TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/18 W182 2151436-4

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Veröffentlicht am 18.10.2021
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Entscheidungsdatum

18.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch


W182 2151436-4/3E

W182 2151439-4/3E

W182 2151438-4/3E

W182 2151433-4/3E

W182 2204190-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl. 1089458005/210952982, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, idF BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG) idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG) idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

2.)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl. 1089458201/210952915, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, idF BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG) idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG) idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

3.)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl. 1089458506/210953215, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, idF BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG) idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG) idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

4.)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl. 1099536502/210953253, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, idF BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG) idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG) idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

5.)

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.09.2021, Zl. 1174027101/210953296, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, idF BGBl. I Nr. 51/1991 (AVG) idgF, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012(BFA-VG) idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2, Abs. 9, § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF), ein Ehepaar (BF1 und BF2) und ihre drei minderjährigen Kinder im Alter von XXXX (BF3), XXXX (BF4) und XXXX Jahren (BF5), sind Staatsangehörige von Georgien und gehören der georgischen Volksgruppe an.

Die BF beantragten am 30.09.2015 bzw. im November 2015 und im November 2017 (nach der Geburt des BF4 und BF5) erstmals internationalen Schutz.

1.2. Zu ihren Fluchtgründen gaben sie an, der BF1 sei mehrmals von seinem Wohnort in Zentralgeorgien nach Abchasien zu dort lebenden Verwandten (zur Schwester seiner Mutter sowie deren prominentem Ehemann, ein wohlhabender und einflussreicher Geschäftsmann) gereist, woraufhin ihn die zentralgeorgischen Behörden aufgefordert hätten, Spionage für die Regierung zu betreiben. Dies habe der BF1 verweigert, weshalb er und die BF2 in der Folge erheblichen staatlichen Repressalien ausgesetzt gewesen seien.

Konkret gab der BF1 in der Einvernahme am 04.04.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) zu den angeblichen Vorfällen zu Protokoll, dass er im Juli 2014 von einem hochrangigen Sicherheitsoffizier namens XXXX gezielt zur Situation in Abchasien befragt worden und ihm das Angebot gemacht worden sei, über den Mann seiner Tante Informationen für die Behörde einzuholen, was der BF1 abgelehnt habe. Dem BF1 sei eine Woche Bedenkzeit eingeräumt worden. Nach einer Woche sei er von einer anderen Person der Behörde kontaktiert und zu seiner Entscheidung befragt worden, wobei der BF1 erneut abgelehnt habe. Er sei dann von der Person bedroht worden. Direkt nach dem Anruf habe der BF1 anonyme Droh-SMS erhalten, wobei diese mit der Zeit deutlich zugenommen hätten. Er sei seither auch beobachtet worden. Im August 2014 sei in die Wohnung seiner Eltern eingebrochen worden, zehn Tage später, am 22.08.2014 sei seine Frau im Stiegenhaus von drei Männern bedroht worden. Diese hätten mit einer Waffe auf ihren Kopf gezielt und sie aufgefordert, dem BF1 auszurichten, dass er vernünftig sein und das Angebot annehmen solle, sonst würde in seiner Familie niemand überleben. Im Februar 2015 sei der BF1 dann von vier Männer von der Straße an einem unbekannten Ort verschleppt worden, wo er geschlagen, und mit dem Umbringen bedroht worden sei. Man habe auf seine Füße geschossen, ohne sie zu treffen. Es sei ihm mit Hinweis auf dem Gatten seiner Tante zu verstehen gegeben worden, dass dies die letzte Warnung sei. Danach seien die Männer gegangen. Er habe sich dann bis zu seiner Ausreise im August 2015 bei seiner Urgroßmutter in Westgeorgien versteckt. Am 30.09.2015 sei er dann nach Österreich eingereist.

1.3. Nachdem frühere Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom März 2017 und vom August 2018 zur Entscheidung über diese Anträge aufgrund von Beschwerden der BF vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt zurückverwiesen worden waren, wies das Bundesamt - nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens - mit Bescheiden vom 13.02.2019 diese Anträge abermals zur Gänze ab, erteilte den BF keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Georgien zulässig sei, und setzte jeweils eine Frist für ihre freiwillige Ausreise.

1.4. Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 30.11.2020, Zlen. L515 2151436-3/38E (BF1), L515 2151439-3/19E (BF2), L515 2151438-3/14E (BF3), L515 2151433-3/14E (BF4) und L515 2204190-2/14E (BF5), als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht gelangte, was die Nichtzuerkennung von Asyl betrifft, zu der Feststellung, dass die Fluchtvorbringen der BF nicht glaubhaft seien. Auch subsidiärer Schutz sei - nicht zuletzt, weil es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gemäß § 19 BFA-VG handle - nicht zu gewähren. Betreffend die Rückkehrentscheidung legte das Bundesverwaltungsgericht begründet dar, weshalb es davon ausgehe, dass den Kindern eine Ansiedlung in Georgien gemeinsam mit den Eltern zumutbar sei und dass sie sich dort aufgrund ihres anpassungsfähigen Alters und der vorhandenen familiären Anbindungen integrieren könnten.

1.5. Dagegen erhoben die BF zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluss vom 23.02.2021, Zl. E 130-134/2021-8, abgelehnt und die dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurden. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Revisionen der BF mit Beschluss vom 07.06.2021, Zl. Ra 2021/18/0176 bis 0180-8, ab.

