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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des R und der EK in W, beide vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. April 1996, Zl. R/1-V-95207, betreffend die Erlassung eines Bauauftrages (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Grundstücke Nr. 1148/4 und 1148/5, je KG X, gewidmet als Grünland-Landwirtschaft, stehen im Miteigentum der Beschwerdeführer.
Auf dem Grundstück Nr. 1148/5 wurde ein baubehördlich bewilligtes Bauwerk im Ausmaß von 9,70 m x 3,50 m (Holzhütte), in der bei der Baubehörde aufliegenden Planskizze als Nr. 22A bezeichnet, errichtet,welches im Flächenwidmungsplan als "Geb" ausgewiesen ist. Bei einer Nachschau durch die Baubehörde am 24. November 1994 wurde auf dem vorbezeichneten Grundstück ein Bauwerk - in der Planskizze mit Nr. 22 bezeichnet - als Rohbau im Bau in der Größe von 7,50 m x 5,50 m und einer Gebäudehöhe von 4 m mit noch nicht eingedecktem Dach festgestellt. Für dieses Bauwerk besteht keine Baubewilligung.
Bei einer Nachschau der Baubehörde vom selben Tag wurde auf dem Grundstück Nr. 1148/4 ein in Riegelbauweise errichtetes Objekt mit einer Höhe von 2,50 m im Ausmaß von 4 m x 7 m festgestellt, welches als Lagerraum genutzt wird und in der Planskizze als Bauwerk Nr. 21 ausgewiesen ist. Ebenso wurde ein in der Planskizze als Bauwerk Nr. 21A bezeichnetes, von den Beschwerdeführern vor ca. 10 Jahren errichtetes Bauwerk im Ausmaß von 2 m x 2 m und einer Gebäudehöhe von 2 m festgestellt, welches eine "Blechwerkzeughütte" aus Kunststoff darstellt und als Werkstättenräumlichkeit genutzt wird. Für diese beiden Bauwerke besteht keine Baubewilligung.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Jänner 1995 wurde den Beschwerdeführern der Auftrag erteilt, das auf dem Grundstück Nr. 1148/5 errichtete Bauwerk Nr. 22 innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom selben Tag wurde den Beschwerdeführern aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung vom 6. Dezember 1994 der Auftrag erteilt, die vorbezeichneten Bauwerke Nr. 21 und Nr. 21A innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
Für die abzutragenden Gebäude bestünde keine baurechtliche Bewilligung. Sie seien im Grünland errichtet und für eine widmungsgemäße Nutzung (Landwirtschaft) nicht erforderlich.
Die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer wurden mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 3. Oktober 1995 abgewiesen und es wurde ausgesprochen, daß die gegenständlichen Gebäude innerhalb von drei Monaten zu beseitigen seien.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 23. April 1996 wurde - soweit für das gegenständliche Verfahren entscheidungswesentlich - die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführer hätten nie behauptet, daß sie auf den gegenständlichen Grundstücken zumindest einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb führten. Die Gebäude Nr. 21 und Nr. 21 A seien als nicht erforderlich im Sinne des § 19 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 anzusehen. Hinsichtlich des Bauwerkes Nr. 22 bestünde ein Widerspruch in der Begründung, weshalb der Bescheid vom 18. Jänner 1995 betreffend das Bauwerk Nr. 22 auf dem Grundstück Nr. 1148/5 aufzuheben gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid - den Beschwerdeausführungen zufolge offensichtlich nur insoweit, als damit der Vorstellung gegen den Bauauftrag betreffend das Grundstück Nr. 1148/4 keine Folge gegeben worden ist - richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung eines baubehördlichen Auftrages bezüglich der Bauwerke auf dem Grundstück Nr. 1148/4, KG X, verletzt. Es sei nicht berücksichtigt worden, daß den Beschwerdeführern bei Begehung des Grundstückes eine Frist zur Änderung des bestehenden Zustandes bzw. Verbesserung eingeräumt worden sei. Die Beschwerdeführer seien auch nicht auf die allfällige Einleitung eines Feststellungsverfahrens aufmerksam gemacht und belehrt worden. In Beachtung ihrer Manuduktionspflicht hätte die Behörde die Beschwerdeführer über sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aufklären müssen. Eine landwirtschaftliche Nutzung auch im Nebenbewerb sei auf den gegenständlichen Grundstücken nicht möglich; hierüber hätte sich die Behörde durch Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen informieren müssen. Die belangte Behörde hätte einen Weg finden müssen, der die Rechte der Eigentümer nicht wesentlich belaste, aber den nunmehrigen Rechtsvorschriften Genüge tue. Die erlassenen Abbruchbescheide seien kein Mittel auf dem Weg einer verfassungsgemäßen - nämlich Eingriffe in Grundrechte der Bürger vermeidenden - Anwendung dieser Gesetze.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung ist die Aufsichtsbehörde verpflichtet, den mit einer Vorstellung angefochtenen Bescheid einer Gemeinde dahingehend zu überprüfen, ob durch diesen Rechte des Vorstellungswerbers verletzt werden. Trifft dies nicht zu, hat sie die Vorstellung als unbegründet abzuweisen.
In dem durch den oben wiedergegebenen Beschwerdepunkt umschriebenen Recht wären die Beschwerdeführer daher dann verletzt, wenn die belangte Behörde einen der Baubehörde zweiter Rechtsstufe bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Bauauftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der Nö Bauordnung 1976 unterlaufenen Fehler, der zu einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer geführt hätte, nicht zum Anlaß der Aufhebung des vor ihr angefochtenen Bescheides genommen hätte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1968, Slg. Nr. 7.295/A). Einen solchen, die Aufsichtsbehörde zur Aufhebung verpflichtenden Fehler kann der Verwaltungsgerichtshof nicht feststellen.
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Baubehörde zweiter Instanz vom 3. Oktober 1995 ist für die Erlassung eines Bauauftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976 im Beschwerdefall die am 22. September 1995 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle 1995, LGBl. 8200-13 (BO), anzuwenden. Für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die Baubehörde maßgeblich, mag auch zu einem früheren Zeitpunkt die Erwirkung einer Baubewilligung möglich gewesen sein. Die im Flächenwidmungsplan für das gegenständliche Grundstück der Beschwerdeführer ausgewiesene Widmung Grünland-Landwirtschaft schließt die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die darauf befindlichen, von den Beschwerdeführern nicht für einen landwirtschaftlichen Zweck genutzten Bauwerke aus. Die Beschwerdeführer gehen nämlich selbst in ihren Beschwerdeausführungen davon aus, daß eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Grundstücke nicht in Betracht käme. Auch das Vorliegen einer nebenberuflichen landwirtschaftlichen Tätigkeit wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Bei dieser Sachlage bedurfte es daher keiner Beiziehung eines landwirtschaftlichen Sachverständigen zur Klärung des Sachverhaltes. Die Beschwerdeführer vermögen auch nicht aufzuzeigen, welche entscheidungserheblichen Ermittlungsergebnisse ein Gutachten eines solchen Sachverständigen hätte erbringen sollen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0180).
Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen und Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Abgesehen davon, daß in der Beschwerde nicht näher ausgeführt wird, welche Belehrungen die belangte Behörde im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle unterlassen habe, ist es nicht Aufgabe der Behörde, inhaltliche Mängel von Parteienangaben aus der Welt zu schaffen. Auch eine Beratung von Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht zählt nicht zu den Pflichten der Behörde (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 180 ff, dargestellte hg. Rechtsprechung). Die Beschwerdeführer vermögen daher keinen Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Da die Beschwerdeführer bis zur Entscheidung der Berufungsbehörde auch keinen Antrag nach § 113 Abs. 2b BO gestellt haben, erweist sich der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050170.X00Im RIS seit
20.11.2000