Entscheidungsdatum
12.10.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W213 2225403-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 21.10.2019, Zl. 1116240703-191006211, betreffend Anerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Recht erkannt:
A)
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG stattgegeben. Die Spruchpunkte I., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.
2. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dem Antrag vom 08.05.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des XXXX als subsidiär Schutzberechtigter um zwei Jahre verlängert.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
I.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger stellte am 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.08.2017, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
I.3. Am 01.07.2019 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG ein.
I.4. Der Beschwerdeführer wurde am 03.10.2019 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens niederschriftlich einvernommen wobei ihm die damaligen Länderfeststellungen zur Kenntnis gebracht wurden. Ferner wurde ihm eröffnet, sich seine subjektive Lage im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als ihm subsidiärer Schutz gewährt worden sei, geändert habe. Es sei keine reale Gefahr für sein Leben oder die Gesundheit feststellbar. Es bestehe für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Weder lasse sich eine solche Gefahr aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen und im Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung seiner Person ableiten. Es sei festzuhalten, dass ihm eine Rückkehr nach Afghanistan zuzumuten sei, da er insbesondere in Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif, Sicherheit erlangen könne und auch eine zumutbare Lebenssituation vorfände.
Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass er in Afghanistan nicht leben könne. Er habe dort eine Koranschule besucht und sei dann in weiterer Folge nicht mehr hingegangen. Einmal habe er im Geschäft seines Vaters anlässlich eines Festes Eier gegeneinandergeschlagen. Die Taliban hätten gesagt, dass es verboten sei und ihn deswegen geschlagen. Seine Eltern lebten noch in Afghanistan. Allerdings habe er nur zu seiner Mutter Kontakt.
I.5. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:
„I. Der Ihnen mit Bescheid vom 22.08.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird Ihnen gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, von Amts wegen aberkannt.
II. Ihr Antrag vom 01.07.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird abgewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.
IV. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI. I Nr 10012005 (FPG) idgF, erlassen.
V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.
VI. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Verfahrensidentität den Namen XXXX führe. Er sei afghanischer Staatsangehöriger, sunnitische Moslem und gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an. Der Beschwerdeführer sei in Afghanistan, Provinz Parwan, geboren und aufgewachsen. Er habe dort zwei Jahre lang die Schule besucht und könne auf Pashtu, Dari, Englisch und Deutsch lesen und schreiben. Im Alter von zwölf Jahren sei er in den Iran gereist und habe dort dreieinhalb Jahre gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei ledig, jung und voll arbeitsfähig. Er verfüge über Berufserfahrung als Lagerarbeiter sowie aus seiner Tätigkeit in Österreich. Seine Eltern hielten sich in Afghanistan auf. Der Beschwerdeführer habe lediglich Kontakt zu seiner Mutter. Der Beschwerdeführer leide an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, habe familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in der Heimatprovinz und sei der mit den dortigen Gebräuchen und kulturellen Gepflogenheiten vertraut. Die Gründe für die seinerzeitige Zuerkennung des subsidiären Schutzes lägen nicht mehr vor. Es liege weder eine allgemeine Gefährdungslage in Bezug auf die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers (Parwan) noch für Afghanistan allgemein vor. Im Fall des Beschwerdeführers bestehe jedenfalls eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e-Sharif und Herat, wo er seinen Lebensunterhalt bestreiten könne und Arbeitsmöglichkeiten vorfinden werde.
Der Beschwerdeführer habe keine zum dauerhaften Aufenthalt berechtigten Verwandten in Österreich. Er habe keine Bindungen in Österreich und gehe keiner erwerbsmäßigen Arbeit nach. Er spreche brauchbar Deutsch.
Hinsichtlich der Lage im Herkunftsstaat wurden die für den gegenständlichen Fall relevanten und zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides aktuellen Auszüge aus der BFA Staatendokumentation Afghanistan angeführt.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt I aus, dass die Verlängerung des subsidiären Schutzes der Prüfungspflicht durch die Behörde unterliege. Im Fall des Beschwerdeführers lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht vor, umso mehr er nichts vorgebracht oder glaubhaft gemacht habe, dass eine aktuell vorliegende Gefährdung seiner Person im gesamten Heimatstaat annehmen ließe. Für sein unmittelbares Herkunftsgebiet in der Provinz Parwan sei keine reale Gefahr im Sinne einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts zu erkennen gewesen. Darüber hinaus stünde ihm aktuell eine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
Den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 entsprechend, brauche es keiner externen Unterstützung, um für alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter, soweit keine spezifischen Vulnerabilitäten vorlägen, eine FA in den Städten Mazar-e Sharif und Herat erkennen zu können. Auch entspreche es der Rechtsprechung des VwGH, dass es einem gesunden Asylwerber im erwerbsfähigen Alter, der eine der Landessprachen Afghanistans beherrscht, mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und die Möglichkeit habe, sich durch Gelegenheitstätigkeiten eine Existenzgrundlage zu sichern, die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in bestimmten Gebieten Afghanistans zugemutet werden könne, und zwar selbst dann, wenn er nicht in Afghanistan geboren wurde, dort nie gelebt und keine Angehörigen in Afghanistan hat, sondern im Iran aufgewachsen und dort in die Schule gegangen ist.
