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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des G in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. Jänner 1996, Zl. Fr 4494/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen armenischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 ein bis 2. Oktober 2000 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 10. November 1994 gemäß § 5 Abs. 1 StVO und am 9. Jänner 1995 gemäß § 64 Abs. 1 KFG rechtskräftig bestraft worden sei. Darüber hinaus sei er mehrmals wegen (weiterer) Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz, der Straßenverkehrsordnung aber auch dem Sicherheitspolizeigesetz und dem Oberösterreichischen Polizeistrafgesetz rechtskräftig bestraft worden. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG sei erfüllt. Die gerichtliche Verurteilung vom 6. Juli 1995 wegen § 15, § 127 StGB könne nicht "zugunsten" des Beschwerdeführers gewertet werden. Der Beschwerdeführer halte sich seit 15. September 1994 rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Weder aus dem Akteninhalt noch aus der Berufung (gegen den erstinstanzlichen Bescheid) seien nähere Bindungen zu im Inland aufhältigen Personen ersichtlich. Die Berufungsbehörde komme daher angesichts der Vielzahl und des nicht unbeträchtlichen Unrechtsgehaltes der dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Rechtsverletzungen zu dem Ergebnis, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer gewertet werden müßten als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, daß letztlich zwei schwerwiegende Verwaltungsübertretungen gegen den Beschwerdeführer ins Treffen geführt werden könnten. Von diesen beiden Verwaltungsübertretungen sei aber lediglich die Verletzung des § 5 Abs. 1 StVO eine derart schwere, daß man von einer Gefährdung von Rechtsgütern ausgehen könne. Abgesehen von der Übertretung gemäß § 64 Abs. 1 KFG seien die übrigen Verwaltungsübertretungen nicht derartig als schwerwiegend einzustufen, daß ein Aufenthaltsverbot dringend geboten sei.
Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verstößen gegen § 5 StVO (Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand) und gegen § 64 Abs. 1 KFG (Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung) handelt es sich um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG, die zu den gröbsten Verstößen gegen die StVO bzw. das KFG zählen und damit eine Gefährdung öffentlicher Interessen von großem Gewicht darstellen, die nicht nur den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllen, sondern auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. genannte Annahme rechtfertigen (betreffend die Übertretung des § 5 StVO vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 95/21/0082; betreffend die Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173, und vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0887). Dazu kommt, was der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen übersieht, daß die belangte Behörde unbestrittenermaßen weiters von einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles, einem rechtswidrigen Aufenthalt seit 15. September 1994 und von weiteren rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen nach dem Kraftfahrgesetz, der StVO, dem Sicherheitspolizeigesetz und dem Oberösterreichischen Polizeistrafgesetz, ausgegangen ist. Diese Umstände verstärken die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme erheblich.
Im Hinblick auf die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehenden großen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begegnet es daher auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot trotz des damit verbundenen Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier zum Schutz der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen) dringend geboten erachtete.
Der Beschwerdeführer hält das Ergebnis der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für rechtswidrig, ohne jedoch einen der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unterlaufenen Rechtsirrtum dartun zu können. Der Beschwerdeführer meint, bei der Interessenabwägung hätten die Auswirkungen auf sein Privatleben zu seinen Gunsten ausschlagen müssen. Es sei viel zu wenig berücksichtigt worden, daß seine Einkommens- und Wohnverhältnisse geregelt seien und er bereits mehrere Jahre in Österreich aufhältig sei.
Von einem mehrjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist die belangte Behörde ohnehin - wie die Anführung des Zeitraumes der Begehung der Verwaltungsübertretungen von 1993 bis 1995 zeigt, ausgegangen. Wenn die belangte Behörde trotzdem zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, kann dies im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat nicht nur nach rechtskräftigen Bestrafungen neuerlich Verwaltungsübertretungen begangen, sondern sich auch einer gerichtlich zu ahndenden Straftat schuldig gemacht. Hinzu kommt, daß der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 15. September 1994 das Gewicht der gegen ihn sprechenden maßgeblichen öffentlichen Interessen zweifellos noch verstärkt.
Da somit der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210283.X00Im RIS seit
12.06.2001