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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)Norm
ABGB §938Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Univ.-Prof. DI Dr. G S in G, vertreten durch Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Kirchengasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 6. Mai 2020, RV/2100647/2018, betreffend Einkommenssteuer 2016, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber und seine Ehefrau übertrugen eine jeweils zur Hälfte in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft (Wohnhaus) mit einem in Form eines Notariatsaktes errichteten „Schenkungsvertrag“ vom 3. Oktober 2016 an ihre gemeinsame Tochter E. Im Gegenzug räumte die Tochter ihren Eltern ein Wohnungsgebrauchsrecht an sämtlichen Räumlichkeiten und ein Fruchtgenussrecht am gesamten Garten und den vorhandenen Obstbäumen ein und verpflichtete sich darüber hinaus, an ihre drei Geschwister Ausgleichzahlungen in Höhe von jeweils 211.044,70 € bis spätestens 31. Oktober 2016 zu leisten. Weiters wurde ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Revisionswerbers und seiner Ehefrau vereinbart. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags vom 3. Oktober 2016 hatte die Liegenschaft (abzüglich des Werts des den Eltern eingeräumten Wohnrechts und Fruchtgenussrechts) einen Verkehrswert von 844.178 €.
2 Mit Notariatsakt ebenfalls vom 3. Oktober 2016 wurde ein partieller Pflichtteilsverzichtsvertrag abgeschlossen, wonach die Tochter E und ihre drei Geschwister auf ihren jeweiligen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch gegenüber dem Revisionswerber und dessen Ehefrau hinsichtlich der streitgegenständlichen Liegenschaft verzichteten.
3 Mit Überweisungsaufträgen vom 4. Oktober 2016 bezahlte die Tochter E aus ihrer eigenen Vermögenssphäre jeweils 211.044,70 €, gesamt sohin 633.134,10 €, an ihre drei Geschwister.
4 Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 ersuchte der Revisionswerber die belangte Behörde zu dem unter Rn. 1 bis 3 wiedergegebenen Sachverhalt um Rechtsauskunft dahingehend, ob überhaupt eine Steuerpflicht entstanden sei, und bejahendenfalls über die Höhe der zu entrichtenden Immobilienertragssteuer. Aus den Einkommenssteuerrichtlinien gehe dies nicht klar hervor bzw. sei die darin enthaltene 50% Grenze verfassungswidrig.
5 Mit Schreiben vom 9. November 2016 erteilte die belangte Behörde Rechtsauskunft und führte unter anderem aus, dass im Ertragssteuerrecht die Abgrenzung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsgeschäften in Anlehnung an die für die Rentenbesteuerung maßgebende Vorschrift des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 danach getroffen werde, ob die Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes weniger als die Hälfte des gemeinen Wertes dieses Wirtschaftsgutes betrage (Überwiegen des Schenkungscharakters) oder nicht (entgeltliches Rechtsgeschäft). Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge liege Unentgeltlichkeit solange vor, als Mittel vom potentiellen Erblasser auf die voraussichtlichen künftigen Erben verteilt würden. Entgeltlichkeit liege erst dann vor, wenn Vermögensübertragungen durch Mittel von anderen beteiligten Personen ausgeglichen würden. Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Ertragssteuerrecht liege, unabhängig von der Zahl künftiger Erben, dann keine vorweggenommene Erbfolge, sondern ein entgeltliches Rechtsgeschäft vor, wenn der Übernehmer der Liegenschaft im Rahmen eines synallagmatischen Leistungsaustausches aus eigenen Mitteln bzw. aus eigenem Vermögen mehr als die Hälfte des Wertes der an ihn übertragenen Immobilie an den Übergeber oder an vom Übergeber bestimmte Personen zu erbringen habe.
6 Mit Bescheid vom 19. Jänner 2018 setzte die belangte Behörde gegenüber dem Revisionswerber als Veräußerer der Liegenschaft die Einkommenssteuer für das Jahr 2016 fest und wies dabei - erklärungsgemäß auf der Basis einer für „Altvermögen“ ermittelten Bemessungsgrundlage - einen Betrag von 20.595,15 € als „Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 30%)“ aus.