Dem Beschwerdeführer stehe daher eine FA in Mazar-e Sharif und auch Herat, offen, zumal in seinem Fall auch keinerlei besondere Gefährdungsfaktoren hervorgekommen seien. Auf Grundlage der aktuellen Situation in Afghanistan, werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht die Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 1 und § 11 AsylG erfülle, weshalb auch gemäß § 9 Abs. 1 Z 1, erster Fall des AsylG der Status des subsidiären Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen sei.
Da dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 AsylG aberkannt worden sei, sei auch sein Verlängerungsantrag nach § 8 Abs. 4 AsylG mangels Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung abzuweisen gewesen.
Gemäß § 57 AsylG sei im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 46a Abs. 1 Z 1 od. Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet sei und die Voraussetzungen weiterhin vorlägen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stelle eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar oder sei wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden. Eine Erteilung sei ferner vorgesehen zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von mit diesen im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere an Zeugen oder Opfern von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel. Die Aufenthaltsberechtigung werde auch an Opfer von Gewalt erteilt, sofern eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder hätte werden können und die Erteilung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich sei. Da keine der drei genannten Voraussetzungen vorliege, sei ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen gewesen.
Unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 Abs. 1 AsylG, § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG, § 9 Abs. 1 und drei BFA -VG sowie Art. 8 Abs. 2 EMRK) wurde ausgeführt, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK das Zusammenleben der Familie schütze.
Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über keine Verwandten und habe keine Sorgepflichten. Mit einer Rückkehrentscheidung werde nicht in sein Familienleben eingegriffen.
Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichere dem Einzelnen zudem einen Bereich, innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen könne.
Der Beschwerdeführer verfüge über gute Deutschkenntnisse. Er habe sich während seines Aufenthaltes im wesentlichen Teil der Zeit immer wieder auf das Sozialsystem in Österreich gestützt. Er selbst habe angegeben, keine Bindungen zu Österreich zu haben, weshalb nicht von einer Schutzwürdigkeit seines Privatlebens ausgegangen werden könne. Der Beschwerdeführer habe keine besonderen privaten Bindungen an Österreich. Er besuche keine Vereine und sei nicht aktiv in die österreichische Gesellschaft integriert. Die Sprache zu erlernen und Vorgaben wie eine Integrationsprüfung zu machen sei das Minimum, was von einem Menschen zu erwarten sei, welcher Schutz auf Zeit zugesprochen bekommen habe.
Er gehe derzeit keiner Beschäftigung nach. Selbst wenn er arbeiten würde, sei festzuhalten, dass der Besuch eines Deutschkurses oder eine Berufsausbildung allein noch kein schützenswertes Privatleben begründen könne. Auch wenn sich der Beschwerdeführer in Österreich in den Arbeitsmarkt integrieren wollen, lasse dies noch keine entsprechende Bindung an Österreich feststellen, die ihn von einer Rückkehr nach Afghanistan abhalten könnte. Sonstige besondere private Bindungen in Österreich seien nicht hervorgekommen.
Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK sei der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sei.
Das BFA sei eine öffentliche Behörde im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK; der Eingriff ist — wie bereits oben dargestellt — in § 10 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 4 FPG gesetzlich vorgesehen. Daher sei zu prüfen, ob der Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, verfolge. Es sei eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch die Rückkehrentscheidung auch als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden könne.
Im Verfahren seien keine Ansatzpunkte vorgekommen, die die Vermutung einer besonderen Integration des Beschwerdeführers in Österreich rechtfertigen würden, zumal er über keine nennenswerten privaten Kontakte verfüge, die ihn an Österreich binden könnten. Er habe in seinem Leben auch schon mehrfach gezeigt, dass er in der Lage für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Es sei daher davon auszugehen, dass er sich auch im Falle der Rückkehr wieder im Arbeitsmarkt im Heimatland integrieren können und eine Beschäftigung finden werde. In Bezug auf seine Ausführung hinsichtlich seiner Deutschkursteilnahme sei festzuhalten, dass das Verfolgen von Ausbildungsmöglichkeiten alleine noch nicht dazu führen könne, eine enge Bindung an den Aufenthaltsstaat festzustellen.
Die Abwägung seiner persönlichen Interessen mit jenen der Öffentlichkeit gegen ihn und Zugunsten der Öffentlichkeit aus, zumal er keinerlei Bindungen an Österreich habe, welche ein schützenswertes Privatleben begründen könnten.
Daher sei die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG habe zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei (§ 58 Abs. 2 AsylG). Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig sei, sei gem. § 1 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen.