2.1. Die BF sind im Bundesgebiet verblieben und stellten bereits am 14.07.2021 die gegenständlichen Folgeanträge auf internationalen Schutz.

2.2. Diese begründete der BF1 in einer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.07.2021 im Wesentlichen damit, dass er im Jahr 2015 von Kriminellen mit dem Umbringen bedroht worden sei, weil er im Jahr 2011 diese an die Polizei gemeldet habe. Er sei damals als Agent für die Polizei tätig gewesen. Der BF1 habe ursprünglich gedacht, dass es sich bei den Personen, die ihn bedroht hätten, um Leute der Regierung gehandelt hätte. Aber zwei oder drei Tage vor seiner gegenständlichen Antragstellung habe er einen Brief des georgischen Innenministeriums erhalten, in dem ihm mitgeteilt werde, dass er als anerkanntes Opfer von diesen Kriminellen geführt werde. Die Kriminellen seien 2012 bzw. 2013 im Rahmen einer Amnestie wieder freigelassen worden und würden seither versuchen, den BF1 und seine Familie zu finden und umzubringen. Seine Mutter sei darauf angesprochen worden, wo sich seine Familie befinde. Bei einer Rückkehr nach Georgien fürchte der BF1 daher um seine sowie die Sicherheit seiner Familie.

Die BF2 brachte in der Erstbefragung im Wesentlichen ergänzend vor, dass der BF1 vor etwa zweieinhalb Monaten mit seinem ehemaligen Chef vom Geheimdienst telefoniert habe. Es habe sich an ihren ursprünglichen Fluchtgründen nichts geändert, bis auf, dass sie nunmehr vom ehemaligen Chef vom Geheimdienst bzw. in einem Brief des georgischen Innenministeriums erfahren haben, dass sie damals nicht von Leuten des Geheimdienstes, sondern von Kriminellen bedroht worden seien.

Von den BF wurde u.a. als neues Beweismittel ein undatiertes und nicht unterfertigtes angebliches Bestätigungsschreiben eines Untersuchungsrichters des georgischen Innenministeriums vorgelegt, wonach dem BF1 aufgrund eines Antrages seines Anwaltes mitgeteilt werde, dass wegen eines Überfalles auf ihn und eines Mordversuches ein Strafverfahren eingeleitet und ihm der Status eines Geschädigten zuerkannt worden sei. Weiters wurden Ladungen des BF1 als Zeugen in Strafsachen durch einen (anderen) georgischen Untersuchungsrichter für den XXXX 2014 sowie für den XXXX 2011 vorgelegt.

Den BF wurden am 29.07.2021 Verfahrensanordnungen nach § 29 Abs. 3 AsylG 2005, wonach beabsichtigt werde, die Anträge der BF wegen entschiedener Sache zurückzuweisen,zugestellt.

In einer Einvernahme beim Bundesamt am 27.07.2021 sowie am 17.08.2021 brachte der BF1 im Wesentlichen dazu vor, dass seine Mutter in Georgien von seinem ehemaligen Vorgesetzten bei der Polizei kontaktiert worden sei und sich dieser nach dem BF1 erkundigt habe. Der BF1 habe dann wiederholt mit ihm telefoniert. Letzterer habe dann die vorgelegten Unterlagen „aus der Polizeikanzlei“ ausheben und dem BF1 drei Tage vor seiner Antragstellung zukommen lassen, um ihn zu unterstützen. Zu den Ladungen brachte der BF1 vor, dass er 2011 als Zeuge geladen worden sei, um einen Täter wiederzuerkennen. 2015 sei er von XXXX befragt worden, was ihm seitens des Bundesamtes nicht geglaubt worden sei. Er habe nun die Bestätigung, dass es passiert sei. Als er geladen und ihm Geld für Informationen angeboten worden sei, habe er gedacht, dass er vom Staat verfolgt worden sei. Doch es seien im Zuge der Amnestie freigelassene Kriminelle gewesen. Dies habe er erst zum Schluss erfahren. Die Personen, die auf ihn geschossen und seine Frau bedroht hätten, seien noch nicht inhaftiert und würden ihn als Verräter betrachten. Das Verfahren sei eingeleitet worden, aber die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen.

Die BF2 brachte ergänzend vor, dass bei der Mutter und dem Bruder des BF1 nach diesem gefragt worden wäre. Alles was sie über die neuen Entwicklungen und Vorfälle bezüglich ihres Gatten wisse, habe sie ausschließlich von diesem erfahren.

3.1. Mit den nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge auf internationalen Schutz der BF gemäß § 68 Abs. 1 AVG bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt II.) zurückgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG nach georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass nach § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

3.2. Seitens des Bundesamtes wurde in den Bescheiden u.a. festgestellt, dass die BF georgische Staatsangehörige seien und ihre Identität feststehe. Sie würden an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leiden und seien nicht immungeschwächt. Das Verfahren hinsichtlich der (Erst-)Anträge auf internationalen Schutz der BF vom 30.09.2015 (bzw. November 2015 und November 2017) seien mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2020 abgewiesen worden, welche mit 01.12.2020 rechtskräftig geworden seien. Die BF haben im neuerlichen Asylverfahren keine asylrelevanten Gründe vorgebracht bzw. habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. Die BF haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahestehenden Person zusammen. Sie leben ausschließlich von der Grundversorgung. Die BF1 – BF4 verfügen über Deutschkenntnisse, die ihnen eine Kommunikation in dieser Sprache ermöglichen. Gegen den BF1 liege in Österreich eine rechtskräftige Verurteilung durch ein Landesgericht vom März 2018 wegen schwerer Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB zu einer zur Hälfte bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 180 Tagsätzen zu je € 4 vor. Der Aufenthalt der BF in Österreich sei niemals als sicher anzusehen gewesen. Ihr Privat- und Familienleben habe sich seit Rechtskraft ihres Vorverfahrens nicht geändert. Unter Beachtung sämtlicher bekannten Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 8 erkannt werden.

