundheitsdienste gegenüber, insbesondere, wenn sie in Konfliktgebieten liegen (BAMF 8.2.2021; vgl. IOM 18.3.2021).

Die WHO äußerte ihre Besorgnis über die Gefahr der Verbreitung mutierter Viren in Afghanistan. In Pakistan ist bereits ein deutlicher Anstieg der Infektionen mit einer neuen Variante, die potenziell ansteckender ist und die jüngere Bevölkerung trifft, festgestellt worden. Das afghanische Gesundheitsministerium bereite sich auf eine potenzielle dritte Welle vor. Die Überwachung an der Grenze soll ausgeweitet und Tests verbessert werden. Angesichts weiterer Berichte über unzureichende Testkapazitäten im Land bleibt die Wirkung der geplanten Maßnahmen abzuwarten (BAMF 29.3.2021).

Laut Meldungen von Ende Mai 2021 haben afghanische Ärzte Befürchtungen geäußert, dass sich die erstmals in Indien entdeckte COVID-19-Variante nun auch in Afghanistan verbreiten könnte. Viele der schwerkranken Fälle im zentralen Krankenhaus für COVID-Fälle in Kabul, wo alle 100 Betten belegt seien, seien erst kürzlich aus Indien zurückgekehrte Personen (BAMF 31.5.2021; vgl. TG 25.5.2021, DW 21.5.2021, UNOCHA 3.6.2021). Seit Ende des Ramadans und einige Woche nach den Festlichkeiten zu Eid al-Fitr konnte wieder ein Anstieg der COVID-19 Fälle verzeichnet werden. Es wird vom Beginn einer dritten Welle gesprochen (UNOCHA 3,6,2021; vgl. TG 25.5.2021). Waren die [Anm.: offiziellen] Zahlen zwischen Februar und März relativ niedrig, so stieg die Anzahl zunächst mit April und dann mit Ende Mai deutlich an (WHO 4.6.2021; vgl. TN 3.6.2021, UNOCHA 3.6.2021). Es gibt in Afghanistan keine landeseigenen Einrichtungen, um auf die aus Indien stammende Variante zu testen (UNOCHA 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Mit Stand 3.6.2021 wurden der WHO offiziell 75.119 Fälle von COVID-19 gemeldet (WHO 3.6.2021), wobei die tatsächliche Zahl der positiven Fälle um ein Vielfaches höher eingeschätzt wird (IOM 18.3.2021; vgl. HRW 14.1.2021).

Maßnahmen der Regierung und der Taliban

Das afghanische Gesundheitsministerium (MoPH) hat verschiedene Maßnahmen zur Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19 ergriffen. „Rapid Response Teams“ (RRTs) besuchen Verdachtsfälle zu Hause. Die Anzahl der aktiven RRTs ist von Provinz zu Provinz unterschiedlich, da ihre Größe und ihr Umfang von der COVID-19-Situation in der jeweiligen Provinz abhängt. Sogenannte „Fix-Teams“ sind in Krankenhäusern stationiert, untersuchen verdächtige COVID-19-Patienten vor Ort und stehen in jedem öffentlichen Krankenhaus zur Verfügung. Ein weiterer Teil der COVID-19-Patienten befindet sich in häuslicher Pflege (Isolation). Allerdings ist die häusliche Pflege und Isolation für die meisten Patienten sehr schwierig bis unmöglich, da die räumlichen Lebensbedingungen in Afghanistan sehr begrenzt sind (IOM 23.9.2020). Zu den Sensibilisierungsbemühungen gehört die Verbreitung von Informationen über soziale Medien, Plakate, Flugblätter sowie die Ältesten in den Gemeinden (IOM 18.3.2021; vgl. WB 28.6.2020). Allerdings berichteten undokumentierte Rückkehrer immer noch von einem insgesamt sehr geringen Bewusstsein für die mit COVID-19 verbundenen Einschränkungen sowie dem Glauben an weitverbreitete Verschwörungen rund um COVID-19 (IOM 18.3.2021; vgl. IOM 1.2021).

