TE Lvwg Beschluss 2021/9/10 LVwG-M-46/001-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2021
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Entscheidungsdatum

10.09.2021

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §28 Abs6
VwGVG 2014 §7 Abs4 Z3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Tanzl als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, in ***, im Zusammenhang mit behaupteten unzulässigen Amtshandlungen durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Gmünd bei Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe den

BESCHLUSS

1.  Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 6 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Begründung:

1.   Zum Beschwerdevorbringen:

Mit Schreiben vom 4. Juni 2021 (inklusive 23 Beilagen), eingebracht beim Bundesverwaltungsgericht, erhob der Beschwerdeführer Maßnahmenbeschwerde. In der Beschwerde beantragte er, mit weiteren Ausführungen, die sofortige Hemmung des Strafvollzuges vom 28.05.2021, die sofortige Einstellung des verfassungswidrigen Verfahrens zu GZ: *** sowie die sofortige Inhaftierung in Untersuchungshaft aller Beteiligten wegen Wiederholungsgefahr unter Ausnützung einer Amtsstellung und vorsätzlichem Missbrauch der Verfassung der Republik Österreich, sowie die gesetzeskonforme Strafverfolgung wegen Hochverrats und Terrorismus.

Als Beilage übermittelt er dazu unter anderem die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 28.05.2021, zu Zl. *** (Beilage 2) sowie das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 07.06.2018, zu Zl. *** (Beilage 20).

2.   Zum Verfahrensverlauf:

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.07.2021, zu Zl. ***, wurde die Beschwerde unter näherer Begründung der Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes an das Landesverwaltungsgericht NÖ weitergeleitet.

Mit Schreiben an den Beschwerdeführer vom 17. August 2021 führte das Landesverwaltungsgericht NÖ aus, das es aufgrund seines Vorbringens davon ausging, dass der Beschwerdeführer konkret

a. gegen die oben angeführte Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe

b. gegen das oben angeführte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft

Gmünd und

c. gegen alle Organe, die in diesen Verfahren involviert waren

Maßnahmenbeschwerde erheben wolle.

Das Landesverwaltungsgericht NÖ teilte dem Beschwerdeführer dazu mit, dass die ersten beiden Punkte kein wirksamer Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein können und forderte ihn zu Punkt c. auf, die konkrete Amtshandlung (inklusive deren Zeitpunkt), (soweit bekannt) das handelnde Organ sowie die Gründe, warum die Amtshandlung rechtwidrig war, bekannt zu geben. Er wurde darauf hingewiesen, dass im Falle einer nicht (rechtzeitigen) Konkretisierung die Maßnahmenbeschwerde gemäß § 13 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §17 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen wird.

Das Schreiben wurde dem Beschwerdeführer am 20.08.2021 zugestellt.

3.   Feststellungen:

Das Landesverwaltungsgericht NÖ geht nach Vorliegen der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen von folgenden entscheidungsrelevanten Tatsachen aus:

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 28.05.2021, zu Zl. ***, aufgefordert seine Ersatzfreiheitsstrafe im Gesamtausmaß von 20 Stunden anzutreten.

Dieser Aufforderung zugrunde lag das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd gegen den Beschwerdeführer vom 07.06.2018, zu Zl. ***.

4.   Rechtslage:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 iVm § 131 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte der Länder über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, soweit sich aus § 131 Abs. 2 und 3 B-VG nichts anderes ergibt.

5.   Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich prüfte aufgrund der oben angeführten, nicht nachgebesserten, Beschwerde folgende Sachverhalte als taugliche Gegenstände einer Maßnahmenbeschwerde:

a.   das in den Feststellungen zitierte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd,

b.   die in den Feststellungen zitierte Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe und

c.   das Vorbringen, dass alle Organe, die in diesen Verfahren involviert waren, wegen Wiederholungsgefahr unter Ausnützung einer Amtsstellung und vorsätzlichem Missbrauch der Verfassung der Republik Österreich, sowie die gesetzeskonforme Strafverfolgung wegen Hochverrats und Terrorismus, die sofortige Inhaftierung in Untersuchungshaft aller Beteiligten zu Folge haben müsse.

zu a.:

Zunächst ist zu bemerken, dass Maßnahmenbeschwerden nur gegen Akte unmittelbarer Befehls- oder Zwangsgewalt erhoben werden können. Sie müssen sich gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung (bei deren Nichtbefolgung mit einer unmittelbaren Sanktion gerechnet werden musste) gerichtet sein (vgl. VfGH am 13. Dezember 1988, Slg. Nr. 11.935). Es wird daher physischer Zwang oder eine unmittelbare Befehlsgewalt gefordert.

