TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/16 W146 2226042-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

BDG 1979 §118 Abs1
BDG 1979 §126 Abs2
BDG 1979 §43
BDG 1979 §43a
BDG 1979 §44
BDG 1979 §91
BDG 1979 §92 Abs1 Z3
BDG 1979 §93
B-VG Art133 Abs4
StGB §32
StGB §33
StGB §34

Spruch


W146 2226042-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin PEYERL und Mag. Nikolaus KOLLER als Beisitzer über die Beschwerde von RevInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Ines PRAXMARER, und der Disziplinaranwältin des Bundesministeriums für Inneres, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, vom XXXX , GZ.: XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten gegen den Schuldspruch im Spruchpunkt 8. des angefochtenen Erkenntnisses wird Folge gegeben, dieser behoben und die Disziplinarbeschuldigte von den dort erhobenen Tatvorwürfen gemäß § 118 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 BDG freigesprochen. Im Übrigen wird die Beschwerde der Disziplinarbeschuldigten abgewiesen.

II. Der Beschwerde der Disziplinaranwältin gegen die Strafbemessung wird stattgegeben und gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 iVm § 93 BDG eine Geldstrafe in der Höhe von € 2 Monatsgehältern (4.377 Euro) verhängt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Disziplinarbeschuldigte steht als Beamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur LPD XXXX .

Am 07.02.2019 wurde eine Disziplinaranzeige die Disziplinarbeschuldigte betreffend erstattet.

Mit Bescheid der LPD XXXX vom 22.03.2019 wurde gemäß § 131 BDG iVm § 91 Abs. 1 Z 1 BDG (eigentlich § 92 Abs. 1 Z 1 BDG) über die Disziplinarbeschuldigte ein Verweis ausgesprochen.

Dagegen wurde von der stv. Disziplinaranwältin fristgerecht Einspruch erhoben.

Mit Beschluss der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 08.07.2019 wurde ein Disziplinarverfahren gegen die Disziplinarbeschuldigte eingeleitet.

Im Einleitungsbeschluss wurde ausgeführt:

„RevInsp XXXX ist verdächtig,

1. jedenfalls in der Zeit von 01.01.2018 bis 31.08.2018 wiederholte Male nicht den Vorschriften, sowie entgegen den Weisungen des SPK und PI-Kdten gemäß adjustiert gewesen zu sein. Konkret trug sie wiederholt während der warmen Jahreszeit innerhalb der Dienststelle (mit Parteienverkehr) das blaue Unterziehleibchen (Funktionsleibchen) als Oberbekleidung. Im Außendienst trug sie wiederholt die Jacke des Einsatzoveralls zur Einsatzuniform als Oberbekleidung. Kopfbedeckung (Barrett) sowie die Aufschubdistinktionen trug sie wiederholt in der Absicht nicht, um bewusst gegen die Anweisung des PI-Kdten zu verstoßen und ihn in der Folge dadurch zu ärgern;

2. während des gesamten Jahres 2018, beim Vollzug von Verwaltungsvorschriften nicht bzw. nur mangelhaft mitgewirkt zu haben, indem sie sowohl bei der PI XXXX als auch bei der PI XXXX (dieser dienstzugeteilt ab 01.09.2018) weder eine einzige Verwaltungsanzeige erstattete noch eine einzige Organstrafverfügung ausstellte;

3. mehrere Weisungen der stv PI-Kdten, ChefInsp XXXX und AbtInsp XXXX (mail von ChefInsp XXXX am 29.06.2018, mail von AbtInsp XXXX am 20. und 24.05.2018), in denen die Disziplinarbeschuldigte von diesen angehalten wurde, konkret zwei Akten nach Monaten der Untätigkeit (von Amts wegen zu verfolgende Delikte) zu erledigen, missachtet zu haben;

4. beim Akt (GZ: XXXX , Körperverletzung, Vers. Diebstahl d. Einbruch / Diebstahl) die gemäß StPO bestehende Pflicht, nach drei Monaten der StA Zwischenbericht zu erstatten, nicht nachgekommen zu sein; zumal die Anzeige am 18.02.2018 erstattet und der Abschlussbericht - ohne weitere Zwischenberichte - erst am 10.10.2018 ausgefertigt und übermittelt wurde;

5. beim Akt ( XXXX ) - Verdacht nach dem Verg n d SMG durch einen bekannten Täter, wurde der Akt zunächst am 18.05.2017 protokolliert und am 31.05.2017 der Disziplinarbeschuldigten zur Bearbeitung zugewiesen. Diese stornierte den ihr zugewiesenen Akt am 17.07.2018 (mehr als ein Jahr später) um ihn in der Folge, am gleichen Tag, unter neuer GZ XXXX wieder aufleben zu lassen. Diesen Akt hat sie dann am 20.07.2018, somit deutlich mehr als ein Jahr nach Erstprotokollierung, mittels Bericht nach § 100 Abs. 3a StPO erledigt;

6. am 23.12.2017 RevInsp XXXX und Insp XXXX in der PI XXXX als „Trottel, Muschis und Idioten“ bezeichnet zu haben;

7. im Jahr 2018, den PI-Kdten, ChefInsp XXXX , in dessen Abwesenheit jedenfalls gegenüber Insp XXXX mehrere Male als „Trottel, der ihr nichts zu sagen brauche“ und als „ehrloses Arschloch“ bezeichnet zu haben;

8. im Zeitraum von 2017 bis August 2018 insgesamt Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitern, vor allem aber Vorgesetzten, insbesondere gegenüber ChefInsp XXXX , an den Tag gelegt zu haben, welche die notwendige Achtung vermissen ließen und das Vertrauensverhältnis - somit einem guten Funktionieren einer dienstlichen Zusammenarbeit - zur Führung, aber auch zu Teilen der Mannschaft, beeinträchtigte.

Die Beamtin ist daher verdächtig, ihre Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG, § 43 Abs. 2 BDG, § 43a BDG und § 44 Abs. 1 BDG gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.“

Dieser Einleitungsbeschluss erwuchs mangels Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.

Am 14.10.2019 fand eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Disziplinarbeschuldigten und ihrer Verteidigerin statt. Im Zuge dieser Verhandlung wurden die Disziplinarbeschuldigte sowie die Zeugen ChefInsp XXXX und RevInsp XXXX einvernommen.

