TE Lvwg Beschluss 2021/10/21 VGW-111/V/067/3385/2021, VGW-111/V/067/3388/2021, VGW-111/V/067/3389/20

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Veröffentlicht am 21.10.2021
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Entscheidungsdatum

21.10.2021

Index

L82009 Bauordnung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

BauO Wr §70
BauO Wr §134 Abs3
BauO Wr §134 Abs4
COVID-19-VwBG 2020 §2
COVID-19-VwBG 2020 §6
VwGVG 2014 §8 Abs1
B-VG Art. 130 Abs1 Z3
B-VG Art. 132 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) 1) der Frau Dr. A. B. und 2) des Herrn Dr. C. B., beide Wohnhaft in Wien, O.-gasse/24, 3) des Herrn DI Dr. D. E., Wien, O.-gasse/Top 27, 4) der Frau F. G., Wien, O.-gasse/Top 10-11, 5) des Herrn Dipl.-Ing. H. I., Wien, O.-gasse/Top 19, 6) der Frau Mag. J. K., Wien, O.-gasse/Top 20-21 und 7) der Frau J. L., Wien, O.-gasse/Top 25, alle vertreten durch Rechtsanwalt, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend das Bauvorhaben in Wien, M.-gasse, Gst. Nr. ... in EZ ... KG N., (mitbeteiligte Partei: DI P. Q.), den

BESCHLUSS

gefasst:

1. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1. Mit Eingabe vom 04.04.2017, begehrte die mitbeteiligte Partei (in der Folge: Bauwerberin), die baubehördliche Bewilligung gemäß § 70 BO für Wien die Aufstockung des Innenhofes (Magazins) auf der Liegenschaft Wien, M.-gasse, EZ ... KG N..

Im vorgelegten Behördenakt liegt dazu u.a. die Stellungnahme der befassten Magistratsabteilung 19 vom 25.04.2017 ein, worin aus architektonischer und stadtgestalterischer Sicht zusammengefasst ausgeführt ist, dass ein Zubau des Hoftrakts geplant sei. Dieser füge sich maßstäblich in die Bebauungsstruktur ein. Durch dieses Bauvorhaben werde das örtliche Stadtbild im Sinne des § 85 BO für Wien weder gestört noch beeinträchtigt.

Die belangte Behörde beraumte für den 31.07.2017 eine mündliche Verhandlung zu diesem Bauansuchen an. Die belangte Behörde erteilte mit Bescheid vom 09.10.2017, GZ MA37/...-2017-1, eine Baubewilligung zu diesem Bauansuchen mit nachstehendem Spruch:

„Nach Maßgabe der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Pläne, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, wird gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (BO), und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 (WGarG 2008), die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die nachstehend beschriebene Bauführung vorzunehmen:

Das bestehende Hofgebäude wird um 3 Stockwerke und ein Dachgeschoß aufgestockt. Die neu geschaffenen Flächen werden den bestehenden Wohnungen (Top 10/11, 20, 30 und 40) zugeschlagen.

Die Raumaufteilungen und Raumwidmungen in den betroffenen Wohneinheiten werden geringfügig abgeändert.

Der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1, in Verbindung mit § 50 des Wr. Garagengesetzes (WGarG 2008) zur Schaffung von 1 Stellplatz wird zur Gänze entsprochen.

Der Stellplatz wird auf dem gegenständlichen Bauplatz geschaffen.“

Dieser Bescheid wurde (lediglich) der Bauwerberin als Partei (am 10.10.2017) zugestellt.

2.1. Frau Mag. J. K. brachte als Nachbarin/Anrainerin am 26.06.2018 bei der belangten Behörde persönlich eine Eingabe ein, mit welcher sie Parteistellung im Bauvorhaben M.-gasse beantragte. Dazu brachte sie vor, sie hätte ohne ihr eigenes Verschulden keine Kenntnis vom Aushang der Behörde und daher auch keine Ahnung von einer Ladung zu einer Bauverhandlung bzw. von einem Bauvorhaben im Nachbarhaus gehabt. Unter einem erhob sie – die nachstehend wiedergegebenen – Einwendungen und ersuchte um Parteistellung zwecks Gewährleistung der Einhaltung ihrer Nachbarrechte:

Betreff: MA37/...-2017-1 Einspruch wegen Verletzung der subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte im Bauvorhaben, M.-gasse / Ecke R.-gasse, Gst. Nr. ... in EZ ... der Kat. Gem. N.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin Wohnungseigentümerln des Hauses in der O.-gasse und somit Anrainerln im oben genannten Bauvorhaben. Ich erhebe Einspruch wegen Verletzung meiner subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte im Bauvorhaben, M.-gasse / Ecke R.-gasse wegen:

1. Überschreitung der flächenmäßigen Ausnutzbarkeit:

Die maximal bebaubare Fläche in Bauklasse 3 von 70% ist bereits im Bestand überschritten - auch wenn man die bebaute Fläche des aktuellen Zubaus nicht dazurechnet. Siehe Beilagen 1. Lageplan und 2. Ausnutzung anbei.

