Entscheidungsdatum
04.11.2021Norm
B-VG Art135 Abs4Spruch
W170 2247515-1/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Thomas MARTH im Verfahren über die Beschwerde des XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Heerespersonalamtes vom 07.10.2021, GZ P1438081/7-HPA/2021, betreffend Wohnkostenbeihilfe nach § 31 HGG:
Das Bundesverwaltungsgericht stellt gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a iVm Art 135 Abs 4 iVm Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den
Antrag
die Wortfolge „als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“ im ersten Halbsatz des § 31 Abs 2 Z 2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001)
in eventu
die Ziffer 2 des § 31 Abs 2 des Heeresgebührengesetzes (HGG 2001)
als verfassungswidrig aufzuheben.
Text
Begründung:
I. Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer leistet seit 04.10.2021 seinen ordentlichen Präsenzdienst. Der Einberufungsbefehl wurde ihm am 08.06.2021 zugestellt. Am 10.07.2021 beantragte er bei der belangten Behörde (dem Heerespersonalamt) die Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe iHv € 454,-- für ein von ihm seit 28.12.2020 (behördliche Meldung gemäß ZMR) alleine bewohntes Zimmer in einer Wohngemeinschaft (WG) mit Mitbenützung von Küche /Bad/Dusche/WC, das er mit Untermietvertrag vom 15.12.2020 von seiner Mitbewohnerin XXXX gemietet hat.
Der Beschwerdeführer hat keine Ersparnisse und ist auf das Zimmer in der WG angewiesen, eine andere Wohnmöglichkeit steht ihm nicht zur Verfügung.
2. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführer auf Wohnkostenbeihilfe abgewiesen. Begründet wurde die Abweisung mit der gesetzlichen Definition der „eigenen Wohnung“ in § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001, wonach der Anspruchsberechtigte entweder Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter sein müsse. Als Untermieter habe er keinen Anspruch.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und führte begründend aus, dass ihm keine andere Wohnungsmöglichkeit zur Verfügung stehe er aber eine benötige und auch an einer Stelle gemeldet sein müsse.
1. Zum anfechtungsberechtigten Gericht
Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß Art 89 iVm Art 135 Abs 4 iVm Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG verpflichtet, an den Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes zu stellen, gegen dessen Anwendung es aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat.
Derartige Bedenken sind seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die im Spruch angeführte Wortgruppe im § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001 bzw. der gesamten Ziffer 2 des § 31 Abs 2 HGG 2001 entstanden, weil Anspruchsberechtigte als Mieter anders behandelt werden als Untermieter oder bloß vertraglich gegen Beteiligung an den Haushaltskosten berechtigte Mitbenützer in einer Wohngemeinschaft. Während erstere einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe haben, schließt dies der Gesetzgeber für die zuletzt genannten Personen aus, was vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebotes nach Art 7 B-VG nicht gerechtfertigt erscheint, weil es in allen Fällen um den drohenden Verlust der Unterkunft wegen Nichtbezahlung der Mietkosten bzw. der vertraglich vereinbarten Beteiligung an den Haushaltskosten geht.
2. Zum zur Anfechtung zuständigen Spruchkörper
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist; da eine solche Norm nicht zu finden ist, ist zur Behandlung der anhängigen Beschwerde und somit zu Anfechtung ein Einzelrichter zuständig.
3. Zur Präjudizialität
Gemäß § 27 1. Fall VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.
Die Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Anspruchs des Untermieters auf Wohnkostenbeihilfe ist § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001, der auf Grund der klaren Formulierung einer verfassungskonformen – die Ungleichbehandlung zwischen Mietern und Untermietern vermeidenden – Auslegung, nicht zugänglich ist und ist diese Bestimmung daher für die Entscheidung des BVwG präjudiziell.
III. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften:
§ 31 HGG 2001 lautet (die antragsgegenständliche Zeichenfolge ist hervorgehoben):
„3. Abschnitt
Wohnkostenbeihilfe
Anspruch
§ 31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:
1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.
2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.