Am Ende der Verhandlung verkündete die belangte Behörde folgendes Disziplinarerkenntnis, dieses lautet auszugsweise wie folgt:

„RevInsp XXXX ist schuldig,

1. jedenfalls in der Zeit von 01.01.2018 bis 31.08.2018 wiederholte Male nicht den Vorschriften, sowie entgegen den Weisungen des SPK und PI-Kdten gemäß adjustiert gewesen zu sein. Konkret trug sie wiederholt während der warmen Jahreszeit innerhalb der Dienststelle (mit Parteienverkehr) das blaue Unterziehleibchen (Funktionsleibchen) als Oberbekleidung. Im Außendienst trug sie wiederholt die Jacke des Einsatzoveralls zur Einsatzuniform als Oberbekleidung. Kopfbedeckung (Barrett) sowie die Aufschubdistinktionen trug sie wiederholt in der Absicht nicht, um bewusst gegen die Anweisung des PI-Kdten zu verstoßen und ihn in der Folge dadurch zu ärgern;

2. während des gesamten Jahres 2018, beim Vollzug von Verwaltungsvorschriften nicht bzw. nur mangelhaft mitgewirkt zu haben, indem sie sowohl bei der PI XXXX als auch bei der PI XXXX (dieser dienstzugeteilt ab 01.09.2018) weder eine einzige Verwaltungsanzeige erstattete noch eine einzige Organstrafverfügung ausstellte;

3. mehrere Weisungen der stv PI-Kdten, ChefInsp XXXX und AbtInsp XXXX (mail von ChefInsp XXXX am 29.06.2018, mail von AbtInsp XXXX am 20. und 24.05.2018), in denen die Disziplinarbeschuldigte von diesen angehalten wurde, konkret zwei Akten nach Monaten der Untätigkeit (von Amts wegen zu verfolgende Delikte) zu erledigen, missachtet zu haben;

4. beim Akt ( XXXX , Körperverletzung, Vers. Diebstahl d. Einbruch / Diebstahl) die gemäß StPO bestehende Pflicht, nach drei Monaten der StA Zwischenbericht zu erstatten, nicht nachgekommen zu sein; zumal die Anzeige am 18.02.2018 erstattet und der Abschlussbericht - ohne weitere Zwischenberichte - erst am 10.10.2018 ausgefertigt und übermittelt wurde;

5. beim Akt ( XXXX ) - Verdacht nach dem Verg n d SMG durch einen bekannten Täter, wurde der Akt zunächst am 18.05.2017 protokolliert und am 31.05.2017 der Disziplinarbeschuldigten zur Bearbeitung zugewiesen. Diese stornierte den ihr zugewiesenen Akt am 17.07.2018 (mehr als ein Jahr später) um ihn in der Folge, am gleichen Tag, unter neuer GZ XXXX wieder aufleben zu lassen. Diesen Akt hat sie dann am 20.07.2018, somit deutlich mehr als ein Jahr nach Erstprotokollierung, mittels Bericht nach § 100 Abs. 3a StPO erledigt;

6. am 23.12.2017 RevInsp XXXX und Insp XXXX in der PI XXXX als „Trottel, Muschis und Idioten“ bezeichnet zu haben;

7. im Jahr 2018, den PI-Kdten, ChefInsp XXXX , in dessen Abwesenheit jedenfalls gegenüber Insp XXXX mehrere Male als „Trottel, der ihr nichts zu sagen brauche“ und als „ehrloses Arschloch“ bezeichnet zu haben;

8. im Zeitraum von 2017 bis August 2018 insgesamt Verhaltensweisen gegenüber Mitarbeitern, vor allem aber Vorgesetzten, insbesondere gegenüber ChefInsp XXXX , an den Tag gelegt zu haben, welche die notwendige Achtung vermissen ließen und das Vertrauensverhältnis - somit einem guten Funktionieren einer dienstlichen Zusammenarbeit - zur Führung, aber auch zu Teilen der Mannschaft, beeinträchtigte.

Die Beamtin ist daher schuldig, ihre Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 BDG, § 43 Abs. 2 BDG, § 43a BDG und § 44 Abs. 1 BDG gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.

Gegen die Beschuldigte wird gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 1.650,--- verhängt.

Der Beschuldigten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG keine Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt. Die eigenen Kosten hat sie selbst zu tragen.“

Dieses Disziplinarerkenntnis wurde am XXXX schriftlich ausgefertigt und der Disziplinarbeschuldigten zugestellt.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass die Disziplinarbeschuldigte sich schuldig im Sinne der Anlastungen bekannt und im Zuge der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt bestätigt habe, insbesondere habe sie ihr Verhalten gegenüber ihrem ehemaligen Vorgesetzten Chefinspektor XXXX absichtlich und wiederholt gesetzt. Dies habe so weit geführt, dass sie sich bewusst dafür entschieden habe, nicht ordnungsgemäß adjustiert zur Morgenbesprechung zu kommen, weil sie gewusst habe, das würde ihren Vorgesetzten ärgern und er würde sich darüber aufregen.

Ihre Rechtfertigung, sie habe deshalb so handeln müssen, da sie anders als „Nichtliebkind“ des Chefs keine Aufmerksamkeit von diesem bekommen habe, mag zwar von der Disziplinarbeschuldigten subjektiv so empfunden worden sein, stelle jedoch keinen von der Rechtsordnung anerkannten Rechtfertigungsgrund dar.

Der objektive Tatbestand stehe fest, da sich dieser unstrittig aus der Aktenlage, der Aussage der Disziplinarbeschuldigten und den Zeugenaussagen ergebe. Den Vorwürfen sei in der Verhandlung nur begrenzt entgegengetreten worden und hätten sich, insbesondere auch durch das Eingeständnis der Disziplinarbeschuldigten, keine zusätzlich hinzutretenden Hinweise ergeben, die deren Unrichtigkeit indizieren würden.

Zum subjektiven Tatbestand stehe fest, dass sich die Disziplinarbeschuldigte ihrer Handlungen bewusst gewesen sei und beim Tatvorwurf der Weisungsmissachtung (die Adjustierung betreffend) sie sich ganz bewusst für diese Handlungen entschieden habe, um ihren Vorgesetzten damit zu ärgern. Weiters habe sie eingestanden, dass sie so wie im Einleitungsbeschluss angeführt, mündlich und schriftlich durch ihre Vorgesetzten ermahnt worden und zur Erledigung der - nicht sehr umfangreichen - Akten - angewiesen worden sei. Sie habe diese Weisung - inhaltlich - verstanden und habe es tatsächlich keinen Grund gegeben, die Weisung nicht einzuhalten.

Unstrittig richtig sei auch, dass sie im gesamten Jahr 2018 keine Anzeige und kein Organmandat ausgestellt habe. Erst nach Aufforderung habe sie 2019 drei Organmandate ausgestellt, tatsächlich habe sie eben keine Verwaltungsübertretungen aus eigenem festgestellt.

Der Rechtsmeinung des Disziplinaranwaltes, dass die unter Spruchpunkt 2 angelastete Dienstpflichtverletzung nicht dem Regime des Disziplinarrechts unterliege, sondern mit dem Instrument der Leistungsfeststellung abzuhandeln wäre, könne seitens des erkennenden Senates nur bedingt gefolgt werden. Richtig sei, dass der unter Spruchpunkt 2 angelasteten „Untätigkeit“ in Bezug auf die Mitwirkung an der Bekämpfung von Verwaltungsübertretungen - die zu den originären Aufgaben der Disziplinarbeschuldigten gehören würden - auch mit dem Instrument der Leistungsfeststellung begegnet werden könne. Dies schließe nach Meinung des erkennenden Senates jedoch eine disziplinäre Verantwortung und somit auch eine Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG nicht aus.

Der Forderung der Verteidigung, die Disziplinarbeschuldigte im Spruchpunkt 5 (mangelhafte Aktenerledigung) freizusprechen, könne schon deshalb nicht gefolgt werden, da aus dem Akt - aber auch aus der mündlichen Verhandlung - schlüssig hervorgehe, dass der der Disziplinarbeschuldigten zur Bearbeitung zugewiesene Akt erst mehr als ein Jahr nach dessen Anfall erledigt worden sei. Dies vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Akt um keinen mit erhöhtem Arbeits- bzw. Ermittlungsaufwand gehandelt habe. Hinzukomme, dass auch keine den in der StPO angeführten Bestimmungen entsprechende Zwischenberichte erstattet worden seien. Dass der Akt durch die Disziplinarbeschuldigte in letzter Konsequenz mit einem Bericht nach § 100 Abs. 3a StPO erledigt worden sei, stütze die angenommene „Einfachheit“ des Aktes.