2. Unzulässigkeit des Bauvorhabens auf gärtnerisch auszugestaltender Fläche

Auf dem Grundstück sind 70 % der bebaubaren Fläche in der Bauklasse 3 bebaubar, der Rest ist gärtnerisch auszugestalten. Der Zubau befindet sich auf der gärtnerisch auszugestaltenden Fläche und ist somit unzulässig.

3. Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe:

Der Zubau auf der die zulässige Ausnützbarkeit überschreitenden und gärtnerisch auszugestaltenden Fläche überschreitet die zulässige Gebäudehöhe. Die Bauklasse 3 ist bereits im Bestand konsumiert worden und die restliche Fläche ist gärtnerisch auszugestalten. Auf der die zulässige Ausnutzbarkeit überschreitenden Fläche ist es unzulässig das Bestandgebäude aufzustocken und wird dadurch die höchstzulässige Gebäudehöhe überschritten.

4. Unzulässigkeit der Überschreitung der zulässigen Ausnützbarkeit in einer Schutzzone

Nach § 69 (3) darf in einer Schutzzone die zulässige Ausnutzbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten werden, eine Ausnahmegenehmigung ist hier nicht erlaubt.

5. Verschlechterung der Belichtung und der freien Sicht

Die in OIB-Richtlinie 3 geforderte freie Sicht wird in den Aufenthaltsräumen an der Grundgrenze massiv verschlechtert. Es ist zu prüfen und sollte nachgewiesen werden, ob die Anforderungen der Richtlinie in allen Geschossen, des an den Zubau angrenzenden Nachbarhauses, noch erfüllt werden und ob die Zimmer an der Grundgrenze in allen Geschossen noch als Aufenthaltsräume genutzt werden können. Wenn die Richtlinie nicht erfüllt wird, können die an den Zubau angrenzenden Räume nur mehr als Abstellräume benutzt werden.

6. Der Baum im Hofe der Liegenschaft O.-gasse ist durch die Baumaßnahmen gefährdet. Die vorhandene Durchgrünung der gärtnerisch zu gestaltenden Flächen und der kleinklimatische Nutzen des Baums sind gefährdet.

7. Ich behalte mir vor weitere Einwendungen einzubringen, da wegen Verfahrensfehler keine Ladung zur mündlichen Bauverhandlung erfolgt ist und somit das Bauvorhaben nicht in vollem Umfang beurteilt werden kann.

Des Weiteren hängen keine Hinweistafeln an der Baustelle!

Es bedarf hier dringend eines Antrags auf Baustopp wegen Verfahrensfehler: keine Ladung der Nachbarn, alle Wohnungseigentümer sind übergangen worden.

Die Baubehörde ist zur Ladung von Wohnungseigentümerlnnen zur mündlichen Bauverhandlungen mittels rechtzeitigem Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Gebäudes verpflichtet. Die Wohnungseigentümerlnnen hatten keine Kenntnis von der Ladung zur mündlichen Bauverhandlung und gelten somit als übergangene Nachbarn im Sinn des § 134 (4) WBO.

Ich beantrage somit einen Baustopp mit sofortiger Wirkung und eine Berücksichtung meiner Einwände. Ich erhebe Einspruch gegen das Bauvorhaben, da an der unserer Liegenschaft angrenzenden Grundgrenze unsere subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte verletzt werden.“

2.2. Alle nunmehrigen Beschwerdeführer brachten am 02.07.2018 per E-Mail bei der belangten Behörde im Wege ihres Rechtsfreundes zu GZ MA 37/...-2017-1 wegen „Zubau, Baubewilligung, Bauvorhaben ‚S.-gasse‘ (gemeint wohl: M.-gasse)“ eine gemeinsame Eingabe ein. Darin ist auszugsweise ausgeführt:

I.) Antrag

II.) Einwendungen

III.) Antrag auf Baueinstellung

I.) Antrag auf Erlangen der Parteistellung als übergangene Partei gemäß § 134 Abs. 4 BO:

(…)

Da die mündliche Bauverhandlung für die Einschreiter nicht erkennbar war und sie ohne deren Verschulden gehindert waren, Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen die geplante Bauführung zu erheben, stellen die Einschreiter nunmehr den

ANTRAG

auf Parteistellung hinsichtlich des Bauvorhabens S.-gasse, GZ: MA 37/...-2017-f;

und erheben, wie unter Pkt. II. ausgeführt wird,

EINWENDUNGEN

gemäß § 134a BO als übergangene Nachbarn gemäß § 134 Abs. 4 BO.