3. Hat der Anspruchsberechtigte nach dem Zeitpunkt nach Z 1 eine andere eigene Wohnung bezogen und sich in dieser Wohnung gemeldet, so gebühren, sofern nicht Z 2 anzuwenden ist, an Stelle der Kosten für diese Wohnung die ehemaligen Kosten jener eigenen Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte zu diesem Zeitpunkt gewohnt hat.
4. Ein Anspruch besteht auch dann, wenn das Nutzungsrecht des Anspruchsberechtigten an der Wohnung erst nach dem Zeitpunkt nach Z 1 durch Eintritt in den Mietvertrag nach § 14 Abs. 2 des Mietrechtsgesetzes (MRG), BGBl. Nr. 520/1981, oder sonstigen Übergang von Todes wegen oder auf Grund einer Ehescheidung oder Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft entstanden ist.
(2) Als eigene Wohnung gelten Räumlichkeiten,
1. die eine abgeschlossene Einheit bilden und in denen der Anspruchsberechtigte einen selbständigen Haushalt führt oder
2. die der Anspruchsberechtigte als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter bewohnt, jeweils mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, oder
3. die der Anspruchsberechtigte als Heimplatz zum Zweck der Absolvierung einer Ausbildung benötigt und deren Nutzung er für die Dauer seiner Anspruchsberechtigung nicht ruhend stellen kann.
(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten
1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 MRG auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,
2. allfällige zusätzliche Leistungen (Pauschale) für die als Bestandteil des jeweiligen Rechtsverhältnisses mit dem Recht zur Wohnungsbenützung verbundene Berechtigung zur Inanspruchnahme von Gemeinschaftseinrichtungen,
3. Rückzahlungen von Verbindlichkeiten, die zur Schaffung des jeweiligen Wohnraumes eingegangen wurden und
4. ein Grundgebührenpauschbetrag in der Höhe von 0,7 vH des Bezugsansatzes pro Kalendermonat.
In den Fällen des Abs. 2 Z 2 sind die Kosten nur anteilig abzugelten gemessen am Eigentumsanteil des Anspruchsberechtigten oder an der Anzahl der weiteren Mieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen. Allfällige Mieteinnahmen des Anspruchsberechtigten sind entsprechend abzuziehen.“
IV. Verfassungsrechtliche Bedenken:
1. Die antragsgegenständliche Norm – die mit BGBl. I Nr. 102/2019 am 01.12.2019 in Kraft getreten ist – sieht die Zuerkennung von Wohnkosten nur für „Anspruchsberechtigte“ vor die als „Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“, jeweils mit weiteren Personen als Miteigentümer oder Haupt- oder Untermieter oder sonstigen Personen, die sich an den Haushaltskosten beteiligen, eine Wohnung bewohnen.
In den Erläuterungen zu Regierungsvorlage (509 der Beilagen XXVI. GP – RV, Seite 9) ist dazu das Folgende ausgeführt (Auszug - Hervorhebungen durch BVwG):
„Die geltende Rechtslage betreffend den Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe geht im Wesentlichen auf die Neuerlassung des (damaligen) Heeresgebührengesetzes 1992 (HGG 1992), BGBl. Nr. 422, zurück.
Demnach ist für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe unter anderem zwingend erforderlich, dass die entsprechende Räumlichkeit als ‚eigene Wohnung‘ zu qualifizieren ist, worunter nach geltendem Recht (Abs. 2) nur Räumlichkeiten zu verstehen sind, welche eine selbstständige Haushaltsführung ermöglichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und jüngsten Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes ist dies schon dann ausgeschlossen, wenn Küche, Bad und WC von verschiedenen Personen (Mitbewohnern) gemeinsam benutzt werden.
De facto führt diese Rechtslage dazu, dass Wohngemeinschaften und Heimplätze als anspruchsbegründende ‚eigene Wohnung‘ ausscheiden. Dies trifft vor allem junge Wehrpflichtige, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände (zB in Berufsausbildung) keine eigene Wohnung leisten können und daher Wohngemeinschaften oder Heimplätze beziehen müssen. In der Praxis gewinnen aber gerade diese Wohnverhältnisse zunehmend an Bedeutung, sodass es – den Intentionen des Gesetzgebers folgend – richtig erscheint, auch diese Wohnverhältnisse als mögliche Grundvoraussetzung für die Zuerkennung einer Wohnkostenbeihilfe anzuerkennen. Der Begriff der ‚eigenen Wohnung‘ im Sinne des Heeresgebührengesetzes soll daher entsprechend erweitert werden.