Der Verjährungseinrede zu Punkt 8 der Verteidigung sei entgegenzuhalten, dass dem Wortlaut des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG eindeutig zu entnehmen sei, dass die sechsmonatige Verjährung erst ab Kenntnis der Dienstpflichtverletzung durch die Dienstbehörde eintrete. Gegenständlich sei jedoch nur das SPK XXXX in Kenntnis der Dienstpflichtverletzung gewesen und nicht die Dienstbehörde (LPD XXXX ).

Zur Argumentation, dass der Spruchpunkt 6 im Falle einer Verurteilung abzuändern sei, da der Zeuge XXXX ausgeführt habe, er habe sich „nicht beschimpft“ gefühlt, sei darauf zu verweisen, dass der erkennende Senat sich mit dieser Frage eingehend befasst habe, im Ergebnis jedoch zur Überzeugung gelangt sei, dass der Tatbestand des § 43a BDG nicht darauf abstelle, ob sich ein Kollege „beschimpft“ fühle, sondern auf den „achtungsvollen Umgang“ miteinander. Dass die Disziplinarbeschuldigte ihre Worte bewusst gewählt habe, sei unstrittig und dass diese Worte unpassend gewesen seien, sei auch seitens der Verteidigung zugestanden worden. Ob sich der betreffende Kollege gegenständlich „beschimpft“ gefühlt habe, sei rechtsunerheblich, da der Schutzzweck dieser Norm deutlich früher - nämlich im achtungsvollen Umgang miteinander - greife.

Als führende verletzte Dienstpflicht sei seitens des Senates die Verletzung der Bestimmungen nach § 44 BDG erachtet worden, zumal die Disziplinarbeschuldigte hier selbst ausgeführt habe, die Weisungen des Dienstvorgesetzten bewusst und mit Absicht missachtet zu haben.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG sei die Beamtin verpflichtet, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Wenn eine Beamtin - unstrittig - mehrfach über einen längeren Zeitraum (1 Jahr) aufgefordert werden müsse, engagiert und eigeninitiativ zu handeln, unstrittig stattfindende Verwaltungsübertretungen wahrzunehmen und zu ahnden, so sei von dieser eine Dienstpflicht verletzt. Gleiches gelte, wenn die Beamtin einen zur Anzeigeerstattung zugewiesenen Sachverhalt trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht oder nur unzureichend und letztendlich rechtlich falsch erledige, indem sie zum einen keinen wie im Gesetz geforderten Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft anfertige und übermittle, zum anderen die Erledigung nach § 100 Abs. 3a StGB auch im großen Widerspruch zur Verantwortung der Disziplinarbeschuldigten stehe.

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG habe der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe.

Der Disziplinarbeschuldigten habe klar sein müssen, dass wäre ihr Verhalten, sich nicht an Weisungen zu halten, Akte nicht oder nur schlampig oder nur nach mehrfacher Aufforderung zu erledigen, im Außendienst - über einen Zeitraum von jedenfalls einem Jahr - keine Verwaltungsübertretungen festzustellen, in der Öffentlichkeit bekannt geworden, jedenfalls das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung ihrer Dienstpflichten beeinträchtigt gewesen wäre und eine „Arbeitsverweigerung“ eines Polizeibeamten wäre nicht als Dienst an der Sicherheit der Bevölkerung verstanden worden.

Gemäß § 43a BDG habe die Beamtin als Mitarbeiterin ihren Vorgesetzten sowie anderen Kolleginnen und Kollegen mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie habe im Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend seien. Ein beleidigendes und herabwürdigendes Verhalten, wie insbesondere die - unstrittige - Bezeichnung des Vorgesetzten als „ehrloses Arschloch“, aber auch derbe und persönlich verletzende Ausdrücke - direkt (persönlich) als auch indirekt (schriftlich) per e-Mail an einen großen Verteilerkreis - überschreite deutlich das Maß sachlich zulässiger Kritik und habe die Disziplinarbeschuldigte damit rote Linien und Grenzen überschritten.

Gegenständlich würden zweifellos die für die Vorwerfbarkeit der Schuld notwendigen Elemente vorliegen, weil die Disziplinarbeschuldigte voll zurechnungsfähig gewesen sei, vorsätzlich gehandelt habe und ihr zugemutet werden hätte können, sich rechtmäßig zu verhalten.

Dass die Strafe vorliegend im untersten Bereich der Geldstrafe angesetzt worden sei, sei neben dem Umstand der bisherigen Unbescholtenheit der Beschuldigten auch dem Umstand geschuldet, dass der erkennende Senat auch von einen gewissen Organisationsverschulden ausgegangen sei.

Einer weiteren Milderung der Disziplinarstrafe habe führend der Umstand entgegengestanden, dass mehrere Dienstpflichtverletzungen über einen längeren Zeitraum an unterschiedlichen Dienststellen gesetzt worden seien. Zudem würden für ein strafmilderndes Geständnis die Reumütigkeit und die Missbilligung des Verhaltens fehlen.

Erschwerend sei zu werten gewesen, dass die Disziplinarbeschuldigte - wie sie in der mündlichen Verhandlung auch angeführt habe - sich bewusst dafür entschieden habe, in einem auch von ihr heute nicht mehr genau bestimmbaren Zeitraum bzw. bestimmbaren Anzahl, aber jedenfalls mehrfach im vorgehaltenen Zeitraum, die Weisungen des Dienststellenleiters zu missachten. Somit könne nicht mehr von einem singulären Ereignis gesprochen werden.

Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen. Das Geständnis der Disziplinarbeschuldigten habe jedoch mangels der Missbilligung ihres Verhaltens nicht jene Qualität erreicht, die ein reumütiges Geständnis erfordere.

Gegen das Disziplinarerkenntnis wurde von der Disziplinaranwältin des Bundesministeriums für Inneres fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde objektiv rechtswidrig sei, weil es zum einen von einer objektiv unrichtigen und somit gesetzwidrigen Höhe des Monatsbezuges nach § 92 Abs. 2 BDG zur Berechnung der Geldstrafe ausgehe und diese somit letzten Endes geringer als vom Gesetz vorgesehen bemesse und zum anderen, weil darin entgegen der gesetzlichen Vorgaben des § 93 BDG die Anzahl der Monatsbezüge wesentlich zu niedrig bemessen sei und die der Disziplinarkommission zukommende Ermessensentscheidung deshalb nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt worden sei.

Das angefochtene Disziplinarerkenntnis würde in seinem Spruch die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von 1650 € verhängen und führe sodann in Klammer aus, dass dies einem Monatsbezug entspräche.

