Entscheidungsdatum
28.05.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W150 2231951-8/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Klein als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch: BBU gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 13.03.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.03.2021 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 13.03.2021 bis 28.05.2021 für rechtswidrig erklärt.
II. Gemäß 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht vorliegen.
III. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung hat der Bund (Bundesminister für Inneres) dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von 737,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
IV. Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
V. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge auch: „BFA“ oder „belangte Behörde“) vom 19.02.2020 wurde erstmals über den BF (in weiterer Folge auch: „BF“) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet, verbunden mit der Feststellung, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des BFs aus der Strafhaft eintreten. In weiterer Folge wurde der BF am 24.02.2020 nach der Entlassung aus seiner Strafhaft in Schubhaft genommen und wurde in einem Polizeianhaltezentrum in Wien angehalten.
2. Am 26.07.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Aufgrund der Annahme, dass mittels dieser Antragstellung die Vollstreckung der aufenthaltsbeenden Maßnahme verzögert werden solle, hielt das Bundesamt die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht. Der entsprechende Aktenvermerk wurde dem BF am 26.07.2020 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Dieser Antrag des BF wurde wegen entschiedener Sache mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.09.2020 zurückgewiesen; dieser Bescheid erwuchs Mitte Oktober mangels Bekämpfung in Rechtskraft. Schon am 04.11.2020 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Aufgrund der weiterhin berechtigten Annahme, dass mittels dieser Antragstellung die Vollstreckung der aufenthaltsbeenden Maßnahme verzögert werden solle, hielt das Bundesamt die Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG aufrecht. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF am 04.11.2020 nachweislich zur Kenntnis gebracht.
3. Am 11.02.2020 wurde ein Ansuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die Vertretungsbehörde von Algerien in Wien gerichtet.
4. Am 18.09.2020 konnte der BF der algerischen Delegation für ein Interview vorgeführt werden. Laut Botschaftsmitarbeiter handelt es sich vermutlich um einen Algerier. Die Angaben werden seitdem in Algier überprüft.
5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (in weiterer Folge auch: „BVwG“) vom 21.06.2020, 23.07.2020, 19.08.2020, 15.09.2020, 08.10.2020, 02.11.2020 und letztmalig 26.11.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig gewesen ist.
6. Am XXXX .11.2020 wurden der BF auf COVID 19 positiv einem Polizeianhaltezentrum in Wien getestet und aus der Schubhaft entlassen. Er wurde durch die Gesundheitsbehörde abgesondert, d.h. in das Otto-Wagner-Spital zur Absonderung verbracht.
7. Am XXXX .12.2020 wurden der BF nach der Absonderung durch die Gesundheitsbehörde, von der Polizei festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum in Wien überstellt.
8. Mit Bescheid des BFA vom 09.12.2020 wurde der BF erneut in Schubhaft genommen.
9. Am 18.01.2021 wurde der BF wegen seiner Haftunfähigkeit aufgrund eines Hungerstreiks entlassen.
10. Am 01.03.2021 wurde der BF erneut aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes festgenommen und mit Bescheid des BFA vom gleichen Tage gemäß § 77 Abs. 1 und 3 iVm § 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG, iVm § 57 Abs. 1 AVG, über den BF das gelindere Mittel zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung beginnend mit 01.03.2021 angeordnet.
11. Am 13.03.2021 wurden der BF erneut durch die LPD im Zuge einer Schwerpunktkontrolle in Wien 15, Europaplatz 2, einer Personenkontrolle unterzogen. Dabei wurde sein unrechtmäßiger Aufenthalt festgestellt. Die LPD hat in Rücksprache mit BFA und der PI Hernalser Gürtel eruiert, dass der BF dem gelinderen Mittel nie nachgekommen ist, weswegen die Festnahme verfügt wurde.
12. Am 13.03.2021 wurde der BF zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen und danach am selben Tage gegen diesen die Schubhaft mit dem verfahrensgegenständlichen angefochtenen Bescheid verhängt.
