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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag WienNorm
BauO Wr §54 Abs9Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der R M in W, vertreten durch Mag. Michael Gruner und Dr. Robert Pohle, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 1. Juni 2021, VGW-111/077/1517/2021-5, betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 54 Abs. 9 der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 27. November 2020 wurde ein Antrag der Revisionswerberin vom 25. Juni 2020 auf Bekanntgabe der Konstruktion für eine Gehsteigauf- und -überfahrt vor einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien gemäß § 54 Abs. 9 der Bauordnung für Wien abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (I.) und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (II.).
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht dazu auf das Wesentliche zusammengefasst aus, der Stellplatz auf dem Grundstück der Revisionswerberin bestehe auf einer rechtlich als Vorgarten und nicht als seitliche Abstandsfläche zu qualifizierenden Fläche (wird näher ausgeführt). Der Stellplatz sei nicht gemäß § 3 Abs. 3 Wiener Garagengesetz 2008 bewilligungsfrei und eine Bewilligung dafür liege aus näheren Gründen (noch) nicht vor, weshalb ein Bedarf für die Gehsteigauf- und überfahrt (noch) nicht bestehe. Die belangte Behörde habe daher den Antrag auf Bekanntgabe der Ausführung der Gehsteigauf- und -überfahrt zu Recht abgewiesen.
4 In den Zulässigkeitsgründen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision wird mit näher ausgeführten allgemeinen Fragestellungen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele etwa VwGH 2.3.2021, Ra 2019/06/0022, oder auch 13.1.2021, Ra 2020/05/0239, jeweils mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 26.11.2020, Ra 2020/06/0189, oder auch 31.8.2020, Ra 2020/05/0118, jeweils mwN).
9 Die vorliegende Revision stützt ihre Ausführungen zur Zulässigkeit auf ein behauptetes Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das dazu erstattete Vorbringen genügt jedoch mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht, zumal schon nicht - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberin abgewichen sein soll (vgl. dazu etwa VwGH 25.2.2021, Ra 2018/06/0168, oder auch 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN). Dabei wäre konkret darzulegen gewesen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. dazu etwa VwGH 14.5.2021, Ra 2021/05/0074, oder nochmals 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, jeweils mwN). Die Begründung für die Zulässigkeit der Revision erweist sich daher schon insofern nicht als gesetzmäßig ausgeführt (vgl. wiederum VwGH 29.1.2021, Ra 2020/05/0257, mwN).
10 Wenn in den Zulässigkeitsgründen dazu im Übrigen ausschließlich allgemeine Fragestellungen angeschnitten werden („- was ist gemäss der Bauordnung für Wien eine Baulinie, eine Strassenfluchtlinie, eine Verkehrsfluchtlinie? - liegen diese auch vor, wenn sie in den Bebauungsplänen nicht festgesetzt wurden? - was ist ein Vorgarten - was eine seitliche Abstandsfläche? - liegt fallaktuell der [von der belangten Behörde festgestellte] Stellplatz in einem Vorgarten oder in einer seitlichen Abstandsfläche? - Handelt es sich bei der Grenze des Grundstücks der Revisionswerberin zum angrenzenden Begleitweg [M.Kanal] um eine Baulinie im Sinne des § 5 Abs 6 lit.a Bauordnung für Wien? - Handelt es sich bei der unverbauten Grundstücksfläche der Revisionswerberin, welche entlang der S. Strasse und entlang des M.Kanal-Begleitweges liegt um einen ‚Vorgarten‘ gemäß § 79 Abs 1 Bauordnung für Wien?“) mangelt es diesem Vorbringen an jeglicher Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem von der Revisionswerberin dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt (vgl. dazu für viele etwa VwGH 21.12.2020, Ra 2020/05/0233; 13.11.2020, Ra 2020/05/0213, oder auch 1.8.2019, Ra 2017/06/0192, jeweils mwN). Aus welchem Grund das Schicksal der Revision von den genannten, völlig pauschal angesprochenen Themen abhängen sollte, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargelegt (vgl. dazu für viele etwa VwGH 23.9.2019, Ra 2019/06/0075; 2.6.2021, Ra 2021/02/0114; 17.6.2021, Ra 2021/10/0074; oder auch 21.9.2021, Ra 2021/09/0225, jeweils mwN).
11 Die Fragen außerdem, ob der Stellplatz der Revisionswerberin „fallaktuell“ in einem Vorgarten oder einer seitlichen Abstandsfläche liege sowie ob eine näher bezeichnete Grundstücksgrenze ihres Grundstückes als Baulinie zu qualifizieren sei, betreffen nur den Einzelfall (vgl. etwa VwGH 25.5.2021, Ra 2021/06/0067; 1.6.2021, Ra 2019/05/0052; oder 30.7.2021, Ra 2021/05/0073, jeweils mwN). Fragen, die nur den Einzelfall betreffen, berühren keine Rechtsfragen grundsätzlicher Natur. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung würde in einem solchen Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre bzw. wenn eine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Missbrauches oder eines Überschreitens eines eingeräumten Ermessens vorläge (vgl. dazu etwa VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0280; oder auch 23.7.2021, Ra 2020/06/0047, jeweils mwN). Derartiges wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision jedoch nicht vorgebracht.
12 Der Frage schließlich, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles gegebenenfalls auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. für viele VwGH 26.4.2021, Ro 2020/05/0020; 19.4.2021, Ra 2021/05/0053; 19.4.2021, Ra 2021/05/0064; oder auch 14.7.2021, Ra 2021/05/0117, jeweils mwN).
13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050146.L00Im RIS seit
01.12.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021