§ 92 Abs. 1 Z 3 BDG sehe als eine mögliche Disziplinarstrafe die Geldstrafe in Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen vor. Wie die Berechnung eines Monatsbezuges zu erfolgen habe, werde in § 92 Abs. 2 BDG legal definiert. In den Fällen des § 92 Abs. 1 Z 2 und 3 BDG sei von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten aufgrund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission bzw. im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebühre. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges seien bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

Die Disziplinarkommission gehe sichtlich davon aus, dass der Disziplinarbeschuldigten ein Monatsbezug von 1641,38 € zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gebührt habe.

Laut Disziplinaranzeige vom 07.02.2019 sei die Disziplinarbeschuldigte aber im Gehaltsschema des Exekutivdienstes, Verwendungsgruppe E2b, Gehaltsstufe 8, eingestuft gewesen. Mit Stichtag der Fällung des (mündlichen) Disziplinarerkenntnisses vom 14.10.2019 habe ihr in dieser Verwendungsgruppe und dieser Gehaltsstufe aber nicht ein Monatsbezug von 1641,38 €, wie von der Disziplinarkommission bei der Strafbemessung angenommen, sondern ein wesentlich höherer Monatsbezug von 2091,30 € gebührt.

Weiters wäre dieser zur Berechnung der Geldstrafe heranzuziehende Monatsbezug gemäß § 3 Gehaltsgesetz auch noch um die der Disziplinarbeschuldigten zukommende Wachdienstzulage nach § 81 Abs. 2 Gehaltsgesetz um 97,2 € für die Verwendungsgruppe E2b zu erhöhen gewesen.

Somit wäre die Disziplinarstrafe der Geldstrafe von einem Monatsbezug gemäß § 3 Gehaltsgesetz in der Höhe von 2188,5 € zu bemessen gewesen.

Die Disziplinarkommission sei somit bei der Berechnung der Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezugs von einer zu niedrigen und gesetzwidrigen Höhe dieses Monatsbezugs ausgegangen. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Disziplinarkommission bei der Festsetzung der Höhe des Monatsbezugs tatsächlich von jenem um ca. 20% verringerten Bezug ausging, den die Disziplinarbeschuldigte aufgrund der Inanspruchnahme eines Sabbaticals erhalte, weil während des Sabbaticals nur 80% des eigentlich zustehenden Monatsbezugs gebühren würden.

Ungeachtet dessen normiere § 92 Abs. 2 BDG unmissverständlich, dass allfällige Kürzungen eines Monatsbezuges bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen seien. Unstrittig werde in der Literatur vertreten, dass die Kürzung des Monatsbezuges durch eine Suspendierung bei der Berechnung des Monatsbezuges nicht heranzuziehen sei (Fellner, BDG § 92 DB-BDG 1979 (Stand 1.9.2015, rdb.at)), weshalb nichts anderes für die Reduzierung des Gehaltes auf 80 % bei Annahme eines Sabbaticals nach § 78e BDG mit anteiliger Bezugskürzung gelten könne. Gleichermaßen sei die Entscheidung des VwGH vom 20.11.2006, SlgNF 17.060A, betreffend die vorzunehmende Kürzung eines Monatsbezuges bei einer Teilzeitbeschäftigung, für ein Sabbatical nicht anwendbar.

Durch die Berechnung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe, ausgehend von einem falschen und zu niedrigen Monatsbezug, sei der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Die Geldstrafe der Disziplinarkommission hätte - würde man ihrer Argumentation folgen - zumindest auf den Monatsbezug, somit auf mindestens 2188,5 € lauten müssen, um formal den §§ 92 und 93 BDG zu entsprechen.

Daneben sei aber auch die Verhängung der Disziplinarstrafe einer Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezuges als objektiv rechtswidrig zu betrachten, weil diese Entscheidung entgegen der gesetzlichen Vorgaben nach § 93 BDG die Strafe als wesentlich zu niedrig bemesse. Sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Gesichtspunkten hätte sich die Geldstrafe zumindest im mittleren Bereich, das wären 3 Monatsgehälter, bewegen müssen. Das der Disziplinarkommission bei der verhängten Disziplinarstrafe zukommende Ermessen sei nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt worden. Die Disziplinarkommission habe das Gesetz geradezu denkunmöglich angewendet und nur eine Geldstrafe im untersten Bereich bei mehreren, monatelangen, vorsätzlichen und schweren dienstrechtlichen Verfehlungen verhängt, die zwingend eine Geldstrafe im mittleren Bereich nötig gemacht hätten.

Das Disziplinarerkenntnis stelle in 8 Punkten dargestellte Dienstverfehlungen fest. Zutreffenderweise habe die Disziplinarkommission diese Verfehlungen als Dienstpflichtverletzungen unter die §§ 43, 43a und 44 BDG subsumiert.

Die Disziplinarkommission habe ebenfalls zutreffend festgestellt, dass die subjektive Tatseite der Disziplinarbeschuldigten als Vorsatz zu werten gewesen sei, weil es ihr oftmals geradezu darauf angekommen sei, die Vorgesetzten durch ihr weisungswidriges Verhalten zu ärgern. Die subjektive Tatseite wäre in der Schuldbemessung als Erschwerungsgrund zu werten gewesen.

Ebenfalls zutreffend habe die Disziplinarkommission festgestellt, dass die Disziplinarbeschuldigte zwar ein Tatsachengeständnis abgelegt habe, dies aber nicht als strafmilderndes Geständnis zu werten gewesen sei, weil ihrem Geständnis die innere Reue gefehlt habe. Dieser Milderungsgrund wäre daher bei der Strafbemessung nicht zu werten gewesen.

Zutreffenderweise stelle die Disziplinarkommission fest, dass die schädliche Neigung in einem engen zeitlichen Zeitraum (Wiederholung) stehe, weshalb regelmäßig eine hohe Geldstrafe angezeigt wäre. Eine hohe Geldstrafe wäre bei einer gesetzlich normierten Auswahlmöglichkeit von einem bis zu fünf Monatsbezügen im Bereich von 4 bis 5 Monatsbezügen anzusiedeln. Weshalb die Disziplinarkommission nunmehr von einer hohen Geldstrafe, die sie selber eingangs (richtigerweise!) als Überlegung angeführt habe, auf nur mehr einen Monatsbezug, somit die niedrigste mögliche Geldstrafe verringert habe, bleibe im Dunklen und sei argumentativ durch die Begründung des Disziplinarerkenntnis nicht erschließbar. Denn als Milderungsgründe führe das Disziplinarerkenntnis nur aus, dass auch ein gewisses Organisationsverschulden vorliegen würde und die Disziplinarbeschuldigte unbescholten sei. Während letzteres nicht in Abrede gestellt werde, so ist doch nicht ersichtlich wie das Organisationsverschulden als Strafmilderung herangezogen werden könne. Innerorganisatorische Probleme seien weder ein Freibrief für dienstrechtliche Verfehlungen, noch wären diese als Milderungsgrund im Sinne des § 34 StGB relevant. Denn das Verhalten eines Polizeibeamten habe sich nicht an organisatorischen Unzulänglichkeiten oder dem Gemeingebrauch zu orientieren, sondern am Buchstaben des Gesetzes. Und dass die Disziplinarbeschuldigte klar das Gesetz gebrochen habe, sei unstrittig. Die Konsequenzen der absichtlichen Nichtbeachtung von Weisungen, um Vorgesetzte zu ärgern oder der Nichteinhaltung von Berichtspflichten seien unmissverständlich gesetzlich geregelt. Die gesetzlichen Vorgaben in diesen Bereichen seien auch unabhängig von innerorganisatorischen Verfehlungen zu beachten.

