TE Vwgh Erkenntnis 1996/11/19 95/05/0180

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Veröffentlicht am 19.11.1996
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §129 Abs1 idF 1976/018;
BauO Wr §129 Abs10 idF 1976/018;
BauO Wr §129 Abs2 idF 1976/018;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauO Wr §134 Abs5 idF 1992/034;
BauO Wr §60 Abs1 litc idF 1992/034;
BauO Wr §60 idF 1993/049;
BauO Wr §62 Abs1 idF 1992/034;
BauO Wr §62 Abs4 idF 1992/034;
BauO Wr §62 idF 1992/034;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. April 1995, Zl. MD-VfR - B XII - 1/95, betreffend Feststellung der Parteistellung (mitbeteiligte Partei: B in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses in Wien, R 245 A. Die Benützerin der in diesem Haus gelegenen Wohnung Top 14 im zweiten Stock hat folgende Baumaßnahmen durchgeführt:

Die Trennmauer zwischen Vorzimmer und Küche wurde auf eine Länge von ca. 7 m, weiters die Trennmauer zwischen WC und Vorzimmer entfernt. In der Mitte des durch die Entfernung der Trennwände geschaffenen Raumes wurde eine Sanitärzelle aufgestellt, in der sich eine Dusche, ein Waschtisch und ein WC befindet. Das WC befindet sich nunmehr in der beschriebenen Sanitärzelle und ist durch die Tür mit dem Vorzimmer verbunden. Weiters wurde eine Etagenheizung (Gastherme für Warmwasser und Heizung, Warmwasserkonvektoren) eingebaut. Die Leitungsrohre laufen von der Einmündung des bestehenden Abzweigers bei der ursprünglichen WC-Anlage oberhalb des Fußbodens entlang eines zwischen Küche und Vorzimmer nunmehr aufgestellten Schrank- und Regalverbaues zu den in der Sanitärzelle befindlichen sanitären Anlagen (Waschbecken, Dusche und WC).

Diese Baumaßnahmen wurden der Baubehörde nachträglich unter Vorlage von Plänen angezeigt. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 3. Dezember 1993 wurde die in den mit den amtlichen Sichtvermerken versehenen Plänen dargestellten Baumaßnahmen gemäß § 62 Abs. 4 BO zur Kenntnis genommen.

Der Beschwerdeführer stellte daraufhin den Antrag auf Erlassung eines berufungsfähigen Bescheides betreffend die angeführten baulichen Veränderungen.

Dieser Antrag wurde gemäß § 134 iVm § 62 Bauordnung für Wien mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6. Dezember 1994 zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 134 Abs. 5 der Bauordnung für Wien (BO) in Verbindung mit § 8 AVG 1991 wird auf Antrag des Herrn K festgestellt, daß diesem als Eigentümer der Liegenschaft in Wien, R 245 A, EZ 2623 der KG Z, in dem beim Magistrat der Stadt Wien,

Magistratsabteilung 37/12 zur Zl. MA ..... - R 245 A/3514/93

anhängig gewesenen Verfahren betreffend die Kenntnisnahme einer Bauanzeige für bauliche Abänderungen in der Wohnung top Nr. 14 im 2. Stock des Hauses in Wien, R 245 A, Parteistellung nicht zukommt."

