Entscheidungsdatum
04.11.2021Norm
AVG §68 Abs2Spruch
W214 2234127-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SOUHRADA-KIRCHMAYER über den Antrag des XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 17.07.2020, Zl. D123.021 2020-0.318.520 beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Verfahrenshilfe wird nicht Folge gegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Eingabe an die Datenschutzbehörde (DSB, belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) vom 14.06.2018 erhob der Antragsteller Beschwerde wegen der behaupteten Verletzung im Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG durch eine unrichtige Verarbeitung, Speicherung und Weitergabe seiner persönlichen Daten.
2. Dem Auftrag der belangten Behörde vom 15.06.2018, seine Beschwerde hinsichtlich anhaftender Mängel zu verbessern, ist der Antragsteller nicht innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.
3. Mit Bescheid vom 12.07.2018, Zl. DSB-D123.021/0002-DSB/2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde, mangels Beseitigung der festgestellten Mängel, zurück.
4. Mit Eingabe vom 07.05.2020 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG.
5. Mit Bescheid vom 13.05.2020, Zl. D123.021 2020-0.288.238 wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Mit E-Mail vom 15.05.2020 erfolgte ein neuerlicher Antrag des Antragstellers auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
6. Mit Bescheid vom 17.07.2020, Zl. D123.021 2020-0.318.520 wurde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Aktenzahl XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Antragsteller ausgesetzt.
7. Am 03.08.2020 erhob der Antragsteller Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts für die Führung des Beschwerdeverfahrens.
8. Mit Schreiben vom 11.08.2020 legte die belangte Behörde den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
9. Mit Bescheid vom 01.12.2020, Zl. D123.021 2020-0.782.339, behob die belangte Behörde den Aussetzungsbescheid vom 17.07.2020 auf und setzte das Verfahren fort.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.05.2020 zur Zl. XXXX wurde ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingeleitet. Dieser Einleitungsbeschluss wurde vom Landesgericht XXXX mit Beschluss vom 07.08.2020, GZ XXXX infolge Erhebung eines Rekurses durch den Antragsteller ersatzlos aufgehoben und das Verfahren über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem gegenständlichen Gerichtsakt und sind unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da es sich beim Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe um keine Beschwerde handelt, besteht Einzelrichterzuständigkeit.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkraftretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde fristwahrend erhoben,
Zur Frage der Prozessfähigkeit des Antragstellers:
Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten oder durch das eines gewillkürten Vertreters prozessuale Rechte und Pflichten zu begründen. Die prozessunfähige Person kann keine wirksamen Verfahrenshandlungen setzen. Ein Mangel der Prozessfähigkeit ist von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen. (vgl. § 9 AVG; zum Ganzen Kolonovits/Muzak/Stöger Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 130 mwH auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs)
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 20.05.2020 zur Zl. XXXX wurde ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingeleitet. Dieser Einleitungsbeschluss wurde vom Landesgericht XXXX mit Beschluss vom 07.08.2020, GZ XXXX infolge Erhebung eines Rekurses durch den Antragsteller ersatzlos aufgehoben und das Verfahren über die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Antragsteller eingestellt.
Es war daher von der Prozessfähigkeit des Antragstellers auszugehen.
Der mit "Verfahrenshilfe" überschriebene § 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG lautet auszugsweise:
3.3. In der Sache
3.3.1. Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit diese aufgrund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, oder des Art 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union, ABL Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 geboten ist, die Partei außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtige Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Gemäß Abs. 2 leg cit. sind, soweit in diesem Paragraphen nicht anders bestimmt ist, die Voraussetzungen und die Wirkung der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zu beurteilen.
Gemäß § 63 Abs. 1 ZPO ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.
Der notwendige Unterhalt liegt dabei über dem Existenzminimum (notdürftiger Unterhalt) und unter dem standesgemäßen Unterhalt. Bei der Ermittlung des notwendigen Unterhalts ist immer auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, so etwa den Gesundheitszustand und die Erwerbsfähigkeit der Partei, Bedacht zu nehmen. Der maßgebliche der Partei verbleibende Geldbetrag muss dieser eine ihre Bedürfnisse berücksichtigende bescheidene Lebensführung gestatten (M. Bydlinski in Fasching/Konecny3 II/1 § 63 ZPO Rz 2 (Stand 1.9.2014, rdb.at)).
Bei der Beurteilung, ob die Kosten der Prozessführung den notwendigen Unterhalt beeinträchtigen würden, sind neben dem Einkommen der Partei auch ihr sonstiges Vermögen sowie bestehende Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, was sich schon aus § 66 Abs 1 ZPO ergibt, der den notwendigen Inhalt des mit dem Antrag vorzulegenden Vermögensbekenntnisses regelt. Es ist eine Schätzung der auf Seiten der antragstellenden Partei voraussichtlich anfallenden Kosten vorzunehmen, wobei unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt absehbaren Umstände des Einzelfalls (zB Auflaufen von Sachverständigengebühren oder Anwaltskosten) ein durchschnittlich zu erwartender Verfahrensablauf anzunehmen ist. (M. Bydlinski in Fasching/Konecny3 II/1 § 63 ZPO Rz 3 (Stand 1.9.2014, rdb.at))
Ob ein Verfahrenshelfer unentgeltlich beizugeben ist, hängt von verschiedenen Kriterien ab. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP – Regierungsvorlage – Erläuterungen zu § 8a VwGVG).
3.3.2. Umgelegt auf den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich daraus Folgendes:
Der Antragsteller begehrt die Gewährung der Verfahrenshilfe für die Führung des Beschwerdeverfahrens gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 17.07.2020, Zl. D123.021 2020-0.318.520, mit welchem die belangte Behörde das Verfahren bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters ausgesetzt hat.
Dieser Bescheid wurde jedoch mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.12.2020, Zl. D123.021 2020-0.782.339, aufgehoben und das Verfahren fortgesetzt.
Hebt die Behörde während eines anhängigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht einen Bescheid gemäß § 68 Abs. 2 AVG auf, wird die Partei dadurch, dass es ihr nicht mehr möglich ist, den ursprünglichen Bescheid inhaltlich kontrollieren und richtigstellen zu lassen, in keinem Recht verletzt. Das Recht, den Bescheid vom Verwaltungsgericht überprüfen und korrigieren zu lassen, welches die Existenz des Bescheides voraussetzt, stellt kein aus diesem Bescheid erwachsenes Recht iSd § 68 Abs. 2 AVG dar (vgl VwSlg 19.245 A/2015; Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 80/1 (Stand 1.3.2018, rdb.at)).
Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde ist das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist.
Aus dem Gesagten folgt, dass das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs .1 VwGVG durch Beschluss einzustellen sein wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 90/1 (Stand 1.3.2018, rdb.at)).
Dem gegenständlichen Antrag war daher wegen Aussichtslosigkeit nicht Folge zu geben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich im konkreten Fall eine Rechtsfrage stellt, die über den (hier vorliegenden konkreten) Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet. Ausgehend davon kann eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG von grundsätzlicher Bedeutung auch insofern nicht bejaht werden (vgl. etwa VwGH 25.09.2015, Ra 2015/16/0085, mwN). Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.
Schlagworte
amtswegige Aufhebung Aussichtslosigkeit Prozessfähigkeit VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W214.2234127.2.00Im RIS seit
02.12.2021Zuletzt aktualisiert am
02.12.2021