Nunmehr würden aber folgende Erschwernisgründe vorliegen:

?        Die Disziplinarbeschuldigte habe Dienstverfehlungen derselben (beispielsweise Weisungsverweigerungen) und verschiedener (beispielsweise Aktenerledigung entgegen dem Gesetz) Art über längere Zeit hindurch (2017 bis 2018 - jedenfalls über Monate hinweg) fortgesetzt begangen.

?        Die Disziplinarbeschuldigte habe die Weisungsverweigerungen aus besonders verwerflichen Beweggründen, nämlich einem Trotzverhalten und der Absicht, ihre Vorgesetzten zu ärgern, begangen.

?        Die Disziplinarbeschuldigte habe ihre Taten somit reiflich überlegt und rücksichtslos ausgeführt (§ 32 Abs. 3 StGB), weshalb die Strafe im Allgemeinen umso strenger zu bemessen gewesen wäre.

Gerade aus spezialpräventiver Sicht hätte die Disziplinarbeschuldigte eine deutlich höhere Geldstrafe erhalten müssen, um sich ihres Verhaltens bewusst zu werden, weil sie offenbar bis zuletzt – so auch in der mündlichen Verhandlung - noch immer keine Reue gezeigt habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Disziplinarbeschuldigte ihr künftiges Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen, ihre Arbeitsleistung und ihr dienstliches Engagement gesetzeskonform gestalten werde, wenn sie für so schwere Dienstpflichtverletzungen nur 1650 € Geldstrafe auferlegt bekomme. Diese Strafe stehe in keinem Verhältnis zu ihren Verfehlungen und sei auch mit dem bestehenden Ermessen der Disziplinarkommission nicht mehr zu rechtfertigen.

Das Disziplinarrecht erfülle eine Ordnungsfunktion. Es solle einer durch ein Dienstvergehen verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnen, die Sauberkeit und die Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren (VwGH 14.01.1980, SlgNF 10.007A = ÖJZ 1981, 106).

Diesem Gedanken des BDG und der Judikatur komme das in Beschwer gezogene Disziplinarerkenntnis nicht nach. Denn innerhalb eines Großteils der Tiroler Polizei sei der Fall bekannt, in dem eine Polizeibeamtin ihren Vorgesetzten auf das Übelste beleidigt und seine Weisungen absichtlich über Monate hinweg nicht beachtet habe. Auch die schlechte Arbeitsleistung und die Injurien ihren Kollegen gegenüber seien kein Geheimnis. Dem zu erzielenden Rechtsfrieden innerhalb der Organisation könne diese Strafhöhe nicht gerecht werden.

Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die verhängte Disziplinarstrafe zumindest in eine Geldstrafe im mittleren Bereich gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG abgeändert werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die Behörde zurückzuverweisen.

Gegen das Disziplinarerkenntnis wurde auch von der Disziplinarbeschuldigten fristgerecht Beschwerde erhoben. Ausgeführt wird in dieser, dass das Disziplinarerkenntnis hinsichtlich der Spruchpunkte 2., 5., 6. und 8. vollumfänglich und im Übrigen zur Gänze hinsichtlich des Strafausspruches angefochten werde.

Zu Spruchpunkt 2. des Disziplinarerkenntnisses wird ausgeführt, dass eine Zuständigkeit der belangten Behörde nicht gegeben sei. Wie auch der Disziplinaranwalt ausgeführt habe, falle die Beurteilung in die Zuständigkeit der Leistungsfeststellungskommission. Es hätte ein Freispruch erfolgen müssen.

Zu Spruchpunkt 5. des Disziplinarerkenntnisses wird ausgeführt, dass die belangte Behörde die Aussage der Disziplinarbeschuldigten völlig außer Acht gelassen habe. Diese habe eingehend und nachvollziehbar geschildert, dass den Akt zunächst ein junger Kollege zur Bearbeitung gehabt habe, die Angelegenheit an das LKA weitergeleitet und dessen Rückantwort oder Erledigung abgewartet worden sei. Die Disziplinarbeschuldigte habe ferner ihre Vorgehensweise hinsichtlich der Stornierung des Aktes und des Berichtes nach § 100 Abs. 3a StPO mit AI XXXX abgesprochen! Ein als disziplinäres Vergehen vorwerfbares Verhalten der Disziplinarbeschuldigten wäre bei Berücksichtigung ihrer Aussage nicht feststellbar gewesen.

Zu Spruchpunkt 6. des Disziplinarerkenntnisses wird ausgeführt, dass dieser der Aussage des Zeugen RI XXXX in der Disziplinarverhandlung widerstreiten würde. Der Zeuge habe angegeben, dass ihm gegenüber diese Wörter am 23.12.2017 nicht ausgesprochen worden seien bzw. er erst später zu dem Gespräch dazugekommen sei. Jedenfalls hätte hinsichtlich der Äußerungen gegenüber RI XXXX ein Freispruch erfolgen müssen. Der Zeuge habe bestätigt, dass die Disziplinarbeschuldigte eine solche Äußerung ihm gegenüber nicht getätigt habe.

Zu Spruchpunkt 8. des Disziplinarerkenntnisses wird ausgeführt, dass auch zu diesem Spruchpunkt ein Freispruch erfolgen hätte müssen, wie die Verteidigerin dies in ihrem Plädoyer bereits ausgeführt habe. Dieser Spruchpunkt enthalte keinen konkreten Vorhalt und es werde kein Verhalten der Disziplinarbeschuldigten geschildert, welches eine Dienstpflichtverletzung darstellen habe können oder sollen. Dieser Punkt sei so allgemein gehalten, dass kein Leser des Disziplinarerkenntnisses eine Vorstellung davon haben könne, welche Dienstpflichtverletzung die Disziplinarbeschuldigte hier begangen haben soll. Spruchgemäß stelle sich keine Dienstpflichtverletzung dar. Aus der Begründung des Disziplinarerkenntnisses ergebe sich weder ein Sachverhalt, eine Beweiswürdigung oder eine rechtliche Beurteilung, welche ein Disziplinarvergehen darstellen könnte. Es hätte ein Freispruch erfolgen müssen.

Selbst, wenn die obigen Ausführungen nicht erfolgreich wären, sei die verhängte Geldstrafe insgesamt betrachtet weder schuld- noch tatangemessen.

Der Disziplinaranwalt habe unter dem Hinweis auf die ergangene Disziplinarverfügung angeführt, dass er eine Geldstrafe im unteren Bereich für angemessen erachte. Die Verteidigerin der Disziplinarbeschuldigten habe unter den Hinweis, dass hinsichtlich der Punkte 2., 5. und 8. ein Freispruch zu erfolgen habe, die Gründe dafür angeführt, dass hinsichtlich der restlich verbleibenden Punkte maximal eine Geldbuße zu verhängen sei.

Die Disziplinarbeschuldigte stehe seit 2004 im Polizeidienst. Sie sei bislang unbescholten, was nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden sei. Der Milderungsgrund nach § 93 BDG iVm. § 34 Abs. 1 Z 2 StGB sei unrichtig überhaupt außer Acht gelassen worden, hätte aber berücksichtigt werden müssen.

