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L9200 Sozialhilfe, Grundsicherung, MindestsicherungNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander betreffend die Kürzung des Richtsatzes nach dem Oö Sozialhilfe-AusführungsG; keine Berücksichtigung der bestehenden Haushaltsgemeinschaft bei den gemeinsamen Aufwendungen zur Deckung des WohnbedarfsRechtssatz
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) geht in seiner rechtlichen Begründung davon aus, dass gemäß §7 Abs9 Oö SOHAG eine Kürzung des Richtsatzes mangels Aufwendungen zum Wohnbedarf dann vorzunehmen sei, wenn eine bezugsberechtigte volljährige Person keine Aufwendungen zur Deckung des Wohnbedarfs für Miete, Betriebs- und Energiekosten habe. Nach einem Verweis auf die Erläuterungen zu der Bestimmung kommt das LVwG zu dem Schluss, dass nur der Beschwerdeführer Kosten für den Wohnungsaufwand zu leisten habe. Der Beschwerdeführer habe mangels Selbsterhaltungsfähigkeit seiner volljährigen Kinder primär Naturalunterhalt - in Form der Gewährung des Wohnens im väterlichen Haushalt - zu leisten. Die Reduktion der Richtsätze hinsichtlich der volljährigen Kinder sei daher wegen deren fehlender Aufwendungen zur Deckung des Wohnbedarfs gerechtfertigt.
Alleine aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer den gesamten Mietzins für die Wohnung überweist, kann nicht darauf geschlossen werden, dass die übrigen im Haushalt lebenden (volljährigen) Personen mit keinen Aufwendungen für den Wohnbedarf belastet wären. Hinzu kommt, dass die dem Beschwerdeführer gewährte Sozialhilfeleistung zur Befriedigung des Wohnbedarfs nur dessen eigenen Wohnungsaufwand deckt, nicht aber auch jenen seiner volljährigen Kinder, der in ihrem eigenen Richtsatz für in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen berücksichtigt ist. Das LVwG wäre gehalten gewesen, die wirtschaftliche Situation der gesamten Haushaltsgemeinschaft zu beurteilen. (Eine Haushaltsgemeinschaft bilden nach §7 Abs5 Oö SOHAG mehrere in einer Wohneinheit oder Wohngemeinschaft lebende Personen, soweit eine gänzliche oder teilweise gemeinsame Wirtschaftsführung nicht auf Grund besonderer Umstände ausgeschlossen werden kann.) Eine solche Gesamtbeurteilung führt zu dem Ergebnis, dass entweder für alle Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft ein zu deckender Wohnbedarf vorhanden ist und/oder dass dieser (zumindest teilweise) anderweitig, zB durch Dritte, gedeckt wird. Aus den Feststellungen des LVwG ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass weder der Wohnbedarf des Beschwerdeführers noch der seiner Haushaltsgemeinschaft (von Dritten) gedeckt wird, sondern lediglich, dass der Beschwerdeführer für die Wohnung Mietkosten in bestimmter Höhe zu leisten hat.
Das LVwG hat somit §7 Abs9 Oö SOHAG grob unrichtig ausgelegt, indem es alleine auf Grund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Mietzinszahlungen leiste und Naturalunterhalt gewähre, davon ausgegangen ist, dass die übrigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden volljährigen Personen keine Aufwendungen zur Deckung ihres Wohnbedarfs hätten.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Sozialhilfe, Mindestsicherung, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E3494.2020Zuletzt aktualisiert am
03.12.2021