7 Im angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht (BFG) der Beschwerde des Revisionswerbers teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid gemäß § 279 BAO dahingehend ab, dass es die Höhe der festgesetzten Abgabe auf 10.542,25 € reduzierte. Begründend führte es aus, dass keine gemischte Schenkung vorliege, die als unentgeltlich einzustufen sei, sondern eine entgeltliche Übertragung eines Grundstücks im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts. Für die Annahme einer als unentgeltlich einzustufenden, gemischten Schenkung müsse in einem ersten Prüfungsschritt ein offenbares bzw. krasses Wertmissverhältnis der gemeinen Werte der Leistung und Gegenleistung (objektives Element) vorliegen. Bejahendenfalls sei in einem zweiten Prüfungsschritt ein zumindest teilweises „Bereichernwollen“ (subjektives Element) zu prüfen, wobei dieses zwischen nahen Angehörigen vermutet werde. Von einer gemischten Schenkung sei nur dann auszugehen, wenn sowohl das objektive als auch das subjektive Element erfüllt seien. Zur Feststellung des Vorliegens eines offenbaren Wertmissverhältnisses leitete das BFG aus § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 einen Überwiegensgrundsatz ab. Da gegenständlich Ausgleichszahlungen in einer Höhe von 75% des Verkehrswerts der Liegenschaft zu leisten gewesen seien, die aufgrund des eindeutigen Überwiegens der entgeltlichen Komponente die Annahme eines „offenbaren“ bzw. „krassen“ Wertmissverhältnisses nicht zulasse, würde es an einer wesentlichen Voraussetzung für eine als unentgeltlich einzustufende, gemischte Schenkung mangeln.
8 Allerdings seien die aus der Liegenschaftsübertragung resultierenden Einkünfte nur zur Hälfte dem Revisionswerber zuzurechnen, da die Liegenschaft jeweils zur Hälfte im Eigentum des Revisionswerbers und seiner Ehefrau gestanden sei, weshalb der Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde.
9 Die Revision ließ das BFG zu, weil zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Grundstücksübertragung durch einen potentiellen Erblasser auf einen künftigen Erben, der zu Ausgleichszahlungen an Dritte verpflichtet sei, einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Vorgang darstelle, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision, zu deren Zulässigkeit geltend gemacht wird, dass insbesondere für den Fall, dass die Ausgleichszahlungen in gleicher Höhe an erb- und pflichtteilsberechtigte Geschwister geleistet werden, mit denen der elterliche Schenkungswille implementiert werde, keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Im Übrigen sei die Revision auch schon deshalb zuzulassen, weil die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur gemischten Schenkung im Allgemeinen noch zu § 30 Abs. 1 EStG in der Fassung vor dem 1. StabG, BGBL. I Nr. 22/2012, ergangen sei.
11 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Die Revision ist zulässig, aber im Ergebnis nicht begründet.
14 Einkünftebegründender Tatbestand des § 30 Abs. 1 EStG 1988 ist die Veräußerung von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören.
15 Zur Frage des Vorliegens einer „Veräußerung“ bei einem gemischten Rechtsgeschäft stellt das BFG auf die Regelung des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 idF StRefG 2000, BGBl. I 1999/106, ab. Damit hat es die Rechtslage verkannt, weil § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht die Abgrenzung zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsgeschäften normiert, sondern lediglich ein Abzugsverbot festlegt. Zur Genese der genannten Bestimmung ist Folgendes zu berücksichtigen:
16 Im Geltungsbereich des EStG 1972 war bei Renten, die in Zusammenhang mit der Übertragung von Wirtschaftsgütern vereinbart wurden, zwischen Gegenleistungsrenten einerseits und Zuwendungsrenten andererseits unterschieden worden, wobei bei Letzteren zwischen außerbetrieblichen Versorgungsrenten und Unterhaltsrenten unterschieden wurde (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I2 [1982], 151ff).
17 Versorgungsrentenzahlungen waren gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1972 als Sonderausgaben abzugsfähig (VwGH 19.9.1989, 88/14/0174); beim Rentenempfänger lagen Einkünfte nach § 29 Z 1 EStG vor. Unterhaltsrentenzahlungen waren hingegen gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG nicht abzugsfähig und beim Empfänger nicht steuerbar (vgl. nochmals Doralt/Ruppe, Steuerrecht I2 [1982], 153, 155).
18 Mit Erkenntnis vom 26. Jänner 1999, 98/14/0045, sprach der Verwaltungsgerichtshof zur Versorgungsrente (unter Bezugnahme auf die Kritik bei Doralt, Die Versorgungsrente - ein Steuersparmodell, RdW 1998, 517) aus:
„Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch nicht veranlasst, diese Rechtsprechung im Geltungsbereich des EStG 1988 aufrechtzuerhalten. Wird ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, dann liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muss von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ausgegangen werden. Im Bereich der Übertragung von Wirtschaftsgütern gegen Rente ist für eine weitere Rentenkategorie kein Raum.“
19 Auf diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hat der Gesetzgeber mit dem StRefG 2000 reagiert. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1766 BlgNR XX. GP 39 und AB 1858 BlgNR XX. GP 2) wird festgehalten, dass entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Erkenntnis 98/14/0045) am Typus der außerbetrieblichen Versorgungsrente insofern festgehalten werden soll, als sie aus Anlass einer Betriebsübertragung vereinbart wird. Bei Rentenvereinbarungen aus Anlass der Übertragung anderer (privater bzw. zur außerbetrieblichen Einkunftserzielung eingesetzter) Wirtschaftsgüter soll es hingegen - dem angesprochenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - nur noch Kaufpreisrenten und Unterhaltsrenten, also keine Versorgungsrenten, geben.