Die Abschiebung Fremder in einen Staat sei gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Wie bereits unter den Spruchpunkt l. dargelegt, ergebe sich im vorliegenden Fall keine derartige Gefährdung. Gemäß § 50 Abs. 3 FPG sei eine Abschiebung schließlich unzulässig, wenn die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ihr entgegenstehe. Eine solche vorläufige Maßnahme sei im vorliegenden Fall, also in Bezug auf Afghanistan, nicht empfohlen worden.
Es sei daher auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei.
Gemäß § 55 FPG werde mit einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt werde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Im vorliegenden Fall seien derartige Gründe nicht feststellbar gewesen.
I.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und brachte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs im Wesentlichen vor, dass sich die derzeitige Situation in Afghanistan für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr so auswirke, dass er einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschrechtverletzungen ausgesetzt wäre. So liege in Afghanistan die soziale Absicherung traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehrten, stoßen auf größere Schwierigkeiten als Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet seien oder in einen solchen zurückkehren, da jenen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk fehle. Existenzmöglichkeiten seien zudem von den persönlichen Umständen des Betroffenen und der jeweils aktuellen Sicherheits- und Versorgungslage abhängig, Eine Rückkehr komme sohin nur dann in Betracht, wenn der betreffende Afghane in der Lage sei, sich sofort und aus eigenen Mitteln oder aufgrund von bestehendem Familienanschluss in einem hinreichend sicheren Ort ein sicheres Rückzugsgebiet vor allem für die Nacht zu schaffen. Hiebei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat keine Familiennagehörigen habe. Diese seien in Parwan, eine jener Provinzen, die als volatil anzusehen sein und wo auch Talibanaufständische aktiv seien. Inwieweit der Beschwerdeführer direkt dorthin zurückkehren könnte sein die belangte Behörde schuldig geblieben.
Der Zugang zu Arbeit sei Rückkehrern auch aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage sowie der zunehmenden Konkurrenz um Arbeit und Wohnraum in den städtischen Gebieten erschwert. Rückkehrer aus Europa fänden eine äußerst angespannte wirtschaftliche und humanitäre Lage vor, in der sie mit Millionen von Binnenvertriebenen und Rückkehrern um Arbeit und Unterkunft konkurrierten. Im Fall des Beschwerdeführers komme hinzu, dass er über kein familiäres bzw. soziales Netzwerk verfüge. Auch der Besuch einer Grundschule und seine Tätigkeit als Arbeiter in einer Kartonfabrik im Iran stellten keinen ins Gewicht fallenden ökonomischen Standortvorteil dar.
Im gegenständlichen Fall könne daher unter Berücksichtigung der den Beschwerdeführer betreffenden individuellen Umstände nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er im Falle der Rückkehr nach Afghanistan einer realen Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, welche unter Berücksichtigung seiner dargelegten persönlichen Verhältnissen und der derzeit in Afghanistan vorherrschenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde. Der Beschwerdeführer sei daher einem realen Risiko einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt und es lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass ihm eine derartige Gefahr drohen würde. Deshalb sei eine Abschiebung des Beschwerdeführers unzulässig.
Es werde daher beantragt,
1. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;
2. in der Sache selbst zu entscheiden, Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung des Antrages des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen;
3. in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen;
4. die angeordnete Rückkehrentscheidung aufzuheben und festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist;
5. in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Gänze mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.
I.7. Mit hg. Schreiben vom 08.07.2021 wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt, wobei im aktuelle Informationen über die Lage in Afghanistan übermittelt wurden.
Der Beschwerdeführer brachte in weiterer Folge durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 26.07.2021 im Wesentlichen vor, dass die sich derzeit täglich ändernde Sicherheitslage in Afghanistan von den bisher verwendeten Quellen nicht mehr zuverlässig erfasst werden könne. Bereits mehrere europäische Staaten hätten Rückführungen auf Afghanistan vorerst eingestellt.
Der Beschwerdeführer spreche mittlerweile Deutsch auf Niveau B1. Er habe im Rahmen eines Projekts der Caritas als Leiharbeiter eine Beschäftigung im Lebensmittelhandel ( XXXX AG) gefunden.
Ich werde daher beantragt den angefochtenen Bescheid zu beheben und die am 01.07.2019 beantragte Aufenthaltsberechtigung auf Höchstdauer zu verlängern.
