TE Vfgh Erkenntnis 1994/12/14 KI-1/94

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Veröffentlicht am 14.12.1994
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art133
B-VG Art138 Abs1 litb
B-VG Art144 Abs2
B-VG Art144 Abs3
VwGG §34
VfGG §46 Abs1

Leitsatz

Negativer Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltungsgerichtshof und Verfassungsgerichtshof infolge unrechtmäßiger Zurückweisung einer Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof nach Ablehnung und Abtretung dieser durch den Verfassungsgerichtshof; mangelndes Vorbringen anderer als verfassungsrechtlicher Gründe nach Erteilung eines Mängelbehebungsauftrags durch den Verwaltungsgerichtshof kein Zurückweisungsgrund; Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes

Spruch

Der Verwaltungsgerichtshof war zur Entscheidung über die vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. August 1993, B262/93-6, an ihn abgetretene Beschwerde der E GmbH zuständig.

Der entgegenstehende Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1993, Z93/17/0300, mit dem die Beschwerde der E GmbH gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Jänner 1993, Z Gem - 7385/7 - 1993 - Si, zurückgewiesen wurde, wird aufgehoben.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Beschluß vom 14. Juni 1993, B262/93-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde der E GmbH gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Jänner 1993, Z Gem - 7385/7 - 1993 - Si, gemäß Art144 Abs2 B-VG ab. Dabei wurde begründend ausgeführt:

"Die Beschwerde behauptet die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu diesem Recht läßt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, aber auch die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen."

1.2. Aufgrund eines fristgerecht eingebrachten nachträglichen Antrages im Sinne des §87 Abs3 VerfGG wurde die Beschwerde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 30. August 1993, B262/93-6, gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

2. Mit Beschluß vom 14. Oktober 1993, Z93/17/0300, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde zurück.

3. Mit Eingabe vom 24. Jänner 1994 behauptet die Antragstellerin das Bestehen eines Widerspruchs zwischen den "Rechtsauffassungen des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für die Beschwerde" und "ersucht den Verfassungsgerichtshof gem. §46 (1) VfGG. i. V. m. Art138 (1) b B-VG über den durch das Vorgehen der Höchstgerichte entstandenen Kompetenzkonflikt zu entscheiden". Außerdem wird die Aufhebung der "rechtswidrigen Beschlüsse" beantragt und begehrt, die Erledigung der Beschwerde dem zuständigen Gericht aufzutragen.

4. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur allfälligen Äußerung zugestellt, insbesondere mit dem Ersuchen, näher darzulegen, aus welchen Gründen die Zurückweisung der Beschwerde erfolgt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierauf den Akt 93/17/0300 mit dem Bemerken vorgelegt, daß die Gründe der Zurückweisung aus dem Beschluß vom 14. Oktober 1993 hervorgehen.

5. Aus dem vorgelegten Akt des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich:

5.1. Nach Übermittlung der vom Verfassungsgerichtshof an ihn abgetretenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerdeführerin zunächst aufgefordert, zur Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel diese innerhalb von drei Wochen wie folgt zu ergänzen:

"Es ist das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§28 Abs1 Z. 4 VwGG).

Es sind die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, anzuführen (§28 Abs1 Z. 5 VwGG).

Es ist ein der Vorschrift des §42 Abs2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§28 Abs1 Z. 6 VwGG)."

5.2. Mit einer innerhalb offener Frist erstatteten Eingabe hat hierauf die Beschwerdeführerin die Beschwerde wie folgt ergänzt:

"1. Behauptete Rechtsverletzung (Beschwerdepunkt)

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem gem. Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (O.Ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetz) verletzt.

2. Beschwerdegründe

Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sind der Verfassungsgerichtshofbeschwerde gem. Art144 B-VG Seite 3 III. zu entnehmen."

Gleichzeitig mit der Erfüllung der Mängelbehebungsaufforderung stellte die Beschwerdeführerin weiters "den als Anregung aufzufassenden Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge mit Beschluß die Beschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückweisen."

Ergänzend verwies sie darauf, "daß eine Mängelbehebungsaufforderung gem. §34 (2) VwGG. nur dann zulässig ist, wenn den Beschwerden keiner der im §34 (1) VwGG. bezeichneten Umstände entgegensteht. Beschlüsse zur Zurückweisung von Beschwerden wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sind nach §34 (3) VwGG. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen. Gem. §32 VwGG. hat der Verwaltungsgerichtshof überdies seine Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen."

