TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/23 L515 2213932-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2021
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Entscheidungsdatum

23.11.2021

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


L515 2213932-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER sowie den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesens - Sozialministeriumsservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 14.01.2019, OB: XXXX , betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde hinsichtlich der beantragten Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführende Partei („bP“) ist seit November 2013 im Besitz eines Behindertenpasses (festgestellter Grad der Behinderung [„GdB“]: 70 v.H.) Sie beantragte am 14.08.2017 (eingelangt am 25.08.2017) die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass. Sie befand sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in einer Haftanstalt.

I.1.1. Mit Schreiben Bundesamtes für Behindertenwesen - Sozialministeriumsservice, Landesstelle Steiermark als nunmehr belangte Behörde („bB“) vom 10.10.2017, 12.12.2017 und 29.01.2018, wurde die bP um Übermittlung aktueller Befunde ersucht.

Mit Schreiben vom 16.02.2018 teilte die bP mit, dass die von ihr genannte JVA –in der sie sich sichtlich befand- die Herausgabe sämtlicher Befunde verweigere.

Im Gefolge führte die bP mit dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz einen regen Schriftverkehr ua. betreffend des von ihr begehrten Besuchs des mobilen Dienstes in der Haftanstalt bzw. Anträge auf Verfahrensauskunft betreffend den Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung, sowie ihrer Wohnsitzänderung, welcher an die bB weitergeleitet wurde.

Am 26.07.2018 langte beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ein Schriftstück ein, in dem die bP mitteilte, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Ebenso äußerte sie sich zu den örtlichen Gegebenheiten rund um ihren Wohnsitz. Demnach befinden sich im näheren Umfeld keine Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel. Dieses Schreiben wurde ebenso an die bB weitergeleitet.

Mit Schreiben der bB vom 30.07.2018 wurde der bP die nunmehr aktuelle örtliche Zuständigkeit (Landesstelle Oberösterreich) mitgeteilt und wurde die Akte sichtlich von der Landesstelle Steiermark der Landesstelle Oberösterreich übermittelt.

I.2. In weiterer Folge wurde am 26.09.2018 ein ärztliches Sachverständigengutachten eines Allgemeinmediziners eingeholt (Begutachtung am 24.09.2018). Das Gutachten erachtete die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung als vorliegend.

Auf Grund offener Fragen in Bezug auf die Verwendung von Stützkrücken wurde das Gutachten am 19.10.2018 dem ärztlichen Dienst mit nachfolgender Fragestellung, ob die Zurücklegung der erforderlichen Wegstrecke ohne Krücken möglich ist und ob 1 oder 2 Krücken aus medizinischer Sicht benötigt werden, vorgelegt.

Daraufhin erstellte der bereits mit der Verwaltungssache befasste ärztliche Sachverständige am 25.10.2018 ein ergänzendes Gutachten in Bezug auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Am 20.12.2018 ergänzte derselbe Sachverständige sei Gutachten erneut.

I.3. Mit Schreiben vom 07.11.2018 wurde der bP die aktuelle gutachterliche Lage zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

I.4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.01.2019 wurde der am 21.08.2017 bei der bB eingelangte Antrag der bP abgewiesen; die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" liegen nicht vor.

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob die bP mit Schreiben vom 22.01.2019 Beschwerde, da der ärztliche Sachverständige nach ihrem Dafürhalten wesentliche ausschlaggebende Faktoren nicht berücksichtigt habe.

Ebenso beantragte die bP Verfahrenshilfe.

I.6. Mit Schreiben der bB vom 31.01.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage, welche beim ho. Gericht am selben Tag einlangte.

I.7. Mit ho. Schreiben vom 20.03.2019 wurde die bP mittels Mängelbehebungsauftrag ersucht, die „Rechtssache bestimmt“ zu bezeichnen, für welche die Verfahrenshilfe begehrt werde.

I.7.1. Mit Schreiben vom 04.04.2019 ergänzte die bP die Beschwerde und führte aus, dass der ärztliche Sachverständige die Entfernung zwischen ihrem Wohnsitz und den nächstgelegenen Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel außer Acht gelassen habe. Auch wurde nicht berücksichtigt, wie sie mit zwei Gehhilfen die Einkäufe transportieren solle. Die nächsten Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel seien zwischen 1 km und 4,5 km entfernt, wobei der Schulbus nur an Schultagen und die Lokalbahn nur täglich 2 Mal verkehre. Die Bushaltestelle sei 4,5 km entfernt. Im Gutachten sei seitens des Gutachters nicht bedacht worden, wie die bP ihre Einkäufe unter Verwendung der Gehhilfe transportieren bzw. wie sie diverse Behördengänge erledigen solle.

