Entscheidungsdatum
12.11.2021Norm
AuslBG §12bSpruch
I406 2245837-1/6E
I406 2245838-1/8E
I406 2248063-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus HINTNER und Emanuel STRAKA als Beisitzer über die Beschwerden von
1. XXXX ,
2. XXXX und
3. XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation,
alle vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH, Wolfeggstraße 1, 6900 Bregenz, gegen
1. den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 12.07.2021, ABB-Nr. XXXX (I406 2245838-1) und
2. den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX vom 08.07.2021, ABB-Nr. XXXX (I406 2245837-1)
zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 15.04.2021 wurde für die am XXXX geborene russische Staatsangehörige XXXX (im Folgenden: Drittbeschwerdeführerin) bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX als zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 3 NAG (Studienabsolvent als Schlüsselkraft) gestellt.
Dem Antrag angeschlossen war einerseits eine Arbeitgebererklärung der XXXX (im Folgenden: Erstbeschwerdeführerin), mit der eine Entlohnung von € 2.250,-- brutto für die berufliche Tätigkeit der Drittbeschwerdeführerin als „ XXXX “ im Ausmaß von 16,46 Wochenstunden in Aussicht gestellt wurde und andererseits eine Arbeitgebererklärung des Amtes der Stadt XXXX (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführerin), mit der eine Entlohnung von € 1.102,57 brutto für die berufliche Tätigkeit der Drittbeschwerdeführerin als „ XXXX “ im Ausmaß von 10 Wochenstunden zugesagt wurde.
Dem Antrag waren außerdem Kopien des Reisepasses und einer bis 12.09.2021 gültigen Aufenthaltsbewilligung „Student“ der Drittbeschwerdeführerin, zwei der Drittbeschwerdeführerin im Oktober 2020 durch das AMS XXXX und das AMS XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AuslBG erteilte Beschäftigungsbewilligungen für die berufliche Tätigkeit bei der Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführerin bis 31.10.2021, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, eine Arbeitsbestätigung der Erstbeschwerdeführerin, ein Dienstvertrag der Zweitbeschwerdeführerin, ein Zeugnis über die zweite Diplomprüfung des XXXX , ein Versicherungsdatenauszug, ein Mietvertrag und ein Auszug aus dem zentralen Melderegister beigelegt.
Dieser Antrag wurde am 04.05.2021 samt Beilagen an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen des AuslBG übermittelt.
2. Mit zwei gleichlautenden Parteiengehören vom 20.05.2021, ABB-Nr. XXXX und XXXX teilte das AMS XXXX der Drittbeschwerdeführerin mit, dass Zulassungsvoraussetzung für die Zulassung ausländischer Studienabsolventen als Schlüsselkraft die Absolvierung eines Diplomstudiums zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt, eines Masterstudiums, Bachelorstudiums oder PHD-Studiums zur Gänze an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität sei.
Das XXXX sei weder eine Universität noch eine Fachhochschule, noch eine akkreditierte Privatuniversität.
Außerdem sei die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte nur für einen Arbeitgeber möglich. Die Beantragung einer Rot-Weiß-Rot-Karte mit zwei Arbeitgebererklärungen sei nicht zulässig.
Der Drittbeschwerdeführerin wurde eine einwöchige Frist zur Erstattung einer Stellungnahme und Vorlage weiterer Unterlagen eingeräumt.
Einem Antrag der Drittbeschwerdeführerin auf Fristverlängerung bis 15.06.2021 wurde stattgegeben, woraufhin sie am 15.06.2021 eine Stellungnahme übermittelte.
3. Das AMS hielt mit Texteintrag vom 01.07.2021 fest, dass zwei Geschäftsfälle zu bearbeiten seien, weil dem Antrag zwei Arbeitgebererklärungen beigelegt worden seien.
4. Mit Bescheid vom 08.07.2021, ABB-Nr. XXXX , wies die regionale Geschäftsstelle des AMS XXXX den Antrag auf Zulassung der Drittbeschwerdeführerin als Schlüsselkraft im Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 12b Z 2 AuslBG ab.
Mit gleichlautendem Bescheid vom 12.07.2021, ABB-Nr. XXXX , wies die regionale Geschäftsstelle des AMS XXXX den Antrag auf Zulassung der Drittbeschwerdeführerin als Schlüsselkraft im Unternehmen der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 12b Z 2 AuslBG ab.
