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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der N in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1996, Zl. 4.346.171/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Februar 1996 der am 15. März 1995 gestellte Asylantrag der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", die am 15. März 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung ihrer Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17. März 1995 abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin nicht nur deshalb kein Asyl gewährt, weil sie deren Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie - ausgehend von der Feststellung, daß sich die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise nach Österreich in Ungarn aufgehalten habe - die Ansicht vertrat, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.
Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, daß die Erlangung von "Verfolgungssicherheit" voraussetze, daß der Flüchtling im Drittstaat tatsächlich Schutz gefunden habe, was nur dann der Fall sei, wenn sein Aufenthalt den dortigen Behörden bekannt gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits in seinem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, dargelegt, daß es für die Annahme der "Verfolgungssicherheit" genügt, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte, und von einer Verfolgungssicherheit nicht erst dann gesprochen werden kann, wenn der Aufenthalt des Asylwerbers den Behörden des betreffenden Staates bekannt war und von ihnen geduldet oder gebilligt wurde.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt es auch nicht darauf an, daß der Flüchtende ein anderes "Fluchtziel" hatte und sich im Drittstaat nur auf der Durchreise befunden hat, sondern darauf, daß er unter Bedachtnahme auf das (auf die Vermeidung weiterer Verfolgung ausgerichtete) Sicherheitsbedürfnis seinen "Fluchtweg" vor der Einreise nach Österreich hätte abbrechen können, was auch dann der Fall ist, wenn die Verweildauer im Drittstaat nur kurz bemessen war und dort kein stationärer Aufenthalt genommen wurde. Dabei handelt es sich nicht um die bloße "Möglichkeit", im Drittstaat Schutz zu finden, sondern um einen Schutz, den die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihres dortigen Aufenthaltes tatsächlich zu aktualisieren imstande gewesen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357).
Im zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgeführt, daß dem Beschluß Nr. 15 (XXX) des Exekutiv-Komitees für das Programm des Hohen Flüchtlingskommissärs der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1979, wonach die Vorstellungen des Asylsuchenden hinsichtlich des Landes, in welchem er um Asyl nachsuchen möchte, soweit wie möglich berücksichtigt werden sollten (Punkt h iii), mangels gesetzlicher Verwirklichung lediglich ein empfehlender Charakter zukommt.
Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, daß ihr aufgrund der Bestimmung des § 8 MRK das Recht zustehe, in Österreich, wo sich ihr Mann aufhalte, Asyl zu erlangen, verkennt sie den Zweck des Asylverfahrens; es gibt andere rechtliche Möglichkeiten, einen rechtmäßigen Aufenthalt zu erlangen. Im Rahmen der Prüfung dieser ist auf Art. 8 MRK Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 96/01/0574).
Umstände, die darauf schließen ließen, daß die Beschwerdeführerin auf dem Boden der bestehenden Rechtslage in Ungarn nicht vor Verfolgung sicher gewesen sei, hat sie konkret nicht geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag unter Berücksichtigung seiner ständigen Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß der genannten Gesetzesstelle (vgl. neben den bereits zitierten Erkenntnissen,
Zlen. 93/01/0256 und 93/01/0357, insbesondere das hg. Erkenntnis vom 6. September 1995, Zl. 95/01/0030) im Hinblick darauf, daß Ungarn mit Wirkung vom 12. Juni 1989 der Genfer Flüchtlingskonvention betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind, beigetreten ist (siehe BGBl. Nr. 260/1992), mangels Vorbringens der Beschwerdeführerin, Ungarn erfülle die sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht, der Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin sei bereits in diesem Staat vor Verfolgung sicher gewesen, nicht entgegenzutreten.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, ohne auf das die Frage der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin betreffende Vorbringen einzugehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. März 1996, Zl. 96/01/0080).
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996010835.X00Im RIS seit
20.11.2000