Die unter Abs. 2 Z 1 des vorliegenden Entwurfes zu subsumierenden Fällen entsprechen der geltenden Rechtslage und werden unverändert übernommen (vgl. § 32 Abs. 2 erster Satz HGG 2001).
Abs. 2 Z 2 des vorliegenden Entwurfes soll jene auf Grund der bisherigen Verwaltungspraxis erkannten Problemfälle bei geteilten Eigentums- und Besitzverhältnissen bzw. sonstigen Wohngemeinschaften im Sinne der oben geschilderten Problematik abschließend regeln. Entsprechend des jeweils vorliegenden Rechtstitels an den Räumlichkeiten sollen in diesen Fällen aber nur jene Kosten als Wohnkostenbeihilfe anteilig abgegolten werden, die der jeweilige Anspruchsberechtigte aus diesem Rechtstitel heraus zu tragen hat. Können daraus keine schlüssigen Ableitungen über die Höhe der dem Anspruchsberechtigten zufallenden Wohnkosten getroffen werden oder ist ein derartiger Rechtstitel nicht vorhanden (zB kommt dies vor allem bei Wohngemeinschaften mit Familienmitgliedern vor), so sind die entsprechenden anteiligen Wohnkosten von der Behörde zu ermitteln, wobei grundsätzlich davon auszugehen ist, dass für jede Mitbenützung einer Wohnung eine angemessene Gegenleistung gebührt und daher im Zweifel von einer adäquaten Aufteilung der Wohnkosten ausgegangen werden kann (Abs. 3).“
Aus den Erläuterungen ist einerseits abzuleiten, dass gerade für Personen die sich keine eigene Wohnung leisten können, die Möglichkeit geschaffen werden sollte, die Wohnkosten erstattet zu erhalten und zwar auch dann, wenn sie die Kosten mit weiteren Personen teilen. Als weitere Personen führt das Gesetz sodann Miteigentümer, Haupt- oder Untermieter oder sonstige Personen an, die sich an den Haushaltskosten beteiligen. Es wird sogar auf Wohngemeinschaften mit Familienmitgliedern eingegangen.
Warum Anspruchsberechtigter nur sein soll, wer als Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter die Wohnung bewohnt und wie (im vorliegenden Fall) – nicht auch als Untermieter – bleibt im Dunkeln und ist dies aus den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Im Gegenteil, sollten Bewohner von Wohngemeinschaften in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen werden. Gerade in Wohngemeinschaften ist die Mehrheit der Mitbewohner nur Mieter eines Zimmers mit Mitbenützungsrechten für den Rest der Wohnung.
Nach der Definition der Haupt- und Untermiete in § 2 Abs. 1 und 2 MRG ist die Hauptmiete eines einzelnen Zimmers nur dann möglich, wenn der Mietvertrag mit dem Wohnungseigentümer abgeschlossen wird. In der Praxis schließen Wohnungseigentümer aber Mietverträge nur mit einem Mieter und erlauben diesem die Untervermietung von Teilen der Wohnung und damit die Bildung von Wohngemeinschaften, die sich im Innenverhältnis die Mietkosten aufteilen. Genau diesen Fall hatte der Gesetzgeber nach den oa. Erläuterungen vor Auge, wenn er anführt Wehrpflichtige, die sich auf Grund ihrer Lebensumstände keine eigene Wohnung leisten können, in die Wohnkostenbeilhilfe einbeziehen zu wollen. Im Gesetzestext werden, trotz dieser klar artikulierten Intention des Gesetzgebers, gerade Mieter von einzelnen Zimmern in Wohngemeinschaften, die keinen direkten Mietvertrag mit dem Eigentümer haben, sondern nur mit dem Hauptmieter (Untermieter), ausgeschlossen.
