Entscheidungsdatum
28.10.2021Index
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;Norm
GelVerkG 1996 §3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung der GewO 1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt und Beschwerdevorbringen:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Sie, AA, geboren am ***, wohnhaft in **** Y, Adresse 2, haben am 10.06.2020 gegen 22:00 Uhr, auf der B ***, im Gemeindegebiet von X und in weiterer Folge auf dem Parkplatz des CC DD (Feststellung der Übertretung) den Pkw der Marke EE, Farbe weiß, mit dem amtlichen Kennzeichen ***, gelenkt und FF, entgeltlich vom Cafe-Pub „GG“, **** JJ, Adresse 1, an dessen Wohnadresse in **** W, Adresse 4, befördert und dabei ein Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 (GelverkG), welches nach § 1 Abs. 2 Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 (GelverkG) als reglementiertes Gewerbe nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO) gilt, selbstständig, regelmäßig und in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt bzw. durchgeführt, obwohl Sie nicht in Besitz der entsprechenden Gewerbeberechtigung für das erforderliche Gewerbe (Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen gern. § 3 Abs 1 Z 3 Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 (GelverkG)) sind.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 366 Abs 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO) in Verbindung mit § 1 Abs 2 und § 3 Abs 1 Z 3 und § 15 Abs 2 Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 (GelverkG)
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe (€): Gemäß: Ersatzfreiheitsstrafe:
€ 2.000,00 § 366 Abs. 1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 *** Stunden
(GewO) in Verbindung mit §15 Abs. 2 Schlusssatz
Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 (GelverkG)
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.
Weiter Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: € 200,00 als Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind € 10,00 der Strafe wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind. Bei Ersatzfreiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe mit € 100,00 anzusetzen. € 0,00 als Ersatz der Barauslagen für
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 2.200.00“
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bringt der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass sich aus der Anzeige ergebe, dass FF nicht bestätigt habe, dass er vom Beschuldigten entgeltlich mit dessen Auto gefahren worden sei. Vielmehr seien der Beschuldigte und FF Freunde. FF sei allerdings stark betrunken gewesen und sei er aufgrund des Einschreitens der Polizeibeamten nervös gewesen, weswegen ihm nicht sofort der Name des Beschuldigten eingefallen sei. Außerdem habe FF dezidiert gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten angegeben, dass er für diese Fahrt nichts zu bezahlen gehabt hatte. In der Anzeige sei von einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Rede. Dies könne keinesfalls Grundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren sein. Es sei ausdrücklich die Einvernahme des Zeugen FF und die Einvernahme der einschreitenden Polizeibeamten beantragt worden. Diesem Beweisantrag sei allerdings seitens der Bezirkshauptmannschaft Y nicht entsprochen worden.
Am 20.09.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt, in welcher die beiden einschreitenden Polizeibeamten als Zeugen einvernommen wurden. Der Zeuge FF konnte trotz mehrmaliger Versuche zur mündlichen Verhandlung nicht geladen werden.
II. Sachverhalt:
Am 10.06.2020 gegen 22.00 Uhr wurde der Beschwerdeführer auf der B *** und in weiterer Folge auf dem Parkplatz des CC DD mit dem von ihm gelenkten PKW *** von Beamten der Polizeiinspektion V kontrolliert. Im Zuge der Kontrolle konnte am Beifahrersitz FF festgestellt werden. Aufgrund der Tatsache, dass der amtsbekannte Beschwerdeführer Personenbeförderungen ohne entsprechende Gewerbeberechtigung durchführt, wurde der Beschwerdeführer dahingehend von den Polizeibeamten befragt. Dabei hat sich herausgestellt, dass der Zeuge FF einen Transport vom Cafe-Pub „GG“ in der Adresse 1, **** JJ an seine Wohnadresse in U benötigt habe. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer ein Entgelt für die von ihm durchgeführte bzw in Aussicht gestellte Fahrt erhalten hat.
III. Beweiswürdigung:
Die vorhin getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Anzeige der PI V sowie die Einvernahme der beiden Polizeibeamten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol. Letztlich konnte eine Entgeltlichkeit der vom Beschwerdeführer durchgeführten Fahrt mit dem Zeugen FF nicht erwiesen werden.
IV. Rechtslage:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrsgesetzes 1996 – GelverkG, BGBl Nr 121/1996 idF BGBl I Nr 13/2021 lauten:
„§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für
1. die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen sowie
2. die Arbeitszeit von selbstständigen Kraftfahrern bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Omnibussen.
Dieses Bundesgesetz gilt nicht für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes, BGBl. I Nr. 203/1999.
(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementierte Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.
(3) (Verfassungsbestimmung) Zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Artikels 10 Abs. 1 Z 8 B-VG gehören nicht die Angelegenheiten der Beförderung von Personen mit Fahrzeugen, die durch die Kraft von Tieren bewegt werden.
§ 15. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7 267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer
1. die Zahl der Fahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 4 Abs. 2 vermehrt;
2. § 10 zuwiderhandelt;
3. eine Beförderung gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 ohne die erforderliche Genehmigung durchführt;
4. die gemäß § 14 festgelegten Tarife nicht einhält;
5. andere als die in Z 1 bis 4 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
6. nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1073/09 erforderliche beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz oder das Fahrtenblatt mitgeführt wird;
7. gegen sonstige Gebote oder Verbote der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 und der Verordnung (EG) Nr. 1073/09 oder andere unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Personenverkehr auf der Straße verstößt;
8. nicht dafür sorgt, dass die notwendigen Genehmigungen oder Nachweise gemäß dem Landesverkehrsabkommen mit der Schweiz oder gemäß den Vereinbarungen nach § 12 oder gemäß dem Interbus-Übereinkommen oder dem Bundesgesetz vom 1. Oktober 1987 zur Durchführung des Übereinkommens über die Personenbeförderung im grenzüberschreitenden Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, BGBl. Nr. 17/1987 (ASOR-Durchführungsgesetz), BGBl. Nr. 521/1987, mitgeführt werden.
(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 1, 4, 6 und 8 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 2, wenn es sich um Zuwiderhandlungen gegen § 10 Abs. 2 handelt, hat die Geldstrafe mindestens 363 Euro zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z 3 und 7 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 1 453 Euro zu betragen.
(…)“
Die maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994 idF BGBl I Nr 65/2020, lautet:
„§ 366. (1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer
1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, und nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind;
(…)“
Die verfahrensgegenständlich relevante Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 58/2018, lautet:
„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
(…)“
V. Erwägungen:
Unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung bzw einer Konzession für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen gemäß § 3 Abs 1 Z 3 Gelegenheitsverkehrsgesetz ist. Weiters ist der Beschwerdeführer bereits einschlägig vorbestraft. Unter Hinweis auf die oben wiedergegebenen Feststellungen steht im vorliegenden Fall die vorgeworfene Übertretung nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit fest. Insbesondere die vom Gesetz geforderte Gewinnerzielungsabsicht bzw die Absicht, einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, konnte im vorliegenden Fall nicht abschließend geklärt werden, weshalb das gegenständliche Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 erster Fall VStG in dubio pro reo einzustellen war.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Piccolroaz
(Richter)
Schlagworte
PersonenbeförderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.40.1874.7Zuletzt aktualisiert am
02.12.2021