3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat Georgien wurde festgestellt:


„[…]

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung: 29.03.2021

Sofern nicht anders angegeben, schließen die Themenbereiche zu Georgien die Situation in den separatistischen Landesteilen Abchasien und Südossetien nicht ein.

Die Verwendung von Bezeichnungen wie "Regierung", "Behörden" o.Ä. im Zusammenhang mit Abchasien oder Südossetien stellen keine Wertung der Staatendokumentation hinsichtlich des Status dieser Gebiete dar.

COVID-19

Letzte Änderung: 29.03.2021

COVID-19-Infektionen kommen in allen Regionen des Landes vor; und es kommt landesweit zu unkontrollierter Übertragung von COVID-19 (USEMB 25.2.2021).

Georgien hat die Verbreitung von COVID-19 im Frühling 2020 durch strenge Maßnahmen weitgehend eingedämmt. Nachdem im Sommer 2020 die strengen Regeln aufgehoben, die Einreisebestimmungen an den Grenzen gelockert und Inlandstourismus beworben wurde, kam es ab Ende August 2020 zu einem exponentiellen Anstieg bei positiven Tests. Bis Mitte September 2020 stieg die Zahl der täglichen positiven Testergebnisse von niedrigen zweistelligen Zahlen auf etwa 150 (Eurasianet 18.9.2020) und um Mitte Oktober auf ungefähr 1.000 (Jam 16.10.2020). Gegen Ende November 2020 lag die tägliche Zahl positiver Tests um die 4.000 und die der Verstorbenen an oder mit SARS-CoV-2 bei 35-50 Personen (Agenda 26.11.2020). Im Dezember stieg die tägliche Zahl der Infektionen auf ca. 5.000. Mit strengen Maßnahmen konnte die zweite Welle bis Mitte Jänner 2021 weitgehend unter Kontrolle gebracht werden (civil 18.1.2021)

Die zentrale Homepage der Regierung mit Informationen über Covid-19 ist in Georgien unter www.stopcov.ge zu finden. Die Internetseite ist neben Georgisch auch auf Englisch, Abchasisch, Aserbaidschanisch, Armenisch und Russisch verfügbar. Somit wird gewährleistet, dass auch die Angehörigen von Minderheiten alle relevanten Informationen zur Pandemie im Allgemeinen, zur speziellen Hygiene und zu Maßnahmen der Regierung erhalten (BAMF 10.2020). Auf dieser Seite werden auch tagesaktuelle Zahlen zu bestätigten Infektionen, Genesungen, Todesfällen und Hospitalisierungen veröffentlicht (StopCoV.ge o.D.).

Der öffentliche Überlandverkehr wurde landesweit mit 25.2.2021 wieder aufgenommen (USEMB 25.2.2021). Mit Wirkung von 1.2.2021 durften Schulen, Hochschulen und Kindergärten wieder öffnen (Jam 23.1.2021). Weitere Lockerungen des wirtschaftlichen Lebens wurden im Zeitraum Februar-März 2021 ermöglicht (Gov.ge 24.2.2021). Stand Mitte März 2021 bestehen weiterhin nächtliche Ausgangssperren (USEMB 25.2.2021; vgl. Gov.ge 24.2.2021).

Mitte Jänner 2021 wurde der nationale Impfplan vorgestellt. Die Risikogruppen sollen bis Jahresmitte 2021 geimpft sein. Es ist nicht zu erwarten, dass Personen, die nicht den Risikogruppen angehören, vor dem Spätsommer/Frühherbst 2021 geimpft werden (civil 18.1.2021). Am 13.3.2021 erhielt Georgien, mit Unterstützung der Vereinten Nationen, erstmals 43.200 Impfdosen von Astra Zeneca (UNICEF 12.3.2021).

Mit 1.2.2021 wurden alle Einschränkungen für Linienflüge aufgehoben (1TV 1.2.2021; vgl. Jam 23.1.2021). Alle Personen, die einen vollständigen Impfschutz nachweisen können, müssen bei Einreise nicht in Quarantäne. Personen, die keinen Impfschutz und keinen negativen PCR-Test (nicht älter als 72 Stunden), nachweisen können, werden bei Einreise für unbestimmte Zeit und auf eigene Kosten in Quarantäne verbracht (USDOS 25.2.2021; vgl. MoF o.D.), falls eine Selbstisolierung nicht möglich ist. Bei Vorlage eines negativen PCR-Tests (nicht älter als 72 Stunden) muss eine achttägige Selbstisolation samt einer weiteren PCR-Testung fünf Tage nach Einreise auf eigene Kosten durchgeführt werden (MoF o.D.).