Dies wird innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses geltend gemacht (Kenntnisnahme am 18.06.2018).

II.) A.) Einwendungen im Sinne des § 134a BO gegen das geplante Bauvorhaben:

1.) Überschreitung der flächenmäßigen Ausnutzbarkeit:

Der für das gegenständliche Bauvorhaben geltende Bebauungsplan sieht vor, dass auf dem Grundstück lediglich 70% der bebaubaren Fläche in der Bauklasse 3 bebaubar sind, der Rest ist gärtnerisch auszugestalten.

Die Grundstücksfläche der das Bauvorhaben betreffenden Liegenschaft M.-gasse, EZ ..., KG ..., beträgt 886m2. Der Lageplan zeigt jedoch auf, dass bereits der Bestand S.-gasse/R.-gasse 697m2 (folglich „Bestand 1“ genannt) beträgt. Der Bestand im Hofgebäude (folglich „Bestand 2“ genannt) beträgt 69m2, der Hof insgesamt 120m2 (Hof 1 86m2 + Hof 2 34m2).

Bei Berücksichtigung der 70%igen Bebauung ergäbe dies eine maximal zulässige bebaubare Fläche von 620m². Bereits Bestand 1 überschreitet mit 697m2 im Bestand die maximal bebaubare Fläche. Für Bestand 2 stellt sich die Frage, ob es überhaupt einen Konsens dazu gibt.

Beweis:      Bebauungsplan, Beilage ./B

Lageplan, Beilage ./C

Die maximal bebaubare Fläche in Bauklasse 3 ist bereits im Bestand überschritten – auch ohne die Zurechnung der Grundfläche des aktuellen Zubaus.

Darüber hinaus wurde seitens des Bauführers der Bestand 2 mit Ziegelsteinen umrandet, zumal sonst der Aufbau nicht möglich gewesen wäre. Auch dies führt dazu, dass die flächenmäßige Ausnützbarkeit laut Bebauungsplan überschritten wird. Auch hier stellt sich die Frage, ob es einen Konsens dazu gibt.

2.) Unzulässigkeit des Bauvorhabens auf gärtnerisch auszugestaltender Fläche:

Der im Bebauungsplan eingezeichnete Bestand zeigt auf, dass dieses Ausmaß bereits überschritten ist. Der Zubau befindet sich auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche und ist somit unzulässig.

Das subjektiv-öffentliche Recht der Nachbarn an der flächenmäßigen Ausnützbarkeit gemäß § 134a Abs. 1 lit. c Wr BauO ist auch darin begründet, dass dort, wo außerhalb des bebaubaren Bereiches der Liegenschaft gärtnerische Ausgestaltung angeordnet ist, eine solche zu erfolgen hat. Diese Bestimmung dient auch zum Schutz der Nachbarn unabhängig davon, wo ihre Liegenschaft situiert ist (VwGH Ra 2017/05/0275).

3.) Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe:

Auf gärtnerisch auszugestaltenden Flächen ist es unzulässig das Bestandgebäude aufzustocken. Der Zubau auf gärtnerisch auszugestaltender Fläche überschreitet somit die zulässige Gebäudehöhe.

4.) Unzulässigkeit der Überschreitung der zulässigen Ausnützbarkeit in einer Schutzzone:

Nach § 69 (3) BO darf in einer Schutzzone die zulässige Ausnützbarkeit des Bauplatzes nicht überschritten werden, eine Ausnahmegenehmigung ist hier nicht erlaubt. Dadurch, dass der Bestand des Hofgebäudes mit einer Ziegelmauer umgeben wird, erhöht sich dessen Fläche, was jedoch unzulässig ist.

B.) Verletzung von subjektiv-öffentlichen Recht gemäß § 134a BO:

Die oben genannten obktiven Verstöße führen dazu, dass in subjektiv- öffentliche Rechte der Nachbarn gemäß § 134a BO für Wien eingegriffen wird:

1.) Fällung der Platane im Innenhof:

Die im Innenhof stehende Platane würde dem Bauvorhaben zum Opfer fallen, wodurch ein wertvolles Naturgut, Sauerstoffproduzent, Lärmfilter sowie Schattenspender leichtfertig zerstört werden würde.