Die belangte Behörde ging davon aus, daß trotz des Spruches der Erstinstanz, daß das Ansuchen zurückgewiesen werde, dieser dahin zu verstehen sei, daß die Behörde erster Instanz die Parteistellung des Beschwerdeführers nicht "festgestellt habe". Die belangte Behörde habe sich daher als berechtigt angesehen, den erstinstanzlichen Spruch in dem genannten Sinne abzuändern. Gemäß § 134 Abs. 5 Bauordnung für Wien komme im Verfahren zur Erwirkung der Kenntnisnahme einer Bauanzeige (nur) dem Bauwerber Parteistellung zu. Im übrigen teile die belangte Behörde nicht die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Voraussetzungen für die Kenntnisnahme einer Bauanzeige gemäß § 62 Abs. 1 Bauordnung für Wien nicht vorgelegen seien und das Bauvorhaben jedenfalls einer Baubewilligung gemäß § 60 Bauordnung für Wien bedurft hätte. Angemerkt werde noch, daß sich aus der Kenntnisnahme der Bauanzeige nur die Zulässigkeit der Bauführung nach der Bauordnung für Wien ergebe. Über die zivilrechtliche Befugnis zur Herstellung der gegenständlichen baulichen Abänderungen werde damit nichts ausgesagt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere in seinen Rechten dadurch verletzt, daß die Behörde ihm die Parteistellung versagt habe, obwohl er als Grundeigentümer der Bauführung ausdrücklich zustimmen hätte müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 62 Abs. 1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 34/1992, ist bei Bauführungen innerhalb von Wohnungen oder Betriebseinheiten, die nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder der baulichen Anlage sind, weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirken noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nehmen noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betreffen, vor Beginn die Kenntnisnahme einer Bauanzeige zu erwirken. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung hat die Kenntnisnahme einer Bauanzeige innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Einlangen bei der Behörde mit schriftlichem Bescheid zu erfolgen oder ist mit schriftlichem Bescheid zu verweigern, wenn die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen oder Gründe dafür sprechen, daß die Baumaßnahmen einer Baubewilligung bedürfen. Nach Erlassung des Bescheides, mit dem eine Bauanzeige zur Kenntnis genommen wird, darf gemäß § 62 Abs. 4 leg. cit. mit den Baumaßnahmen begonnen werden. Gemäß § 134 Abs. 5 Bauordnung für Wien in der genannten Fassung ist im Verfahren zur Erwirkung der Kenntnisnahme einer Bauanzeige der Bauwerber Partei. Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO sind u.a. Änderungen von Gebäuden und baulichen Anlagen bewilligungspflichtig, wenn diese von Einfluß auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird.

Von maßgeblicher Bedeutung ist zunächst die Behauptung des Beschwerdeführers, die angeführten Baumaßnahmen seien im Sinne des § 60 BO bewilligungspflichtig. Sofern nämlich die Baubehörden zu Unrecht das Vorliegen einer bloß anzeigepflichtigen Baumaßnahme angenommen hätten, müßte im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung dem Beschwerdeführer in dem Verfahren, in dem dann zu Unrecht ein Bescheid gemäß § 62 Abs. 4 BO ergangen ist, Parteistellung eingeräumt werden, weil das Verfahren ein gemäß § 60 BO bewilligungspflichtiges Bauvorhaben beträfe, in dem der Eigentümer gemäß § 134 Abs. 3 BO jedenfalls Parteistellung hat. Die im vorliegenden Fall zur Diskussion stehenden baulichen Maßnahmen des Einbaues einer Sanitärzelle in der beschriebenen Art und Weise wurden von den Baubehörden aber zu Recht als bloß anzeigepflichtig gemäß § 62 Abs. 1 BO qualifiziert, weil - wie sich aus den vorgelegten Plänen ergibt - das Abflußrohr zu den sanitären Anlagen oberhalb des Fußbodens geführt wird und die Einmündung in den Abflußstrang an der ursprünglichen Einmündung des WC in den Abflußstang erfolgt. Somit werden durch diese Bauführung keine gemeinsamen Teile des Hauses, wie z.B. die Zwischendecke zwischen zwei Stockwerken in Anspruch genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 93/05/0124). Wenn sich der Beschwerdeführer auf die durch die Maßnahme bewirkte Veränderung der Raumeinteilung beruft, so ist darauf hinzuweisen, daß die Veränderung der Raumeinteilung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO im Zusammenhalt mit dem in der BO-Novelle LGBl. Nr. 34/1992 neu geschaffenen § 62 BO dahin verstanden werden muß, daß damit nur über eine Wohnung hinausgehende Veränderungen der Raumeinteilung gemeint sein können, sofern dadurch nicht eine der anderen im § 62 Abs. 1 BO genannten negativen Voraussetzungen erfüllt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0052). Sofern sich der Beschwerdeführer aber auf die hg. Vorjudikatur beruft, nach der jede Änderung der Raumeinteilung der Vorschrift des § 60 Abs. 1 lit. c BO unterliegt (Erkenntnis vom 15. November 1988, Zl. 88/05/0158, BauSlg. Nr. 1218) bzw. der Einbau einer Abortanlage und einer Duschkabine bewilligungspflichtig seien (Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zl. 86/05/0022, BauSlg. Nr. 680), ist festzuhalten, daß sich diese Judikatur auf die vor der angeführten BO-Novelle LGBl. Nr. 34/1992 geltende Rechtslage bezieht und angesichts des § 62 Abs. 1 BO in der Fassung dieser Novelle nicht mehr von Bedeutung ist. Die in Frage stehenden Baumaßnahmen berühren aber auch nicht die statischen Verhältnisse des Hauses, bewirken keine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage, sie nehmen keine gemeinsamen Teile des Hauses in Anspruch und stellen auch keinen Fall der in § 62 Abs. 1 BO genannten Umwidmungen dar.