Ferner wurden nachstehend angeführte Integrationsunterlagen vorgelegt:
? Teilnahmebestätigung „ySEV-Youth Sekundarstufe II Vorbereitung Lehre und Schule“ vom 29.07.2020;
? Bestätigung Pflichtschulabschluss Kurs vom 30.09.2019;
? Zeugnis über die Pflichtschulabschluss-Prüfung vom 03.07.2020;
? Teilnahmebestätigung Jugendcollege vom 06.06.2019;
? Teilnahmebestätigung Staplerfahrerkurs vom 10.02.2021;
? Zeugnis zur Integrationsprüfung vom 21.02.2019;
? Teilprüfungszeugnis zur Pflichtschulabschlussprüfung vom 05.11.2018
? Lohnabrechnungen für Mai und Juni 2021.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhaltsfeststellungen:
Zur Person des BF:
Der am XXXX geborene Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 25.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, sunnitischer Moslem und gehört der Volksgruppe der Paschtunen an. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan, Provinz Parwan, geboren und aufgewachsen. Er hat dort zwei Jahre lang die Schule besucht und kann auf Pashtu, Dari, Englisch und Deutsch lesen und schreiben. Im Alter von zwölf Jahren ist er in den Iran gereist und hat dort dreieinhalb Jahre gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist ledig, jung und voll arbeitsfähig. Er verfügt über Berufserfahrung als Lagerarbeiter sowie aus seiner Tätigkeit in Österreich. Seine Eltern halten sich in Afghanistan auf. Der Beschwerdeführer hat lediglich Kontakt zu seiner Mutter. Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, hat familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in der Heimatprovinz und ist mit den dortigen Gebräuchen und kulturellen Gepflogenheiten vertraut.
Der Beschwerdeführer hat keine zum dauerhaften Aufenthalt berechtigten Verwandten in Österreich. Er hat keine Bindungen in Österreich. Er ist gegenwärtig als Leiharbeiter bei der Firma XXXX beschäftigt, wo er € 823,16 pro Monat verdient Er spricht Deutsch auf Niveau B1.
Zur Lage in Afghanistan:
Quelle: Sonderkurzinformation der Staatendokumentation zur aktuellen Lage in Afghanistan vom 17.08.2021
Der afghanische Präsident Ashraf Ghani ist angesichts des Vormarsches der Taliban auf Kabul außer Landes geflohen. Laut al-Jazeera soll das Ziel Taschkent in Usbekistan sein. Inzwischen haben die Taliban die Kontrolle über den Präsidentenpalast in Kabul übernommen. Suhail Schahin, ein Unterhändler der Taliban bei den Gesprächen mit der afghanischen Regierung in Katar, versicherte den Menschen in Kabul eine friedliche Machtübernahme und keine Racheakte an irgendjemanden zu begehen (tagesschau.de 15.8.2021).
Am 15.08.21 haben die Taliban mit der größtenteils friedlichen Einnahme Kabuls und der Besetzung der Regierungsgebäude und aller Checkpoints in der Stadt den Krieg für beendet erklärt und das Islamische Emirat Afghanistan ausgerufen. Man wünsche sich friedliche Beziehungen mit der internationalen Gemeinschaft. Die erste Nacht unter der Herrschaft der Taliban im Land sei ruhig verlaufen. Chaotische Szenen hätten sich nur am Flughafen in Kabul abgespielt, von welchem sowohl diplomatisches Personal verschiedener westlicher Länder evakuiert wurde als auch viele Afghanen versuchten, außer Landes zu gelangen. Den Taliban war es zuvor gelungen, innerhalb kürzester Zeit fast alle Provinzen sowie alle strategisch wichtigen Provinzhauptstädte wie z.B. Kandahar, Herat, Mazar-e Sharif, Jalalabad und Kunduz einzunehmen. In einigen der Städte seien Gefängnisse gestürmt und Insassen befreit worden (BAMF 16.8.2021; vgl. bbc.com o.D., orf.at 16.8.2021).
Die Taliban zeigten sich am Sonntag gegenüber dem Ausland unerwartet diplomatisch. „Der Krieg im Land ist vorbei“, sagte Taliban-Sprecher Mohammed Naim am Sonntagabend dem Sender al-Jazeera. Bald werde klar sein, wie das Land künftig regiert werde. Rechte von Frauen und Minderheiten sowie die Meinungsfreiheit würden respektiert, wenn sie der Scharia entsprächen. Man werde sich nicht in Dinge anderer einmischen und Einmischung in eigene Angelegenheiten nicht zulassen (orf.at 16.8.2021a).
Schätzungen zufolge wurden seit Anfang 2021 über 550.000 Afghanen durch den Konflikt innerhalb des Landes vertrieben, darunter 126.000 neue Binnenvertriebene zwischen dem 7. Juli 2021 und dem 9. August 2021. Es gibt zwar noch keine genauen Zahlen über die Zahl der Afghanen, die aufgrund der Feindseligkeiten und Menschenrechtsverletzungen aus dem Land geflohen sind, es deuten aber Quellen darauf hin, dass Zehntausende von Afghanen in den letzten Wochen internationale Grenzen überquert haben (UNHCR 8.2021).
Der Iran richtete angesichts des Eroberungszugs der militant-islamistischen Taliban im Nachbarland Pufferzonen für Geflüchtete aus dem Krisenstaat ein. Die drei Pufferzonen an den Grenzübergängen im Nord- sowie Südosten des Landes sollen afghanischen Geflüchteten vorerst Schutz und Sicherheit bieten. Indes schloss Pakistan am Sonntag einen wichtigen Grenzübergang zu seinem Nachbarland. Innenminister Sheikh Rashid verkündete die Schließung des Grenzübergangs Torkham im Nordwesten Pakistans am Sonntag, ohne einen Termin für die Wiedereröffnung zu nennen. Tausende Menschen säßen auf beiden Seiten der Grenze fest (orf.at 16.8.2021b).