13. Am 21.05.2021 erhob der BF im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters Beschwerde an das BVwG. Darin wurde im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant ausgeführt, dass seit der Identifizierung des BF als möglicher algerischer Staatsangehöriger am 18.09.2020 bis dato keine Identifizierung stattgefunden hat und es somit der belangten Behörde bis dato nicht gelungen sei ein HRZ zu erlangen. Die Erreichbarkeit des Sicherungszweckes sei somit nicht zu verwirklichen. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt und Kostenzuspruch.
14. Am 25.05.2021 übermittelte das BFA Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages vom gleichen Tage eine Stellungnahme, in der im Wesentlichen und soweit verfahrensrelevant folgendes ausgeführt wurde: „Der Beschwerde muss entgegengehalten werden, dass die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendung des gelinderen Mittels entsprechend begründet wurden. Laut aktuellen Informationen erfolgen Überprüfungen der Identität in Algier und werden auch Heimreisezertifikate durch die algerischen Behörden ausgestellt. Laut Auskunft der BFA Direktion vom 17.05.2021 ist eine Rückführung nach Algerien derzeit nicht möglich. Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme von Außerlandesbringungen nach Algier ist derzeit nicht bekannt. Im konkreten Fall gestaltet sich die Identitätsfeststellung sehr schwierig, da der BF immer wieder verschiedene Identitäten und auch Nationalitäten verwendete. Der BF ist nicht bereit freiwillig nach Algerien zurückzukehren und setzt somit Handlungen, welche nur dazu dienen, um die HZ Ausstellung zu verhindern. Es muss auch angenommen werden, dass die Angaben des BF unzureichend oder sogar teilweise falsch waren, ansonsten wären die algerischen Behörden in der Lage, die Identität des BF festzustellen. Die Vorführung zur Delegation ergab, dass von einer algerischen Staatsangehörigkeit auszugehen ist. Die Rückantwort der algerischen Behörden ist jedoch noch ausständig. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für eine HZ Ausstellung betrug vor der Pandemie drei bis vier Monate und durch die Pandemie verlängert sich nun die Bearbeitungsdauer. Je ungenauer die Angaben eines Fremden sind, desto länger dauert die Bearbeitung in den diversen Heimatländern zur Feststellung der tatsächlichen Identität. Der Beschwerde muss daher entgegengehalten werden, dass die Ausstellung eines HZ nicht aussichtslos ist und solange keine HZ-Zustimmung aus Algier einlangt, kann kein Flug nach Algier gebucht werden. Es ist auch damit zu rechnen, dass die fehlende Möglichkeit der zwangsweisen Rückführung nach Algier in absehbarer Zeit wiederaufgenommen werden kann. Eine Internetrecherche ergab, dass am 16.05.2021 die algerische Regierung ankündigte, dass ab dem 01.06.2021 eine partielle Wiedereröffnung des internationalen Flugverkehrs erfolgen soll. (deutsche Botschaft Algier-aktuelle Corona-Maßnahmen in Algerien).“ Des weiteren wurde die Abweisung der Beschwerde begehrt und ein Kostenbegehren gestellt.
15. Aufgrund eines gerichtlichen Auftrages vom 25.05.2021 zur Übermittlung eines amtsärztlichen Gutachtens zur Frage der Haftfähigkeit des BF übermittelte das BFA am 25.05.2021 lediglich eine Stellungnahme mit folgendem Wortlaut: „Der BF befand sich vom 01.04.2021 06:50 Uhr bis zum 02.04.2021 06:56 Uhr in Hungerstreik. Am 23.05.2021 um 11:15 startete der BF neuerlich einen Hungerstreik. Solange keine HZ Zustimmung vorliegt und kein Flug gebucht wird, kann eine Heilbehandlung nicht beantragt werden. Der BF befindet sich in Beobachtung der Sanitätsstelle des PAZ HG.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
1.1. Der oben dargelegte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
1.2. Der volljährige BF befindet sich in seinem 37. Lebensjahr, ist algerischer Staatsangehöriger, nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU.