20 Aus der mit dem StRefG 2000 vorgenommenen Ergänzung des § 20 Abs. 1 Z 4 iVm Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich, dass nicht abzugsfähige freiwillige Zuwendungen unter anderem vorliegen,
„- wenn die Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern weniger als die Hälfte ihres gemeinen Wertes beträgt oder
- soweit für die Übertragung von Wirtschaftsgütern unangemessen hohe Gegenleistungen gewährt werden und
wenn es sich in den vorgenannten Fällen nicht um die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen handelt, aus Anlass deren Übertragung eine Rente oder dauernde Last als unangemessene Gegenleistung vereinbart wird.”
21 Dazu halten die ErlRV (1766 BlgNR XX. GP 53) fest: „Die Ergänzung des § 20 Abs. 1 Z 4 ist Bestandteil der Neuordnung der Rentenbesteuerung (siehe Art. I Z 15).“
22 Auf Seite 56 führen die ErlRV zum genannten Art. I Z 15 StRefG 2000 (1766 BlgNR XX. GP) zur Begründung der Einschränkung des Typus der Versorgungsrente aus, die unentgeltliche Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern ermögliche, wenn diese der Einkünfteerzielung dienen, eine Aufwertung nach (der damaligen Fassung des) § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 und damit eine höhere Abschreibungsbasis, was im Falle einer zusätzlichen Absetzbarkeit der gezahlten Versorgungsrente (als Sonderausgabe) eine Begünstigung bilden würde. Solle das erworbene Einzelwirtschaftsgut nicht der Einkünfteerzielung dienen, bestünde hingegen - im Falle der Anerkennung von Versorgungsrenten - die Möglichkeit einer von weiteren ertragsteuerlichen Effekten freien - und damit gestaltungsanfälligen - „willkürlichen“ Verlagerung der Steuerlast vom Rentenzahler auf den Rentenempfänger. Auf der Grundlage dieser Abwägung scheine es daher - so die ErlRV weiter - gerechtfertigt, den Typus der außerbetrieblichen Versorgungsrente nur im Bereich der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, nicht hingegen bei der Übertragung anderer Wirtschaftsgüter vorzusehen.
23 Die mit dem StRefG 2000 vorgenommene Ergänzung des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist, wie sich dies unter Berücksichtigung der Genese der in Rede stehenden Vorschriften aus den Gesetzesmaterialen und aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, Teil der Neuordnung der Rentenbesteuerung und bezieht sich nur auf Rentengeschäfte. Solche eigenen sich in besonderem Maße dafür, einem Versorgungszweck zu entsprechen. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber für Rentengeschäfte die Regelung getroffen, nach der typisierend ein Versorgungs- bzw. Unterhaltscharakter angenommen wird, wenn der Rentenwert in einem besonderen Ausmaß unter oder über dem Wert eines übergebenen Wirtschaftsgutes liegt. In diesen Fällen sollen Rentenzahlungen (oder Teile der Rentenzahlungen) nicht (bzw. - bei betrieblichen Einheiten - als Sonderausgaben) abzugsfähig sein. Auf andere Rechtsgeschäfte als Rentengeschäfte ist die in Rede stehende Ergänzung des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht anzuwenden, insbesondere nicht für Zwecke der Abgrenzung von Entgeltlichkeit und Unentgeltlichkeit. Solcherart können die vom Revisionswerber diesbezüglich vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken ungeprüft bleiben.
24 Die zur Anknüpfung an den Tatbestand des § 30 EStG 1988 erforderliche Abgrenzung von entgeltlichen zu unentgeltlichen Geschäften, die auch im Rahmen einer Grundstücksübertragung durch vorweggenommene Erbfolge maßgeblich ist (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 30 Rz 113), ist somit ausschließlich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vorzunehmen.