Eine Maßnahmenbeschwerde ist in Verfahren unzulässig, in denen bereits ein Verwaltungs-(straf-)verfahren durchgeführt wurde. Sofern ein solches geführt wurde, kann nicht zusätzlich Maßnahmenbeschwerde erhoben werden (vgl. VwGH am 20.3.2019, Ra 2018/09/0090, mwN). Das angeführte Straferkenntnis kann daher auch nicht mit Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden, sodass die Beschwerde diesbezüglich als unzulässig zurückzuweisen war.

Darüber hinaus ist anzuführen, dass gemäß § 7 Abs. 4 Z. 3 VwGVG die Frist zu Erhebung von Maßnahmenbeschwerde sechs Wochen, ab dem Zeitpunkt in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, beträgt. Die Beschwerde ist daher neben der Unzulässigkeit auch als verspätet anzusehen, richtet sie sich doch gegen einen Bescheid aus dem Jahr 2018.

 

zu b.:

Die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe stellt ebensowenig einen Akt unmittelbarer Befehls- oder Zwangsgewalt dar. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Mitteilung der Behörde, welche Maßnahmen sie gegenüber dem Einschreiter treffen wird. Gegen diese Mitteilung ist die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde nicht zulässig (vgl. VfGH am 26.02.1991, zu Zl. B1072/90).

Auch in diesem Punkt liegt daher kein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor, sodass die Beschwerde auch diesbezüglich als unzulässig zurückzuweisen war.

Darüber hinaus ist auch dieser Beschwerdepunkt als verspätet anzusehen, da die Weiterleitung der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht NÖ zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde bereits verstrichen war. Gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 6 AVG ist eine bei einer unzuständigen Behörde bzw. einem unzuständigen Verwaltungsgericht eingelangte Beschwerde auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Sofern man das Datum der Erhebung der Beschwerde (als letztmöglichen Zeitpunkt, an dem der Beschwerdeführer von der nunmehr bekämpften Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe erfahren konnte) heranzieht, endete die Beschwerdefrist bereits am 16.07.2021.

zu c.:

Das Verwaltungsgericht hat ausschließlich jene Maßnahme zu beurteilen, die in der Beschwerde ausdrücklich als angefochten bezeichnet wird. In diesem Sinn wurde auch zu der bis 31. Dezember 2013 geltenden, vergleichbaren Regelung des

§ 67c Abs. 2 AVG vom Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass der unabhängige Verwaltungssenat verpflichtet ist, den bei ihm angefochtenen Verwaltungsakt einer Prüfung zu unterziehen; insofern gibt der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde das Prozessthema vor. Ausgehend von diesem Zweck kann ein wesentlicher Mangel der Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes nur dann vorliegen, wenn infolge dieses Mangels nicht erkennbar ist, gegen welchen Verwaltungsakt sich die Beschwerde richtet (Hinweis E 25. November 1994, 94/02/0103; E VfGH 8. Oktober 1997, B 35/97, B 122/97, VfSlg. 14965/1997, in dem zum Ausdruck gebracht wurde, dem AVG ist insofern "jeglicher Formalismus fremd"). Für die Beurteilung der Frage, was man konkret als "angefochtenen Verwaltungsakt" zu verstehen hat, ist neben der ausdrücklichen Bezeichnung eines spezifischen Aktes als angefochten die sachverhaltsmäßige Umschreibung des Verwaltungsgeschehens maßgeblich (siehe dazu VwGH am 20.10.2016, zu Zl. Ra 2016/21/0287 mwN).

Aufgrund der generellen Ausführungen, wonach gegen „alle Beteiligten“

vorzugehen wäre, ist nicht erkennbar, gegen welche konkreten Handlungen welcher Person(en) sich die Maßnahmenbeschwerde konkret richtet. Der Beschwerdeführer wurde diesbezüglich unter Vorhalt der Folgen der Nichtverbesserung seines Vorbringens aufgefordert die Beschwerde binnen zweiwöchiger Frist zu konkretisiert. Diese Frist ist am 03.09.2021 verstrichen, ohne dass der Beschwerdeführer eine weitere Eingabe erstattete.

Da nicht erkennbar ist, ob bzw. gegen welche konkrete Maßnahme Beschwerde erhoben wurde, war die Maßnahmenbeschwerde daher auch in diesem Punkt als unzulässig zurückzuweisen.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die oben zitierten Judikaturangaben belegen das Nichtvorliegen der Voraussetzungen einer ordentlichen Revision.

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Ersatzfreiheitsstrafe; Beschwerdegegenstand; Frist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.M.46.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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