Der BF ist algerischer Staatsbürger, er ist volljährig und grds. gesund. Der BF ist zum Entscheidungszeitpunkt Asylwerber aber kein subsidiär Schutzberechtigter, nicht österreichischer Staatsbürger oder Unionsbürger und verfügt über keine Aufenthaltsberechtigung in Österreich oder in einem anderen Mitgliedsstaat der EU.
Der BF wird seit 13.03.2021 in einem Polizeianhaltezentrum in Wien in Schubhaft angehalten. Der BF ist in Österreich wegen strafbarer Handlungen gegen verscheidene Rechtsgüter, darunter auch Suchtmitteldelikte, mehrfach vorbestraft.
Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführer ist nicht eindeutig geklärt. Er befindet sich aufgrund eines Hungerstreikes in Beobachtung, eine Heilbehandlung wurde noch nicht beantragt. Es sind jedenfalls keine Hinweise auf eine Zugehörigkeit zu einer der CoVid-19-Risikogruppen bekannt, aufgrund einer diesbezüglichen Infektion Ende vergangenen Jahres ist er derzeit sogar der Gruppe der Genesenen zuzurechnen. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei).
1.3. Der BF in Österreich in keiner Form integriert, er verfügt über keine substanziellen sozialen, beruflichen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Zudem verfügt er über keine gesicherte Unterkunft, über kein Barvermögen und über keinen gesicherten Wohnsitz.
1.4. Der BF hat bis dato nicht am Verfahren zur Durchsetzung seiner Ausreise mitgewirkt, er hat kein Reisedokument vorgelegt. Der BF hat sich schon zuvor seinem Verfahren zur Rücküberstellung nach Ungarn durch Untertauchen entzogen. Der Beschwerdeführer ist auch nicht vertrauenswürdig. Während seines Aufenthalts in Italien war der Beschwerdeführer 2,5 Jahre wegen Raubes in Haft (I412 2226783-1: OZ 1, S. 252). Der BF hat bei seinen Antragstellungen mehrfach Alias-Identitäten angegeben, um seine wahre Identität zu verschleiern.
Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers war für das Bundesamt in der Zeit von 14.10.2014 bis 12.09.2019 und von 10.10.2019 bis 14.11.2019 nicht feststellbar und hielt sich der Beschwerdeführer in diesen Zeiträumen für die Behörden im Verborgenen auf, zumal er über keine Meldung im Bundesgebiet verfügte. Er tauchte bereits mehrmals im Bundesgebiet unter und entzog sich so seinem laufenden Verfahren. Der Beschwerdeführer war von 2014 bis 2019 in Italien (I412 2226783-1: OZ 1, S. 252).
1.5. Das BFA hat 2020 nachhaltige und angemessene Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF vorgenommen. Der BF wurde im Polizeianhaltezentrum am 18.09.2020 einer Delegation der algerischen Botschaft vorgeführt. Ein zuvor zu einem früheren Zeitpunkt angesetzter Termin musste aufgrund der COVID-19 Pandemie abgesagt werden. Der Beschwerdeführer wurde bei dem Delegationstermin am 18.09.2020 als (vermutlicher) algerischer Staatsbürger durch die Botschaft eingestuft. Die Daten wurden jedoch zur Überprüfung nach Algier geschickt. Diese Überprüfung dauerte erfahrungsgemäß – vor der Covid-19-Pandemie - drei bis vier Monate. Bis dato langte diesbezüglich nichts ein und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, wann mit einer abschließenden Stellungnahme der algerischen Behörden zu rechnen sein wird. Derzeit ist eine Rückführung nach Algerien jedenfalls nicht möglich. Der Zeitpunkt der Wiederaufnahme von Außerlandesbringungen nach Algier ist derzeit nicht bekannt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang, die Vorverfahrenshistorie sowie die getroffenen Feststellungen zur Nicht-Kooperation und zur – fraglichen - Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und den genannten Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Vorerkenntnis des BVwG zur GZ W117 2231951-6/2E, sowie der verfahrensgegenständlichen Beschwerde und der daraufhin eingegangenen Stellungnahme der belangten Behörde.