Gerade in der Innenstadt sind Bäume in den Innenhöfen von immenser Bedeutung. Durch Schattenwirkung, Kühlung und Luftbefeuchtung sowie durch die staubbindende Kapazität der großen Lauboberfläche wird die heiß-trocken-staubige Extreme des sommerlichen Großstadtklimas gemindert.

Darüber hinaus ist auch die psychische Komponente hervorzuheben: Der Blick ins Grüne ist ein emotionales Grundbedürfnis des Menschen, wenn er sich erholen und ästhetisch erfreuen will.

Zudem hat die Platane, mit ihrem schützenden Blätterdach, bis dato größere Regenmengen vom Untergrund ferngehalten und mit seinem Wurzelsystem auch aktiv den Boden entwässert. Wenn der Baum gefällt wird, fallen diese positiven Wirkungen weg und wird zu einer Befeuchtung der Kellerräume führen.

2.) Verdichtung:

Die 70%ige Beschränkung der Bauklasse III gemäß Bebauungsplan soll einer stärkeren Verdichtung des Gebietes entgegen wirken. Durch den Ausbau wird dem jedoch gerade nicht entsprochen.

Verdichtung wird jedoch als Stress und Belastung empfunden. Da bereits die umliegende Gegend einen verdichteten Lebensraum mit sich bringt, ist es für die Einschreiter umso wichtiger, den Innenhof frei von Bebauung zu behalten, widrigenfalls dies zwangsläufig zu psychischen Belastungen führen wird.

3.) Verschlechterung der freien Sicht und der Belichtung:

Der Ausbau führt dazu, dass die in der OIB-Richtlinie 3 geforderte freie Sicht in den Aufenthaltsräumen an der Grundgrenze massiv verschlechtert wird. Die Anforderungen der Richtlinie werden nicht mehr in allen Geschoßen des an den Zubau angrenzenden Nachbarhauses erfüllt. Die Zimmer an der Grundgrenze in allen Geschoßen können nur mehr als Abstellräume benutzt werden.

Hinsichtlich der Belichtungssituation, die bei der Errichtung von Gebäuden einzuhalten ist, legt § 106 BO für Wien fest, dass Aufenthaltsräume über eine im Hinblick auf Gesundheit und Wohlbefinden erfahrungsgemäß ausreichende natürliche Belichtung verfügen müssen. Die konkreten an die Belichtung zu stellenden Anforderungen sind in Punkt 9 der OIB Richtlinie 3 festgelegt, wonach ein ausreichend freier Lichteinfall für Aufenthaltsräume dann gewährleistet ist, wenn der freie Lichteinfallswinkel von 45° zur Horizontalen, gemessen von der Fassadenflucht bzw. von der Ebene der Dachhaut, eingehalten wird.

Durch den Ausbau wird jedenfalls nicht die notwendige Belichtungssituation eingehalten. Vielmehr wird der Ausbau dazu führen, dass jene Wohnungseigentümer, welche die Fenster ihrer Wohnungen unmittelbar neben dem Bauvorhaben situiert haben, in ihrem Bezugsrecht von Licht unzulässig beeinträchtigt werden.

4.) Mangels Kenntnis hinsichtlich des gegenständlichen Bauverfahrens wurde auch nicht Akteneinsicht genommen. Einzelne Einschreiter und auch der Vertreter der Einschreiter versuchte nunmehr Akteneinsicht zu nehmen, dies wurde jedoch mit der Begründung, dass das Bauverfahren bereits abgeschlossen sei, abgelehnt.

Weiteres Vorbringen wird daher ausdrücklich vorbehalten.

Aus anwaltlicher Vorsicht werden daher Einwendungen gegen die geplante Bauführung wegen Verletzung sämtlicher der im § 134a BO aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte erhoben und diese nach erfolgter Akteneinsicht konkretisiert und näher ausgeführt.

III.) Der Bestand des Hofgebäudes wird mit einer Ziegelmauer umgeben, was zu einer Erhöhung der ausgenützten Fläche in der Schutzzone führt. Die Einschreiter nehmen – mangels Kenntnis vom Bauakt – an, dass die Baubewilligung nicht diese Art der Verstärkung der Mauern des Hofgebäudes zulässt. Somit verstößt diese Art der Bauführung gegen die erteilte Baubewilligung und ist daher gemäß § 127 Abs 8 lit a die Baueinstellung zu verfügen.