Begründend wurde nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen zusammengefasst ausgeführt, dass es sich beim XXXX weder um eine Universität, noch um eine Fachhochschule, noch um eine akkreditierte Privatuniversität handle, sodass die Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden.
5. Die Beschwerdeführerinnen erhoben dagegen mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 09.08.2021 fristgerecht Beschwerde.
Die Drittbeschwerdeführerin habe in Russland das Bachelorstudium XXXX , das Masterstudium XXXX und das Masterstudium XXXX erfolgreich abgeschlossen.
Mit Gutachten vom 04.11.2019 habe das BMBWF festgestellt, dass die in Russland absolvierten Studien der Drittbeschwerdeführerin in Österreich dem Bachelor- und Masterstudium der XXXX als zentralem künstlerischem Fach und dem Masterstudium XXXX als zentralem künstlerischem Fach entsprechen würden.
Eine Anerkennung/Akkreditierung der ausländischen Hochschule im Sinne des Universitätsgesetzes 2002 liege vor.
Nach Abschluss ihrer Studien in Russland habe die Drittbeschwerdeführerin am XXXX ein Postgraduate-Studium absolviert und am 06.07.2020 die 2. Diplomprüfung mit gutem Erfolg bestanden.
Seit 01.11.2018 sei die Drittbeschwerdeführerin – mit entsprechender Beschäftigungsbewilligung – bei der Erstbeschwerdeführerin beschäftigt und seit 04.10.2019 bei der Zweitbeschwerdeführerin.
Mit dem von ihr aus beiden angestrebten Tätigkeiten erzielten Einkommen von zusammengezählt EUR 3.554,59 brutto für wöchentlich insgesamt 26 Stunden erziele sie mehr als das gesetzlich geforderte Mindestentgelt von EUR 3.330,-- für eine Vollzeitstelle.
Daneben erfülle sie mit 58 Punkten auch die Zulassungskriterien der Anlage C, womit die Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft bereits gemäß § 12b Z 1 AuslBG vorliegen würden.
Die Schlüsselkraftbewilligung sei jedoch auch nach der Bestimmung des § 12b Z 2 AuslBG zu erteilen.
Auch wenn das XXXX nach den strengen Buchstaben des Gesetzes keine Universität, Fachhochschule oder akkreditierte Privatuniversität sei, sei die Ausbildung bei teleologischer Interpretation des Gesetzes entsprechend anzuerkennen.
Es gehe bei den gesetzlichen Bestimmungen einzig darum, dass hochqualifizierte Akademiker, die in Österreich eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben, nach ihrer Ausbildung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Es bestehe ein erheblicher Mangel an akademisch gebildeten XXXX und die Drittbeschwerdeführerin sei höchstqualifiziert.
Der Beschwerde beigelegt waren eine Bewertung der akademischen Grade der Drittbeschwerdeführerin aus der Russischen Föderation des BMBWF vom 04.11.2019, verschiedene Semesterzeugnisse, eine Anrechnungsbestätigung sowie ein Zeugnis über die XXXX des XXXX vom 24.07.2020, ein Versicherungsdatenauszug, eine Stellungnahme der Zweitbeschwerdeführerin vom 03.08.2021, eine Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin vom 03.08.2021, ein Dienstvertrag der Stadt XXXX vom 02.08.2021 sowie ein Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2 des ÖIF vom 05.07.2021.
6. Mit Schreiben vom 27.08.2021 legten das AMS XXXX sowie das AMS XXXX die Beschwerde samt Stellungnahme dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Drittbeschwerdeführerin ist am XXXX geboren und russische Staatsbürgerin.
Sie beantragte am 15.04.2021 die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Studienabsolventin als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG.
Ihrem Antrag waren zwei Arbeitgebererklärungen angeschlossen.
Sie sollte einerseits bei der Erstbeschwerdeführerin als XXXX sowie Fachgruppenleiterin für die Fachgruppe XXXX mit 16,46 Wochenstunden bei einem Entgelt in Höhe von € 2.250,-- brutto monatlich und andererseits bei der Zweitbeschwerdeführerin als XXXX im Ausmaß von 10 Wochenstunden bei einem Entgelt von € 1.102,57 brutto tätig werden.