Das führt in der Praxis zu dem Ergebnis, dass, wenn drei Wehrpflichtige eine WG bewohnen, um sich die Miete einer Stadtwohnung leisten zu können und der Wohnungseigentümer als Vermieter nur einen Mietvertrag mit einem der drei abschließt, was die Regel ist, nur dieser nach dem Wortlaut des Gesetzes Anspruchsberechtigter für Wohnkostenbeihilfe ist, während die anderen beiden, keine Wohnkostenbeihilfe bekommen, was letztlich dazu führt, dass sich alle drei die Wohnung während ihres Grundwehrdienstes nicht leisten können, sofern die beiden anderen nicht auf ihre Ersparnisse zurückgreifen oder von anderer Seite unterstützt werden, um ihren Anteil an der Miete aufzubringen.
Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung (der bloß Untermieter) ist nicht erkennbar.
Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 16.06.1997, G3503/96 zur Vorgängerbestimmung dem § 33 Heeresgebührengesetz 1992 noch das Folgende festgehalten:
„Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er die Gewährung von Wohnkostenbeihilfe nicht für alle, sondern nur für solche Fälle vorsieht, in denen der Verlust der Unterkunft deshalb eine besondere Härte darstellen würde, weil das - aufgrund welchen Titels immer - dem Wehrpflichtigen zustehende Recht, diese Unterkunft zu benützen, objektiv einen beachtlichen wirtschaftlichen Wert darstellt. Die Annahme, daß dies typischerweise nur dann der Fall ist, wenn dem Betreffenden sämtliche üblicherweise den Bestandteil eines Haushalts bildenden Räumlichkeiten zur autonomen Verwendung zur Verfügung stehen, ist zumindest vertretbar. Daraus folgt, daß der Gesetzgeber, ohne gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen, die definitionsmäßige Abgrenzung der Wohnungen, für die Wohnkostenbeihilfe gebührt, in der in § 33 Abs 2 HeeresgebührenG 1992 normierten Weise vornehmen durfte.
Die Auslegung des § 33 HeeresgebührenG 1992 durch die belangte Behörde, wonach dann, wenn eine sogenannte ‚Wohngemeinschaft‘ besteht, wenn also mehrere Personen in einer Wohnung Unterkunft nehmen und jede Person nur über einen Wohn-Schlafraum verfügt, während Küche, Bad und WC gemeinsam benützt werden, diese Personen keinen ‚selbständigen Haushalt‘ führen und daher über keine ‚eigene Wohnung‘ iS des § 33 HeeresgebührenG 1992 verfügen, ist zumindest vertretbar.“
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 24.03.1999, 98/11/0067 festgestellt:
„§ 33 Abs 2 HGG 1992, der eine Legaldefinition der eigenen Wohnung enthält, und § 33 Abs 3 HGG 1992, in dem die mit der Wohnkostenbeihilfe abzugeltenden Kosten umschrieben werden, enthalten keine Einschränkung auf bestimmte Rechtsgründe für die Benützung der Wohnung. Entscheidend ist nach § 33 Abs 1 HGG 1992 allein, dass dem WehrPfl während des Präsenzdienstes Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung entstehen. Diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn der WehrPfl im Rahmen eines Prekariums Entgelt zu leisten hat - die Entrichtung eines Entgelts schließt die Annahme eines Prekariums nicht aus - , um den Eigentümer nicht zum Widerruf des Prekariums zu veranlassen. Auch in diesem Fall entstehen dem WehrPfl Kosten für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung.“
In seinem Erkenntnis vom 19.10.2010, 2007/11/0011 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:
„Die Materialien zum HGG 2001 (RV, 357 BlgNR 21. GP) legen dar, dass als Probleme ‚Unklarheiten und Vollziehungsschwierigkeiten betreffend die Zuerkennung von Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe‘ bestanden hätten; als Lösung wird eine ‚sachgerechte Beseitigung der aufgezeigten Probleme im Wege der Neuerlassung eines Heeresgebührengesetzes 2001‘ angeboten, die u.a. eine ‚Materielle Erweiterung des Anspruches auf Wohnkostenbeihilfe‘ zum Inhalt habe.
