TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/19 96/05/0259

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Veröffentlicht am 19.11.1996
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §70;
BauRallg;
VVG §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 29. August 1996, Zl. MD-VfR-B XXIII-40/96, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 18. Mai 1979 wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines gedeckten Sitzplatzes und der Ausbildung einer vergrößerten Terrasse zum bestehenden Wohnhaus in Wien, W-Straße nn, erteilt. Anläßlich einer Überprüfung an Ort und Stelle am 19. Juni 1996 wurde festgestellt, daß auf der gegenständlichen Liegenschaft ohne baubehördliche Bewilligung unter dem bestehenden Balkon hinter dem Wohnhaus die überdeckte Terrasse durch eine Wintergartenglaskonstruktion bzw. mit zum Teil gemauerten Parapeten geschlossen und dadurch ein zusätzlicher Raum im Untergeschoß geschaffen wurde. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/23, vom 20. Juni 1996 wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Wintergartenglaskonstruktion bzw. die restlichen gemauerten Bauteile, wodurch die Terrasse geschlossen wurde, zu beseitigen und den konsensgemäßen Zustand laut Baubewilligungsbescheid vom 18. Mai 1979, Zl. 1/78, wiederherzustellen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß es sich nur um eine geringfügige bauliche Maßnahme handle, die von der angewendeten Norm des § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) gar nicht erfaßt sei. Im übrigen sei bereits ein Antrag auf nachträgliche Bewilligung gestellt worden, was eine Auftragserteilung hindere. Dies sei auch im Berufungsverfahren zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 29. August 1996 hat die Bauoberbehörde für Wien die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 20. Juni 1996 als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es werde die Bewilligungspflicht der angeführten Bauführung in der Berufung nicht bestritten, diese ergebe sich aus § 60 Abs. 1 lit. a BO. Nach dieser Bestimmung seien Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, wobei ein Raum dann vorliege, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von der Deckfläche abgeschlossen sei. Da durch den Abschluß der Terrasse durch die Wintergartenglaskonstruktion bzw. die gemauerten Parapete ein Raum im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a BO geschaffen wurde, liege ein Zubau vor. § 129 Abs. 10 BO unterscheide nicht zwischen geringfügigen und nicht geringfügigen Bauführungen. Entscheidend sei lediglich, ob ein allseits umschlossener Raum geschaffen worden sei. Das Bauanzeigeverfahren gemäß § 62 BO komme nicht zur Anwendung, da Voraussetzung hiefür sei, daß die Bauführungen innerhalb von Wohnungen und Betriebseinheiten durchgeführt wurden. Da eine Baubewilligung für die gegenständlichen Bauteile erforderlich sei, eine solche nicht erwirkt wurde, sei der Abtragungsauftrag zu Recht erlassen worden. Ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung stehe der Bestätigung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen, da auch während der Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Baubewilligung ein Auftrag zur Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung erteilt werden könne, allerdings dürfe, solang ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung nicht rechtskräftig entschieden sei, der Beseitigungsauftrag nicht vollstreckt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird ausgeführt, die belangte Behörde habe im einzelnen nicht festgestellt, was Gegenstand der bisherigen baubehördlichen Bewilligungen, insbesondere der Baubewilligung vom 18. Mai 1979 gewesen sei, sie habe summarisch als Schaffung eines zusätzlichen Raumes im Untergeschoß alles qualifiziert, ohne im einzelnen festzustellen, welche Maßnahmen an Ort und Stelle tatsächlich vorgefunden worden seien. Aufgrund dieser summarischen Feststellung könne einerseits nicht überprüft werden, ob tatsächlich eine Bewilligungspflicht der geringfügigen Arbeiten gegeben sei, andererseits sei der baupolizeiliche Auftrag so unkonkret, daß er nicht vollstreckt werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Ansicht des Beschwerdeführers nicht zu teilen: Zum einen wurde mit Bescheid vom 18. Mai 1979 lediglich eine überdeckte Terrasse unter einem bestehenden Balkon bewilligt; daß eine weitere Baubewilligung für diesen Bereich erteilt worden wäre, hat auch der Beschwerdeführer nicht behauptet. Die anläßlich einer am 19. Juni 1996 an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlung getroffenen Feststellungen, wonach auf der gegenständlichen Liegenschaft (ohne baubehördliche Bewilligung) unter dem bestehenden Balkon hinter dem Wohnhaus die überdeckte Terrasse durch eine Wintergartenglaskonstruktion bzw. zum Teil gemauerte Parapete geschlossen und dadurch ein zusätzlicher Raum im Untergeschoß geschaffen wurde, ist aber gerade im Zusammenhang mit der erteilten Baubewilligung vom 18. Mai 1979 so präzise, daß unschwer erkannt werden kann, welche Bauteile nun zu beseitigen sind. In diesem Zusmmenhang ist auf das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zlen. 88/05/0227, 0228, zu verweisen, wonach ein Auftrag, ein Gebäude derart abzuändern, daß es dem mit Baubewilligungsbescheid genehmigten Plan entspricht, ausreichend bestimmt ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers richtig ausgelegt hat, wenn sie ausführte, dieser bestreite die Bewilligungspflicht nicht, da die belangte Behörde das Vorliegen der Bewilligungspflicht ohnedies - zutreffend - aus § 60 Abs. 1 lit. a BO abgeleitet hat. Nach dieser Bestimmung ist für Neu-, Zu- und Umbauten vor Beginn der Bauführung die Bewilligung der Behörde zu erwirken, wobei Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung sind. Durch die Schaffung eines geschlossenen Raumes, in einem Bereich, der vordem nur durch eine Hausmauer und einen Balkon sowie eine Terrasse gebildet war, durch die Bildung von gemauerten Parapeten und eine Glaskonstruktion wurde jedoch ein Raum im Sinnes des § 60 Abs. 1 lit. a BO gebildet, woraus sich die Bewilligungspflicht für den geschaffenen Zubau ergibt. Daß letztlich die offene Terrasse durch die sogenannte Winterglaskonstruktion GESCHLOSSEN wurde, räumt auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ein.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist nicht entscheidungsrelevant, ob jede einzelne bauliche Maßnahme, die ergriffen wurde, um letztlich die Schließung der offenen Terrasse zu bewirken, der Bewilligungspflicht unterliegt, weil jedenfalls das anläßlich der Überprüfung am 19. Juni 1996 vorgefundene Ergebnis, nämlich die letztlich erfolgte Schließung der offenen Terrasse durch raumbildende Elemente der Bewilligungspflicht des § 60 Abs. 1 lit. a BO unterliegt.

Das in der Beschwerde zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.601/A, in welchem ausgesprochen wurde, daß die nach § 59 Abs. 1 AVG geforderte Deutlichkeit für Leistungsbefehle Bestimmtheit und nicht bloß Bestimmbarkeit in dem Sinne bedeute, daß aufgrund des Bescheides, ohne Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und einen neuerlichen Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung ergehen könne, vermag die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil im Beschwerdefall aufgrund der Bezugnahme auf einen bestimmten Bescheid (hier den Baubewilligungsbescheid vom 18. Mai 1979) das Dazwischentreten eines weiteren Ermittlungsverfahrens und eine neuerliche Entscheidung entbehrlich sind.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050259.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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