Entscheidungsdatum
11.11.2021Norm
AlVG §10Spruch
W238 2248012-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin EGGER und Mag. Robert STEIER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Krems vom 27.10.2021, XXXX , betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde vom 15.10.2021 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Krems vom 07.10.2021 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG iVm § 28 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Krems (im Folgenden: AMS) vom 07.10.2021 wurde gemäß § 38 iVm 10 AlVG ausgesprochen, dass der nunmehrige Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 20.09.2021 bis 31.10.2021 verloren habe und dass keine Nachsicht erteilt werde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme bei der Firma XXXX . ab 20.09.2021 durch sein Verhalten vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Gegen diesen Bescheid wurde am 15.10.2021 Beschwerde erhoben, in welcher der Beschwerdeführer mit näherer Begründung bestritt, dass er die Aufnahme der vom AMS zugewiesenen Beschäftigung vereitelt habe. Vielmehr habe er sich bei der Firma am 16.09.2021 ordnungsgemäß per E-Mail als Bauhelfer beworben und – nach Auftreten eines Missverständnisses seitens des potentiellen Dienstgebers und Anraten eines neuen Bewerbungsversuchs durch das AMS –versucht, die Firma am 29.09.2021 und 30.09.2021 telefonisch zu erreichen. Die Firma habe ihm jedoch letztlich keine Arbeit angeboten.
3. Seitens der belangten Behörde wurde daraufhin mit Bescheid vom 27.10.2021 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 15.10.2021 gegen den Bescheid des AMS vom 07.10.2021 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG ausgeschlossen. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte das AMS begründend im Wesentlichen Folgendes aus: Das Arbeitslosenversicherungsrecht bezwecke, arbeitslos gewordene Versicherte durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. § 10 AlVG sanktioniere durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln würden.
Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Hierzu werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer am XXXX geboren worden sei und seit 12.06.2021 mit Unterbrechungen im Notstandshilfebezug stehe. Aus den Verfahrensunterlagen gehe hervor, dass derzeit Exekutionen laufend seien. Im gegenständlichen Fall liege Langzeitarbeitslosigkeit verbunden mit Arbeitsunwilligkeit vor. Darüber hinaus würden die bereits betriebenen Exekutionen die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung als gefährdet bzw. aussichtslos erscheinen lassen. Eine Gewährung der aufschiebenden Wirkung würde daher den aus generalpräventiven Gründen im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Aus diesem Grund überwiege das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher entsprechend der Interessenabwägung auszuschließen.
4. Am 08.11.2021 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 27.10.2021 ein. Darin stellte er detailliert den Verlauf des Bewerbungsverfahrens dar und wiederholte sein Vorbringen, wonach ihm seitens des AMS zu Unrecht die Vereitelung einer Beschäftigung vorgeworfen werde. Bezüglich der Kontakte des Beschwerdeführers mit dem potentiellen Dienstgeber im Bewerbungsverfahren wurden der Beschwerde Unterlagen beigelegt. Eine im Bescheid erwähnte Langzeitarbeitslosigkeit bestehe nicht. Vielmehr habe der Beschwerdeführer in verschiedenen Firmen gearbeitet, bei denen er sich eigenständig beworben habe, jedoch habe er die Beschäftigungen meist wegen der bereits zehn Jahre zurückliegenden Vorstrafen wieder verloren. Die erwähnten Exekutionen hätten nichts mit dem Vereitelungsvorwurf zu tun, zumal Exekutionen gegen viele Menschen geführt würden. Es gehe um über 1.200 €. Er habe Fixkosten von 800 € und leide inzwischen unter Existenzängsten, Schlafproblemen und Depressionen. Er wolle zudem nicht unschuldig seine Wohnung verlieren.
5. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt bezughabendem Verwaltungsakt am 08.11.2021 vorgelegt. Seitens der belangten Behörde wurde mitgeteilt, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.10.2021 nicht abgesehen werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer weist seit dem Jahr 2019 vollversicherte Beschäftigungen in der Dauer von Tagen oder wenigen Monaten auf.