Zu §§ 31 und 32 wird folgendes ausgeführt:
‚Im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wurden die Anspruchsvoraussetzungen für die Erlangung einer Wohnkostenbeihilfe speziell mit dem Ziel eines Ausschlusses missbräuchlicher Manipulationen abgeändert. Die nunmehrigen Regelungsinhalte haben sich in der nunmehr fast fünfjährigen Vollziehungspraxis im Wesentlichen bewährt und insbesondere auch zu einer erheblichen Steigerung der 'sozialen Treffsicherheit' der gegenständlichen Sozialleistung geführt. Diese Inhalte sollen daher grundsätzlich unverändert bleiben. Es soll lediglich zur Vermeidung vereinzelt entstandener Zweifelsfragen ausdrücklich klargestellt werden, dass entsprechend der zugrunde liegenden Absicht des Gesetzgebers und der bisherigen Verwaltungspraxis ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nur im Falle einer durchgehenden Kostentragung für die Wohnungsbenützung besteht.
In seltenen Einzelfällen sind allerdings vom Gesetzgeber nicht intendierte, sachlich kaum gerechtfertigte Härten entstanden, die nunmehr im Wege einer Adaptierung dieser Regelungen beseitigt werden sollen. So besteht derzeit bei einem Wohnungswechsel grundsätzlich dann kein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe, wenn eine (andere eigene) Wohnung erst nach Antritt des Wehrdienstes bezogen wurde. ...‘“
Die genannten Erkenntnisse sind allesamt vor dem Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 102/2019 ergangen.
Der neu gefasste § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001 idF BGBl. I Nr. 102/2019 wollte ebenfalls aufgetretene Praxisprobleme beseitigen und die Wohnkostenbeihilfe bei Wohngemeinschaften so neu regeln, dass gerade finanziell schwächere Personen davon profitieren. Dem Gesetzgeber scheint dabei aber eine, vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes des Art 7 B-VG, nicht rechtfertigbare Ungleichbehandlung von Mietern und Untermietern (aber auch anderen vertraglich berechtigten Mitbenützern einer Wohngemeinschaft) unterlaufen zu sein, deren rechtliche Position – was den drohenden Verlust der Wohnung bei Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts betrifft – vergleichbar ist.
Dass ein rechtlicher Unterschied zwischen einem Untermietverhältnis und einem Hauptmietverhältnis besteht und ersteres auch leichter begründet werden kann, ist unstrittig, im konkreten Fall geht es aber nicht um die Begründung eines Mietverhältnisses, sondern um den drohenden Verlust bei Nichtzahlung des im Untermietvertrag vereinbarten Mietzinses und hat der Untermieter die gleichen Rechte gegenüber seinem Vermieter (den Hauptbestandsnehmer) wie dieser gegenüber seinem Vermieter (vgl. OGH 27.03.2001, 1 Ob23/01s, RS 0114869). Der Untermieter kann bei einem Verlust seiner Wohngelegenheit nicht seine gesamten Privatsachen in die Kaserne bringen, wo er nur einen Spind und ein Bett hat.
Dass der Gesetzgeber „Untermieter oder sonstige Personen die sich an den Haushaltskosten beteiligen“ als Mitbewohner (Mitzahler) eines Anspruchsberechtigen in einer Wohngemeinschaft anerkennt, denselben Personenkreis aber nicht als anspruchsberechtigt sieht, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgericht sachlich nicht begründbar und erscheint damit verfassungsgesetzlich unzulässig. Vielmehr dürfte diese Ungleichbehandlung auf einem Versehen beruhen, weil sie in den Erläuterungen mit keinem Wort erwähnt ist.