Mittlerweile baut die Türkei an der Grenze zum Iran weiter an einer Mauer. Damit will die Türkei die erwartete Ankunft von afghanischen Flüchtlingen verhindern (Die Presse 17.8.2021).
Medienberichten zufolge haben die Taliban in Afghanistan Checkpoints im Land errichtet und sie kontrollieren auch die internationalen Grenzübergänge (bisherige Ausnahme: Flughafen Kabul). Seit Besetzung der strategischen Stadt Jalalabad durch die Taliban, wurde eine Fluchtbewegung in den Osten (Richtung Pakistan) deutlich erschwert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Afghanen aus dem westlichen Teil des Landes oder aus Kabul nach Pakistan gelangen ist gegenwärtig eher gering einzuschätzen. Es ist naheliegender, dass Fluchtrouten ins Ausland über den Iran verlaufen. Es ist jedoch auch denkbar, dass die mehrheitlich sunnitische Bevölkerung Afghanistans (statt einer Route über den schiitisch dominierten Iran) stattdessen die nördliche, alternative Route über Tadschikistan oder auch Turkmenistan wählt. Bereits vor zwei Monaten kam es laut EU-Kollegen zu einem Anstieg von Ankünften afghanischer Staatsbürger in die Türkei. Insofern ist davon auszugehen, dass eine erste Migrationsbewegung bereits stattgefunden hat. Pakistan gibt laut Medienberichten an, dass der Grenzzaun an der afghanisch-pakistanischen Grenze halte (laut offiziellen Angaben sind etwa 90 Prozent fertiggestellt) (VB 17.8.2021). Laut Treffen mit Frontex, kann zur Türkei derzeit noch keine Veränderung der Migrationsströme festgestellt werden. Es finden täglich nach Schätzungen ca. max. 500 Personen ihren Weg (geschleust) vom Iran in die Türkei. Dies ist aber keine außergewöhnlich hohe Zahl, sondern eher der Durchschnitt. Der Ausbau der Sicherung der Grenze zum Iran mit Mauer und Türmen schreitet immer weiter voran, und nach einstimmiger Meinung von Mig VB und anderen Experten kann die Türkei mit ihrem Militär (Hauptverantwortlich für die Grenzsicherung) und Organisationen (Jandarma, DCMM) jederzeit, je nach Bedarf die illegale Einreise von Flüchtlingen aus dem Iran kontrollieren. Die Türkei ist jedoch - was Afghanistan angeht - mit sehr hohem Interesse engagiert. Auch die Türkei möchte keine neunen massiven Flüchtlingsströme über den Iran in die Türkei (VB 17.8.2021a).
IOM muss aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration mit sofortiger Wirkung weltweit aussetzen. Die Aussetzung der freiwilligen Rückkehr erfolgt bis auf Widerruf (IOM 16.8.2021).
Während die radikalislamischen Taliban ihren Feldzug durch Afghanistan vorantreiben, gehören Frauen und Mädchen zu den am meisten gefährdeten Gruppen. Schon in der letzten Regierungszeit der Taliban (1996–2001) herrschten in Afghanistan extreme patriarchale Strukturen, Misshandlungen, Zwangsverheiratungen sowie strukturelle Gewalt und Hinrichtungen von Frauen. Die Angst vor einer Wiederkehr dieser Gräueltaten ist groß. Eifrig sorgten Kaufleute in Afghanistans Hauptstadt Kabul seit dem Wochenende bereits dafür, Plakate, die unverschleierte Frauen zeigten, aus ihren Schaufenstern zu entfernen oder zu übermalen – ein Sinnbild des Gehorsams und der Furcht vor dem Terror der Taliban (orf.at 17.8.2021). (Quellen dieser Sonderinformation der Staatendokumentation: • BAMF (16.8.2021): Briefing Notes, per Email; • bbc.com (o.D.): Afghanistan: US takes control of Kabul
airport to evacuate staff from countryhttps://www.bbc.com/news/world-asia-58227029, Zugriff 16.8.2021; • Die Presse (17.8.2021): Die Türkei schottet sich mit Mauer gegen Flüchtlinge ab, https://www.diepresse.com/6021855/die-turkei-schottet-sich-mit-mauer-gegen-fluchtlinge-ab, Zugriff 17.8.2021; • IOM (16.8.2021): Aussetzung der Freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan, per Email; • orf.at (16.8.2021): Krieg in Afghanistan ist vorbei, https://orf.at/stories/3225020/, Zugriff 16.8.2021; • orf.at (16.8.2021a): Verzweifelte Fluchtversuche aus Kabul, https://orf.at/stories/3225106/, Zugriff 17.8.2021; • orf.at (16.8.2021b): Nachbarländer in großer Unruhe, https://orf.at/stories/3225071/, Zugriff 17.8.2021).