Im Hof des Hauses der Einschreiter wurzelt eine Platane, deren Stamm die Grundgrenze überragt und sich direkt über dem Bauvorhaben befindet. Eine Fortsetzung der Aufstockung ist nur bei Beschädigung des Stammes möglich. Diese Beschädigung hätte zuerst eine Instabilität des Baumes und schlussendlich ein Absterben des Baumes zur Folge, was sowohl für die am Bau Beschäftigten, als auch für die Bewohner beider Liegenschaften eine Gefahr für Leib und Leben darstellt. Auch dieser Umstand rechtfertigt eine Baueinstellung.“

2.3. Über diese Anträge wurde von der belangten Behörde nicht abgesprochen und erhoben die Beschwerdeführer eine Säumnisbeschwerde.

Aufgrund der u.a. von den nunmehrigen Beschwerdeführern erhobenen (ersten) Säumnisbeschwerde erging das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 07.11.2019, GZ VGW-111/067/2040/2019-20 u.a., mit welchem u.a. ausgesprochen wurde, dass die nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß § 134 Abs. 4 BO für Wien Parteistellung in dem von Herrn DI P. Q. als Bauwerber beim Magistrat der Stadt Wien zu GZ MA 37/...-2017-1 eingeleiteten Verfahren auf Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung erlangt haben.

Die von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20.01.2020, Ra 2010/05/0003-4, zurückgewiesen.

3. Mit Schreiben vom 03.03.2020 räumte die belangte Behörde den nunmehrigen Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Akteneinsicht und Äußerung „zum gegenständlichen Sachverhalt“ binnen zwei Wochen ein.

Die Beschwerdeführer ersuchten mit Schreiben ihres Rechtsfreundes vom 20.03.2020 um Erstreckung der Frist auf drei Wochen. Mit Schreiben vom 23.03.2020 gewährte die belangte Behörde die beantragte Fristerstreckung.

Eine Stellungnahme erging seitens der Beschwerdeführer nicht. Die belangte Behörde setzte im weiteren keine Handlungen.

4. Bei der belangten Behörde langte am 03.03.2021 die nunmehr verfahrensgegenständliche Säumnisbeschwerde ein, welche wie folgt ausgeführt ist:

„In der oben bezeichneten Rechtssache erheben die Beschwerdeführer aufgrund des Ablaufs der Entscheidungsfrist

Säumnisbeschwerde

an das Landesverwaltungsgericht Wien.

1. Sachverhalt und Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG

Mit Antrag vom 02.07.2018 haben die Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt Wien, MA 37, einen Antrag auf Erlangen der Parteistellung eingebracht sowie Einwendungen gegen das Bauvorhaben S.-gasse, GZ MA 37/...-2017-f erhoben und die Baueinstellung beantragt. Aufgrund einer Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Magistrat der Stadt Wien wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 07.11.2019 dem Antrag auf Einräumung der Parteistellung stattgegeben. Dieses Erkenntnis ist dem Beschwerdeführervertreter am 11.11.2019 zugestellt worden. Es ist daher davon auszugehen, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt der belangten Behörde das Erkenntnis ebenfalls zugegangen ist. Mit Schreiben vom 03.03.2020 wurde den Beschwerdeführern vom Magistrat der Stadt Wien Akteneinsicht gewährt und die Möglichkeit erteilt, bis 13.04.2020 eine Stellungnahme abzugeben. Jedenfalls ab dem folgenden Tag hätte die belangte Behörde bereits eine Entscheidung treffen können, weshalb spätestens zu diesem Zeitpunkt die Entscheidungsfrist zu laufen begann.

Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat.

Bis heute hat der Magistrat der Stadt Wien nicht über den Antrag entschieden. Die Frist gemäß § 8 Abs 1 VwGVG ist daher abgelaufen, dies auch unter Berücksichtigung der Hemmung der Entscheidungsfristen gemäß § 2 Abs 1 Z 2, § 6 COVID-19-VwBG.

2. Überwiegendes Verschulden der Behörde

Gemäß § 73 AVG sind Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Nach § 8 Abs 1 VwGVG ist die Säumnisbeschwerde abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Der Begriff des Verschuldens der Behörde ist dabei objektiv zu verstehen und ein Verschulden bereits anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindbare Hindernisse gehindert war, die Entscheidung vor Ablauf der Entscheidungsfrist trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung zu erlassen.

Der Behörde lagen alle notwendigen Unterlagen sowie Einwendungen der Beschwerdeführer vor, die zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer notwendig sind. Trotzdem ist die Behörde ihrer Entscheidungspflicht wie bereits dargelegt nicht nachgekommen.

Es sind keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe ersichtlich, die eine fristgerechte Entscheidung verhindert hätten. Die Verzögerung liegt im alleinigen Verschulden des Magistrats der Stadt Wien.