Trotz der Zugangsbeschränkungen unterstützt die Georgische Regierung die separatistische Region Abchasien bei der Bekämpfung von COVID-19 materiell und fachlich. Auch die Behandlung von abchasischen COVID-19-Patienten in Kern-Georgien wurde ermöglicht (CW 27.11.2020; vgl. Jam 16.10.2020). Internationale Hilfe in Südossetien ist auf das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beschränkt. Die georgische Zentralregierung hat Zchinwali ebenfalls humanitäre Hilfe angeboten, aber der Vorschlag wurde nicht weiterverfolgt (CW 27.11.2020). Dennoch werden auch COVID-Patienten aus Südossetien in Georgien behandelt, wenn auch in geringerem Ausmaße als aus Abchasien (Jam 16.10.2020).

Quellen:

?        1TV - Pirveli Arkhi / First Channel (1.2.2021): Georgia resumes int'l flights, https://1tv.ge/en/news/georgia-resumes-intl-flights/, Zugriff 23.2.2021

?        Agenda.ge (26.11.2020): Georgian gov’t introduces further coronavirus restrictions until Jan. 31, https://agenda.ge/en/news/2020/3722, Zugriff 30.11.2020

?        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Bundesrepublik Deutschland] (10.2020): Länderreport 31 - Georgien: Allgemeine Lage der ethnischen Minderheiten,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2042046/laenderreport-31-Georgien.pdf, Zugriff 15.12.2020

?        civil.ge (18.1.2021): COVID-19 Vaccine Rollout in Georgia: Waiting for Godot?, https://civil.ge/archives/391207, Zugriff 18.1.2021

?        CW - Caucasus Watch (27.11.2020): Council of Europe reports on Abkhazia and Tskhinvali, https://caucasuswatch.de/news/3289.html, Zugriff 30.11.2020

?        Eurasianet (18.9.2020): Georgia experiences its first wave of COVID-19, https://eurasianet.org/georgia-experiences-its-first-wave-of-covid-19, Zugriff 30.11.2020

?        Jam News (23.1.2021): Protests after Georgia announces only partial lifting of Covid restrictions, https://jam-news.net/georgia-news-coronavirus-restrictions-that-will-change-protests/, Zugriff 25.1.2021

?        Jam News (16.10.2020): Georgia: coronavirus patients from the other side of territorial conflict, https://jam-news.net/coronavirus-georgia-treatment-abkhazia-south-ossetia/, Zugriff 30.11.2020

?        MoF - Ministry of Foreign Affairs [Georgien] (o.D.): Regulations for Crossing the Georgian Border in connection with the COVID-19 pandemic, https://mfa.gov.ge/MainNav/CoVID-19-sakitkhebi/sazgvris-kvetis-regulaciebi.aspx?lang=en-US, Zugriff 15.3.2021

?        StopCoV.ge [Georgien] (o.D.): Prevention of Coronavirus Spread in Georgia, https://stopcov.ge/en/, Zugriff 15.3.2021

?        UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (12.3.2021): Georgia will receive a first batch of 43,200 doses of COVID-19 vaccine through COVAX Facility, https://www.unicef.org/georgia/press-releases/georgia-will-receive-first-batch-43200-doses-covid-19-vaccine-through-covax-facility

?        USEMB - U.S. Embassy in Georgia [Vereinigte Staaten von Amerika] (25.2.2021): COVID-19 Information for Georgia (Last Updated: February 25, 2021), https://ge.usembassy.gov/covid-19-information-on-georgia/, Zugriff 15.3.2021

Politische Lage

Letzte Änderung: 29.03.2021

Georgien wurde im April 1991 unabhängig [bis dahin Teilrepublik der Sowjetunion]. Nach der georgischen Unabhängigkeit erhöhten sich die Spannungen innerhalb Georgiens in den Gebieten Abchasien und Südossetien. 1992 erfolgten Unabhängigkeitserklärungen Südossetiens und Abchasiens, die jedoch von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wurden (AA 23.9.2020). Russland betreibt gegenüber beiden Regionen eine Politik der informellen militärischen und wirtschaftlichen Annexion (bpb 26.8.2020; vgl. US DOS 11.3.2020) und kontrolliert ein Fünftel des georgischen Staatsgebiets (FAZ 23.2.2021; vgl. US DOS 11.3.2020).

Durch Verfassungsänderung am 17.11.2013 wurde das Land von einer Präsidialrepublik zu einer Parlamentarischen Demokratie. Die georgische Außenpolitik sieht in der Integration Georgiens in EU und NATO ein prioritäres Ziel für eine nachhaltige demokratische Entwicklung des Landes. Dies wirkt sich unmittelbar auf den innenpolitischen Reformwillen aus (AA 23.9.2020). In Georgien finden regelmäßig kompetitive Wahlen statt. Nachdem der Demokratisierungsprozess in den Jahren 2012-13 an Dynamik gewonnen hatte, kam es in den letzten Jahren zu einer Stagnation der Fortschritte. Oligarchen haben übergroßen Einfluss auf Politik und politische Entscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit wird nach wie vor durch politische Interessen behindert. Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Neue politische Parteien können in der Regel ohne Behinderungen gegründet werden und zu den Wahlen antreten. Allerdings war die politische Landschaft von der Dominanz abwechselnd einer Partei geprägt, was die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt hat (FH 3.3.2021).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wurde bis 2018 durch Direktwahl gewählt. Aufgrund einer Verfassungsänderung wird der Präsident in Zukunft indirekt für sechs Jahre von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt werden. Der Präsident ernennt formal den Premierminister, der vom Parlament nominiert wird (FH 3.3.2021; vgl. US DOS 11.3.2020).