Gegenwärtig gibt es in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif keine Ausgangssperren. Das afghanische Gesundheitsministerium hat die Menschen jedoch dazu ermutigt, einen physischen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, eine Maske zu tragen, sich 20 Sekunden lang die Hände mit Wasser und Seife zu waschen und Versammlungen zu vermeiden (IOM 18.3.2021). Auch wenn der Lockdown offiziell nie beendet wurde, endete dieser faktisch mit Juli bzw. August 2020 und wurden in weiterer Folge keine weiteren Ausgangsperren erlassen (ACCORD 25.5.2021).

Laut IOM sind Hotels, Teehäuser und andere Unterkunftsmöglichkeiten derzeit [Anm.: März 2021] nur für Geschäftsreisende geöffnet. Für eine Person, die unter der Schirmherrschaft der IOM nach Afghanistan zurückkehrt und eine vorübergehende Unterkunft benötigt, kann IOM ein Hotel buchen. Personen, die ohne IOM nach Afghanistan zurückkehren, können nur in einer Unterkunftseinrichtung übernachten, wenn sie fälschlicherweise angeben, ein Geschäftsreisender zu sein. Da die Hotels bzw. Teehäuser die Gäste benötigen, um wirtschaftlich überleben zu können, fragen sie nicht genau nach. Wird dies durch die Exekutive überprüft, kann diese - wenn der Aufenthalt auf der Angabe von falschen Gründen basiert - diesen jederzeit beenden.

Die betreffenden Unterkunftnehmer landen auf der Straße und der Unterkunftsbetreiber muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen (IOM AUT 22.3.2021). Laut einer anderen Quelle gibt es jedoch aktuell [Anm.: März 2021] keine Einschränkungen bei der Buchung eines Hotels oder der Unterbringung in einem Teehaus und es ist möglich, dass Rückkehrer und Tagelöhner die Unterbringungsmöglichkeiten nutzen (RA KBL 22.3.2021).

Indien hat inzwischen zugesagt, 500.000 Dosen seines eigenen Impfstoffs zu spenden, erste Lieferungen sind bereits angekommen. 100.000 weitere Dosen sollen über COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) verteilt werden. Weitere Gespräche über Spenden laufen mit China (BAMF 8.2.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a).

Die Taliban erlauben den Zugang für medizinische Helfer in Gebieten unter ihrer Kontrolle im Zusammenhang mit dem Kampf gegen COVID-19 (NH 3.6.2020; vgl. Guardian 2.5.2020) und gaben im Januar 2020 ihre Unterstützung für eine COVID-19-Impfkampagne in Afghanistan bekannt, die vom COVAX-Programm der Weltgesundheitsorganisation mit 112 Millionen Dollar unterstützt wird. Nach Angaben des Taliban-Sprechers Zabihullah Mudschahid würde die Gruppe die über Gesundheitszentren durchgeführte Impfaktion „unterstützen und erleichtern“ (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021), wenn der Impfstoff in Abstimmung mit ihrer Gesundheitskommission und in Übereinstimmung mit deren Grundsätzen eingesetzt wird (NH 7.4.2021). Offizielle Stellen glauben, dass die Aufständischen die Impfteams nicht angreifen würden, da sie nicht von Tür zu Tür gehen würden (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021).

Bei der Bekanntgabe der Finanzierung sagte ein afghanischer Gesundheitsbeamter, dass das COVAX-Programm 20% der 38 Millionen Einwohner des Landes abdecken würde (REU 26.1.2021; vgl. ABC News 27.1.2021, ArN 27.1.2021, IOM 18.3.2021). Das Gesundheitsministerium plant 2.200 Einrichtungen im ganzen Land, um Impfstoffe zu verabreichen, und die Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen, die in Taliban-Gebieten arbeiten (NH 7.4.2021). Die Weltbank und die asiatische Entwicklungsbank gaben laut einer Sprecherin des afghanischen Gesundheitsministeriums an, dass sie bis Ende 2022 Impfstoffe für weitere 20% der Bevölkerung finanzieren würden (REU 26.1.2021; vgl. RFE/RL 23.2.2021a). Um dies zu erreichen, müssen sich die Gesundheitsbehörden sowohl auf lokale als auch internationale humanitäre Gruppen verlassen, die dorthin gehen, wo die Regierung nicht hinkommt (NH 7.4.2021).

