TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0782

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2 idF 1992/838;
AsylG 1991 §7 Abs1;
FlKonv Art1;
FlKonv Art31;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §22;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des J in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 20. Juni 1996, Zl. Fr-273/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Liberia, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG ausgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 16. Mai 1996 im Gemeindegebiet von Deutschkreuz zu Fuß unter Umgehung der Grenzkontrolle von Ungarn kommend illegal nach Österreich eingereist sei. Er sei von im Assistenzeinsatz befindlichen Soldaten des österreichischen Bundesheeres aufgegriffen und festgenommen worden.

Der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG sei erfüllt. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - dem nie ein rechtmäßiger Aufenthalt vorausgegangen sei - noch dazu ohne entsprechende Barmittel, stelle eine derart grobe Beeinträchtigung des maßgeblichen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen von solchem Gewicht dar, daß das Dringend-geboten-Sein der Ausweisung eindeutig zu bejahen sei.

Ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz käme dem Beschwerdeführer nur bei direkter Einreise zu. Eine solche liege im gegenständlichen Fall jedoch nicht vor, weil der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben nicht "direkt" aus Liberia, sondern aus Ungarn illegal nach Österreich eingereist sei. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer das in Ungarn mögliche UNHCR-Verfahren samt dem damit verbundenen de-facto-Schutz vor Verfolgung nicht hätte in Anspruch nehmen können. Darüber hinaus sei zu bemerken, daß das mit 1. Mai 1994 in Kraft getretene ungarische Ausländerrecht in seinem Art. 32 das "Refoulement-Verbot" des Art. 33 GFK übernommen habe. Auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 seien nicht gegeben, weil keine Anhaltspunkte gegeben seien, daß dem Beschwerdeführer die Einreise formlos gestattet worden wäre. Dem Beschwerdeführer komme sohin keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zu.

Der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG lasse keinen Zweifel daran, daß dieser Ausweisungstatbestand in allen Fällen verwirklicht sei, in denen ein Fremder - aus welchen Motiven und mit welchem Ziel auch immer - unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelange und im Zustand des unrechtmäßigen Aufenthaltes innerhalb eines Monats nach einer solchen Einreise entdeckt werde. Dem Anlaß des Entdecktwerdens komme keine rechtliche Relevanz zu. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers verliere die Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht an Gewicht, wenn ein Fremder, wie im Beschwerdefall, anläßlich seiner unter Mithilfe von diversen Schleppern organisierten Flucht aus seiner Heimat keinerlei Reisedokumente mitnehmen habe können und auch nicht gewußt habe, in welches Land er geführt werde. Aus einem solchen Vorbringen ergebe sich vielmehr, daß der Beschwerdeführer die Verletzung der entsprechenden Vorschriften zumindest in Kauf genommen habe. Dazu komme, daß gerade an der Bekämpfung des Schlepperunwesens ein gewichtiges öffentliches Interesse bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich eingereist ist, unbestritten. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsannahme ist der von der belangten Behörde gezogene rechtliche Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG unbedenklich.

Selbst wenn man die Ausführungen in der Beschwerde, daß der Beschwerdeführer "in seinem Recht auf fehlerfreie Handhabung des Asylgesetzes, insbesondere auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt worden sei" bzw. "daß im Hinblick auf den Kriegszustand in Liberia einerseits die Voraussetzungen für das Asylgesetz gegeben seien" dahingehend deutet, daß damit die Auffassung der belangten Behörde, die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 seien nicht gegeben, bekämpft werden, kann dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 sind die Bestimmungen des § 17 FrG auf den Beschwerdeführer anwendbar, wenn ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt. Die Auffassung im angefochtenen Bescheid, daß dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukommt, ist unbedenklich: Nach den unbestrittenen Feststellungen gelangte der Beschwerdeführer weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich; ferner liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, er hätte gemäß § 37 Fremdengesetz wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Ungarn) zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991). Ein allenfalls fristgerechter Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0599).

Die belangte Behörde hat bei der Ermessensübung gemäß § 17 Abs. 2 FrG zutreffend auf das hohe Gewicht der Störung der öffentlichen Ordnung abgestellt. Im Hinblick darauf, daß den für die Einreise und für den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein hoher Stellenwert zukommt, handelt es sich bei diesbezüglichen Verstößen keinesfalls um eine bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung, weshalb die im Grunde des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG verfügte Ausweisung nicht als rechtswidrig zu erkennen ist.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf den Kriegszustand in seinem Heimatland geht insofern fehl, als mit der Erlassung der Ausweisung zwar die Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet verbunden ist (§ 22 FrG), nicht jedoch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er allenfalls abgeschoben werde (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0193).

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210782.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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