Sofern der Beschwerdeführer weiters die Auffassung vertritt, daß ihm in einem Verfahren gemäß § 62 leg. cit. Parteistellung zukomme, ist er auch nicht im Recht. Zum einen normiert die Bauordnung für Wien in § 134 Abs. 5 leg. cit. ausdrücklich, wer in einem solchen Verfahren Parteistellung hat. Danach kommt dem Bauwerber Parteistellung zu. Aus einer solchen ausdrücklichen Regelung über die Parteistellung ist abzuleiten, daß anderen, nicht genannten Personen, keine Parteistellung zukommt. Dieses Ergebnis wird auch durch eine systematische Interpretation des § 134 Abs. 3 und 5 leg. cit. bestätigt. Während - wie bereits angeführt - § 134 Abs. 5 leg. cit. nur den Bauwerber als Partei anführt, wird in § 134 Abs. 3 leg. cit. für ein Baubewilligungsverfahren neben dem Antragsteller und den Eigentümern benachbarter Liegenschaften (letzteren allerdings nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) auch der Eigentümer bzw. Miteigentümer der Liegenschaft als Partei ausdrücklich genannt. In gleicher Weise nehmen die Abs. 2 und 6 in § 134 leg. cit. jeweils auf den Eigentümer der betroffenen Liegenschaft Rücksicht.

Aber selbst wenn man § 134 Bauordnung für Wien so deutet, daß neben dieser Bestimmung die Rechtsstellung als Partei auch aus den übrigen Regelungen der Bauordnung für Wien im Zusammenhalt mit § 8 AVG abgeleitet werden kann, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der in diesem Zusammenhang relevante § 62 leg. cit. bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß Rechte oder rechtliche Interessen des Eigentümers der betroffenen Liegenschaft im Rahmen eines zu Recht auf § 62 Bauordnung für Wien gestützten Verfahrens geschützt werden sollen. Auch aus § 129 Abs. 1 und 2 BO kann ein solches Recht oder rechtliches Interesse des Eigentümers nicht abgeleitet werden. Bauführungen, die gemäß § 62 leg. cit. bloß anzeigepflichtig sind, stehen mit den Verpflichtungen des Eigentümers bzw. Miteigentümers des Gebäudes oder der baulichen Anlage gemäß § 129 Abs. 1 und 2 leg. cit. nicht im Widerspruch, da diese Bauführungen ohne Bewilligung zulässig sind. Aber auch aus § 129 Abs. 10 BO kann ein solches rechtliches Interesse nicht abgeleitet werden, da in bezug auf - wie im vorliegenden Fall - zur Kennntis genommene bauliche Maßnahmen keine baupolizeilichen Maßnahmen gemäß dieser Bestimmung in Betracht kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0052). Sofern aber die Baubehörde die Auffassung des Anzeigers nicht teilt, wird dem Anzeiger gegenüber ein entsprechender Bescheid ergehen und im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens kommt es dann zu der nach der Bauordnung für Wien vorgesehenen Beteiligung des Eigentümers (der Eigentümer).

Soweit der Beschwerdeführer auch die Verletzung der Grundrechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz geltend macht, wird darauf hingewiesen, daß für die Prüfung der Einhaltung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch letztinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden (ausgenommen Verwaltungsstrafbescheide und faktische Amtshandlungen) gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in Verbindung mit Art. 133 Abs. 1 Z. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Lichte der in der vorliegenden Entscheidung vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 134 Abs. 5 BO, zumal, wie eingangs dargelegt, dem Beschwerdeführer Parteistellung zuzuerkennen gewesen wäre, wenn die verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen als bewilligungspflichtig zu qualifizieren gewesen wären.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Da im vorliegenden Fall einzig und allein Rechtsfragen zu lösen waren und auch in der Beschwerde keinerlei Sachverhaltsfragen aufgeworfen werden, war dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG keine Folge zu geben.

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050180.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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