Im Februar 2021 hat Afghanistan mit seiner COVID-19-Impfkampagne begonnen, bei der zunächst Mitglieder der Sicherheitskräfte, Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Journalisten geimpft werden (RFE/RL 23.2.2021a). Die Regierung kündigte an, 60% der Bevölkerung zu impfen, als die ersten 500.000 Dosen COVID-19-Impfstoff aus Indien in Kabul eintrafen. Es wurde angekündigt, dass zuerst 150.000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft werden sollten, gefolgt von Erwachsenen mit gesundheitlichen Problemen. Die Impfungen haben in Afghanistan am 23.2.2021 begonnen (IOM 18.3.2021). Wochen nach Beginn der ersten Phase der Einführung des Impfstoffs gegen COVID-19 zeigen sich in einige Distrikten die immensen Schwierigkeiten, die das Gesundheitspersonal, die Regierung und die Hilfsorganisationen überwinden müssen, um das gesamte Land zu erreichen, sobald die Impfstoffe in größerem Umfang verfügbar sind. Hilfsorganisationen sagen, dass 120 von Afghanistans rund 400 Distrikten - mehr als ein Viertel - als „schwer erreichbar“ gelten, weil sie abgelegen sind, ein aktiver Konflikt herrscht oder mehrere bewaffnete Gruppen um die Kontrolle kämpfen. Ob eine Impfkampagne erfolgreich ist oder scheitert, hängt oft von den Beziehungen zu den lokalen Befehlshabern ab, die von Distrikt zu Distrikt sehr unterschiedlich sein können (NH 7.4.2021).

Mit Stand 2.6.2021 wurden insgesamt 626.290 Impfdosen verabreicht (WHO 4.6.2021; vgl UNOCHA 3.6.2021). Etwa 11% der Geimpften haben beide Dosen des COVID-19-Impfstoffs erhalten. Insgesamt gibt es nach wie vor große Bedenken hinsichtlich des gerechten Zugangs zu Impfstoffen für Afghanen, insbesondere für gefährdete Gruppen wie Binnenvertriebene, Rückkehrer und nomadische Bevölkerungsgruppen sowie Menschen, die in schwer zugänglichen Gebieten leben (UNOCHA 3.6.2021).

Gesundheitssystem und medizinische Versorgung

COVID-19-Patienten können in öffentlichen Krankenhäusern stationär diagnostiziert und behandelt werden (bis die Kapazitäten für COVID-Patienten ausgeschöpft sind). Staatlich geführte Krankenhäuser bieten eine kostenlose Grundversorgung im Zusammenhang mit COVID-19 an, darunter auch einen molekularbiologischen COVID-19-Test (PCR-Test). In den privaten Krankenhäusern, die von der Regierung autorisiert wurden, COVID-19-infizierte Patienten zu behandeln, werden die Leistungen in Rechnung gestellt. Ein PCR-Test auf COVID-19 kostet 3.500 Afghani (AFN) (IOM 18.3.2021).

Krankenhäuser und Kliniken haben nach wie vor Probleme bei der Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Kapazität ihrer Einrichtungen zur Behandlung von Patienten mit COVID-19 sowie bei der Aufrechterhaltung wesentlicher Gesundheitsdienste, insbesondere in Gebieten mit aktiven Konflikten. Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land berichten nach wie vor über Defizite bei persönlicher Schutzausrüstung, medizinischem Material und Geräten zur Behandlung von COVID-19 (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, HRW 13.1.2021, AA 16.7.2020, WHO 8.2020). Bei etwa 8% der bestätigten COVID-19-Fälle handelt es sich um Mitarbeiter im Gesundheitswesen (BAMF 8.2.2021). Mit Mai 2021 wird vor allem von einem starken Mangel an Sauerstoff berichtet (TN 3.6.2021; vgl. TG 25.5.2021).

Während öffentliche Krankenhäuser im März 2021 weiterhin unter einem Mangel an ausreichenden Testkapazitäten für die gesamte Bevölkerung leiden, können stationäre Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts kostenfreie PCR-Tests erhalten. Generell sind die Tests seit Februar 2021 leichter zugänglich geworden, da mehr Krankenhäuser von der Regierung die Genehmigung erhalten haben, COVID-19-Tests durchzuführen. In Kabul werden die Tests beispielsweise im Afghan-Japan Hospital, im Ali Jennah Hospital, im City Hospital, im Alfalah-Labor oder in der deutschen Klinik durchgeführt (IOM 18.3.2021). Seit Mai 2021 sind 28 Labore in Afghanistan in Betrieb - mit Plänen zur Ausweitung auf mindestens ein Labor pro Provinz. Die nationalen Labore testen 7.500 Proben pro Tag. Die WHO berichtet, dass die Labore die Kapazität haben, bis zu 8.500 Proben zu testen, aber die geringe Nachfrage bedeutet, dass die Techniker derzeit reduzierte Arbeitszeiten haben (UNOCHA 3.6.2021).

In den 18 öffentlichen Krankenhäusern in Kabul gibt es insgesamt 180 Betten auf Intensivstationen. Die Provinzkrankenhäuser haben jeweils mindestens zehn Betten auf Intensivstationen. Private Krankenhäuser verfügen insgesamt über 8.000 Betten, davon wurden 800 für die Intensivpflege ausgerüstet. Sowohl in Kabul als auch in den Provinzen stehen für 10% der Betten auf der Intensivstation Beatmungsgeräte zur Verfügung. Das als Reaktion auf COVID-19 eingestellte Personal wurde zu Beginn der Pandemie von der Regierung und Organisationen geschult (IOM 23.9.2020). UNOCHA berichtet mit Verweis auf Quellen aus dem Gesundheitssektor, dass die niedrige Anzahl an Personen die Gesundheitseinrichtungen aufsuchen auch an der Angst der Menschen vor einer Ansteckung mit dem Virus geschuldet ist (UNOCHA 15.10.2020) wobei auch die Stigmatisierung, die mit einer Infizierung einhergeht, hierbei eine Rolle spielt (IOM 18.3.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 18.2.2021, USAID 12.1.2021).

Durch die COVID-19 Pandemie hat sich der Zugang der Bevölkerung zu medizinischer Behandlung verringert (AAN 1.1.2020). Dem IOM Afghanistan COVID-19 Protection Monitoring Report zufolge haben 53 % der Bevölkerung nach wie vor keinen realistischen Zugang zu Gesundheitsdiensten. Ferner berichteten 23 % der durch IOM Befragten, dass sie sich die gewünschten Präventivmaßnahmen, wie den Kauf von Gesichtsmasken, nicht leisten können. Etwa ein Drittel der befragten Rückkehrer berichtete, dass sie keinen Zugang zu Handwascheinrichtungen (30%) oder zu Seife/Desinfektionsmitteln (35%) haben (IOM 23.9.2020).