Die Disziplinarbeschuldigte habe ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Ohne jeden Zweifel handle es sich dabei um einen wesentlichen Milderungsgrund, welchen die belangte Behörde aber infolge unrichtiger Beurteilung nicht berücksichtigt habe. Wie ein derart umfassendes Geständnis, wie es die Disziplinarbeschuldigte - im Übrigen auch hinsichtlich jener Punkte, die die Verteidigerin der Disziplinarbeschuldigten in rechtlicher Hinsicht nicht als mögliche Dienstpflichtverletzungen angesehen habe - kein reumütiges Geständnis darstellen könne, bleibe ohne nachvollziehbare Begründung.

Ein reumütiges Geständnis liege vor, wenn die Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht bzw. die eigene Schuld zugestanden worden sei. Dabei muss es der Disziplinarbeschuldigten unbenommen bleiben, sich über den Hintergrund ihres Handelns zu erklären. Dies mache den Milderungsgrund nicht zunichte. Ein reumütiges Geständnis müsse weder unter Tränen, noch emotional um Entschuldigung bittend erfolgen. Vielmehr muss die Tat und das eigene Fehlverhalten eingestanden werden. Dies sei der Fall.

Auch der Disziplinaranwalt habe das Geständnis als Milderungsgrund erkannt (vgl. Erkenntnis S 6 letzter Abs.).

Schließlich stelle es auch einen von der Judikatur anerkannten besonderen Milderungsgrund dar, dass bei Beschimpfungen zwischen KollegInnen besondere Verhältnisse zu berücksichtigen seien. Zeuge RI XXXX habe angeführt und bei seiner Einvernahme auch zweifelsohne den Eindruck hinterlassen, dass er sich an den vorgeworfenen Ausdrucksweisen nicht weiter gestört habe.

Zumindest als Milderungsgrund wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Disziplinarbeschuldigte sich von ihren Vorgesetzten gegenüber KollegInnen ungleich schlechter behandelt und im Stich gelassen gefühlt habe. Sie habe sich als „Nichtliebkind“ gefühlt. Dadurch, dass es durch das Verschulden des Vorgesetzten und der Organisation der Dienstbehörde (vgl. auch Erkenntnis S 9) nie zu irgendwelchen Reaktionen darauf gekommen sei, dass die Disziplinarbeschuldigte bereits seit 2017 zunehmend beruflich frustriert gewesen sei, sich gefühlt habe, als wäre sie schon jahrelang gegen eine Wand gerannt, und es egal gewesen sei, was sie tat oder nicht, habe sich die Situation mit CI XXXX zugespitzt, sodass sie irgendwann festgestellt habe, dass sie an ihre Grenzen stoße.

Die Disziplinarbeschuldigte habe weiters - über Frage, warum sie ihren Dienstvorgesetzten durch ihr Verhalten ärgern habe wollen - ausgesagt, dass ihr dieser gesagt habe, dass sie bei ihm nichts sei und nichts werde. Auf die hoffnungslose berufliche Situation und den Konflikt mit dem Dienstvorgesetzten sei weder vom Letzteren noch von der Dienstbehörde irgendeine Reaktion erfolgt. Dies mag die Disziplinarbeschuldigte zwar nicht grundsätzlich exkulpieren, allerdings wäre dies bei der Strafbemessung zugunsten der Disziplinarbeschuldigten sehr wohl zu berücksichtigen gewesen.

Es gehe nicht an, eine Bedienstete über Jahre sich selbst zu überlassen, der Konfliktsituation zu harren und schließlich eine menschlich nachvollziehbare Reaktion darauf als Dienstpflichtverletzung zu ahnden und eine Geldstrafe zu verhängen. Das Organisationsverschulden und das Imstichlassen der Bediensteten seien zumindest als wesentlicher Milderungsgrund zu werten.

Die belangte Behörde erachtete zwar aus denselben Gründen selbst einen Milderungsgrund als vorliegend, die Berücksichtigung sei bei der Strafzumessung aber nicht in ausreichendem Maß erfolgt. Dies zeige sich bereits darin, dass die belangte Behörde verfehlt - und widersprüchlich zu den Ausführungen im Erkenntnis S 18 zweiter Abs., letzter Halbsatz - als erschwerend berücksichtigt habe, dass sich die Disziplinarbeschuldigte bewusst dafür entschieden habe, Weisungen des Dienststellenleiters nicht zu berücksichtigen. Die belangte Behörde habe den Gesamtzusammenhang zwischen dem Verhalten des die Fürsorgepflicht verletzenden Leiters und der darauf erfolgten Reaktion der Disziplinarbeschuldigten verkannt.

Wer als Bediensteter durch - festgestelltes - Organisationsverschulden in eine beruflich aussichtslose, frustrierte Situation gerate, dem könnten in unmittelbaren Zusammenhang damit begangene Dienstpflichtverletzungen nicht auch noch als Erschwerungsgrund ausgelegt werden.

Die belangte Behörde lasse außer Acht, dass sich die Disziplinarbeschuldigte seit den Taten wohlverhalten habe.

Er stehe fest, dass die Dienstpflichtverletzungen zum überwiegenden Teil mit der Situation auf der GPI XXXX und dem damaligen dortigen Kommandanten CI XXXX zu tun gehabt hätten. Im Hinblick darauf, dass der Disziplinarbeschuldigten auch auf der PI XXXX eine mangelhafte Wahrnehmung von Verwaltungsübertretungen vorgeworfen werde, so müsse die Prognose für die Zukunft schon deshalb positiv ausfallen, weil die Disziplinarbeschuldigte nunmehr im Polizeianhaltezentrum Dienst leiste.

Die tatsächliche Prognose für die Zukunft sei daher vor dem Hintergrund der sich im Verfahren ergebenden Umstände überaus positiv und falle zugunsten der Disziplinarbeschuldigten aus. Dass die belangte Behörde anderer Ansicht sei, stelle eine unrichtige Beurteilung der Sache dar. Es würden keine nachvollziehbaren Gründe vorliegen, der Disziplinarbeschuldigten in Abrede zu stellen, hinkünftig - wie bisher - ihren dienstlichen Pflichten ohne Beanstandungen oder gar Dienstpflichtverletzungen nachzukommen. Zweifelsohne sei bei der Disziplinarbeschuldigten nicht mit der Begehung neuerlicher Dienstpflichtverletzungen zu rechnen. Die Verhängung einer Geldstrafe sei hierfür keinesfalls erforderlich.

Die Verurteilung zu einer Geldstrafe im Betrag von 1650 € sei weder aus general- noch spezialpräventiven Gründen erforderlich gewesen. Hinsichtlich der Strafbemessung sei es jedenfalls relevant, dass die Öffentlichkeit von den unterstellten Dienstpflichtverletzungen keine Kenntnis erlangt habe. Auch in der Kollegenschaft sei das Verhalten der Disziplinarbeschuldigten in einem äußerst kleinen Kreis geblieben.

Die spezialpräventive Wirkung einer erstmaligen disziplinären Verurteilung sei evident und komme es dabei auch nicht auf die Höhe der verhängten Disziplinarstrafe an. Es lasse sich sohin die Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Geldbuße auch mit der Begründung der Spezialprävention nicht sachlich argumentieren.