Quelle: UNHCR-POSITION ZUR RÜCKKEHR NACH AFGHANISTAN August 2021:
Als Folge des Rückzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan hat sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage in großen Teilen des Landes rapide verschlechtert. Die Taliban haben in einer schnell wachsenden Anzahl an Provinzen die Kontrolle übernommen, wobei sich ihr Vormarsch im August 2021 nochmals beschleunigte, als sie 26 von 34 Provinzhauptstädten innerhalb von zehn Tagen einnahmen und schließlich den Präsidentenpalast in Kabul unter ihre Kontrolle brachten. Die stark zunehmende Gewalt hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Kindern. UNHCR ist besorgt über die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung, einschließlich Frauen und Kindern, sowie an Afghan*innen, bei denen die Taliban davon ausgehen, dass sie mit der afghanischen Regierung oder den internationalen Streitkräften in Afghanistan oder mit internationalen Organisationen im Land in Verbindung stehen oder standen. Aufgrund des Konflikts sind seit Anfang 2021 Schätzungen zufolge über 550.000 Afghan*innen innerhalb des Landes neu vertrieben worden, davon 126.000 neue Binnenvertriebene allein zwischen 7. Juli und 9. August 2021. Während es bis dato noch keine genauen Zahlen gibt, wie viele Afghan*innen das Land aufgrund der Kampfhandlungen und Menschenrechtsverletzungen verlassen haben, haben Berichten zufolge zehntausende Afghan*innen in den letzten Wochen die Landesgrenzen überschritten.
Da die Situation in Afghanistan instabil und unsicher bleibt, fordert UNHCR alle Länder dazu auf, der aus Afghanistan fliehenden Zivilbevölkerung Zugang zu ihrem Staatsgebiet zu gewähren und die Einhaltung des Non-Refoulement-Grundsatzes durchgehend sicherzustellen. UNHCR weist auf die Notwendigkeit hin zu gewährleisten, dass das Recht, Asyl zu beantragen, nicht eingeschränkt wird, dass Grenzen offengehalten werden und dass Personen, die internationalen Schutzbedarf haben, nicht in Gebiete innerhalb ihres Herkunftslands zurückgedrängt werden, die möglicherweise gefährlich sind. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu berücksichtigen, dass Staaten auch gemäß Völkergewohnheitsrecht verpflichtet sind, die Grenzen für die vor dem Konflikt fliehende Zivilbevölkerung offen zu halten und Flüchtlinge nicht zwangsweise zurückzuführen. Der Non Refoulement-Grundsatz beinhaltet auch die Nicht-Zurückweisung an der Grenze.
Aufgrund der Unbeständigkeit der Situation in Afghanistan hält UNHCR es nicht für angemessen, afghanischen Staatsangehörigen und Personen mit vormaligem gewöhnlichen Aufenthalt in Afghanistan internationalen Schutz mit der Begründung einer internen Flucht- oder Neuansiedlungsperspektive zu verwehren
Quelle: Kurzinformation der Staatendokumentation Aktuelle Entwicklungen und Informationen in Afghanistan Stand: 20.8.202:
Die Spitzenpolitiker der Taliban sind aus Katar, wo viele von ihnen im Exil lebten, nach Afghanistan zurückgekehrt. Frauen werden Rechte gemäß der Scharia [islamisches Recht] genießen, so der Sprecher der Taliban. Nach Angaben des Weißen Hauses haben die Taliban versprochen, dass Zivilisten sicher zum Flughafen von Kabul reisen können. Berichten zufolge wurden Afghanen auf dem Weg dorthin von Taliban-Wachen verprügelt. Lokalen Berichten zufolge sind die Straßen von Kabul ruhig. Die Militanten sind in der ganzen Stadt unterwegs und besetzen Kontrollpunkte (bbc.com o.D.a) Die internationalen Evakuierungsmissionen von Ausländerinnen und Ausländern sowie Ortskräften aus Afghanistan gehen weiter, immer wieder gibt es dabei Probleme. Die Angaben darüber, wie viele Menschen bereits in Sicherheit gebracht werden konnten, gehen auseinander, die Rede ist von 2.000 bis 4.000, hauptsächlich ausländisches Botschaftspersonal. Es mehren sich aktuell Zweifel, dass auch der Großteil der Ortskräfte aus dem Land gebracht werden kann. Bei Protesten gegen die Taliban in Jalalabad wurden unterdessen laut Augenzeugen drei Menschen getötet (orf.at o.D.a). Jalalabad wurde kampflos von den Taliban eingenommen. Mit ihrer Einnahme sicherte sich die Gruppe wichtige Verbindungsstraßen zwischen Afghanistan und Pakistan. Am Mittwoch (18.8.2021) wurden jedoch Menschen in der Gegend dabei gefilmt, wie sie zur Unterstützung der alten afghanischen Flagge marschierten, bevor Berichten zufolge in der Nähe Schüsse abgefeuert wurden, um die Menschenmenge zu zerstreuen. Das von den Taliban neu ausgerufene Islamische Emirat Afghanistan hat bisher eine weiße Flagge mit einer schwarzen Schahada (Glaubensbekenntnis) verwendet. Die schwarz-rot-grüne Trikolore, die heute von den Demonstranten verwendet wurde, gilt als Symbol für die abgesetzte Regierung. Der Sprecher der Taliban erklärte, dass derzeit Gespräche über die künftige Nationalflagge geführt werden, wobei eine Entscheidung von der neuen Regierung getroffen werden soll (bbc.com o.D.b). Während auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul weiter der Ausnahmezustand