3. Beschwerdeantrag

Die Beschwerdeführer stellen daher den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Wien möge über die Einwendungen gegen das Bauvorhaben S.-gasse, GZ MA/...-2017-f, in der Sache selbst entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird beantragt.“

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht Wien mit Hinweis darauf, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen werde, mit Schreiben vom 09.03.2021 vor. Zum Beschwerdevorbringen wurde kein Vorbringen erstattet.

5. Die Beschwerde wurde dem Bauwerber mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Der Aufforderung des Verwaltungsgerichts Wien vom 15.07.2021 zur Vorlage eine Fassadenabwicklung kam der Bauwerber letztlich mit Eingabe vom 10.09.2021 nach. Das Verwaltungsgerichts Wien bestellte Herrn DI T. U. am 25.08.2021 zum bautechnischen Amtssachverständigen, mit dem Auftrag in der mündlichen Verhandlung eine Fassadenabwicklung zur projektierten Gebäudeaufstockung zu erstatten.

Zur Beschwerde führte der Bauwerber aus, die Säumnisbeschwerde sei unzulässig, weil die Beschwerdeführer durch ihre Untätigkeit angesichts der am 03.03.2020 eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hätten, ihre Einwendungen nicht mehr aufrechterhalten zu haben. Inhaltlich führte der Bauwerber im Lichte des § 134a BO für Wien aus, die Beschwerdeführer hätten eine Verletzung des Abstandes zur Nachbargrenze nicht geltend gemacht. Die Einhaltung der Gebäudehöhe sei von der belangten Behörde bereits geprüft worden und es lägen keine Überschreitungen vor. Auch die Frage der flächenmäßigen Ausnutzbarkeit des Bauplatzes sei bereits von der belangten Behörde im Baubewilligungsbescheid geprüft worden und, weil das verfahrensgegenständliche Projekt lediglich eine Aufstockung am Bestand vornehme, werde keine größere Liegenschaftsausnutzung vorgenommen. Zu den Fluchtlinien sei kein Vorbringen erstatte worden. Auch sei von keinen zusätzlichen Immissionen entsprechend § 134a Abs. 1 lit. e BO für Wien durch das projektierte Wohngebäude auszugehen. Angeschlossen war der Eingabe in Ablichtung eine bei der belangten Behörde am 21.01.2020 eingelangte „Teil-Fertigstellungsanzeige“ zu der mit Bescheid vom 09.10.2017, GZ MA 37/...-2017-1, bewilligten Bauführung.

6. Im Hinblick auf den Antrag der Beschwerdeführer fand am 13.10.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache statt, in welcher u.a. der bautechnische Amtssachverständige Befund und Gutachten erstattete. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung unentschuldigt fern.

7. In der Beschwerdesache steht aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung, der vorgelegten unbedenklich und unbestritten gebliebenen Aktenlage sowie der Parteienausführungen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen fest:

Die Beschwerdeführer sind grundbücherliche Miteigentümer der Liegenschaft EZ ..., KG N., mit der Liegenschaftsadresse O.-gasse/R.-gasse.

Die Liegenschaft der Beschwerdeführer grenzt hofseitig nordöstlich unmittelbar an die im grundbücherlichen Alleineigentum der mitbeteiligten Partei, DI P. Q., stehenden Liegenschaft EZ ..., KG N., mit der Liegenschaftsadresse Wien, M.-gasse/R.-gasse, an. Die Beschwerdeführer haben die oben unter Punkt I.2. wiedergegeben Einwendungen gegen das Bauansuchen der mitbeteiligten Partei vom 04.04.2017 erhoben.

Die belangte Behörde erteilte mit Bescheid 09.10.2017, GZ MA37/...-2017-1, die baubehördliche Bewilligung für die Aufstockung des bestehenden Hofgebäudes um drei Stockwerke und ein Dachgeschoss (siehe dazu den unter I.1. wiedergegebenen Spruchpunkt) auf der Liegenschaft EZ ..., KG N.. Dieser Bescheid wurde ausweislich des im vorgelegten Behördenakt einliegenden Rückscheins gegenüber dem Bauwerber am 10.10.2017 (übernommen von einem für RSb-Briefe Bevollmächtigten) erlassen.

Die Beschwerdeführer erhoben dagegen die unter Punkt 2. wiedergegebenen Einwendungen. Mit Spruchpunkt 2.3. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes Wien vom 07.11.2019 wurde ausgesprochen, dass die nunmehrigen Beschwerdeführer gemäß § 134 Abs. 4 BO für Wien Parteistellung in dem von Herrn DI P. Q. als Bauwerber beim Magistrat der Stadt Wien zu GZ MA 37/...-2017-1 eingeleiteten Verfahren auf Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung erlangt haben. Dieses Erkenntnis langte bei der belangten Behörde (Scanzentrum) am 11.11.2019 ein.