Die Verfahrenshilfe werde in Bezug auf alle einzubringenden Rechtsmittel begehrt.

I.7.2. Mit ho Erkenntnis vom 03.06.2019 wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe abgewiesen. Begründend führte das ho. Gericht aus, dass in Verfahren vor dem BVwG keine Anwaltspflicht besteht. Ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden und Gerichten habe die bP bereits in verschiedenen Verfahren und zuletzt durch ihre eigenständig eingebrachte Beschwerde, sowie die im Rahmen des Mängelbehebungsauftrages getätigten, verhältnismäßig umfangreichen Ausführungen zu den nach ihrem Dafürhalten vorliegenden Mängeln des Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, welche sämtlichen Formvorschriften entspricht und in welcher sie auch eine individuelle und differenziert ausformulierte Begründung abgab. Im gegenständlichen Verfahren liege somit bereits eine Beschwerde vor, welche den Willen der bP klar erkennen lasse und bedurfte sie somit keiner anwaltlichen Hilfe, um dem ho. Gericht ihren Willen zu artikulieren. Die bP sei Besitzer eines Behindertenpasses, verfügte noch nie über die begehrte Zusatzeintragung im Behindertenpass "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" und stützt sich die Beschwerde im Wesentlichen auf den Umstand, dass die bP davon ausgeht, dass der ärztliche Sachverständige verschiedene Parameter, wie die Distanz zwischen dem Wohnort und der nächsten Haltestelle, die langen Intervalle der öffentlichen Verkehrsmittel sowie die Benützung von Gehhilfen nicht berücksichtigt habe. Abgesehen vom Umstand, dass die bP den Ausführungen der belangten Behörde bereits ohne anwaltliche Hilfe im bereits beschriebenen Umfang entgegentrat, sei festzuhalten, dass es, um der strittigen Materie entgegentreten zu können, es auch bei abstrakter Betrachtung keiner anwaltlichen Hilfe bedürfte. Um der belangten Behörde substantiiert entgegen zu treten, bedürfe es entweder der gleichen fachlichen (hier medizinischen) Qualifikation wie der Gutachter –über welche ein Anwalt regelmäßig nicht verfügt- bzw. kann bei fehlender gleicher fachlicher Qualifikation dem Gutachten entgegen getreten werden, indem Unschlüssigkeiten in diesem aufgezeigt werden. Unschlüssigkeiten können auch ohne die Absolvierung des Studiums der Rechtswissenschaften aufgezeigt werden. Dass die bP über jenen analytischen Verstand verfügt, um allfällige Unschlüssigkeiten aufzuzeigen, hätte sie durch die Begründung der Beschwerde samt Ausführungen zum Mängelbehebungsauftrag bereits unter Beweis gestellt.

Allfällige weitere Agenden, welche die beschwerdeführende Partei im Verfahren vor dem ho. Gericht wahrzunehmen haben werde, würden sich auf die wahrheitsgemäße Schilderung des maßgeblichen Sachverhalts beschränken und wird sie keine komplexen rechtlichen Ausführungen darzulegen haben.

Aus den getroffenen Ausführungen ergebe sich zusammengefasst, dass die beschwerdeführende Partei im Verfahren keine Obliegenheit zur Verfolgung ihrer Interessen zu treffen hätte, welche sie ohne die Beistellung eines Anwalts überfordern würde.

Aus § 51 BBG ergebe sich, dass für die antragstellende Partei im Beschwerdeverfahren keine Kosten anfallen.

Verfahrenshilfe ist gem. § 8a Abs. 1 VwGVG nur dann zu gewähren, wenn beide Voraussetzungen, nämlich dass diese geboten ist und die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, kumulativ vorliegen.

Aus den obigen Feststellungen ergebe sich resümierend, dass im vorliegenden Fall Verfahrenshilfe zur Vertretung bei der genannten Verhandlung auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht geboten ist. Somit brauche ungeachtet des § 51 BBG nicht mehr genauer geprüft werden, ob die bP außerstande sei, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestreiten zu können. Aus demselben Grund war auch nicht mehr zu prüfen, ob die beabsichtigte Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint und liegen somit die Voraussetzungen zur Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht vor, weshalb der Antrag abzuweisen war.

Mit Schreiben vom 18.06.2019 brachte die bP gegen dieses Erkenntnis beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde, sowie eine Revision beim VwGH ein, über welche bis dato noch keine Entscheidungen ergingen.

I.8. Die Beratung und Abstimmung im nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes erfolgte am 19.11.2021.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0.    Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Die bP ist österreichischer Staatsangehöriger und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.

1.2. Die bP ist seit 11/2013 im Besitz eines Behindertenpasses (GdB 70 v.H.) ohne die begehrte Zusatzeintragung „Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“.