5.3. Der Verwaltungsgerichtshof begründet die Zurückweisung mit Beschluß vom 14. Oktober 1993 im wesentlichen wie folgt:

"Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin ausdrücklich (nur)

'in ihrem gem. Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (O.Ö. Gemeinde-Getränkesteuergesetz) verletzt.'

Die Beschwerdeführerin beantragt,

'a) den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als verfassungswidrig aufzuheben, und

b) das Land Oberösterreich als Rechtsträger der belangten Behörde in den Kostenersatz zu verfällen ...'

Sie stellt weiters 'den als Anregung aufzufassenden Antrag,' der Verwaltungsgerichtshof möge mit Beschluß die Beschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückweisen.

Gemäß Art133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. ...

Andere als verfassungsrechtliche Gründe hat die Beschwerdeführerin in ihrer Ergänzung der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht vorgebracht, weshalb die Beschwerde gemäß §34 Abs1 VwGG infolge offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war ... ."

6. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag auf Entscheidung des behaupteten negativen Kompetenzkonfliktes erwogen:

6.1. Gemäß Art138 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Kompetenzkonflikte "zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten".

Nach der zitierten Verfassungsbestimmung iVm §46 Abs1 VerfGG besteht ein verneinender Kompetenzkonflikt u.a. dann, wenn der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof die Zuständigkeit in derselben Sache verneint haben und dies in einem Fall zu Unrecht erfolgt ist.

6.2. Dem vorliegenden Antrag liegt zugrunde, daß einerseits der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art144 Abs3 B-VG über Antrag der Beschwerdeführerin zur Entscheidung darüber, ob sie in sonstigen Rechten verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, und daß andererseits der Verwaltungsgerichtshof die an ihn abgetretene Beschwerde zurückgewiesen hat. Es stellt sich daher die Frage, ob in einem solchen Fall ein negativer Kompetenzkonflikt gemäß Art138 Abs1 litb B-VG überhaupt gegeben ist.

Der Verfassungsgerichtshof ist der Ansicht, daß auch bei einer solchen Fallkonstellation ein Kompetenzkonflikt, der von ihm gemäß Art138 Abs1 litb B-VG zu entscheiden ist, vorliegen kann, nämlich dann, wenn entweder die Abtretung unzulässig war, weil es sich um einen Fall handelt, der gemäß Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist und dessen Behandlung daher gemäß Art144 Abs2 B-VG nicht abgelehnt werden dürfte, oder aber, wenn dies nicht der Fall ist, wenn der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit in derselben Sache zu Unrecht verneint hat. Der Verfassungsgerichtshof meint, daß in solchen Fällen ein Kompetenzkonflikt im Sinne des Art138 Abs1 litb B-VG besteht, weil dem Verfassungsgesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, daß er insofern eine Verfassungslücke in Kauf genommen hätte. Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken, §46 Abs1 VerfGG in diesem Sinne auszulegen.

6.3. Damit ist zu prüfen, ob ein Kompetenzkonflikt tatsächlich vorliegt, weil entweder die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde und deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurde, obwohl es sich um einen Fall handelt, der nach Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen ist, oder weil der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit in der Sache zu Unrecht verneint hat.

6.3.1. Die Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof setzt nach Art144 Abs2 B-VG voraus, daß es sich um einen Fall handelt, der nach Art133 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen ist. Gemäß Art144 Abs3 B-VG ist in einem solchen Fall die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde über Antrag des Beschwerdeführers zur Entscheidung darüber, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen Rechten verletzt wurde, dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

Nach der offenkundigen Absicht des Verfassungsgesetzgebers ist weder für die Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde, noch für deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof vorausgesetzt, daß der Beschwerdeführer schon in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde oder im Abtretungsantrag darzulegen hat, in welchen sonstigen Rechten er durch den angefochtenen Bescheid verletzt zu sein behauptet. Vorausgesetzt ist lediglich, daß der Fall an sich von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausgeschlossen ist, die Angelegenheit beispielsweise also deshalb von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen ist, weil es sich um eine Angelegenheit iSd Art133 Z4 B-VG handelt und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden ist.

Daß im konkreten Einzelfall eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nach §34 Abs1 VwGG vorliegen kann, zB weil die Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde oder der Instanzenzug nicht ausgeschöpft ist, hat damit nichts zu tun und steht auch einer Abtretung nicht entgegen.

Voraussetzung einer Abtretung ist lediglich ein darauf gerichteter Antrag sowie der Umstand, daß die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für die Behandlung einer Beschwerde nicht an sich ausgeschlossen ist.