25 Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn die beteiligten Personen einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollen (vgl. zuletzt VwGH 18.2.2021, Ra 2019/15/0052, Rn. 16, mwN). Sie liegt bei einem offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nahe, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten ist, dass sie - aus privaten Motiven - einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollten. Ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist gegeben, wenn sich nach Lage des Falles für den einen Teil auf jeden Fall eine Vermögenseinbuße, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung ergibt (VwGH 23.4.2014, 2010/13/0139). Zur Gegenleistung zählt auch das Entgelt, das nicht dem Gläubiger, sondern einem Dritten erbracht wurde (vgl. zur zivilrechtlichen Rechtsprechung OGH 23.2.1983, 7 Ob 671/85; 26.1.1984, 6 Ob 620/82).
26 Bei der gemischten Schenkung müssen sich die Vertragsparteien subjektiv des Charakters der Leistung als unentgeltlich bewusst sein, sie müssen die (teilweise) Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt haben (VwGH 18.2.1999, 97/15/0021, mwN). Das subjektive Element des „Bereichernwollens“ wird bei Zuwendungen zwischen nahen Angehörigen - im Gegensatz zu Rechtsgeschäften zwischen unabhängigen Vertragspartnern im gewöhnlichen geschäftlichen Verkehr - im Zweifel grundsätzlich als gegeben vermutet (vgl. nochmals VwGH 18.2.2021, Ra 2019/15/0052 und VwGH 23.4.2014, 2010/13/0139).
27 Ein krasses Missverhältnis des Wertes der beiderseitigen Leistungen reicht zwar für sich allein nicht aus, eine gemischte Schenkung anzunehmen; es kann jedoch - als einer der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles - den Schluss auf die Schenkungsabsicht der Parteien rechtfertigen (vgl. zuletzt VwGH 18.2.2021, Ra 2019/15/0052, Rn. 17, mwN). Im vorliegenden Fall ist schon aufgrund des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses von einer teilweisen Bereicherungsabsicht des Revisionswerbers (und seiner Ehefrau) gegenüber ihrer Tochter E auszugehen, die in der Revisionsbeantwortung auch nicht bestritten wird.
28 Der in der bisherigen Rechtsprechung enthaltenen Formulierung, wonach ein unentgeltlicher Erwerb nicht nur bei (reinen) Schenkungen, sondern auch bei gemischten Schenkungen anzunehmen ist (vgl. neuerlich zuletzt VwGH 18.2.2021, Ra 2019/15/0052, mwN), liegt die Beurteilung des gemischten Vertrags als einheitliches Rechtsgeschäft mit deutlich im Vordergrund stehenden unentgeltlichen Komponenten zugrunde. Erfolgte eine Verfügung teils entgeltlich, teils unentgeltlich, ist nämlich nach dem Hauptzweck und Gesamtcharakter des Geschäftes zu beurteilen, ob Unentgeltlichkeit vorliegt (vgl. aus der zivilrechtlichen Judikatur und Lehre OGH 18.10.2001, 6 Ob 175/01f und 17.2.2005, 6 Ob 311/04k; vgl. auch RIS-Justiz RS0018777; Gruber in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 917, Rz 6). Weicht allerdings der Wert der Gegenleistung um nicht mehr als 25% vom Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes ab, und liegen keine besonderen Umstände vor, die einen unentgeltlichen Gesamtcharakter nahelegen, ist für die Frage der ertragssteuerlichen Behandlung in der Regel von einem einheitlichen, entgeltlichen Rechtsgeschäft auszugehen.
29 Im vorliegenden Fall hat sich die Tochter E als Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaft durch ihre Eltern diesen gegenüber verpflichtet, Zahlungen an ihre Geschwister im Ausmaß von insgesamt 75% des Verkehrswerts der Liegenschaft zu leisten. Entgegen dem Revisionsvorbringen können diese Zahlungen bei der Beurteilung des Werts der Gegenleistung nicht unberücksichtigt bleiben, da die Liegenschaftsübernehmerin mit den Zahlungen an ihre Geschwister eine Leistung an ihre Eltern erbrachte, die sie (die Übernehmerin) von ihrer Gegenleistungsverpflichtung aus dem gemischten Vertrag befreite. Es liegt lediglich ein verkürzter Zahlungsweg vor. Die Gründe für die vom Revisionswerber und seiner Ehefrau (vorab) getätigte Disposition über die Gegenleistung (in Form der „Weisung“ zur Ausgleichszahlung an ihre übrigen Kinder) können zur Beurteilung der Entgeltlichkeit der Liegenschaftsübertragung außer Betracht bleiben. Insgesamt war daher das der Liegenschaftsübertragung zugrundeliegende Rechtsgeschäft wegen der deutlich im Vordergrund stehenden entgeltlichen Komponenten als Veräußerung iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 zu qualifizieren.
30 Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Revisionswerber im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 16. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020150015.J00Im RIS seit
06.05.2022Zuletzt aktualisiert am
06.05.2022