TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/13 96/21/0110

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Veröffentlicht am 13.11.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Februar 1995, Zl. 105.020/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (nach der Aktenlage auf Verlängerung der Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz) gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin ihren Antrag mit der Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit begründet habe. Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die Unbedenklichkeit für die angestrebte Beschäftigung nicht bestätigt. Daraus ergebe sich für die Behörde die gesetzliche Verpflichtung, den Antrag "abzulehnen". Überdies stehe der Bewilligung der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG entgegen. Danach sei die Erteilung eines Sichtvermerks zu versagen, wenn der Sichtvermerkswerber nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt verfüge. Der Unterhalt der Beschwerdeführerin solle durch ihre Schwägerin "als Verpflichterin" finanziert werden. Die Schwägerin der Beschwerdeführerin verdiene lediglich ca. S 10.200,-- monatlich und sei für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig. Eine solche Finanzierung des Lebensunterhaltes durch Dritte sei nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführerin im Sinn des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit die belangte Behörde die Abweisung des Antrages auf § 5 Abs. 2 AufG stützt, hat sie den Gehalt des von ihr angewendeten § 5 Abs. 2 leg. cit. verkannt, indem sie von ihrer Bindung als Berufungsbehörde an die negative Feststellung der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ausgegangen ist (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 96/21/0139).

Die Beschwerdeführerin hat nach dem Inhalt der Verwaltungsakten überdies vorgebracht, daß ihr Lebensunterhalt durch ihre Schwägerin gesichert sei und dazu eine Erklärung vorgelegt, wonach sich diese unwiderruflich verpflichtet, für den gesamten Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin solange uneingeschränkt aufzukommen, bis diese dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde.

Die belangte Behörde hat die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung für "unglaubwürdig" erachtet. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann aber der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit.

Die belangte Behörde hat die vorgelegte Verpflichtungserklärung überdies als unzureichend angesehen, weil die sich Verpflichtende "lediglich ca. S 10.200,-- monatlich" verdiene und für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig sei. Demgegenüber hatte die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag das Einkommen der sich Verpflichtenden mit S 16.297,21 angegeben und dafür die Kopie eines Auszahlungsbeleges über deren Lohn in dieser Höhe vorgelegt. Weiters hat die Antragstellerin bereits in erster Instanz bei ihrer Einvernahme angegeben, daß der Ehegatte der sich Verpflichtenden ebenfalls arbeite und ca. S 20.000,-- netto verdiene. Die somit nicht weiter begründete Annahme der belangten Behörde, daß die vorgelegte Verpflichtungserklärung nicht geeignet sei, den Unterhalt der Beschwerdeführerin auf die Dauer der beantragten Bewilligung des Aufenthaltes zu sichern, ist daher nicht schlüssig und insoweit der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich. Der belangten Behörde fällt auch hier ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 67 AVG zur Last.

Da aber die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß die verzeichnete Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210110.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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