Die aktuelle Unmöglichkeit der Rückführung wurde vom BFA in seiner Stellungnahme vom 25.05.2021 dargetan. Obgleich bei dieser Darstellung der Hoffnung Ausdruck verliehen wird, dass sich die Situation bezüglich potentieller Abschiebeflüge in den nächsten Monaten bessern werde, so trifft dies jedenfalls nicht für den Zeitpunkt der Schubhaftverhängung im Monat März 2021 zu, als von einer Besserung der Lage bezüglich der Covid-19-Pandemie noch keine Rede sein konnte. Der Umstand, dass es völlig unklar ist, wann sich die algerischen Behörden zur Frage der Ausstellung eines HRZ abschließend äußern werden, ergibt sich aus dem völligen Fehlen von Sachbeweisen seitens der belangten Behörde. Die nach deren eigenen Angaben dargestellt übliche Wartezeit von 3 bis 4 Monaten ist jedenfalls bereits deutlich überschritten und es gibt keine Anhaltspunkte, wann tatsächlich mit dem Einlangen einer solchen Stellungnahme zu rechnen sei.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers beruhen insbesondere auf dem Fehlen des angeforderten amtsärztlichen Gutachtens und dem Umstande, dass sich der BF aktuell in einem Hungerstreik befindet und schon einmal wegen eines durch Hungerstreik verursachten schlechten Gesundheitszustand entlassen werden musste.
Das Vorliegen einer Covid-19 Pandemie und die dazu ergangenen Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung sind notorisch. Die Pandemie wurde von der WHO am 11.03.2020 ausgerufen.
Alle übrigen Fakten ergeben sich aus der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
4. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Dazu die Materialien des Gesetzgebers:
Zu Abs. 2a:
Nach geltender Rechtslage ist eine Anordnung der Schubhaft zwecks Sicherstellung einer Außerlandesbringung bzw. zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung zulässig, sofern dies wegen Fluchtgefahr notwendig ist, außerdem die Haft verhältnismäßig ist und sich der Haftzweck mit einem gelinderen Mittel nicht wirksam verwirklichen lässt.
Eine "Fluchtgefahr" gemäß § 76 Abs. 3 sowie eine Fluchtgefahr im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl. Nr. L 180 vom 29.06.2013 S. 31 (im Folgenden: "Dublin-Verordnung"), liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder die Abschiebung wesentlich erschweren wird. In § 76 Abs. 3 Z 1 bis 9 werden in einer auf der Judikatur des VwGH basierenden demonstrativen Aufzählung jene Kriterien aufgezählt, die bei der Prüfung des Vorliegens von Fluchtgefahr zu berücksichtigen sind. Auch wenn die Verhängung von Schubhaft gemäß höchstgerichtlicher Judikatur nicht der Aufdeckung oder Verhinderung von Straftaten oder ihrer Sanktionierung dient, sondern der Erfüllung eines administrativen Sicherungszweckes (vgl. VwGH 30.08.2007, 2006/21/0107; 22.11.2007, 2006/21/0189; 17.03.2009, 2007/21/0542; 20.10.2011, 2008/21/0191; 22.12.2009, 2009/21/0185 uvw. sowie VfGH 08.03.1994, G 112/93 = VfSlg. 13715), erhöht ein allfälliges strafrechtliches Fehlverhalten des Fremden in der Vergangenheit das öffentliche Interesse an der Überwachung der Ausreise (vgl. § 46 Abs. 1 Z 1) bzw. der baldigen Durchsetzung der Abschiebung und ist daher mittelbar auch für die Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Schubhaft von Bedeutung. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; 23.09.2010, 2009/21/0280; 22.12.2009, 2009/21/0185).
Auf eine etwaige Straffälligkeit des Fremden wird nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich abgestellt. Es ist daher angezeigt, nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des VwGH explizit zu normieren, dass im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung neben anderen Faktoren auch das bisherige strafrechtliche Fehlverhalten des Fremden zu berücksichtigen ist, insbesondere, ob sich aufgrund der Schwere der Straftaten das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößert. Klarzustellen ist, dass der vorgeschlagene Abs. 2a ein strafrechtliches Fehlverhalten des Fremden nicht zu einer notwendigen Voraussetzung für die Anordnung der Schubhaft macht. Vielmehr ergibt sich aus dem Wort "auch" und der Bezugnahme auf ein "allfälliges" strafrechtliches Fehlverhalten, dass bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur einem strafrechtlichen Fehlverhalten, sondern auch anderen Faktoren Bedeutung zukommen kann. Ebenso wenig ist aus Abs. 2a ein Umkehrschluss des Inhalts zu ziehen, dass über einen Fremden, dem keine strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen zur Last liegen, anstelle der Schubhaft nur mehr ein gelinderes Mittel angeordnet werden dürfte.