Die monatliche ASVG-Höchstbeitragsgrundlage für das Jahr 2021 beläuft sich auf € 5.550,--.
Die Drittbeschwerdeführerin hat in Russland das Bachelorstudium XXXX , das Masterstudium XXXX und das Masterstudium XXXX erfolgreich abgeschlossen.
Nach Abschluss ihres Studiums in Russland absolvierte die Drittbeschwerdeführerin am XXXX ein Postgraduate-Studium XXXX , welches sie am 06.07.2020 mit „gut“ bestandener 2. Diplomprüfung abschloss.
Beim XXXX handelt es sich weder um eine Universität, noch um eine Fachhochschule, noch um eine akkreditierte Privatuniversität.
Ein Antrag auf institutionelle Akkreditierung als „ XXXX “ wurde Anfang 2021 von der gemäß § 25 Abs. 1 und 3 HS-QSG zuständigen Behörde, der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) abgewiesen.
Die Drittbeschwerdeführerin hat somit kein Diplomstudium zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt bzw. ein Bachelorstudium, ein Masterstudium oder ein (PhD-) Doktoratsstudium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität absolviert und erfolgreich abgeschlossen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen basieren auf dem vorliegenden Akt des Arbeitsmarktservice und dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen samt vorgelegten Unterlagen und sind unstrittig.
Die Feststellungen zu den von der Drittbeschwerdeführerin angestrebten beruflichen Tätigkeiten für die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus den dem Antrag beigelegten Arbeitgebererklärungen.
Die Höchstbeitragsgrundlage für 2021 wurde im Bundesgesetzblatt BGBl. II Nr. 576/2020 kundgemacht.
Zum Nachweis der Ausbildung der Drittbeschwerdeführerin wurden eine Bewertung der akademischen Grade der Drittbeschwerdeführerin aus der Russischen Föderation des BMBWF vom 04.11.2019, verschiedene Semesterzeugnisse, eine Anrechnungsbestätigung sowie ein Zeugnis über die 2. Diplomprüfung XXXX des XXXX vom 24.07.2020 vorgelegt.
Es steht unstrittig fest, dass es sich beim XXXX weder um eine Universität, noch um eine Fachhochschule oder um eine akkreditierte Privatuniversität handelt.
Dies deckt sich auch mit diversen Medienberichten vom Februar 2021 (orf.at XXXX , VOL.at XXXX , Standard: XXXX , wonach ein Antrag des XXXX auf institutionelle Akkreditierung als „ XXXX “ vom Board der AQ Austria abgewiesen wurde und das XXXX momentan den Status einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht hat. Die Entscheidung selbst wurde noch nicht auf der Website der AQ Austria veröffentlicht.
Das Vorliegen weiterer Ausbildungen im Inland hat die Drittbeschwerdeführerin nicht behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 20f AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, bestimmt ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu Spruchpunkt A):
Der mit „Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen“ überschriebene § 12b AuslBG lautet:
„Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie
1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder
2. ein Diplomstudium zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt bzw. ein Bachelorstudium, ein Masterstudium oder ein (PhD-)Doktoratsstudium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität absolviert und erfolgreich abgeschlossen haben und für die beabsichtigte Beschäftigung, die ihrem Ausbildungsniveau zu entsprechen hat, ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens dem ortsüblichen Entgelt inländischer Studienabsolventen mit einer vergleichbaren Tätigkeit und Berufserfahrung entspricht, jedenfalls aber mindestens 45 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt,
und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.“
3.2.1. Entgegen der im Beschwerdeschriftsatz vertretenen Auffassung ist die gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung als Schlüsselkraft hinsichtlich der Höhe der monatlichen Bruttoentlohnung aufgrund der Angaben im gestellten Antrag nicht erfüllt.
Die Ausstellung einer Rot-Weiß Rot-Karte ist nur für eine Tätigkeit bei einem und nicht bei mehreren Arbeitgebern möglich und die jeweilige Mindestentgeltgrenze muss unabhängig vom Beschäftigungsausmaß – also auch bei einer Teilzeitbeschäftigung – eingehalten werden. (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu §§ 12-13 Rz 55).