Sozioökonomische Auswirkungen und Arbeitsmarkt

COVID-19 trägt zu einem erheblichen Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit im ganzen Land bei (USAID 12.1.2021; vgl. UNOCHA 3.6.2021, UNOCHA 19.12.2020). Die kürzlich veröffentlichte IPC-Analyse schätzt, dass sich im April 2021 12,2 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - in einem Krisen- oder Notfall-Niveau der Ernährungsunsicherheit befinden (UNOCHA 3.6.2021; vgl. IPC 22.4.2021). In der ersten Hälfte des Jahres 2020 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, die im April 2020 im Jahresvergleich um rund 17% stiegen, nachdem in den wichtigsten städtischen Zentren Grenzkontrollen und Lockdown-Maßnahmen eingeführt worden waren. Der Zugang zu Trinkwasser war jedoch nicht beeinträchtigt, da viele der Haushalte entweder über einen Brunnen im Haus verfügen oder Trinkwasser über einen zentralen Wasserverteilungskanal erhalten. Die Auswirkungen der Handelsunterbrechungen auf die Preise für grundlegende Haushaltsgüter haben bisher die Auswirkungen der niedrigeren Preise für wichtige Importe wie Öl deutlich überkompensiert. Die Preisanstiege scheinen seit April 2020 nach der Verteilung von Weizen aus strategischen Getreidereserven, der Durchsetzung von Anti-Preismanipulationsregelungen und der Wiederöffnung der Grenzen für Nahrungsmittelimporte nachgelassen zu haben (IOM 23.9.2020; vgl. WHO 7.2020), wobei gemäß dem WFP (World Food Program) zwischen März und November 2020 die Preise für einzelne Lebensmittel (Zucker, Öl, Reis…) um 18-31% gestiegen sind (UNOCHA 12.11.2020). Zusätzlich belastet die COVID-19-Krise mit einhergehender wirtschaftlicher Rezession die privaten Haushalte stark (AA 16.7.2020).

Die Lebensmittelpreise haben sich mit Stand März 2021 auf einem hohen Niveau stabilisiert: Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft, Bewässerung und Viehzucht waren die Preise für Weizenmehl von November bis Dezember 2020 stabil, blieben aber auf einem Niveau, das 11 %, über dem des Vorjahres und 27 % über dem Dreijahresdurchschnitt lag. Insgesamt blieben die Lebensmittelpreise auf den wichtigsten Märkten im Dezember 2020 überdurchschnittlich hoch, was hauptsächlich auf höhere Preise für importierte Lebensmittel zurückzuführen ist (IOM 18.3.2021).

Laut einem Bericht der Weltbank zeigen die verfügbaren Indikatoren Anzeichen für eine stark schrumpfende Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2020, was die Auswirkungen der COVID-19-Krise im Kontext der anhaltenden Unsicherheit widerspiegelt. Die Auswirkungen von COVID-19 auf den Landwirtschaftssektor waren bisher gering. Bei günstigen Witterungsbedingungen während der Aussaat wird erwartet, dass sich die Weizenproduktion nach der Dürre von 2018 weiter erholen wird. Lockdown-Maßnahmen hatten bisher nur begrenzte Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion und blieben in ländlichen Gebieten nicht durchgesetzt. Die Produktion von Obst und Nüssen für die Verarbeitung und den Export wird jedoch durch Unterbrechung der Lieferketten und Schließung der Exportwege negativ beeinflusst (IOM 18.3.2021; vgl. WB 15.7.2020).

Es gibt keine offiziellen Regierungsstatistiken, die zeigen, wie der Arbeitsmarkt durch COVID-19 beeinflusst wurde bzw. wird. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die COVID-19-Pandemie erhebliche negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage in Afghanistan hat, einschließlich des Arbeitsmarktes (IOM 23.9.2020; vgl. AA 16.7.2020). Die afghanische Regierung warnt davor, dass die Arbeitslosigkeit in Afghanistan um 40% steigen wird. Die Lockdown-Maßnahmen haben die bestehenden prekären Lebensgrundlagen in dem Maße verschärft, dass bis Juli 2020 84% der durch IOM-Befragten angaben, dass sie ohne Zugang zu außerhäuslicher Arbeit (im Falle einer Quarantäne) ihre grundlegenden Haushaltsbedürfnisse nicht länger als zwei Wochen erfüllen könnten; diese Zahl steigt auf 98% im Falle einer vierwöchigen Quarantäne (IOM 23.9.2020). Insgesamt ist die Situation vor allem für Tagelöhner sehr schwierig, da viele Wirtschaftssektoren von den Lockdown-Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 negativ betroffen sind (IOM 23.9.2020; vgl. Martin/Parto 11.2020).