Zu Abs. 1:
Dieser Absatz entspricht weitestgehend dem bisherigen Abs. 1 und Abs. 1a. Die Definition der Schubhaft bleibt unverändert. Unter "Fremde" im Sinne dieser Bestimmung sind sowohl illegal als auch rechtmäßig aufhältige Fremde sowie Asylwerber zu verstehen. Bei rechtmäßig aufhältigen Fremden müssen jedoch naturgemäß stärkere Hinweise für eine Fluchtgefahr vorliegen als bei unrechtmäßig aufhältigen Fremden (Verhältnismäßigkeit). Gegen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte kann Schubhaft aufgrund von § 1 Abs. 2 FPG nicht verhängt werden.
Zu Abs. 2:
Dieser Absatz soll bestimmen, unter welchen grundlegenden Voraussetzungen Schubhaft zulässig ist. Eine Schubhaft ist demgemäß zur Sicherung eines Verfahrens zulässig und sofern zudem Fluchtgefahr bzw. Sicherungsbedarf besteht. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wird nun dezidiert in die Bestimmung aufgenommen. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (ua. B 362/06 vom 24. Juni 2006; B 1330/06 sowie B 1331/06 vom 15. Juni 2007) ist die Behörde verpflichtet, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. Betreffend das Kriterium der Verhältnismäßigkeit gilt, dass die Behörde verpflichtet ist, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Diesbezüglich erörterte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Mai 2011, 2008/21/0527, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19. Mai 2011, 2008/21/0527). Die Bestimmung ist in zwei Ziffern gegliedert, um die Schubhaftfälle außerhalb des Anwendungsbereiches der Dublin-Verordnung (Z 1) von den Dublin-Fällen (Z 2) zu unterscheiden. Für letztere gelten die Voraussetzungen der Dublin-Verordnung unmittelbar, weshalb sich in diesen Fällen die Vorraussetzung der Verhältnismäßigkeit und der erheblichen Fluchtgefahr direkt aus dem Unionsrecht ergibt (siehe Art. 28 Abs. 2 Dublin-Verordnung). Weiters siehe Erläuterungen zu Abs. 3 Z 6.
Zu Abs. 3:
In diesem Absatz werden die Tatbestände, welche bei der Feststellung der Fluchtgefahr insbesondere zu berücksichtigen sind, näher determiniert. Es handelt sich bei der Schubhaftverhängung bzw. der Beurteilung, ob Fluchtgefahr vorliegt, nach wie vor um eine Abwägungsentscheidung, in die die in den Ziffern des Abs. 3 genannten Kriterien einfließen. Trotz der umfassenden Neuformulierung des § 76 FPG ist damit keine grundlegende rechtliche Änderung intendiert. Die genannten Kriterien zum Vorliegen von Fluchtgefahr spiegeln die herrschende Rechtsprechung insbesondere des Verwaltungsgerichtshofes zur Schubhaft wider. Es handelt sich daher lediglich um die Festschreibung der gängigen Judikatur. Insbesondere wurde durch die Formulierug des Absatz 3 der neuesten VwGH-Rechtsprechung vom 19. Februar 2015 (GZ Ro 2014/21/0075) Rechnung getragen. Grundsätzlich ist eine Inhaftnahme zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren gemäß Art. 28 Abs. 2 Dublin-Verordnung zulässig, sofern eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich gelindere Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Fluchtgefahr wird in Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung mit dem Vorliegen von Gründen im Einzelfall definiert, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und annehmen lassen, dass sich der Betreffende dem laufenden Überstellungsverfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Der VwGH hielt dazu fest, dass die Bestimmungen des bisherigen § 76 Abs. 2 keine - gesetzlich festgelegten - objektiven Kriterien für die Annahme von erheblicher Fluchtgefahr iSd Dublin-Verordnung enthielten. Die Dublin-Verordnung verlange gesetzlich festgelegte Kriterien zur Konkretisierung der in der Verordnung für die Schubhaftverhängung normierten Voraussetzung des Vorliegens von Fluchtgefahr. Diese Kriterien fanden nunmehr durch die deklarative Aufzählung der Tatbestände Eingang in Absatz 3 und lassen allesamt annehmen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Bei Dublin-Fällen ist insbesondere auch Z 6 zu beachten. Die Definition der Fluchtgefahr gilt für sämtliche Schubhaftfälle, also auch für jene im Rahmen der Dublin - Verordnung (Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung).