Die Einwendungen der beschwerdeführenden Nachbarn wurden von der belangten Behörde bislang nicht erledigt.

Mit Eingabe vom 03.03.2021 brachten die Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche (zweite) Säumnisbeschwerde ein.

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG („Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde“) kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde ist gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG legitimiert, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG unter anderem die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG jedoch mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles anzuwenden.

Die im Beschwerdeverfahren anzuwendenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien – BO für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, zuletzt geändert durch Wiener Landesgesetz, LGBl. für Wien Nr. 61/2020, lauten auszugsweise:

Bauverhandlung und Baubewilligung
§ 70.

(1) Besteht die Möglichkeit, dass durch ein Bauvorhaben subjektiv-öffentliche Nachbarrechte berührt werden (§ 134a), ist, wenn nicht das vereinfachte Baubewilligungsverfahren zur Anwendung kommt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, zu der auch der Planverfasser und der Bauführer, sofern nicht § 65 Abs. 1 anzuwenden ist, zu laden sind. Wohnungseigentümer benützter Gebäude sind nur durch Anschlag an allgemein zugänglicher Stelle des Hauses (jeder Stiege) zu laden. Dieser Anschlag ist von der Behörde so rechtzeitig anzubringen, dass die Verhandlungsteilnehmer vorbereitet erscheinen können. Mit der Anbringung dieses Anschlages ist die Ladung vollzogen. Die Wohnungseigentümer haben die Anbringung des Anschlages zu dulden und dürfen ihn nicht entfernen. Eine etwaige Entfernung vor dem Verhandlungstermin bewirkt nicht die Ungültigkeit der Ladung.

(2) (…)

(3) Über das Ansuchen um Baubewilligung hat die Behörde durch schriftlichen Bescheid zu entscheiden. Wird die Baubewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.“

Parteien
§ 134.

(1) bis (2) (…)

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie, unbeschadet Abs. 4, gemäß § 70 Abs. 2 bzw. spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die geplante Bauführung erheben. Nachbarn erlangen keine Parteistellung, wenn sie der geplanten Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben. Das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

(4) Weist ein Nachbar der Behörde nach, dass er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach § 134 Abs. 3 zu erlangen, kann er seine Einwendungen im Sinne des § 134a gegen die Bauführung auch nach dem Abschluss der mündlichen Bauverhandlung bzw. nach Ablauf der gemäß § 70 Abs. 2 gesetzten Frist bis längstens drei Monate nach dem Baubeginn vorbringen und ist vom Zeitpunkt des Vorbringens dieser Einwendungen an Partei; eine spätere Erlangung der Parteistellung (§ 134 Abs. 3) ist ausgeschlossen. Solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Bauverhandlung anberaumt bzw. die Frist gemäß § 70 Abs. 2 gesetzt hat.

(5) bis (7) (…)“

Die Bestimmungen des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz – COVID-19-VwBG, BGBl. I Nr. 16/2020, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 107/2021, lauten auszugsweise:

Sonderregelungen für bestimmte Fristen
§ 2.

Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:

1.

in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991) zu stellen ist, und

2.

in Verjährungsfristen.“

Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes
§ 6.

(1) (Verfassungsbestimmung) Auf das Verfahren der Verwaltungsgerichte sind die §§ 2 bis 5 dann sinngemäß anzuwenden, wenn auf das jeweilige Verfahren zumindest auch das AVG anzuwenden ist. Im Fall des § 4 Abs. 2 hat der Verwaltungsgerichtshof ein anderes sachlich zuständiges Verwaltungsgericht, in Ermangelung eines solchen ein anderes Verwaltungsgericht zu bestimmen.

(2) Auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes sind die §§ 2, 3 und 5 sinngemäß anzuwenden.“

2. Die Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für die verfahrensgegenständlichen Flächen erfolgte durch das Plandokument ... (nachfolgend kurz: PD ...), beschlossen in der Sitzung des Gemeinderates am 02.03.2007, Pr. Zl. .... Danach ist auf der projektgegenständlichen Liegenschaft die Widmung Wohngebiet, Bauklasse III, geschlossene Bauweise, und Beschränkung der bebaubaren Fläche auf 70 % der Bauplatzfläche festgesetzt. Weiters ist die verfahrensgegenständliche Fläche als Wohn- und Schutzzone ausgewiesen.