herrscht, hat es bei einer Kundgebung in einer Provinzhauptstadt erneut Tote gegeben. In der Stadt Asadabad in der Provinz Kunar wurden nach Angaben eines Augenzeugen mehrere Teilnehmer einer Kundgebung zum afghanischen Nationalfeiertag getötet. Widerstand bildete sich auch im Panjshirtal, eine Hochburg der Tadschiken nordöstlich von Kabul. In der „Washington Post“ forderte ihr Anführer Ahmad Massoud, Chef der Nationalen Widerstandsfront Afghanistans, Waffen für den Kampf gegen die Taliban. Er wolle den Kampf für eine freiheitliche Gesellschaft fortsetzen (orf.at o.D.c). Einem Geheimdienstbericht für die UN zufolge verstärken die Taliban die Suche nach "Kollaborateuren". In mehreren Städten kam es zu weiteren Anti-Taliban-Protesten. Nach Angaben eines Taliban-Beamten wurden seit Sonntag mindestens 12 Menschen auf dem Flughafen von Kabul getötet. Westliche Länder evakuieren weiterhin Staatsangehörige und Afghanen, die für sie arbeiten. Der IWF erklärt, dass Afghanistan keinen Zugang mehr zu seinen Geldern haben wird (bbc.com o.D.d). Vor den Taliban in Afghanistan flüchtende Menschen sind in wachsender medizinischer Not. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtete, dass in Kliniken in Kabul und anderen afghanischen Städten immer mehr Fälle von Durchfallerkrankungen, Mangelernährung, Bluthochdruck und Corona-Symptomen aufträten. Dazu kämen vermehrt Schwangerschaftskomplikationen. Die WHO habe zwei mobile Gesundheitsteams bereitgestellt, aber der Einsatz müsse wegen der Sicherheitslage immer wieder unterbrochen werden (zdf.de 18.8.2021). Priorität für die VN hat derzeit, dass die UNAMA-Mission in Kabul bleibe. Derzeit befindet sich ein Teil des VN-Personals am Flughafen, um einen anderen Standort (unklar ob in AF) aufzusuchen und von dort die Tätigkeit fortzuführen. Oberste Priorität der VN sei es die Präsenz im Land sicherzustellen. Zwecks Sicherstellung der humanitären Hilfe werde auch mit den Taliban verhandelt (? Anerkennung). Ein Schlüsselelement dabei ist die VN-SR Verlängerung des UNAMA-Mandats am 17. September 2021 (VN 18.8.2021). Exkurs: Die Anführer der Taliban Mit der Eroberung Kabuls haben die Taliban 20 Jahre nach ihrem Sturz wieder die Macht in Afghanistan übernommen. Dass sie sich in ersten öffentlichen Statements gemäßigter zeigen, wird von internationalen Beobachtern mit viel Skepsis beurteilt. Grund dafür ist unter anderem auch, dass an der Spitze der Miliz vor allem jene Männer stehen, die in den vergangenen Jahrzehnten für Terrorangriffe und Gräueltaten im Namen des Islam verantwortlich gemacht werden. Geheimdienstkreisen zufolge führen die Taliban derzeit Gespräche, wie ihre Regierung aussehen wird, welchen Namen und Struktur sie haben soll und wer sie führen wird. Demzufolge könnte Abdul Ghani Baradar einen Posten ähnlich einem Ministerpräsidenten erhalten („Sadar-e Asam“) und allen Ministern vorstehen. Er trat in den vergangenen Jahren als Verhandler und Führungsfigur als einer der wenigen TalibanFührer auch nach außen auf. Wesentlich weniger international im Rampenlicht steht der eigentliche Taliban-Chef und „Anführer der Gläubigen“ (arabisch: amir al-mu’minin), Haibatullah Akhundzada. Er soll die endgültigen Entscheidungen über politische, religiöse und militärische Angelegenheiten der Taliban treffen. Der religiöse Hardliner gehört ebenfalls zur Gründergeneration der Miliz, während der ersten Taliban-Herrschaft fungierte er als oberster Richter des SchariaGerichts, das für unzählige Todesurteile verantwortlich gemacht wird. Der Oberste Rat der Taliban ernannte 2016 zugleich Mohammad Yaqoob und Sirajuddin Haqqani zu Akhundzadas Stellvertretern. Letzterer ist zugleich Anführer des für seinen Einsatz von Selbstmordattentätern bekannten Haqqani-Netzwerks, das von den USA als Terrororganisation eingestuft wird. Es soll für einige der größten Anschläge der vergangenen Jahre in Kabul verantwortlich sein, mehrere ranghohe afghanische Regierungsbeamte ermordet und etliche westliche Bürger entführt haben. Vermutet wird, dass es die TalibanEinsätze im gebirgigen Osten des Landes steuert und großen Einfluss in den Führungsgremien der Taliban besitzt. Der etwa 45-jährige Haqqani wird von den USA mit einem siebenstelligen Kopfgeld gesucht. Zur alten Führungsriege gehört weiters Sher Mohammad Abbas Stanikzai. In der TalibanRegierung bis 2001 war er stellvertretender Außen- und Gesundheitsminister. 