Z 1:
Der Begriff Rückkehr stammt aus der Rückführungsrichtlinie (Art. 3 Z 3) und umfasst sowohl die freiwillige als auch die erzwungene Rückführung. Diese Ziffer ist sowohl durch Art. 15 der Rückführungsrichtlinie als auch Art. 8 Neufassung der Aufnahmerichtlinie gedeckt. Zudem gibt es hierzu bereits gefestigte höchstgerichtliche Judikatur. So hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass die bereits manifestierte wiederholte Weigerung bei der Abschiebung mitzuwirken sowie deren erfolgreiche Vereitelung ausreichend Sicherungsbedarf begründet (VwGH vom 11. Juni 2013, 2012/21/0114 und vom 30. August 2011, 2008/21/0588). In einem frühen Stadium des Asylverfahrens bedarf es besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung, können unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (VwGH vom 23. September 2010, 2007/21/0432).
Z 2:
Diese Bestimmung findet sich im Wesentlichen bereits im bisherigen § 76 Abs. 2 Z 3 und ist auch je nach betroffenem Personenkreis sowohl in Art. 8 lit. d Neufassung der Aufnahmerichtlinie sowie in Art. 15 Rückführungsrichtlinie vorgesehen.
Z 3:
Die Notwendigkeit der Schubhaft kann sich daraus ergeben, dass sich der Fremde vor der Einreise in das Bundesgebiet in einem anderen Staat dem behördlichen Zugriff entzogen und hierüber nach seiner Einreise zusätzlich falsche Angaben gemacht hat (VwGH vom 28. Juni 2007, 2006/21/0051). Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu. Die konkrete Situation des Asylwerbers muss geprüft werden, auch wenn er als Fremder vorher in einem sicheren Drittland einen Asylantrag gestellt hat (vgl. VwGH vom 30. August 2007, 2006/21/0027).
Z 4:
Wenn der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, kann Schubhaft verhängt werden. Erforderlich ist jedoch eine bereits tatsächlich erfolgte (und nicht nur für die Zukunft in Aussicht gestellte) Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 (VwGH vom 17. November 2011, 2010/21/0514).
Z 5:
Liegt eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor, so kann ab diesem Zeitpunkt die Schubhaft daher jedenfalls (auch) der Sicherung der Abschiebung dienen. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt aber nur dann in Betracht, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist (VwGH vom 28. August 2012, 2010/21/0517). In späteren Stadien des Asylverfahrens - insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung - können schon weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung die Annahme eines Sicherungsbedarfs rechtfertigen (VwGH 20. Oktober 2011, 2008/21/0191). Z 6: Auch bei Fällen mit Dublin-Bezug ist darauf zu achten, dass die Schubhaftverhängung keine Standardmaßnahme gegen Asylwerber sein darf (VwGH vom 28. Februar 2008, 2007/21/0391). Siehe auch Erläuterungen zu Z 3.
Z 6:
berücksichtigt insbesondere die bisherige Judikatur des VwGH, wonach für die Schubhaftverhängung "besondere Gesichtspunkte vorliegen [müssen], die erkennen ließen, es handle sich um eine von den typischen "Dublin-Fällen" abweichende Konstellation, in der mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auf Grund konkreter Anhaltspunkte auf eine drohende Verfahrensvereitelung durch den Fremden geschlossen werden könne" (Zl Zl 2014/21/0075 sowie Zl 2013/21/0170 mwN).
