TE Vwgh Erkenntnis 1983/11/4 83/04/0128

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Veröffentlicht am 04.11.1983
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Index

Verwaltungsverfahren - VStG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a lita
VStG §44a Z1 implizit
VStG §9

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher. Dr. Weiss und Dr. Stoll als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Unfried, über die Beschwerde des MM in N, vertreten durch DDr. Manfred Erschen, Rechtsanwalt in Leoben, Parkstraße 3/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. April 1983, Zl. 4-25 Mu 5/1-1983, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 10. März 1983 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt „als Verantwortlicher der ‚Firma‘ M in N“ in der Zeit vom 15. Dezember 1981 bis 21. Dezember 1981 im Rahmen des L Christkindlmarktes an einem Verkaufsstand am Hauptplatz in L Alkohol (Glühwein und Spirituosen) ausgeschenkt zu haben, ohne im Besitze einer Gastgewerbekonzession zu sein, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 in Verbindung mit § 189 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzarrest drei Tage) verhängt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde ausgeführt, der Zeuge M (ein Gendarmeriebeamter) habe bei seiner Aussage angegeben, daß beim Christkindlmarkt am Hauptplatz in L ein Verkaufsstand mit der Firmenbezeichnung „Feinkost M“ aufgestellt gewesen und bei diesem Verkaufsstand in der Zeit vom 15. Dezember 1981 bis zum Tage der Anzeigenerstattung am 21. Dezember 1981 alkoholische Getränke ausgeschenkt worden seien. Auf Grund dieser Angaben und der Tatsache, daß der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt als eingetragener Geschäftsführer der „Firma“ Feinkost M Tätigkeiten dieser Firma zu vertreten habe und es feststehe, daß die „Firma“ Feinkost M nicht im Besitze einer Konzession zum Ausschank von Alkohol sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Ein Verweis auf die beantragte Konzession der DA sei nach der Ansicht der Behörde erster Instanz nicht verfahrenswesentlich, zumal die „Firma“ Feinkost M den Verkaufsstand betrieben habe.

Gegen dieses Straferkenntnis vom 10. März 1983 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, in welcher er im wesentlichen vorbrachte, eine Firma „Feinkost M“ gebe es überhaupt nicht. Es habe einmal eine derartige „Firma“ vor mehr als einem halben Jahrzehnt gegeben, die aber nicht jene des Beschwerdeführers, sondern vielmehr jene seiner Ehegattin HM gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt der angeblichen strafbaren Handlung nicht Verantwortlicher der Firma „Feinkost M“, sondern vielmehr Geschäftsführer der M GmbH mit dem Sitz in N, gewesen. In der in Rede stehenden Zeit hätten nicht etwa der Beschwerdeführer oder seine Gattin alkoholische Getränke ausgeschenkt, sondern eine gewisse DA, die im Besitze einer Gewerbeberechtigung gewesen sei. Die Behörde hätte sich im Handelsregister des Kreisgerichtes L über die Legitimation des Beschwerdeführers erkundigen und auch DA vernehmen müssen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. April 1983 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft L vom 10. März 1983 bestätigt. Begründend führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, wie aus den im Akt erliegenden Abschriften des Gewerberegisters der Bezirkshauptmannschaft L ersichtlich sei, habe zum damaligen Zeitpunkt eine Gewerbeberechtigung für den Beschwerdeführer und seine Frau HM für den Großhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln sowie für den Kleinhandel mit Gemischtwaren für den Standort N bestanden. Eine „Firma“ M GmbH scheine in diesem Gewerbekataster nicht auf. Eine Gastgewerbekonzession für DA scheine zum fraglichen Zeitpunkt ebenfalls nicht auf. Aus den Angaben des Zeugen M sei zu entnehmen, daß während des Christkindlmarktes in L von einem Verkaufsstand mit der Bezeichnung „Feinkost M“ alkoholische Getränke ausgeschenkt worden seien. Es bestehe kein Anlaß, diesen Angaben keinen Glauben zu schenken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes. sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Beschwerdevorbringen nach erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung für schuldig befunden und hiefür auch nicht bestraft zu werden.

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, eine Firma „Feinkost M“ habe es in Wirklichkeit nie gegeben, das Verfahren sei somit mangelhaft geblieben. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung ausdrücklich beantragt, sich beim Handelsregister des Kreisgerichtes L bezüglich des Umstandes zu erkundigen, daß er nicht etwa Gewerbeinhaber der Firma „Feinkost M“, sondern vielmehr Geschäftsführer der M GmbH sei. Die Firma „Feinkost M“ habe es im Zeitpunkt der Tathandlung nicht gegeben. Allein aus dem Umstand, daß zum Zeitpunkt des Ausschenkens der alkoholischen Getränke beim Christkindlmarkt 1981 eine Gewerbeberechtigung für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau HM für den Großhandel mit Nahrungs- und Genußmitteln sowie für den Kleinhandel mit Gemischtwaren für den Standort in N gegeben habe, die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers für das angeblich nicht befugte Ausschenken von alkoholischen Getränken im Rahmen des Christkindlmarktes abzuleiten, sei mehr als gewagt. Der Beschwerdeführer habe mit dem in Rede stehenden Ausschenken von alkoholischen Getränken nichts zu tun gehabt. Es dränge sich von vornherein die Frage auf, warum man gerade ihn und nicht etwa seine Gattin verantwortlich mache. Auch habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung die präzise Adresse der DA angegeben und ausgeführt, daß diese zum Zeitpunkt der Tathandlung Inhaberin einer Konzession für den Betrieb ihrer Gaststätte in L und daher berechtigt gewesen sei, auch auf dem Hauptplatz in L zur Weihnachtszeit auszuschenken. Man gewinne den Eindruck, daß die Behörde eine Person aus dem möglichen Täterkreis willkürlich herausgreife und für die Verwaltungsübertretung verantwortlich mache. Vielmehr hätte sie sich über die Verantwortlichkeit jener Person informieren müssen, die nicht nur gewerberechtlich, sondern auch tatsächlich für die angebliche Verwaltungsübertretung „zuständig“ sei und der somit eine strafrechtlich relevante Verhaltensweise angelastet werden könne.

Der Beschwerde kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu:

Gemäß dem § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen, wozu jene Tatmerkmale gehören, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind. Dies gilt, soweit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt, insbesondere auch hinsichtlich dieser Merkmale (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Juni 1982, Zl. 04/2697/80, auf Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, wird verwiesen).

Im Spruch des durch den angefochtenen Bescheid im Instanzenzug bestätigten Straferkenntnisses vom 10. März 1983 finden sich zur Kennzeichnung der Person des Beschwerdeführers lediglich die Worte „als Verantwortlicher der Firma M“. Die Merkmale, denen zufolge der Beschwerdeführer die Eigenschaft „als Verantwortlicher“ habe, wurden ebensowenig angeführt, wie auch die Rechtsform jenes Unternehmens, für welches der Beschwerdeführer die strafrechtliche Verantwortlichkeit treffen soll, daraus nicht erkennbar ist.

Der angefochtene Bescheid ist daher durch die Aufrechterhaltung des Spruches des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz schon aus diesem Grunde mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 zu führen hatte.

Zufolge des dargelegten Aufhebungsgrundes war ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdeausführungen entbehrlich.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebührenaufwand war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in dreifacher Ausfertigung einzubringen war, und die vorgelegte Vollmacht (im Hinblick auf eine bereits früher erfolgte Verwendung) nicht neuerlich zu vergebühren war.

Wien, am 4. November 1983

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1983:1983040128.X00

Im RIS seit

30.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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