1.3. Nachfolgende gutachterliche Lage wird zu den Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben:

Gutachten vom 26.09.2018:

„…

Derzeitige Beschwerden:

Er habe gelegentlich leichten Herzdruck, nimmt durchschnittlich zwei- bis dreimal pro Woche Nitro, hatte 9/2016 den letzten Herzkatheter, die Stents seien offen, hätte Verkalkungen; er klagt über chronische Kreuzschmerzen, Abnützungen der Knie rechts mehr als links, auch das Arm heben beidseits ist etwas eingeschränkt, seit 2011 wegen der Wirbelsäule geht er mit Krücken, kann damit gut gehen;

[…]

Gesamtmobilität – Gangbild:

Er sagt ohne Krücken könne er nicht gehen, mit Krücken bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang.

[…]

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Persönlichkeitsstörung mit querulativen Zügen

2) alte Bandscheibenschäden

3) Koronare Herzkrankheit, mehrfache Stents, stabil

4) geringe Einschränkung Kniegelenke, Schultern

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

neu hinzu gekommen 2016 weitere Herzstents, Wirbelsäule und Gelenksbeschwerden unverändert

Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine, sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang - mit langsamerem Gehtempo und Verwendung von Krücken ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich;

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine, sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang - mit langsamerem Gehtempo und Verwendung von Krücken ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich.

….“

Gutachtensergänzung vom 25.10.2018:

„1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine; (sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang) - mit langsamerem Gehtempo und auch ohne Verwendung von Krücken (aus medizinischer Sicht Verwendung nicht nachvollziehbar bei mäßiger Einschränkung rechtes Kniegelenk und Wirbelsäule) ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich;

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine, sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang - mit langsamerem Gehtempo und Verwendung von Krücken ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich“.

Gutachtensergänzung vom 20.12:

„1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine; (sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang) - mit langsamerem Gehtempo und auch ohne Verwendung von Krücken (aus medizinischer Sicht Verwendung nicht nachvollziehbar bei mäßiger Einschränkung rechtes Kniegelenk und Wirbelsäule) ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich;

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? nein

Gutachterliche Stellungnahme:

Es besteht ein alter Bandscheibenvorfall L5/S1 mit Neuroforamenstenose, bei der Untersuchung mäßige Schmerzen, mäßige Bewegungseinschränkungen, keine Lähmungen der Beine, sagt das er trotzdem ohne Krücken nicht gehen kann, diese benützt er seit 2011, damit bei der Untersuchung mittelschneller sicherer Gang - mit langsamerem Gehtempo ist eine Wegstrecke von 300 m möglich, er kann auch einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Transport ist möglich“.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellter Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die Ausführungen der bB stellten sich als tragfähig dar und stellen die nachfolgenden Überlegungen lediglich Konkretisierungen bzw. Abrundungen der behördlichen Ausführungen dar.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das gegenständlich eingeholte Sachverständigengutachten vom 20.12.2018 (Allgemeinmedizin) schlüssig, nachvollziehbar und weist keine relevanten Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises. Es wird auf die Art der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Ausmaß eingegangen sowie insbesondere die Auswirkung auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel beurteilt.

Auch bedarf es mehr als bloß pauschaler Behauptungen, also eines gewissen Mindestmaßes an Konkretisierung des Vorbringens, um im Rahmen der freien Beweiswürdigung an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens Zweifel zu erwecken bzw. um die Pflicht der Behörde zum weiteren Tätigwerden auszulösen.

Der bP zu Folge verwende sie seit dem Jahr 2011 zwei Stützkrücken. Der Gebrauch von Stützkrücken ist laut gutachterlicher Lage bei der festgestellten mäßigen Einschränkung des rechten Kniegelenkes und der Wirbelsäule jedoch medizinisch nicht indiziert. Bei der klinischen Untersuchung der Wirbelsäule konnten bei mäßiger Schmerzhaftigkeit keine Lähmungserscheinungen festgestellt werden. Das linke Kniegelenk wies eine Extension/Flexion von 0-0-1300 und das rechte Kniegelenke von 0-0-1000 mit Schmerzen auf. Die bP behauptet weder im Anamnesegespräch, noch in der Beschwerde, eine Wegstrecke von 300 bis 400 m nicht zurücklegen zu können. Dies wird auch durch den Gutachter bestätigt, wonach eine Gehstrecke von 300 m mit langsamerem Gehtempo möglich ist.