Z 7:
Unter diese Ziffer fallen unter anderem Fälle, in denen sich der Fremde aktuell dem gelinderen Mittel entzogen hat (§ 77 Abs. 1 FPG), da dann angenommen werden kann, dass der Zweck der Schubhaft nicht durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Ebenso fallen darunter jene Fälle, in denen sich der Fremde schon in der Vergangenheit dem gelinderen Mittel entzogen hat, in der Zwischenzeit nicht greifbar war und nun wieder aufgetaucht ist. Grundsätzlich gilt der Vorrang des gelinderen Mittels (VfGH vom 3. Oktober 2012, G140/11 ua - G86/12 ua). Fehlt ein Sicherungsbedürfnis, darf jedoch weder gelinderes Mittel noch Schubhaft angeordnet werden (VwGH vom 17.10.2013, 2013/21/0041).
Z 8:
Die Verletzung von Auflagen, Mitwirkungspflichten, der Gebietsbeschränkung oder Meldeverpflichtung kann ein Indiz für das Vorliegen von Fluchtgefahr sein, wobei auch hier gilt, den konkreten Einzelfall zu berücksichtigen. Der Tatbestand der Verletzung der Gebietsbeschränkung fand sich bisher in § 76 Abs. 2a Z 2 (VwGH vom 26. August 2010, 2010/21/0234).
§ 76 Abs. 3 Z 8 stellt klar, dass die Verletzung von Meldepflichten ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Fluchtgefahr sein kann. Dies gilt nicht nur für die Verletzung der bisher ausdrücklich genannten Meldepflichten, sondern auch für die Missachtung des § 38b SPG. Es ist daher sachgerecht, diese Bestimmung in die Aufzählung aufzunehmen.
Z 9:
Dem Gesichtspunkt einer "sozialen Verankerung in Österreich" kommt im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft wesentliche Bedeutung zu. Dabei kommt es u.a. entscheidend auf das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit oder auf die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes an (VwGH vom 30. August 2011, 2008/21/0107). Je länger somit der Fremde bereits in Österreich ist und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine vorliegende Fluchtgefahr sein. Dabei ist zu beachten, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration in Bezug auf (noch nicht lange aufhältige) Asylwerber, die Anspruch auf Grundversorgung haben, allein noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs sind (VwGH vom 28. Mai 2008, 2007/21/0233).
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Fluchtgefahr des BF, seiner Versuche, seine Identität zu verschleiern, seine vielen zT erfolgreichen Versuche, sich aus der Schubhaft freizupressen, mehrfachen Asylanträgen, weiters seiner Straffälligkeit.
Insgesamt ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.
Dem Bundesamt wäre auch beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Eine echte soziale Verankerung in Österreich war nicht zu erkennen, ebenso kein Vermögen. Auf Grund der Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers manifestiert, der durch den BF immer wiederkehrenden erheblichen Störung der Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum hätten die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft deutlich überwogen. Dennoch war diese aus folgenden Gründen nicht als ultima-ratio-Maßnahme möglich, da es in einem wichtigen Punkt an der Verhältnismäßigkeit mangelt.
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Weder aus dem Verwaltungsakt noch aus dem Mandatsbescheid ist ersichtlich, wann mit einer tatsächlichen Effektuierung der Abschiebung des BF nach Algerien zu rechnen wäre. Im Rahmen der am 25.05.2021 erstatteten Stellungnahme der belangten Behörde wurde sogar dezidiert ausgeführt, dass eine Rückführung derzeit nicht möglich sei und auch nicht dargetan, warum man im März des Jahres bei Verhängung der Schubhaft von dieser Möglichkeit hätte ausgehen können, war doch bereits zu diesem Zeitpunkt sowohl die übliche Dauer einer Rückantwort der algerischen Behörden überfällig und die faktische Durchführung einer Rückführung aufgrund der CovId-19-Pandemie unklar. Angaben über Beweise zur allfälligen Möglichkeit einer vielleicht doch noch zeitnahen Stellungnahme der algerischen Behörden brachte die belangte Behörde nicht vor.
Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung war daher nicht absehbar, wann mit einer tatsächlichen Effektuierung der Abschiebung des BF nach Algerien zu rechnen ist.
Überdies gab es bei Fortsetzung der Schubhaft Zweifel an der Haftfähigkeit des BF.
Aus diesen Gründen ist der Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft stattzugeben.
Im vorliegenden Fall konnte auch von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hinreichend geklärt werden konnte.
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0014; 19.03.2013, 2011/21/025; 28.08.2012, 2010/21/0388).
Der Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 13.03.2021 war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Gleichzeitig war die Anhaltung in Schubhaft von 13.03.2021 bis 28.05.2021 für rechtswidrig zu erklären.
Da der Beschwerdeführer aktuell (in Schubhaft) angehalten wird, war auch über die Fortsetzung der Anhaltung innerhalb einer Woche abzusprechen.
In der Frage des Kostenanspruches - beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen - sind gemäß § 56 (3) leg. cit. die §§22
(1a) leg. cit. und § 35 VwGVG die maßgeblichen Normen - diese lauten:
§22 (1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(1) Dem Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.
(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu.
Hinsichtlich der konkreten Höhe des "Ersatzes ihrer Aufwendungen" sind §35 Abs. 4 und 5 iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV) maßgeblich.
(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:
1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,
2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie
3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.
(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden."
§ 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 lautet:
1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro
2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro
3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro
4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro
5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro
6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro
7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.
Zur Frage des Schriftsatzaufwandes hat der VwGH bereits mehrfach festgehalten, dass ein solcher dann nicht gebührt, wenn es an einem erwachsenen Aufwand fehlt, der über jenen Aufwand hinausgeht, der üblicherweise mit einem Begleitschreiben zur Aktenvorlage verbunden ist. Dieser Aufwand ist daher mit dem Pauschbetrag für den Vorlageaufwand abgegolten, sodass insofern kein Schriftsatzaufwand gebührt (VwGH vom 11.09.2015, 2013/17/0837 mit Verweis auf VwGH vom 29.05.2015, 2012/17/0262; vgl. auch VwGH vom 18.04.2012, 2009/16/0145). Im gegenständlichen Fall hat aber die belangte Behörde im Vorlageschreiben zusätzlich noch eine Gegenäußerung zur Schubhaftbeschwerde erstattet.
In diesem Sinne war dem BF Kostenersatz im Umfang des § 1 Z 1 VwG-Aufwandersatzverordnung, also in der Höhe von 737,60 Euro zuzusprechen.
In logischer Konsequenz zu Spruchpunkt III. war daher das Kostenbegehren der belangten Behörde als unterlegener Partei (im Sinne des § 35 Abs. 3 VwGVG) auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 VwGVG zu verwerfen (Spruchpunkt IV.)
Der Beschwerdeführer stellte zudem den Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr.
Ein solcher Antrag ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen – es gibt dementsprechend keine rechtliche Grundlage für eine solche Befreiung bzw. einen solchen Zuspruch. Die Eingabegebühr ist zudem in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert und insofern auch nicht ersatzfähig. Im Übrigen kann eine finanzielle Belastung iHv 30 Euro auch nicht als unüberwindliche oder unverhältnismäßige Hürde zur Wahrnehmung eines Rechtsmittels angesehen werden.
Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr war daher zurückzuweisen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu allen Spruchpunkten zu entnehmen ist, warf der gegenständliche Fall vor dem Hintergrund der bestehenden Judikatur der Gerichte des öffentlichen Rechts keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Die Revision war daher in Bezug auf sämtliche Spruchpunkte nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebungshindernis Eingabengebühr Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft Haftfähigkeit Heimreisezertifikat Identität Kostenersatz öffentliche Interessen Pandemie Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Untertauchen Voraussetzungen ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W150.2231951.8.00Im RIS seit
02.12.2021Zuletzt aktualisiert am
02.12.2021