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabischwili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei „Georgischer Traum“, setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60 % gegen ihren Konkurrenten Grigol Vaschadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakaschwili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018, FH 3.3.2021). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabischwili (OSCE/ODIHR 29.11.2018).

Das Parlament Georgiens hat 150 Sitze, wovon 120 über Parteienlisten und 30 über Direktmandate in Wahlkreisen vergeben werden. Bei den Wahlen 2016 wurden noch 72 Direktmandate vergeben (KP 26.11.2020). Die Änderungen zu einem reinen Verhältniswahlrecht wurden vom Parlament für die nächsten, planmäßig 2024 stattfindenden Wahlen, beschlossen (KP 23.11.2019; vgl. RFE/RL 28.11.2019, taz 2.11.2020, FH 3.3.2021, US DOS 11.3.2020). Die Reform des Wahlrechts konnte erst nach Massenprotesten 2019 durchgesetzt werden (taz 2.11.2020; vgl. DW 24.6.2019, US DOS 11.3.2020).

Die Wahlhürde für die Verhältniswahl ist auf 1% der Stimmen festgelegt. Es besteht ein Begrenzungsmechanismus, der vorsieht, dass keine einzelne Partei, die weniger als 40% der abgegebenen Stimmen erhält, die Mehrheit der Sitze im Parlament erhalten darf. Im Falle einer vorgezogenen Neuwahl zwischen 2020 und 2024 wird diese nach demselben Wahlsystem wie im Jahr 2020 durchgeführt. Alle nachfolgenden Wahlen werden jedoch auf der Grundlage des vollständig proportionalen Wahlsystems durchgeführt, wie es für die Parlamentswahlen 2024 vorgesehen ist (civil 8.3.2020; vgl. KP 11.4.2020).

Bei den trotz COVID-Panedmie am 31.10.2020 durchgeführten Parlamentswahlen erzielte die bisherige Regierungspartei Georgischer Traum 48% der Stimmen und mit 91 Sitzen erneut eine satte Mehrheit von 60% der Mandate (KP 26.11.2020; vgl. EN 2.11.2020). Das größte Oppositionsbündnis, die Vereinigte Nationale Bewegung, erhielt 26,9% der Stimmen zugeschrieben (EN 2.11.2020). Insgesamt haben neun Parteien den Sprung ins Parlament geschafft (KP 26.11.2020; vgl. Jam 26.11.2020). Der Gründer des Wahlbündnisses Georgischer Traum, Bidzina Iwanischwili, hatte zur Parlamentswahl 2020 wieder das Amt des Parteivorsitzenden übernommen, allerdings ohne sich um irgendeine Regierungsfunktion zu bewerben. Im Februar 2021 erfolgte der nach seinen Aussagen endgültige Rückzug ins Privatleben. Es zeigt sich allerdings das Hauptproblem, das Iwanischwili seiner Partei und dem Land hinterlassen hat: Eine Mehrheitspartei ohne klare Programmatik, ohne klare innerparteiliche Demokratie und ohne politisch selbständige Charaktere an ihrer Spitze. Eine Partei, die nach wie vor den Verdacht nicht ausräumen kann, nur willfähriges Erfüllungsinstrument ihres Gründers und Mentors zu sein, der nach wie vor im Hintergrund die Fäden zieht (KP 11.2.2021). Kobachidse ist der Nachfolger von Bidsina Iwanischwili als Vorsitzender der Regierungspartei "Georgischer Traum" (FAZ 18.2.2021).

Die unterlegene Opposition prangerte erhebliche Wahlmanipulationen an und mobilisierte ihre Anhänger auf der Straße. Die Sicherheitskräfte setzten Schlagstöcke und Wasserwerfer ein (KP 26.11.2020; vgl. EN 2.11.2020). Einheimische Wahlbeobachter*innen stellten zahlreiche Ungereimtheiten fest (taz 2.11.2020). Gemäß OSZE waren die Parlamentswahlen kompetitiv und insgesamt wurden die Grundfreiheiten respektiert. Dennoch haben weitverbreitete Vorwürfe von der Ausübung von Druck auf die Wähler und der unklaren Abgrenzung zwischen der Regierungspartei und dem Staat das Vertrauen der Öffentlichkeit in einige Aspekte des Wahlvorganges unterminiert. Der grundlegend überarbeitete Rechtsrahmen bot eine solide Grundlage für die Abhaltung demokratischer Wahlen und die technischen Aspekte der Wahlen wurden trotz der Herausforderungen durch die COVID-19-Pandemie effizient gehandhabt. Jedoch hat sich die Dominanz der Regierungspartei in den Wahlkommissionen negativ auf die Wahrnehmung ihrer Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ausgewirkt, insbesondere auf den unteren Ebenen (OSCE/ODIHR 1.11.2020; vgl. HRW 13.1.2021).