2015 wurde er unter Mansoor Akhtar Büroleiter der Taliban. Als Chefunterhändler führte er später die Taliban-Delegationen bei den Verhandlungen mit den USA und der afghanischen Regierung an. Ein weiterer offenkundig hochrangiger Taliban ist der bereits seit Jahren als Sprecher der Miliz bekannte Zabihullah Mujahid. In einer ersten Pressekonferenz nach der Machtübernahme schlug er, im Gegensatz zu seinen früheren Aussagen, versöhnliche Töne gegenüber der afghanischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft an (orf.at o.D.b; vgl. bbc.com o.D.c). Stärke der Taliban-Kampftruppen Obwohl in den vergangenen Jahren 100.000 ausländische Soldaten im Land waren, konnten die Taliban-Führer eine offenkundig von ausländischen Geheimdiensten unterschätzte Kampftruppe zusammenstellen. Laut BBC geht man derzeit von rund 60.000 Kämpfern aus, mit Unterstützern aus anderen Milizen sollen fast 200.000 Männer aufseiten der Taliban den Sturz der Regierung ermöglicht haben. Völlig unklar ist noch, wie viele Soldaten aus der Armee übergelaufen sind (orf.at o.D.b).
2. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.
Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des BF ergeben sich aus seinen Angaben im Vorverfahren und im gegenständlichen Verfahren. Die Identität des BF steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest, zumal ihm vordem auch der Status als subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt worden war. Die Feststellungen zu seinem Privat-und Familienleben ergeben sich aus der Aktenlage, sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten unbedenklichen Urkunden (Integrationsunterlagen).
Situation in Afghanistan
Die Feststellungen über das Herkunftsland ergeben sich aus den oben zitierten Quellen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Zu A.)
§ 9 AsylG lautet wie folgt:
„Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2. er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3. er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.
(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.“
Gemäß § 9 Abs. 1, erster Halbsatz, AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1);
Im vorliegenden Fall stützt die belangte Behörde ihre nun angefochtene Entscheidung auf § 9 Abs 1 Z 1, erster Fall. Diese Bestimmung stellt darauf ab, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung nie vorgelegen haben. Für den Beschwerdeführer existierten mit Harat und Mazar-e-Sharif innerstaatliche Fluchtalternativen.
Die belangte Behörde stützt die von ihr ausgesprochene Aberkennung des subsidiären Schutzes ferner darauf, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig, ferner mit den kulturellen und sprachlichen Gepflogenheiten in seinem Heimatland vertraut sei Er sei anpassungsfähig sowie anpassungswillig. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen (Dienstzeugnisse, Prüfungszertifikate etc.) festgestellt, dass er sich mittlerweile in Österreich in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert hat und auf diesem Weg Berufserfahrung sammeln konnte, somit aktuell über eine im Erwachsenenalter erworbene Berufserfahrung verfügt.
Eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Änderung des Sachverhaltes erübrigt sich allerdings aus nachstehenden Gründen:
Wie aus den aktuellen Länderfeststellungen betreffend Afghanistan hervorgeht, hat sich die dortige Sicherheitslage seit 15.08.2021 in einer Weise maßgeblich verschlechtert, dass jedenfalls davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr Gefahr laufen würde, ernsthaften Schaden zu erleiden bzw. in eine ausweglose Situation zu geraten, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde. Dass es sich bei der in Afghanistan bestehenden Entwicklung der Sicherheitslage um eine bloß vorübergehende Erscheinung handeln würde, kann nicht angenommen werden. Die aktuell anzunehmende Gefährdungslage bezieht sich ferner auf ganz Afghanistan. Weder Kabul noch Mazar-e-Sharif, noch Herat können aktuell als innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 AsylG angenommen werden. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland würde somit eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 E-MRK bedeuten.
Im Ergebnis ist daher keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts eingetreten, die eine Aberkennung der mit Bescheid vom 22.08.2017 zuerkannten Berechtigung zu subsidiärem Schutz rechtfertigen würde.
Die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers erfolgte aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 8 Abs. 4 AsylG.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 aktuelle Länderfeststellungen befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung ersatzlose Teilbehebung Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Sicherheitslage Verlängerung Verschlechterung wesentliche ÄnderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W213.2225403.1.00Im RIS seit
03.12.2021Zuletzt aktualisiert am
03.12.2021