Die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die durch die COVID-19-Pandemie geschaffen wurden, haben auch die Risiken für vulnerable Familien erhöht, von denen viele bereits durch langanhaltende Konflikte oder wiederkehrende Naturkatastrophen ihre begrenzten finanziellen, psychischen und sozialen Bewältigungskapazitäten aufgebraucht hatten (UNOCHA 19.12.2020).

Die tiefgreifenden und anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die afghanische Wirtschaft bedeuten, dass die Armutsquoten für 2021 voraussichtlich hoch bleiben werden. Es wird erwartet, dass das BIP im Jahr 2021 um mehr als 5% geschrumpft sein wird (IWF). Bis Ende 2021 ist die Arbeitslosenquote in Afghanistan auf 37,9% gestiegen, gegenüber 23,9% im Jahr 2019 (IOM 18.3.2021).

Nach einer Einschätzung des Afghanistan Center for Excellence sind die am stärksten von der COVID-19-Krise betroffenen Sektoren die verarbeitende Industrie (Non-Food), das Kunsthandwerk und die Bekleidungsindustrie, die Agrar- und Lebensmittelverarbeitung, der Fitnessbereich und das Gesundheitswesen sowie die NGOs (IOM 18.3.2021).

Nach Erkenntnissen der WHO steht Afghanistan [Anm.: mit März 2021] vor einer schleppenden wirtschaftlichen Erholung inmitten anhaltender politischer Unsicherheiten und einem möglichen Rückgang der internationalen Hilfe. Das solide Wachstum in der Landwirtschaft hat die afghanische Wirtschaft teilweise gestützt, die im Jahr 2020 um etwa zwei Prozent schrumpfte, deutlich weniger als ursprünglich geschätzt. Schwer getroffen wurden aber der Dienstleistungs- und Industriesektor, wodurch sich die Arbeitslosigkeit in den Städten erhöhte. Aufgrund des schnellen Bevölkerungswachstums ist nicht zu erwarten, dass sich das Pro-Kopf-Einkommen bis 2025 wieder auf das Niveau von vor der COVID-19-Pandemie erholt (BAMF 12.4.2021).

Frauen und Kinder und Binnenvertriebene

Auch auf den Bereich Bildung hatte die COVID-19 Pandemie Auswirkungen. Die Regierung ordnete im März 2020 an, alle Schulen zu schließen (IOM 23.9.2020; vgl. ACCORD 25.5.2021), wobei diese ab August 2020 wieder stufenweise geöffnet wurden (ACCORD 25.5.2021). Angesichts einer zweiten COVID-19-Welle verkündete die Regierung jedoch Ende November die abermalige Schließung der Schulen (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021) wobei diese im Laufe des ersten Quartals 2021 wieder geöffnet wurden (SIGAR 30.4.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021, UNICEF 4.5.2021). Im Oktober 2020 berichtete ein Beamter, dass 56 Schüler und Lehrer in der Provinz Herat positiv getestet wurden (von 386 Getesteten). 35 bis 60 Schüler lernen in einem einzigen Raum, weil es an Einrichtungen fehlt und die Richtlinien zur sozialen Distanzierung nicht beachtet werden (IOM 18.3.2021). Ende Mai 2021 wurde berichtet, dass in 16 Provinzen aufgrund steigender Fallzahlen für 14 Tage die Schulen geschlossen würden (BAMF 31.5.2021).

Kinder (vor allem Jungen), die von den Auswirkungen der Schulschließungen im Rahmen von COVID-19 betroffen waren, waren nun auch anfälliger für Rekrutierung durch die Konfliktparteien (IPS 12.11.2020; vgl. UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). In den ersten Monaten des Jahres 2021 wurde im Durchschnitt eines von drei Kindern in Afghanistan außer Haus geschickt, um zu arbeiten. Besonders außerhalb der Städte wurde ein hoher Anstieg der Kinderarbeit berichtet (IOM 18.3.2021; vgl. ACCORD 25.5.2021). Die Krise verschärft auch die bestehende Vulnerabilität von Mädchen betreffend Kinderheirat und Schwangerschaften von Minderjährigen (UNOCHA 19.12.2020; vgl. IPS 12.11.2020, UNAMA 10.8.2020, ACCORD 25.5.2021). Die Pandemie hat auch spezifische Folgen für Frauen, insbesondere während eines Lockdowns, einschließlich eines erhöhten Maßes an häuslicher Gewalt (ACCORD 25.5.2021; vgl. AI 3.2021, HRW 13.1.2021, UNOCHA 19.12.2020). Frauen und Mädchen sind durch den generell geringeren Zugang zu Gesundheitseinrichtungen zusätzlich betroffen (AI 3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, Martins/Parto 11.2020, AAN 1.10.2020).