Die Disziplinarbeschuldigte stellte in der Beschwerde die Anträge, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst erkennen und das Disziplinarerkenntnis im angefochtenen Ausmaß dahingehend abändern, dass die Disziplinarbeschuldigte freigesprochen werde; in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Neudurchführung und Ergänzung des Verfahrens sowie neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen; in eventu die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen auf eine Geldbuße, eventualiter geringere Geldstrafe herabzusetzen.

Am 14.05.2021 fand eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher die Disziplinarbeschuldigte befragt wurde. Die Verkündung des Erkenntnisses entfiel gemäß § 29 Abs. 3 Z 2 VwGVG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person

Die Disziplinarbeschuldigte steht als Beamtin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur LPD XXXX . Sie befindet sich seit 2004 im Polizeidienst und ist als eingeteilte Beamtin (E2b) in der Gehaltsstufe 8. Dies ergibt unter Einbeziehung der Wachdienstzulage gemäß § 3 GehaltsG einen Monatsbezug von 2188,50 €. Die Disziplinarbeschuldigte befand sich zum Zeitpunkt der Erlassung des Disziplinarerkenntnisses der belangten Behörde im Sabbatical mit einer 25 % Kürzung des Monatsbezuges. Sie hat offene Verbindlichkeiten von ca. 40.000 €, welche in monatlichen Raten von 220 € bedient werden. Die Disziplinarbeschuldigte hat keine Sorgepflichten und ist Eigentümerin eines Bauernhofes im Wert von 120.000 €.

Die Disziplinarbeschuldigte ist disziplinarrechtlich unbescholten.

Zum Sachverhalt

Die Beschwerden der Disziplinaranwältin und der Disziplinarbeschuldigten wurden fristgerecht eingebracht und sind zulässig.

Die Disziplinarbeschuldigte ist zu den ihr angelasteten Tatbeständen, außer den Spruchpunkten 5. und 8., geständig.

Die Disziplinarbeschuldigte hat die im angefochtenen Disziplinarerkenntnis zu den Spruchpunkten 1. bis 7. angeführten Tathandlungen gesetzt.

Bezüglich des Spruchpunktes 8. im angefochtenen Erkenntnis wird die Disziplinarbeschuldigte freigesprochen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Disziplinarbeschuldigten ergeben sich aus dem Akteninhalt und ihren Angaben. Die Feststellung, dass sie zu den ihr angelasteten Tatbeständen, außer den Spruchpunkten 5. und 8., geständig ist, ergibt sich aus ihrer diesbezüglichen Verantwortung in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Zu Spruchpunkt 1.)

Die Disziplinarbeschuldigte gesteht im Verfahren zu, mehrmals sowohl bei den Morgenbesprechungen als auch im Außendienst nicht richtig adjustiert gewesen zu sein. Die Distinktionen habe sie deswegen nicht getragen, um ihren Vorgesetzten ChefInsp XXXX zu zeigen, dass sie unter seinem Kommando „nichts sei“. Die Disziplinarbeschuldigte war zum damaligen Zeitpunkt der Ansicht, dass sie nicht zu den „Liebkindern“ ihres Vorgesetzten gehöre, er sie nicht möge und auch ihre Bewerbungen zur Dokumentenberaterin nicht unterstützt habe. Mit diesem Verhalten wollte sie laut ihren Angaben ihren Vorgesetzten ärgern, es seien Trotzreaktionen gewesen, „Momente des Widerstands“. Im Unterziehleibchen ohne Hemd sei sie manchmal bei den Morgenbesprechungen gesessen, so wie andere auch an heißen Tagen. Das Tragen der Overalljacke sei von Oberst XXXX in einem informellen Gespräch zugestanden worden. Nichtsdestotrotz legte ihr direkter Vorgesetzter laut seinen Angaben großen Wert auf eine korrekte Adjustierung gemäß der PUV (Polizeiuniformierungsvorschrift) und ermahnte die Disziplinarbeschuldigte mehrmals sich dementsprechend korrekt zu adjustieren.

Gemäß PUV haben Exekutivorgane, die im Flughafendienst eingesetzt sind, die Einsatzuniform mit Barett zu tragen. Gemäß Punkt 2.4. „Einsatzuniform“ ist für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Tragen der Einsatzuniform nur Hemd oder Bluse sowie Mehrzweck- oder Einsatzjacke als Oberbekleidung im Außendienst zulässig. Innerhalb von Räumlichkeiten ist zudem der Rollkragen-/Wollpullover, nicht jedoch das Unterziehleibchen zulässig. In jedem Fall ist die vorgesehene Aufschubdistinktion zu tragen. Der Einsatzoverall darf nur auf Anweisung des Kommandanten getragen werden. Eine Kombination mit der Einsatzuniform ist nicht zulässig.

Zu Spruchpunkt 2.)

Die Angaben der Disziplinarbeschuldigten, ob und wenn ja, wie viele Organmandate sie im Jahr 2018 ausgestellt habe, waren in den Verhandlungen vor der Disziplinarkommission und dem Bundesverwaltungsgericht widersprüchlich. Insbesondere vor Gericht gab sie zunächst an, überhaupt kein Organmandat ausgestellt zu haben, an der PI XXXX sehr wohl, dann verantwortete sie sich damit, 2 bis 3 mit dem Organmandats- Block einer Kollegin ausgestellt zu haben, ob sie diese unterfertigt habe, sei unerheblich. Nicht nachvollziehbar ist hierbei jedoch, dass die Disziplinarbeschuldigte angesichts eines laufenden Disziplinarverfahrens nicht aus eigenem nachgeprüft hat, wieviel Organmandate sie ausgestellt hat, wenn sie tatsächlich welche abgefertigt und auch unterschrieben hat. Auf die Frage, ob sie Verwaltungsstrafen verhängt habe, meinte die Disziplinarbeschuldigte, es müssten Fahrerflucht und Kennzeichenabnahmen dabei sein. Sie habe mit Sicherheit die wenigsten Akten bearbeitet, weil sie keine Kraft gehabt habe.

Aus einer LKA-Analyse im PAD/VStV ergibt sich für die Disziplinarbeschuldigte im Jahr 2018 die Bearbeitung von 4 Akten, Anzeige wurde diesbezüglich keine erstattet.

Zu Spruchpunkt 3.)

Mit Mail von AbtInsp XXXX vom 20. und 24.05.2018 wurde die Disziplinarbeschuldigte angehalten den Akt, XXXX , erzeugt am 18.05.2017, und den Akt, GZ: XXXX , erzeugt am 21.09.2017, zu erledigen. Erstangeführter Akt wurde am 17.07.2018 von der Disziplinarbeschuldigten mit der Begründung „Bericht erfolgt nach § 100 Abs. 3a an die StA XXXX “ storniert. Die ERV Übermittlung erfolgte am 20.07.2018. Die Erledigung des Aktes erfolgte unter der neuen GZ: XXXX am 29.07.2018.

Der zweitangeführte Akt wurde am 31.05.2018 via ERV Versand an die StA XXXX erledigt.

Diese Verzögerungen von Aktenerledigungen trotz mehrerer Weisungen ergeben sich aus dem im Akt befindlichen PAD Protokoll.

