TE Vwgh Beschluss 1996/11/14 94/16/0178

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Veröffentlicht am 14.11.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §2 Z1 lita;
GGG 1984 TP1 Anm1;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §226;
ZPO §75;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Ing. H als Liquidator der K-GmbH in Liquidation in G, vertreten durch den Verfahrenshelfer Dr. A, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 28. März 1994, Zl. Jv 539-33/94, betreffend Gerichtsgebühr, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die K-GmbH in Liquidation erhob mit einem am 17. April 1990 beim Handelsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz Klage mit folgendem Begehren: "Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von zumindest S 100.000.000,-- plus Zinsen sowie die Prozeßkosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen." Die Klageschrift ist mit den Worten "Klagseinbringung wegen drohender Verjährung" übertitelt; sie enthält keine anwaltliche Fertigung, wohl aber den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe in vollem Umfang.

Dieser Antrag wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 7. Dezember 1993 abgewiesen; das Oberlandesgericht Wien gab einem dagegen erhobenen Rekurs keine Folge. Darauf stellte das Handelsgericht Wien die Klage mit Beschluß vom 9. März 1994 der Klägerin zur Verbesserung durch Nachreichung der Anwaltsunterschrift zurück. Die Verbesserung erfolgte nicht.

Mit Zahlungsauftrag vom 31. Mai 1994 wurde der K-GmbH in Liquidation zu Handen des Liquidators die Pauschalgebühr gemäß TP 1 GGG mit S 1.005.200,-- samt Einhebungsgebühr vorgeschrieben.

In ihrem Berichtigungsantrag machte die K-GmbH in Liquidation geltend, sie habe die Klage nicht mehr eingebracht, weshalb keine Pauschalgebühr angefallen sei.

Die belangte Behörde gab mit dem hier angefochtenen Bescheid diesem Berichtigungsantrag keine Folge. Sie verwies darauf, daß die Gebührenpflicht hinsichtlich der Pauschalgebühr bereits mit der Überreichung der Klage begründet werde, im gegenständlichen Fall daher schon am 18. April 1990 entstanden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdepunkt wie folgt dargetan wird: "Da mich als Liquidator der K-GmbH in Liquidation der genannte Bescheid der belangten Behörde in dem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, entgegen Anmerkung 1 TP 1 GGG in Verbindung mit § 2 GGG keiner Verpflichtung zur Entrichtung der Pauschalgebühr zu unterliegen, erhebe ich durch meinen Verfahrenshilfevertreter gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG und den §§ 26f VwGG Beschwerde."

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Die Beschwerde ist aus folgenden Gründen zurückzuweisen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde allein die K-GmbH in Liquidation zur Bezahlung der Pauschalgebühr verpflichtet; der Beschwerdeführer drückt aber unmißverständlich aus, daß er nicht als Vertreter der Bescheidadressatin und der zur Gebührenschuld Verpflichteten, sondern im eigenen Namen Beschwerde erhebt. Warum sich der Beschwerdeführer durch diese Verpflichtung persönlich beschwert erachtet, läßt er offen; aus dem Gesetz ergibt sich seine umittelbare Haftung keineswegs, zumal gemäß § 7 Abs. 1 GGG nur der Kläger zahlungspflichtig ist und § 7 Abs. 2 GGG die Haftung der Vertreter nur bei besonderer Anordnung vorsieht. Im gegenständlichen Fall wurde etwa ein Mehrbetrag gemäß § 31 Abs. 1 GGG nicht vorgeschrieben.

Gemäß § 34 Abs. 1 ist eine Beschwerde zurückzuweisen, wenn der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so mangelt diesem die Beschwerdeberechtigung; eine Möglichkeit der Rechtsverletzung besteht dann nicht, wenn der angefochtene Bescheid weder an den Beschwerdeführer gerichtet worden war, noch auch diesem gegenüber aufgrund von Rechtsvorschriften wirkt (siehe die Nachweise bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 412). Bloße wirtschaftliche Interessen geben dem Beschwerdeführer noch keine Legitimation für eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen einen Bescheid (Dolp a. a.O 417). Die Beschwerde war somit mangels Berechtigung des Beschwerdeführers zur Beschwerdeerhebung zurückzuweisen; eine solche Zurückweisung hat gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu erfolgen.

Aufgrund der Aktenlage sieht sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings zu folgender Klarstellung veranlaßt:

Mit hg. Beschluß vom 20. Juni 1994 wurde, was in der Urschrift dieses Beschlusses ausdrücklich dargestellt wurde, nicht dem Beschwerdeführer, sondern der als Antragstellerin angesehenen K-GmbH in Liquidation die Verfahrenshilfe bewilligt. Die hergestellte und den Parteien zugestellte Beschlußausfertigung lautete allerdings: "Der Verwaltungsgerichtshof bewilligt gemäß § 61 VwGG der Partei Ing. H ... die Verfahrenshilfe". Möglicherweise sah sich der einschreitende Verfahrenshelfer aufgrund dieser - unrichtigen - Beschlußausfertigung veranlaßt, namens des Liquidators die Beschwerde einzubringen. Allerdings wäre die Beschwerde auch

dann nicht erfolgreich gewesen, wenn sie namens der K-GmbH in Liquidation eingebracht worden wäre:

Der an das Handelsgericht Wien gerichtete Schriftsatz vom 17. April 1990 erfüllte alle Merkmale einer Klage gemäß § 226 ZPO; der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen, in denen es gleichfalls um die Pauschalgebühr nach Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages ging, ausgesprochen, daß es sich in solchen Fällen, in denen nur die Anwaltsunterschrift fehlte, um - wenn auch mangelhafte - Klagen handelt (hg. Erkenntnis vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0060 (bei einem Streitwert von immerhin S 30.000.000,--);

hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 95/16/0253;

hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/16/0260). Von einer, wie die Beschwerdeschrift behauptet, "nichtigen" Prozeßhandlung kann somit keine Rede sein; dies wäre mit den Verbesserungsvorschriften der §§ 84f ZPO auch nicht in Einklang zu bringen.

Abhilfe schafft allein die Begünstigung der Anmerkung 3 zu TP 1 GGG, wobei im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides die Voraussetzungen dafür tatsächlich noch nicht vorgelegen sind. Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, daß dem im angefochtenen Bescheid diesbezüglich enthaltenen Hinweis, es bedürfe der neuerlichen Überreichung der VERBESSERTEN Klage, um mit einer Zurückweisung vorzugehen, nicht gefolgt werden kann. Die Zurückweisung kann nämlich auch erfolgen, wenn eine zur Verbesserung zurückgestellte Klage unverbessert wieder vorgelegt wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994160178.X00

Im RIS seit

24.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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