Binnenvertriebene sind besonders gefährdet, sich mit COVID-19 anzustecken, da sie bereits vorher anfällig waren, es keine Gesundheitseinrichtungen gibt, die Siedlungen überfüllt sind und sie nur begrenzten Zugang zu Wasser und sanitären Anlagen haben. Aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen sind die vertriebenen Gemeinschaften nicht in der Lage, Präventivmaßnahmen wie soziale Distanzierung und Quarantäne zu praktizieren und sind daher anfälliger für die Ansteckung und Verbreitung des Virus (AI 3.2021).

Bewegungsfreiheit

Im Zuge der COVID-19 Pandemie waren verschiedene Grenzübergänge und Straßen vorübergehend gesperrt (RFE/RL 21.8.2020; vgl. NYT 31.7.2020, IMPACCT 14.8.2020, UNOCHA 30.6.2020), wobei später alle Grenzübergänge geöffnet wurden (IOM 18.3.2021). Seit dem 29.4.2021 hat die iranische Regierung eine unbefristete Abriegelung mit Grenzschließungen verhängt (UNOCHA 3.6.2021; vgl. AnA 29.4.2021). Die Grenze bleibt nur für den kommerziellen Verkehr und die Bewegung von dokumentierten Staatsangehörigen, die nach Afghanistan zurückkehren, offen. Die Grenze zu Pakistan wurde am 20.5.2021 nach einer zweiwöchigen Abriegelung durch Pakistan wieder geöffnet (UNOCHA 3.6.2021).

Die internationalen Flughäfen in Kabul, Mazar-e Sharif, Kandarhar und Herat werden aktuell international wie auch national angeflogen und auch findet Flugverkehr zu nationalen Flughäfen statt (F 24 o.D.; vgl. IOM 18.3.2021). Derzeit verkehren Busse, Sammeltaxis und Flugzeuge zwischen den Provinzen und Städten. Die derzeitige Situation führt zu keiner Einschränkung der Bewegungsfreiheit (IOM 18.3.2021).

IOM Österreich unterstützt auch derzeit Rückkehrer im Rahmen der freiwilligen Rückkehr und Teilnahme an Reintegrationsprogrammen. Neben der Reiseorganisation bietet IOM Österreich dabei Unterstützung bei der Ausreise am Flughafen Wien Schwechat an (STDOK 14.7.2020). Von 1.1.2020 bis 22.9.2020 wurden 70 Teilnahmen an dem Reintegrationsprojekt Restart III akzeptiert und sind 47 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 23.9.2020). Mit Stand 18.3.2021 wurden insgesamt 105 Teilnahmen im Rahmen von Restart III akzeptiert und sind 86 Personen freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt (IOM 18.3.2021). Mit Stand 25.5.2021 ist das Projekt Restart III weiter aktiv und Teilnehmer melden sich (IOM AUT 25.5.2021).

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-        UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.8.2020): Afghanistan – PROTECTION OF CIVILIANS IN ARMED CONFLICT MIDYEAR REPORT: 1 JANUARY - 30 JUNE 2020, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_poc_midyear_report_2020_-_27_july-revised_10_august.pdf , Zugriff 18.11.2020

-        UNICEF - United Nations Children’s Fund (4.5.2021): The COVID-19 vaccine: opening Afghan classrooms and ushering in hope for a productive school year, https://www.unicef.org/rosa/stories/covid-19-vaccine-opening-afghan-classrooms-and-ushering-hope-productive-school-year , Zugriff 4.6.2021

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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