TE Vwgh Erkenntnis 2021/11/3 Ra 2021/21/0223

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Veröffentlicht am 03.11.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §12a Abs6
FrPolG 2005 §52
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z1
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z2
FrPolG 2005 §53 Abs1
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z6
FrPolG 2005 §53 Abs2 Z7
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §28 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulzbacher und den Hofrat Dr. Pfiel als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des L T, vertreten durch Mag. Andreas Rest, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/16, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Mai 2021, W242 2240710-1/14E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 23. Februar 2021 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) aus, dass dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen Georgiens, von Amts wegen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt werde. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG erließ das BFA gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Schließlich erließ das BFA gegen den Revisionswerber gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und 7 FPG ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot.

2        Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, der das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Teilerkenntnis vom 26. März 2021 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannte.

3        Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18. Mai 2021 wies das BVwG die Beschwerde „gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wegen Wegfalles der Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses“ zurück. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Dazu führte das BVwG aus, dass der Revisionswerber - ungeachtet der erwähnten Zuerkennung aufschiebender Wirkung - am 7. April 2021 freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und „bis dato“ nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt sei. Daraus leitete das BVwG ab, dass der Revisionswerber „offenkundig kein Interesse an einer Entscheidung über seine Beschwerde“ gegen den Bescheid des BFA vom 23. Februar 2021 habe und daher das Rechtsschutzinteresse weggefallen sei. Die Beschwerde sei daher auf Grund des Wegfalls der Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.

5        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

6        Die Revision ist - wie die weiteren Ausführungen zeigen - entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Ausspruch des BVwG unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig; sie ist auch berechtigt.

7        Das BVwG hat schon in Bezug auf die vom BFA erlassene Rückkehrentscheidung die Bestimmung des § 12a Abs. 6 AsylG 2005 unberücksichtigt gelassen, nach der - unter anderem - Rückkehrentscheidungen nach § 52 FPG achtzehn Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht bleiben, sodass deren Wirkung auch bei bereits erfolgter Ausreise - im Fall einer neuerlichen Einreise des Fremden nach Österreich - nicht von vornherein ins Leere geht.

8        Außerdem wurde für solche Fälle wie den vorliegenden der Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu dem Zweck geschaffen, dass sich ein Drittstaatsangehöriger nicht durch eine Ausreise der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entziehen können solle. Daraus wurde die grundsätzliche Unerheblichkeit einer während des Verfahrens über die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfolgten Ausreise eines Fremden abgeleitet (vgl. dazu des Näheren VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rn. 10 bis 12), sodass sich auch von daher die Annahme, das Beschwerdeverfahren sei deshalb nicht weiter zu führen, verbietet.

9        Dazu kommt fallbezogen die Erlassung eines den Revisionswerber jedenfalls beschwerenden auf drei Jahre befristeten Einreiseverbotes, nach § 53 Abs. 1 zweiter Satz FPG also die an den Revisionswerber gerichtete Anweisung, für diesen Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

10       Die vom BVwG vertretene Rechtsansicht, die Ausreise des Revisionswerbers könne zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses betreffend die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot führen, erweist sich somit - wie in der Revision im Ergebnis zutreffend geltend gemacht wird - als verfehlt.

11       Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

12       Von der Durchführung der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 5 VwGG abgesehen werden.

13       Eine Kostenentscheidung hatte gemäß § 59 Abs. 1 VwGG mangels entsprechender Antragstellung des Revisionswerbers zu unterbleiben.

Wien, am 3. November 2021

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021210223.L00

Im RIS seit

01.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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