III.1.1. Nach (erneutem) Ablauf der sechsmonatigen Frist ohne Entscheidung über die Einwendungen der Beschwerdeführer ist (erneut) anzumerken, dass die Einwendungen gegen das Bauvorhaben der Frau Mag. K. am 26.06.2018 sowie die Einwendungen aller Beschwerdeführer am 02.07.2018 bei der belangten Behörde einlangten. Bereits mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 07.11.2019 wurde ausgesprochen, dass den Beschwerdeführern Parteistellung im verfahrensgegenständlichen Bauansuchen der mitbeteiligten Partei zukommt.

Die Beschwerdeführer nahmen im fortgesetzten Verfahren die ihnen eingeräumte Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme zum „Sachverhalt“ (mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.03.2021) nicht wahr; einer unterbliebenen Stellungnahme kann – entgegen dem Vorbringen des Bauwerbers – nicht der Erklärungswert der Zurückziehung der gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen beigemessen werden.

Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) ist gemäß 8 Abs. 1 VwGVG, dass die belangte Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat. Die von den Beschwerdeführern angesprochene Hemmung der Entscheidungsfrist auf Grundlage des § 2 Abs. 1 Z 2 (iVm § 6) COVID-19-VwBG findet keine Berücksichtigung, weil die verfahrensgegenständliche Entscheidungsfrist keine Verjährungsfrist entsprechend § 2 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist. Seit Einlangen der Einwendungen und ebenso seit Einlangen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom November 2019 bei der belangten Behörde (jeweils) sechs Monate evidenter maßen abgelaufen. Eine Entscheidung erfolgte nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen war, sind keine hervorgekommen. Auch wurde der Baubewilligungsbescheid den beschwerdeführenden Nachbarn nicht zugestellt.

Ungeachtet dessen erweist sich die verfahrensgegenständliche Säumnisbeschwerde aus folgenden Erwägungen als unzulässig (siehe dazu bereits Leeb in: Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 VwGVG (Stand 15.2.2017, rdb.at) Rz 7, oder Hengstschläger/Leeb, AVG, § 73 (Stand 1.3.2018, rdb.at) Rz 24, jeweils mwN):

Zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ist gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG legitimiert, wer „im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet“. Im Allgemeinen ist lediglich derjenige säumnisbeschwerdelegitimert, der den das konkrete Bewilligungsverfahren einleitenden Antrag gestellt hat. Bezogen auf den hier verfahrensgegenständlichen Fall bedeutet dies eine Beschränkung der Säumnisbeschwerdelegitimation auf den mitbeteiligten Bauwerber. Mitbeteiligte Parteien des behördlichen Verfahrens wie hier die beschwerdeführenden Nachbarn, die etwa Einwendungen („Gegenantrag“) gegen den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt haben, haben keinen solchen unbedingten Erledigungsanspruch; sie können erst durch die Erlassung eines begünstigenden Bescheides an den Antragsteller in ihren Rechten beeinträchtigt werden.

Im Mehrparteienverfahren ist nun die Entscheidungspflicht der belangten Behörde mit der ordnungsgemäßen Erlassung des Bescheides auch nur einer Partei gegenüber erfüllt. Der Bescheid ist rechtlich existent geworden und ein Übergang der Entscheidungszuständigkeit und –pflicht kommt nicht mehr in Betracht. Der das Ansuchen des Bauwerbers bewilligende Bescheid wurde diesem gegenüber bereits erlassen – die belangte Behörde ist insoweit ihrer Verpflichtung zur Entscheidung über das verfahrenseinleitende Bauansuchen nachgekommen.

Über die erhobenen Einwendungen wurde bis dato jedoch noch nicht abgesprochen. Die beschwerdeführenden Nachbarn haben angesichts des Umstandes, dass ihnen keine Legitimation zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht zu dem vom mitbeteiligten Bauwerber gestellten Bauansuchen zukommt, an Rechtschutzmöglichkeit die Möglichkeit die Zustellung des bereits existent gewordenen Baubewilligungsbescheides zu verlangen, zumal, wie bereits aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom 07.11.2019 ausgesprochen wurde, ihnen Parteistellung im Baubewilligungsverfahren des Bauwerbers zukommt. Zudem hätten sie auch das Recht, gegen den ihnen gegenüber noch nicht erlassenen, aber existent gewordenen Bescheid sogleich Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an das Verwaltungsgericht Wien zu erheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz; Hemmung der Entscheidungsfrist; Säumnisbeschwerde; Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde; Verletzung der Entscheidungspflicht; Baubewilligung; Parteien; subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.111.V.067.3385.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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