Wenn die Bundesregierung vermeint, eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung von Untermietverhältnissen in diesem Kontext, liege in der Verhinderung von Missbrauch, etwa, wenn zwischen Familienmitgliedern Untermietverträge geschlossen würden, nur um einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe zu erlangen und im Innenverhältnis gar keine Mietzahlungen fließen würden, ist dies nicht nachvollziehbar. Erstens liegt im konkreten Fall – und wohl auch bei der Mehrheit der Fälle in der Praxis die der Gesetzgeber vor Augen hatte – keine Vermietung innerhalb der Familie vor und wäre ein allfälliger Missbrauch, unter anderem schon durch Abfrage im Melderegister und Aufforderung die Familienverhältnisse im Ermittlungsverfahren offen zu legen, leicht feststellbar. Zweitens hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgestellt, dass ein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nicht zusteht, wenn nach den Umständen des Einzelfalles ein Verlust der Wohnmöglichkeit nicht zu erwarten ist (VwGH 27.10.1987, 87/11/0080; 26.6.1990, 89/11/0295; 04.06.1991, 91/11/0009; 14.11.1995, 93/11/0216). Das wird bei Untermietverhältnissen mit den Eltern regelmäßig zutreffen. Drittens, geht der Gesetzgeber in den Erläuterungen mit keinem Wort darauf ein, dass er die Untermietverhältnisse wegen drohendem Missbrauch ausgeschlossen haben wollte, sondern erwähnt sogar Wohngemeinschaften mit Familienmitgliedern. Eine ausreichende Vorbeugung gegen Missbrauch, stellen auch die übrigen Anforderungen des § 31 HGG dar, wonach, nach wie vor ein vertraglich verbindlicher Rechtstitel für die Mitbenützung durch den Anspruchsberechtigten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Voraussetzung ist (vgl. VwGH 25.05.2004, 2003/11/0053), dessen Vorliegen im Einzelfall der Anspruchsberechtigte zu beweisen haben wird.
Die nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts vorliegende Ungleichbehandlung kann nur durch die vorgeschlagene Streichung der Wortfolge „Eigentümer oder Miteigentümer oder Hauptmieter“ im ersten Halbsatz des § 31 Abs 2 Z 2 HGG 2001 beseitigt werden und kann dem Verfassungsgerichtshof vor dem Hintergrund der Erläuterungen auch nicht unterstellt werden, dass er damit als „positiver Gesetzgeber“ auftreten würde, weil aus den Erläuterungen klar die Absicht des Gesetzgebers hervorgeht Wehrpflichtigen in Wohngemeinschaften die Inanspruchnahme von Wohnkostenbeihilfe zu ermöglichen. Bei der Formulierung wurde offenbar schlichtweg übersehen, dass mit dem Ausschluss von Untermietern als Anspruchsberechtigte diesem intendierten Zweck in der Praxis nicht Rechnung getragen wird und die neu geschaffene Norm damit im Wesentlichen ins Leere geht. Das Schaffen einer sinnlosen Norm, kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden.
Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof es dennoch für nicht zulässig hält nur die angesprochene Wortfolge aufzuheben, wird beantragt die gesamte Ziffer 2 des § 31 Abs 2 HGG 2001 als verfassungswidrig aufzuheben und dem Gesetzgeber eine dem Gleichheitssatz Rechnung tragende Neufassung aufzutragen. In diesem Fall würde das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer aber – trotz Gleichheitswidrigkeit – keine Wohnkostenbeihilfe zuerkennen können, da dann, bis zu einer allfälligen Neufassung des Gesetzes, keine Rechtsgrundlage dafür bestünde.
Die frühere Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, die die sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung im „beachtlichen wirtschaftlichen Wert“ sah, erscheint vor dem Hintergrund der neuen Regelungen zu Wohngemeinschaften jedenfalls nicht (mehr) anwendbar und stellen, vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Mietpreise in den städtischen Ballungsräumen (insbesondere in Wien), auch leistbare Untermietverträge für die betroffenen Grundwehrdiener einen hohen wirtschaftlichen Wert dar.
Schlagworte
Gesetzprüfungsantrag Gleichheitsgrundsatz Präjudizialität Präsenzdienst Ungleichbehandlung Untermiete verfassungsrechtliche Bedenken Wohngemeinschaft WohnkostenbeihilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2247515.1.01Im RIS seit
02.12.2021Zuletzt aktualisiert am
02.12.2021