In Folge rief die Opposition zum Boykott der Stichwahl am 21.11.2020 in 17 Direktwahlkreisen auf, wodurch sich alle Kandidaten des Georgischen Traums sich bei einer Wahlbeteiligung von 26% durchsetzen konnten (KP 26.11.2020; vgl. Eurasianet 27.11.2020). Die Oppositionsparteien planen aus Protest, ihre Parlamentssitze nicht zu besetzen (KP 26.11.2020; vgl. Eurasianet 27.11.2020, Jam 26.11.2020). Die 90 Abgeordneten der Regierungspartei sind ausreichend, damit das Parlament seine Arbeit aufnehmen kann - um Gesetze zu verabschieden, die Abgeordneten auf die Parlamentsausschüsse zu verteilen und eine Regierung zu ernennen. Das Parlament wird jedoch nicht in der Lage sein, die Verfassung zu ändern oder die Präsidentin abzusetzen (Jam 26.11.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Als Regierungschef wurde Giorgi Gacharia ernannt. Dieser ist nach nur zwei Monaten im Amt am 18.2.2021 zurückgetreten (Standard 18.2.2021, 22.2.2021). Als Nachfolger wurde der frühere Verteidigungsminister Irakli Garibaschwili mit den Stimmen der Regierungsfraktion Georgischer Traum zum neuen Regierungschef gewählt (Standard 22.2.2021).

Die Opposition boykottiert Stand Ende Februar 2021 weiterhin die Arbeit im Parlament (Standard 22.2.2021). Es ist weder durch die Intervention von US-Botschafter Kelly Degnan noch durch andere internationale Moderatoren gelungen, die politische Krise in Georgien zu lösen und die Opposition davon zu überzeugen, den Parlamentsboykott aufzugeben (Jam 26.11.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Oppositionsvertreter zeigten sich zuletzt aber zu Gesprächen mit der Regierung bereit, um Auswege aus der Krise zu finden. Die Situation müsse entschärft werden, sagte der Oppositionspolitiker Nika Melia und bekräftigte zugleich seine Forderung nach Neuwahlen, welche die Regierungsfraktion aber vehement ablehnt. Zuletzt hatte sich die Lage zugespitzt, weil Melia in Untersuchungshaft genommen werden sollte. Ihm wird die versuchte Erstürmung des Parlaments 2019 vorgeworfen. Verhandlungen mit der Opposition seien notwendig, sagte Garibaschwili, "aber nicht mit diesen Verbrechern" (Standard 22.2.2021).

Quellen:

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?        FAZ - Frankfurter Allgemeine (18.2.2021): Georgiens Ministerpräsident zurückgetreten, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/georgiens-ministerpraesident-gacharia-zurueckgetreten-17204104.html, Zugriff 25.2.2021

?        FAZ - Frankfurter Allgemeine (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 25.2.2021

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Abchasien

Letzte Änderung: 29.03.2021

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich [im Jahr 1992; Time 23.7.2012] – unterstützt von Russland – als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in dem sich de facto ein politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär, sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur in einem sehr geringen Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 keine mehr (AA 17.11.2020).

Die Regierung in Tiflis hat ursprünglich die Autonomie, aber nicht die Unabhängigkeit Abchasiens anerkannt (ACLED 2.2020). Seit 2008 hat sich die Abhängigkeit von Moskau weiter verstärkt. Abchasien bemüht sich zwar, ein Mindestmaß an Unabhängigkeit von Russland zu bewahren, dies wird jedoch durch die politische und wirtschaftliche Isolation des de-facto-Staates erschwert. Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert, und trotz eines aufgeblähten Verwaltungsapparats sind öffentliche Leistungen, wie Gesundheit und Bildung, unterfinanziert. Die Coronavirus-Epidemie verdeutlicht die Unzulänglichkeit des Gesundheitssystems sowie die dadurch entstehenden Gefahren für die Bevölkerung. Russland betreibt eine schrittweise Eingliederung abchasischer Einheiten in die russischen Streitkräfte (bpb 26.8.2020).

Abchasien ist eine Präsidialrepublik. Das Staatsoberhaupt - der Präsident - wird für fünf Jahre gewählt. Die Legislative wird durch die Volksversammlung - das Parlament der Republik Abchasien - vertreten. Die Exekutive wird durch die Regierung repräsentiert, die vom Präsidenten geleitet wird. Das Ministerkabinett wird durch den Präsidenten der Republik Abchasien gebildet und ist ihm gegenüber rechenschaftspflichtig (PrA o.D.). Während die Volksmeinung einen Einfluss auf die abchasische Innenpolitik hat, ist das Funktionieren der politischen Institutionen Abchasiens fast ausschließlich von der wirtschaftlichen und politischen Unterstützung aus Moskau abhängig. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf. Allerdings behindert die Korruption innerhalb der Parteien deren demokratiepolitische Funktion. Im Allgemeinen wird das Vereinigungsrecht geachtet. Ähnliches gilt für das Versammlungsrecht. Politische Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft organisieren regelmäßig Proteste (FH 4.3.2020a).

Im Jänner 2020 kam es in Abchasiens Hauptstadt Sochumi zu heftigen Protesten gegen den De-Facto-Präsidenten Raul Khajimba. Ihm wurde von den Demonstranten vorgeworfen, bei seiner Wiederwahl im September 2019 nicht die erforderliche Stimmenmehrheit erzielt zu haben. Die Demonstranten stürmten das Präsidentengebäude und forderten seinen Rücktritt. Nach Vermittlung durch die Russische Föderation trat Khajimba zurück. Die Wahlbehörde annullierte das Wahlergebnis vom September 2019 und die Wahlwiederholung am 22.3.2020 gewann Oppositionsführer und Ex-Geheimdienstchef Aslan Bzhaniya mit rund 57 Prozent der Stimmen (NZZ 22.3.2020). Die Wahlen hatten trotz Bedenken wegen der COVID-19-Pandemie stattgefunden (JW 26.3.2020). Nach den Wahlen ernannte Bzhaniya den Ex-Präsidenten (2011-2014) Aleksander Ankvab zum Premierminister (civil.ge 24.4.2020; vgl. JW 26.3.2020).

Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/minegrelisch besiedelt. Sie werden von der abchasischen de-facto-Regierung benachteiligt (z.B. beim Erwerb von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen, der Besetzung öffentlicher Stellen, dem Zugang zu Bildung oder bei der Gesundheitsfürsorge). Ziel ist es offenbar, die georgische Bevölkerung entweder zur Aufgabe der georgischen Staatsangehörigkeit oder zum Verlassen ihrer angestammten Heimat zu veranlassen (AA 17.11.2020). Die ethnisch georgische Bevölkerung ist regelmäßig von Wahlen und politischer Repräsentation ausgeschlossen. Im Jahr 2017 argumentierten die abchasischen „Behörden“, dass die Mehrheit der Einwohner des Distrikts Gali georgische Staatsbürger seien und daher nicht wählen dürften (FH 4.3.2020a). In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992 bis 93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (US DOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020a). Die abchasischen Behörden verfolgen eine Politik, die den rechtlichen Status von ethnischen Georgiern im Distrikt Gali bedroht. Sie schlossen Dorfschulen und zwingen georgische Schüler, ausschließlich in russischer Sprache zu lernen (US DOS 11.3.2020).

Die abchasischen Behörden und russische Streitkräfte schränken weiterhin die Bewegungsfreiheit der lokalen Bevölkerung entlang der administrativen Grenzlinie (ABL) ein, gleichwohl sie Flexibilität bei Reisen nach Georgien aus medizinischen Gründen, zwecks Pensionsleistungen, Bildung, etc. zeigen. Dorfbewohner, die sich unerlaubt der administrativen Grenze oder den Grenzübergängen nähern, riskieren die Inhaftierung durch die Grenzschutzbeamten der Russischen Föderation. Russische Grenzschutzbeamte entlang der ABL setzen die Vorschriften der abchasischen Behörden mittels Festnahmen und Geldbußen durch (US DOS 11.3.2020).

Nepotismus und Korruption, die oft auf Clan- und ethnischen Bindungen beruhen, haben erhebliche Auswirkungen auf die abchasische Justiz. Die Umsetzung gerichtlicher Entscheidungen ist nach wie vor uneinheitlich. Das Strafrechtssystem wird durch den eingeschränkten Zugang der Angeklagten zu qualifiziertem Rechtsbeistand, Verletzungen des ordentlichen Verfahrens und langwierige Untersuchungshaft untergraben (FH 4.3.2020a). Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat keinen Zugang zu Gefängnissen und Haftanstalten in Abchasien. Die Zustände dort gelten als chronisch schlecht (US DOS 11.3.2020).

Im März 2019 nahm der UN-Menschenrechtsrat erneut eine Resolution an, die große Besorgnis über die Menschenrechtssituation in Abchasien ausdrückte, wobei insbesondere Entführungen, willkürliche Festnahmen, Verletzung von Eigentumsrechten, das Fehlen muttersprachlichen Schulunterrichts, mangelnde Freizügigkeit und Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft und Verweigerung des Rückkehrrechts für die geflüchtete georgische Bevölkerung genannt werden. Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen (AA 17.11.2020; vgl. FH 4.3.2020a).

Hinsichtlich der Religionsfreiheit erfährt die georgisch-orthodoxe Kirche Restriktionen und Diskriminierung. Die Zeugen Jehovas sind als extremistische Organisation klassifiziert und seit 1995 verboten (FH 4.3.2020a; vgl. US DOS 10.6.2020). Obgleich Vorsteher der muslimischen Gemeinde in der Vergangenheit angegriffen wurden, dürfen Muslime ihren Glauben frei praktizieren (FH 4.3.2020a).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Bundesrepublik [Deutschland] (17.11.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien (Stand: November 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2041771/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Georgien_%28Stand_November_2020%29%2C_17.11.2020.pdf, Zugriff 14.12.2020

?        ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (2.2020): ACLED Methodology and Coding Decisions around Political Conflict and Demonstrations in Central Asia and the Caucasus, https://acleddata.com/acleddatanew/wp-content/uploads/dlm_uploads/2020/02/ACLED_Central-Asia-and-the-Caucasus_Methodology_2019.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        AJ - Al Jazeera (9.1.2020): Crowds storm president's office in Georgia's breakaway Abkhazia, https://www.aljazeera.com/news/2020/01/crowds-storm-president-office-georgia-breakaway-abkhazia-200109154012926.html, Zugriff 25.2.2021

?        bpb - Bundeszentrale für Politische Bildung [Bundesrepublik Deutschland] (26.8.2020): Georgien, https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54599/georgien, Zugriff 25.2.2021

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?        JW - Junge Welt (26.3.2020): Abchasien will Veränderung, https://www.jungewelt.de/artikel/375260.abchasien-abchasien-will-ver%C3%A4nderung.html, Zugriff 25.2.2021

?        NZZ - Neue Zürcher Zeitung (22.3.2020): Abchasier küren Ex-Geheimdienstchef zum neuen Präsidenten, https://www.nzz.ch/international/abchasier-kueren-ex-geheimdienstchef-zum-neuen-praesidenten-ld.1547947, Zugriff 25.2.2021

?        PrA - President of the Republic of Abkhazia [Republik Abchasien] (o.D.): Brief Information, http://presidentofabkhazia.org/en/respublika_abkhazia/respublika-abkhaziya-obshchaya-informatsiya/, Zugriff 25.2.2021

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Sicherheitslage

Letzte Änderung: 29.03.2021

Die Lage kann in den meisten Landesteilen als stabil bezeichnet werden. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen (EDA 28.7.2020). Die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen und die hohe Arbeitslosigkeit haben zu einem Anstieg der allgemeinen Kriminalität beigetragen, die jedoch immer noch niedriger ist, als in vielen europäischen Ländern (MSZ o.D.; vgl. EDA 28.7.2020).