In den Verhandlungen vor der Disziplinarkommission und dem Bundesverwaltungsgericht verantwortete sich die Disziplinarbeschuldigte bezüglich Spruchpunkt 3. als schuldig. Die explizite Frage, ob sie die Weisungen von AbtInsp XXXX und ChefInsp XXXX befolgt habe, bejahte sie, meinte aber auf näheres Befragen, dass sich die Aktenbearbeitung verzögert habe. Sie habe sich nicht kurz Zeit nehmen und die Akten unterschreiben können; sie habe es nicht zusammengebracht. Somit ist sie allerdings den Weisungen nach „ehestmöglicher Erledigung“ nicht nachgekommen.

Zu Spruchpunkt 4.)

Die Disziplinarbeschuldigte verantwortete sich in der Gerichtsverhandlung dahingehend, den Zwischenbericht an die Staatsanwaltschaft einfach nicht zusammengebracht zu haben, ähnlich wie in den Fällen unter Spruchpunkt 3. Zwischen Anzeigeerstattung und Abschlussbericht vergingen fast 8 Monate, dies ergibt eine Überschreitung der gesetzlichen Frist zur Erstattung eines Zwischenberichts von fast 5 Monaten.

Zu Spruchpunkt 5.)

Zu diesem Punkt bekannte sich die Disziplinarbeschuldigte in der Gerichtsverhandlung als nicht schuldig. Die Verantwortung der Disziplinarbeschuldigte war dergestalt, dass der betreffende Akt eine Strafsache mit Auslandsbezug dargestellt habe, weshalb sie das LKA damit befasst habe. Eine Rückmeldung des LKA sei nicht erfolgt, weshalb sie „ihn übersehen und wahrscheinlich nicht mehr nachgefragt“ habe, so ihre Angaben vor Gericht. Zwischenberichte an die Staatsanwaltschaft erfolgten laut Akteninhalt nicht.

Gemäß der Aussage von AbtInsp XXXX im Verfahren sei das Beweismittel (Koffer) monatelang unbeschriftet in der Dienststelle gestanden, sodass dieser im PAD nachgeforscht und die Disziplinarbeschuldigte schriftlich aufgefordert habe, den Akt zu bearbeiten. Seiner Ansicht nach sei der Akt nur protokolliert und dann nicht weiterbearbeitet worden. Die Beschwerdebehauptung, wonach die Vorgehensweise der Aktenbearbeitung – also Untätigkeit über 1 Jahr - mit AbtInsp XXXX abgesprochen worden sei, ist der Aussage des Genannten nicht zu entnehmen, sondern konträr dazu gab es von ihm 2 mündliche und 2 schriftliche Aufforderungen zur Akterledigung an die Disziplinarbeschuldigte.

Im Übrigen decken sich diese Angaben mit den Aussagen der Disziplinarbeschuldigten vor der Disziplinarkommission, dass sie den Akt im PAD übersehen habe, dass sie keine Rücksprache mit dem LKA gehalten oder Aktenvermerke oder Zwischenberichte angefertigt habe.

Auch anlässlich ihrer Einvernahme vor der LPD XXXX gab die Disziplinarbeschuldigte nachvollziehbar an, dass es einfach passiert sei, dass dieser Akt lange unbearbeitet liegen geblieben sei. Sie sei nicht dazugekommen den Akt zu bearbeiten.

Somit hat sie aber zugestanden, den betreffenden Akt monatelang nicht bearbeitet zu haben, weshalb die Tatanlastung zu Recht erfolgt.

Zu Spruchpunkt 6.)

Hier ist die Disziplinarbeschuldigte im gesamten Verfahren geständig sowohl Insp XXXX als auch RevInsp XXXX beleidigt zu haben. Selbst wenn RevInsp XXXX bei den Beschimpfungen persönlich nicht anwesend gewesen sein sollte, so betrafen die Äußerungen der Disziplinarbeschuldigten beide Kollegen, weshalb entgegen dem Beschwerdevorbringen kein „Freispruch hinsichtlich der Äußerung gegenüber RevInsp XXXX erfolgen müsste“.

Zu Spruchpunkt 7.)

Die Disziplinarbeschuldigte gesteht zu, ihren Vorgesetzten ChefInsp XXXX gegenüber Insp XXXX als einen „Trottel, der ihr nichts zu sagen brauche“ und als „ehrloses Arschloch“ bezeichnet zu haben.

Zu Spruchpunkt 8.)

Zunächst sind die Vorwürfe gegen die Disziplinarbeschuldigte, Verhaltensweisen gegen ihren Vorgesetzten, ChefInsp XXXX gesetzt zu haben, welche die notwendige Achtung vermissen hätten lassen, bereits in den Spruchpunkten 1. und 7. angeführt und würde eine nochmalige Tatanlastung eine Doppelbestrafung darstellen. Weiters ist dem Punkt 8. nicht zu entnehmen, welches konkrete inkriminierte Verhalten die Disziplinarbeschuldigte gegenüber nicht angeführten Mitarbeitern und mehreren Vorgesetzten („vor allem aber Vorgesetzten“) getätigt haben soll. Selbst aus der Begründung des Disziplinarerkenntnisses ist dies nicht erschließbar, von der Disziplinarkommission wurde in dieser lediglich eine Vermutung im Schlussplädoyer der Rechtsvertreterin der Disziplinarbeschuldigten, welche Verfehlungen der Spruchpunkt 8. betreffen könnte, angeführt, eigene Ausführungen zu Punkt 8. finden sich im Erkenntnis aber nicht. Dies ist aber ohnehin unerheblich, da bereits im Spruch die vorgeworfene Tathandlung bestimmt zu umschreiben ist. Näheres dazu wird in den rechtlichen Ausführungen dargestellt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 135a Abs. 3 BDG sieht vor, dass bei einer durch die Disziplinaranwältin bzw. den Disziplinaranwalt erhobenen Beschwerde gegen ein Erkenntnis, in dem eine strengere Strafe als eine Geldbuße ausgesprochen wurde, die Entscheidung des BVwG durch einen Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt daher eine Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

Gesetzliche Grundlagen

Die anzuwendenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333, idF BGBl: I Nr. 210/2013 (BDG) lauten:

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

§ 43a. Beamtinnen und Beamte haben als Vorgesetzte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und als Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter ihren Vorgesetzten sowie einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit ihren Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1.       der Verweis,

2.       die Geldbuße bis zur Höhe eines Monatsbezugs,

3.       die Geldstrafe in der Höhe von mehr als einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,

4.       die Entlassung.

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnisses der Bundesdisziplinarbehörde beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Die für die Strafbemessung maßgeblichen Bestimmungen des Strafgesetzbuches – (StGB) lauten:

§ 32. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.

(2) Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

(3) Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

§ 33. (1) Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1.       mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat;

2.       schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist;

3.       einen anderen zur strafbaren Handlung verführt hat;

4.       der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist;

5.       aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat;

6.       heimtückisch, grausam oder in einer für das Opfer qualvollen Weise gehandelt hat;

7.       bei Begehung der Tat die Wehr- oder Hilflosigkeit eines anderen ausgenützt hat.

(2) Ein Erschwerungsgrund ist es außer in den Fällen des § 39a Abs. 1 auch, wenn ein volljähriger Täter die Tat unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen eine unmündige Person begangen hat.

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

1.       die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluss eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

2.       bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;

3.       die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;

4. 

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten