TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0339

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des X in M, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Februar 1996, Zl. St 19/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 i.V.m. den §§ 19 bis 21 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß sich der Beschwerdeführer seit dem 25. April 1991 im Bundesgebiet aufhalte. Dem Beschwerdeführer seien Sichtvermerke bis 20. August 1993 erteilt worden. Sein Antrag vom 9. Juni 1993 auf Erteilung eines weiteren Sichtvermerkes sei ebenso abgewiesen worden wie sein letzter Antrag vom 20. August 1993 auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Seither halte sich der Beschwerdeführer ohne entsprechende Bewilligung im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer sei wie folgt rechtskräftig bestraft worden:

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am 2.6.1992, § 5 Abs. 1 StVO, Geldstrafe S 10.000,--

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am 2.6.1992, § 64 Abs. 1 KFG, Geldstrafe S 1.000,--

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am 25.8.1992, § 40 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Paßgesetz 1969, Geldstrafe S 500,--

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am 12.5.1993, § 5 Abs. 1 StVO, Geldstrafe S 12.000,--

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am 8.6.1993, § 52a Z. 10a StVO, Geldstrafe S 300,--

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am 21.2.1995, § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG, Geldstrafe S 3.000,--

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am 12.5.1995, § 5 Abs. 1 StVO, Geldstrafe S 22.000,--

Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 26. Juli 1995 rechtskräftig wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 zweiter Fall StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Bei der Einvernahme am 25. August 1992 sei der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden, daß bei Begehung neuerlicher Straftaten bzw. Setzung krimineller Handlungen mit der Einleitung fremdenpolizeilicher Maßnahmen bis hin zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zu rechnen sei.

Nach den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am 21. Februar 1995 sei er beschäftigt. Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe zwei Kinder. Seine Gattin und die Kinder hielten sich ebenfalls in Österreich auf.

Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei insofern erfüllt, als Verwaltungsübertretungen nach § 5 StVO und § 64 Abs. 1 KFG zu den schwerwiegendsten Verwaltungsübertretungen zählten. Angesichts der von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahr für die Allgemeinheit und des Umstandes, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz zähle, sowie des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der österreichischen Rechtsordnung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung überhaupt zukomme, sei nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern auch das Aufenthaltsverbot im Lichte des § 19 leg. cit. dringend geboten. Die rechtskräftigen Bestrafungen und auch eine niederschriftliche Ermahnung hätten nicht ausgereicht, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit werde noch dadurch unterstrichen, daß der Beschwerdeführer bereits einmal einen Verkehrsunfall in alkoholisiertem Zustand verursacht habe. Erwähnt sei auch, daß sich der Beschwerdeführer seit 20. August 1993, also seit mehr als zwei Jahren, ohne entsprechende Bewilligung im Bundesgebiet aufhalte.

In Anbetracht des Aufenthaltes seit 1991 - wenn auch großteils illegal - und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers sowie des Aufenthaltes seiner Familie werde in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehende Gefahr lasse die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die negativen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde bestreitet weder den von der belangten Behörde als maßgeblich angenommenen Sachverhalt der rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers noch bekämpft sie den daraus gezogenen Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG und die Berechtigung der im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde sei auf die von ihm angebotene freiwillige Zurücklegung des Führerscheines nicht eingegangen. Sie habe sich daher nicht mit der Rechtsfrage befaßt, ob dadurch bei der Interessenabwägung die Gefährdungswirkung verneint werden könne. Da mit Ausnahme von der Inbetriebnahme von Kraftfahrzeugen im alkoholisierten Zustand keine Gründe vorlägen, denen zufolge gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen wäre, hätte die belangte Behörde in richtiger Rechtsanwendung unter Akzeptanz der angebotenen freiwilligen Zurücklegung der Lenkerberechtigung von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes absehen können. Ebenso habe sich die belangte Behörde nicht damit auseinandergesetzt, daß er im Falle eines Aufenthaltsverbotes von seiner Frau und seinen Kindern getrennt werde. Diese hätten aufrechte Aufenthaltsbewilligungen. Diese Umstände erschienen im Hinblick auf die Bestimmung des § 19 und des § 20 Abs. 1 FrG von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Zunächst ist der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, derzufolge dem Schutz des durch alkoholisierte Kraftfahrzeuglenker gefährdeten öffentlichen Interesses keinesfalls schon durch den Entzug der Lenkerberechtigung Genüge getan wird (vgl. das Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/21/0153). Daß die Entziehung der Lenkerberechtigung nicht neuerliche Verstöße gegen § 5 Abs. 1 StVO verhindert, zeigt das Beispiel des Beschwerdeführers sehr deutlich, der sich durch die mehrmonatige Entziehung der Lenkerberechtigung im Jahr 1993 nicht davon abhalten ließ, im Jahre 1995 ein weiteres mal dem § 5 Abs. 1 StVO zuwiderzuhandeln. Dazu kommt, daß auch zwei rechtskräftige Bestrafungen den Beschwerdeführer nicht von der Begehung weiterer solcher Straftaten abhalten konnten. Wenn die belangte Behörde daher angesichts dieser Hartnäckigkeit, mit welcher der Beschwerdeführer durch sein rechtswidriges Verhalten andere Verkehrsteilnehmer beträchtlichen Gefahren aussetzte und darüber hinaus auch in einem Falle bereits einen Verkehrsunfall verursachte, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes - ungeachtet des damit verbundenen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit und der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) für notwendig und daher im Grunde des § 19 FrG für zulässig erachtete, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Wenn also schon der Entzug der Lenkerberechtigung nicht ausreicht, so kann eine Erklärung, die Berechtigung freiwillig zurückzulegen, erst recht nicht als ausreichend angesehen werden. Dazu kommt aber noch, daß sich das Aufenthaltsverbot entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch auf einen weiteren Umstand, nämlich den der rechtskräftigen Bestrafung wegen des unerlaubten Aufenthaltes am 21. Februar 1995 und des auch seither rechtswidrigen Aufenthaltes stützt. Diese Umstände verstärken nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern auch die Zulässigkeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG.

Daß mit dem Aufenthaltsverbot nicht unbedeutende Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie verbunden sind, wurde von der belangten Behörde ohnedies berücksichtigt. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, nahm die belangte Behörde auf alle für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände Bedacht. Wenn sie dennoch zu dem Ergebnis gelangte, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie, so stößt diese Rechtsansicht im Hinblick auf die mehrfachen gravierenden Übertretungen der StVO in Verbindung mit der Tatsache, daß sich der Beschwerdeführer ungeachtet der Entziehung der Lenkerberechtigung und der Androhung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall neuerlicher Straftaten zwei weitere Verstöße gegen § 5 Abs. 1 StVO zuschulden kommen ließ, auf keine Bedenken (vgl. auch hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 96/21/0153).

Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210339.X00

Im RIS seit

09.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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