Begründend in Bezug auf die begehrte Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt die bP aus, dass die nächstgelegene Haltestelle 1 km entfernt sei und die dort haltenden öffentlichen Verkehrsmittel nur an Schultagen bzw nur 2 Mal täglich verkehren. Die nächste Haltestelle sei 4,5 Km von ihrem Wohnsitz entfernt. Einkäufe seien mit Krücken schwer zu transportieren und auch Behördenwege würden durch die weit entfernten Haltestellen nur schwerlich absolviert werden können. Hierbei handelt es sich aber um andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren und beruhen die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in der Art und Schwere der Gesundheitsschädigung, sondern entscheidend in der Entfernung des Wohnsitzes des Beschwerdeführers von der nächstgelegenen Haltestelle (1 bzw. 4,5 km) bzw. im Transport der Einkäufe.

Mit ihren Beschwerdeausführungen ist die bP den gutachterlichen Ausführungen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend. Auch wurden in den gutachterlichen Ausführungen keine Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt (vgl. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).

Laut gutachterlich festgestelltem Sachverhalt ist bei den vorliegenden mäßigen Schmerzen und mäßiger Bewegungseinschränkung ohne Lähmungen der Beine die Verwendung von Krücken medizinisch nicht inzidiert. Das rechte Kniegelenk weist eine Extension/Flexion von 0-0-1300 mit Schmerzen auf. Es zeigt sich mit Krücken ein mittelschneller sicherer Gang.

Somit wurden vom Sachverständigen die angeführten Leiden bereits ausführlich einer entsprechenden medizinischen Beurteilung in Zusammenhang mit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmittel unterzogen.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen. Überdies wird die bP auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Abschließend ist zusammenfassend festzuhalten, dass die bP den Ausführungen der bB weder auf gleichem fachlichem Niveau entgegentrat, noch Ungereimtheiten in diesen Ausführungen aufzeigte, weshalb letztlich den Ausführungen der bB zu folgen war.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Die von der bP eingebrachte Beschwerde vom 22.01.2019 erweist als fristgerecht.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 4 Abs. 3 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls die Feststellung einzutragen, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Gemäß Abs 5 leg cit bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300-400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242). Die festgestellte, von der bP bewältigbare Wegstrecke ist –wenn auch im unteren Bereich- als ausreichend zu betrachten um festzustellen, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist (Erkenntnis des VwGH vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0207; Erkenntnis des VwGH vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/03/0121; Erkenntnis des VwGH vom 29. Jänner 1992, Zl. 91/02/0136). Ein Antragsteller wird dann als stark gehbehindert im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen sein, wenn er solche Strecken entweder überhaupt nicht oder nur auf eine Weise zurücklegen kann, die das Fortbewegen nicht mehr als Gehen qualifizieren lässt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 9560/A). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob dieses Fortbewegen nur unter Aufwendung überdurchschnittlicher Kraftanstrengung oder unter großen Schmerzen möglich ist (vgl. das Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 88/02/0207). Umstände, wie sie in den beiden vorausgehenden Sätzen beschrieben wurden, können im gegenständlichen Fall nicht festgestellt werden.

Die bP wies in ihrer Stellungnahme vom 04.04.2019 auf den Umstand hin, dass die nächste Haltestelle 1,0 km entfernt sei. Eines der dort verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel sei ein Schulbus, welcher nur an Schultagen verkehre. Beim anderen Verkehrsmittel handle es sich um die Lokalbahn, welche nur 2 Mal täglich verkehre. Es sei ihr nicht möglich, ihre Einkäufe zu transportieren. Hierzu verweist das erkennende Gericht auf die oben zitierte Entscheidung des VwGH, wonach die oben genannten Schwierigkeiten nicht in der Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen liegen, auf die es aber entscheidend ankommt. Diese Einwendung berechtigt daher nicht zur begehrten Zusatzeintragung in den Behindertenpass. Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).

Gemäß dem angeführten Gutachten vom 20.12.2018 liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Ziff. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF - und damit die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung - bei der bP im Lichte der getroffenen Ausführungen nicht vor.

Entscheidungswesentlich ist dabei ausschließlich der Gesundheitszustand der bP selbst. Maßgeblich ist nur, ob erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vorliegen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorliegt.

Gemäß dem angeführten Gutachten sind derartige Umstände aber nicht gegeben. Die Beschwerdeangaben sind durch die Aussagen des medizinischen Sachverständigen entkräftet.

Das erstellte Gutachten erfüllt auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Das Sachverständigengutachten und die Angaben der bP im Verfahren wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen der bP nicht ein Ausmaß erreichen, welches die Eintragung des Zusatzes "Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte – auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10, Ra 2017/11/0288-3, 19.12.2017):

-        Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.

-        Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.

-        In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 46 BBG verstößt.

-        Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.

Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.

3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende und im gegenständlichen Erkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber stellt sich der anzuwendende Gesetzestext als eindeutig dar und stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behindertenpass öffentliche Verkehrsmittel Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L515.2213932.1.00

Im RIS seit

02.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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