Dass die Rot-Weiß-Rot - Karte nur für eine Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber und nicht für eine Beschäftigung bei mehreren Arbeitgebern erteilt werden kann, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut der § 8 Abs. 1 Z 1 NAG und § 20d Abs. 1 und 2 AuslBG.
Die Intention des Gesetzgebers, wonach mehrere Einkommen aus verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen nicht kumulierbar sind, geht auch aus den Erläuterungen zum Ministerialentwurf zum Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzgeändert werden, hervor (124/ME XXVI. GP, abrufbar unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/ME/ME_00124/):
„Diese Bruttoentgelte sind als nicht unterschreitbare Grenze zu verstehen und unabhängig vom Beschäftigungsausmaß zu gewähren. Teilzeit-Schlüsselkräfte mit einer aliquoten Entlohnung können daher ebenso wenig zugelassen werden wie Schlüsselkräfte, die nur mit zwei oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen auf das vorgegebene Mindest-Bruttoentgelt kommen würden.“
Sowohl das mit der Erstbeschwerdeführerin vereinbarte Entgelt in Höhe von € 2.250,-- brutto monatlich, als auch die mit der Zweitbeschwerdeführerin vereinbarte Entlohnung von € 1.102,57 brutto liegt unter dem in § 12b Z 1 (zweiter Fall) AuslBG normierten Mindestbetrag von 60 vH bzw. dem in § 12b Z 2 AuslBG normierten Mindestbetrag von 45 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage von € 5.550,--.
Nachdem mit keinem der in Aussicht gestellten Arbeitsverhältnisse die Lohnuntergrenze erreicht wird, sind die Voraussetzungen für die Anerkennung als Schlüsselkraft weder gemäß § 12b Z 1 AuslBG noch gemäß § 12b Z 2 AuslBG erfüllt.
Die in § 12b Z 1 unter anderem enthaltenen Tatbestandselemente „Mindestpunktezahl“ und „Mindestbruttoentgelt“ müssen kumulativ erfüllt sein und sind zwingende Voraussetzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft. Ein Ermessen ist hier nicht gegeben. Liegt daher eine Minderentlohnung vor, ist der Antragsteller schon aus diesem Grund nicht als Schlüsselkraft zuzulassen (VwGH 26. 1. 2012, 2011/09/0207).
Aus diesem Grund erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Drittbeschwerdeführerin gemäß § 12b Z 1 AuslBG die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreicht.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Drittbeschwerdeführerin auch kein Studium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität vorweisen kann.
Der im Beschwerdeschriftsatz vertretenen Auffassung, wonach eine teleologische Interpretation der Bestimmung des § 12b Z 2 AuslBG zu erfolgen habe und es einzig darum gehe, dass hochqualifizierte Akademiker, die in Österreich eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen haben, nach ihrer Ausbildung dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, kann aufgrund des klaren, unmissverständlichen Wortlautes der Bestimmung nicht gefolgt werden. In § 12b Z 2 AuslBG sind die zugelassenen Hochschulformen ausdrücklich und abschließend aufgezählt.
Bei der Auslegung des Gesetzes ist vom Vorrang des Wortlautes auszugehen; es ist nach der objektiven Methode die Frage zu beantworten, was der kundgemachte Text bedeutet; führt diese Vorgangsweise zu einem klaren Ergebnis, so ist dieses maßgebend (VwGH 08.02.1988, 87/10/0171, VwSlg 12622 A/1988; Hinweis E 15.2.1979, 1405/78, und E 24.9.1979, 1341/78). Läßt der Wortlaut (Wortsinn) keine Zweifel offen, so ist für eine teleologische Auslegung kein Raum (VwGH 08.02.1988, 87/10/0171, VwSlg 12622 A/1988; Hinweis E 3.3.1981, 789/80, VwSlg 10389 A/1981).
Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 AuslBG liegen somit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht vor.
Daher war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Im Beschwerdefall ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung jedoch nicht erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint und daher durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war.
Da auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftraten, welche die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätten, stehen dem Entfall der Verhandlung auch weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140). Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entgelt Hochschulstudium Mindestanforderung Rot-Weiß-Rot-Karte SchlüsselkraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I406.2248063.1.00Im RIS seit
03.12.2021Zuletzt aktualisiert am
03.12.2021