Seit 12.06.2021 steht er mit kurzen Unterbrechungen im Notstandshilfebezug.
Mit Bescheid des AMS Krems vom 07.10.2021 wurde gemäß § 38 iVm 10 AlVG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 20.09.2021 bis 31.10.2021 verloren habe und dass keine Nachsicht erteilt werde.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.10.2021 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 15.10.2021 gegen den Bescheid vom 07.10.2021 gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung gefährdet erscheine, weil der Beschwerdeführer bereits seit 12.06.2021 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehe, sohin Langzeitarbeitslosigkeit verbunden mit Arbeitsunwilligkeit bestehe, und gegen ihn Exekutionen geführt würden.
Gegen den Beschwerdeführer werden derzeit drei Exekutionen von unterschiedlichen Gläubigern geführt. Der offene Restbetrag beträgt über 41.000 €.
Der Beschwerdeführer erstattete kein hinreichend konkretes bzw. substantiiertes Vorbringen dahingehend, dass der sofortige Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe ihn unverhältnismäßig hart treffen würde.
Der Beschwerdeführer steht aktuell im Notstandshilfebezug.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde. Dieser enthält die in Rede stehenden Bescheide, die vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerden, den Bezugs- und Versicherungsverlauf sowie eine Abfrage anhängiger Exekutionen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ergibt sich aus seinem diesbezüglichen Beschwerdeschriftsatz. Darin bestritt er zwar, dass er langzeitarbeitslos sei. Die von der Behörde ins Treffen geführten Exekutionen stellte er jedoch nicht in Abrede. Er führte aus, dass er nicht wisse, wie er weiterleben könne. Er habe Fixkosten von 800 € und leide unter Existenzängsten, Schlafproblemen und Depressionen. Er wolle nicht unschuldig seine Wohnung verlieren. Der Beschwerdeführer legte keine Bescheinigungsmittel betreffend die von ihm vorgebrachten wirtschaftlichen Verhältnisse vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. auch VwGH 07.09.2017, Ra 2017/08/0081).
Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.2. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 – sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist – dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
3.3. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028). § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.
Das Tatbestandsmerkmal „Gefahr im Verzug“ bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 13 VwGVG K 12).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, Folgendes ausgeführt:
„Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.
Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 3f und 19 zu § 56). Wirkt der Notstandshilfebezieher an den Feststellungen über die Einbringlichkeit nicht mit, kann von einer Gefährdung derselben ausgegangen werden (Müller in Pfeil AlVG-Komm Rz 19 zu § 56). Eine maßgebliche Gefährdung der Einbringlichkeit des Überbezuges wäre allerdings dann nicht anzunehmen, wenn die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde eine Rückforderung der weiter gezahlten Notstandshilfe unwahrscheinlich machen (vgl. zur Erfolgsprognose VwGH 09.05.2016, Ra 2016/09/0035).“
3.4. Im vorliegenden Fall brachte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 15.10.2021 ausschließenden Bescheid zwar vor, dass er nicht wisse, wie er weiterleben könne. Er habe Fixkosten von 800 € und leide inzwischen unter Existenzängsten, Schlafproblemen und Depressionen. Er wolle nicht unschuldig seine Wohnung verlieren. Damit wurde jedoch kein hinreichend konkretes bzw. bescheinigtes Vorbringen dahingehend erstattet, dass der Vollzug des Bescheides über den Verlust der Notstandshilfe den Beschwerdeführer unverhältnismäßig hart treffen würde:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.02.2014, Ro 2014/02/0053) trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils eine Konkretisierungspflicht (vgl. auch VwGH 11.04.2018, Ro 2017/08/0033). In diesem Sinne erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter – tunlichst ziffernmäßiger – Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.
Dazu ist auch ins Treffen zu führen, dass das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). „Unverzüglich“ und „ohne weiteres Verfahren“ bedeutet wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).