Im Dezember 2017 führte eine Reihe von Operationen georgischer Spezialkräfte in der Hauptstadt und im Pankisi-Tal [Munizipalität Achmeta, Region Kachetien] zur Verhaftung von Militanten, die beschuldigt wurden, an Terroranschlägen im Ausland beteiligt gewesen zu sein und Berichten zufolge beabsichtigten, Ziele auf georgischem Boden anzugreifen (MAECI 27.1.2021). Die politische Lage ist polarisiert (SZ 18.2.2021).

Die Situation an der De-facto-Grenze zwischen Georgien und den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien ist seit dem georgisch-russischen Krieg im August 2008 weitgehend ruhig. Doch bleibt die Lage angesichts der Unvereinbarkeit der Positionen und der zahlreichen Behinderungen des kleinen Grenzverkehrs angespannt. Russland betreibt gegenüber beiden Regionen eine Politik der informellen militärischen und wirtschaftlichen Annexion. Seit dem August-Krieg 2008 stellt Moskau finanzielle Unterstützung für die sozio-ökonomische Entwicklung und die Infrastruktur bereit und gewährt der abchasischen und südossetischen Bevölkerung Zugang zur russischen Staatsbürgerschaft. Russland unterhält weiterhin Stützpunkte und Truppen in Abchasien und Südossetien, darunter zwischen 3.000 und 4.000 Soldaten sowie Grenzschutztruppen des Inlandsgeheimdienstes FSB, welche die Demarkationslinien (administrative border lines – ABL) zum georgischen Kernland sichern. Zwischen Tiflis und den De-facto-Regierungen in Sochumi und Zchinwali bestehen keine offiziellen bilateralen Kontakte. Einziges Forum zum Austausch auf hochrangiger politischer Ebene sind die vierteljährlichen internationalen Gespräche im Rahmen des Genfer Prozesses. Trotzdem hat Georgien seit 2012 seine Politik der Isolation Abchasiens und Südossetiens aufgegeben und bemüht sich um Kooperation auf humanitärer Ebene. Dazu zählt etwa das Angebot, der abchasischen und südossetischen Bevölkerung den kostenfreien Zugang zum georgischen Bildungs- und Gesundheitssystems zu ermöglichen (bpb 26.8.2020; vgl. ACLED 2.2020).

Aus Sicht Abchasiens und Südossetiens ist der politische Status ihrer Gebiete endgültig geklärt. Sie lehnen Verhandlungen mit Georgien über eine gemeinsame Staatlichkeit ab und verfolgen den Aufbau bilateraler Beziehungen unter Anerkennung ihrer Unabhängigkeit. Die Regierung in Tiflis pocht dagegen auf die Wahrung der territorialen Integrität Georgiens. Sie versucht, ihre guten Beziehungen zur EU und den USA zu nutzen, aber auch multilaterale Foren wie die UNO, um ihrer Position Nachdruck zu verschaffen (bpb 26.8.2020). Gemäß dem georgischen Gesetz über "besetzte Gebiete" vom 23. Oktober 2008 sind die Gebiete der Autonomen Republik Abchasien und der Region Zchinwali (Südossetien) als "besetzt" zu betrachten (MAECI 27.1.2021).

Wegen Zugangsbeschränkungen gibt es nur wenige Informationen über die humanitäre Lage und Menschenrechtslage in Abchasien und Südossetien (US DOS 11.3.2020). Der EU-Sonderbeauftragte für den Südkaukasus und die EU-Beobachtermission (EUMM) unterstützen aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung (EC 5.2.2021). Obwohl der EUMM der Zutritt zu Abchasien und Südossetien verwehrt bleibt, und es weiterhin zu Zwischenfällen kommt, konnte bisher ein Wiederaufflammen der bewaffneten Auseinandersetzungen verhindert werden (bpb 26.8.2020).

Quellen:

?        ACLED - Armed Conflict Location and Event Data Project (2.2020): ACLED Methodology and Coding Decisions around Political Conflict and Demonstrations in Central Asia and the Caucasus, https://acleddata.com/acleddatanew/wp-content/uploads/dlm_uploads/2020/02/ACLED_Central-Asia-and-the-Caucasus_Methodology_2019.pdf, Zugriff 12.3.2021

?        bpb - Bundeszentrale für Politische Bildung [Bundesrepublik Deutschland] (26.8.2020): Georgien, https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54599/georgien, Zugriff 25.2.2021

?        EC - Europäische Kommission, Hoher Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik [Europäische Union] (5.2.2021): 2021 Association Implementation Report on Georgia | SWD (2021) 18 final, https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/2021_association_implementation_report_in_georgia.pdf, Zugriff 25.2.2021

?        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (28.7.2020): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 25.2.2021

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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