Vorliegend behauptete der Beschwerdeführer zwar finanzielle bzw. gesundheitliche Probleme und stellte die Sorge über den Verlust seiner Wohnung in den Raum. Er legte jedoch keinerlei Bescheinigungsmittel (z.B. über die Höhe seines Haushaltseinkommens, Unterhaltspflichten, allfällige Gesundheitskosten, Wohnkosten, Kredite und Verbindlichkeiten, allfällige Androhung einer Wohnungsdelogierung etc.) vor, aus denen sich ein unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer ableiten ließe. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde gegen den die aufschiebende Wirkung ausschließenden Bescheid dem zugrundeliegenden Vereitelungsvorwurf der Behörde entgegentrat, ist festzuhalten, dass dieser nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens umfasst, bei dem es ausschließlich um die Frage des (vorläufigen) vorzeitigen Vollzuges des verfügten Anspruchsverlustes geht.
Die Gefährdung der Einbringlichkeit des allfälligen Überbezuges wurde demgegenüber vom AMS insbesondere mit dem bestehenden Notstandshilfebezug seit Juni 2021 und aktuell gegen den Beschwerdeführer geführten Exekutionen begründet. Der Beschwerdeführer ist diesem Vorhalt in der Beschwerde nur insoweit entgegengetreten, als er in Abrede stellte, langzeitarbeitslos zu sein. Als langzeitbeschäftigungslos gilt eine Person grundsätzlich dann, wenn sie eine Geschäftsfall-Dauer von über einem Jahr hat. Wie festgestellt, weist der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2019 – wenn auch nur kurze – vollversicherte Beschäftigungen auf; zuletzt war er vom 09.08.2021 bis 27.08.2021 als Arbeiter beschäftigt, weshalb Langzeitarbeitslosigkeit – entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid – beim Beschwerdeführer tatsächlich nicht gegeben ist.
Jedoch werden gegen ihn derzeit drei Exekutionen mit einem offenen Restbetrag von über 41.000 € geführt. Dem trat der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entgegen. Er bescheinigte auch nicht, dass konkrete wirtschaftliche, finanzielle oder rechtliche Nachteile für ihn mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den – unstrittig bestehenden – Interessen der Öffentlichkeit am Sanktionszweck des § 10 AlVG vorgenommen hätte werden können (s. dazu die beweiswürdigenden Erwägungen).
Für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung der Leistung wäre die Einbringlichkeit eines allfälligen Überbezuges aufgrund der gegen den Beschwerdeführer geführten Exekutionen erschwert. Auch ist zumindest prima facie nicht erkennbar, dass die Beschwerde vom 15.10.2021 gegen die Verhängung der Sperrfrist wahrscheinlich Erfolg haben wird. Schließlich ist bei der Abwägung der Interessen ein öffentliches Interesse an der Wirksamkeit von Maßnahmen iSd § 10 AlVG mit ins Kalkül zu ziehen. Aufgrund der laufenden Exekutionsverfahren einerseits sowie eines nicht hinreichend substantiierten und durch Unterlagen bescheinigten Vorbringens des Beschwerdeführers zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung andererseits kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Interesse der Versicherungsgemeinschaft an der Einbringlichkeit von (allenfalls) zu Unrecht gewährten Leistungen besonders stark gewichtet hat und von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen bzw. Gefahr im Verzug ausgegangen ist.
3.5. Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung war daher spruchgemäß abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache (Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Zeitraum vom 20.09.2021 bis 31.10.2021) nicht vorweggenommen wird. Diesbezüglich steht der belangten Behörde noch die Möglichkeit offen, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.
3.6. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde „ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden“, was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Pkt. II.3.3. und II.3.4. wiedergegeben. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Einbringlichkeit Gefahr im Verzug Interessenabwägung KonkretisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W238.2248012.1.00Im RIS seit
30.11.2021Zuletzt aktualisiert am
30.11.2021