Wird demgegenüber bei einer abgetretenen Beschwerde in einem Fall, der an sich in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt, den Vorschriften über Form und Inhalt von Beschwerden gemäß den §§23, 24, 28 oder 29 VwGG nicht entsprochen, dann bewirkt dies, wie sich aus §34 Abs2 VwGG klar ergibt, nicht die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes; in einem solchen Fall ist vielmehr dem Beschwerdeführer vom Verwaltungsgerichtshof unter Anberaumung einer kurzen Frist die Möglichkeit zur Behebung der Mängel geben.

6.3.2. Macht der Beschwerdeführer vor dem Verfassungsgerichtshof vom Recht auf Stellung eines Abtretungsantrages Gebrauch, dann obliegt es ihm aber auch - spätestens - über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes nach §34 Abs2 VwGG darzulegen, in welchen sonstigen Rechten er verletzt zu sein behauptet. Die alleinige Berufung auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist, wenn es nicht um Angelegenheiten geht, die von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes an sich ausgeschlossen sind, zwar ausreichend, um die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof zu erwirken. Nicht hingegen ist eine Ausnahme von der Erfüllung der Vorschriften über Form und Inhalt einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde vorgesehen. Um dem Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen, seiner Aufgabe gemäß die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, bedarf es vielmehr der Konkretisierung durch den Beschwerdeführer, in welchen sonstigen Rechten er sich verletzt erachtet. Kommt er dieser Konkretisierungspflicht nicht von sich aus nach, dann ist ihm - wie oben bereits angesprochen - die Mangelhaftigkeit seiner Beschwerde gemäß §34 Abs2 VwGG unter Fristsetzung vorzuhalten.

Der Beschwerdeführer hat sodann und deshalb, wie §28 Abs1 Z4 VwGG deutlich macht, darzulegen, in welchen sonstigen Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid verletzt erachtet.

Entspricht er dem Auftrag nicht fristgerecht oder bleibt dem Verwaltungsgerichtshof auch aus einer fristgerecht erstatteten Äußerung unerkennbar, in welchen sonstigen Rechten er verletzt zu sein behauptet, dann kommt die Fiktion des §34 Abs2 letzter Halbsatz VwGG zum Tragen, wonach die Beschwerde als zurückgezogen gilt; dies bewirkt, daß das Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof einzustellen ist.

6.3.3. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Verfahren über die an ihn vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde der E GmbH den Weg eines Mängelbehebungsauftrages gegangen und hat am 9. September 1993 einen solchen Auftrag an die Beschwerdeführerin erteilt.

Die Beschwerdeführung wird aber auch durch Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages nicht unzulässig. Wie sich aus der bereits erwähnten Bestimmung des §34 Abs2 VwGG ergibt, gilt die Beschwerde nämlich für diesen Fall als zurückgezogen.

Ob einem Mängelbehebungsauftrag entsprochen wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen; nach Maßgabe dieser Beurteilung hat er, wenn er dies verneint, das Verfahren einzustellen, weil die Beschwerde Kraft Gesetzes als zurückgezogen gilt. Erblickt er in einer fristgerecht abgegebenen Äußerung die Verbesserung iSd Mängelbehebungsauftrages, dann hat er in die Sache selbst einzutreten.

6.3.4. Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde nach Einlangen der Ergänzung der Beschwerde aufgrund des erteilten Mängelbehebungsauftrages mit der Begründung zurückgewiesen, daß andere als verfassungsrechtliche Gründe von der Beschwerdeführerin (auch) in ihrer Ergänzung der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde nicht vorgebracht wurden. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch in seiner Äußerung im Verfahren über den Kompetenzkonflikt auf das Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes, näher darzulegen, aus welchen Gründen die Zurückweisung der Beschwerde erfolgt ist, nur auf diese Begründung verwiesen. Die Zurückweisung aus diesen Gründen entspricht jedoch nicht dem Gesetz. Erachtete der Verwaltungsgerichtshof die Äußerung der Beschwerdeführerin nämlich nicht als Behebung der vorgehaltenen Mängel, dann galt die Beschwerde ex lege als zurückgezogen; das Verfahren war einzustellen, nicht aber die Beschwerde zurückzuweisen. Erachtete der Verwaltungsgerichtshof jedoch die Äußerung als ausreichend für die Behebung der Mängel, dann überging er, daß ein Mängelbehebungsauftrag nur unter der Voraussetzung erteilt werden kann, daß die Sache von seiner Zuständigkeit nicht an sich ausgeschlossen war; der Verwaltungsgerichtshof berief sich auch nicht darauf, daß aus der Äußerung der Beschwerdeführerin ein Zurückweisungsgrund nach §34 Abs1 VwGG hervorgekommen wäre. Die Zurückweisung der abgetretenen Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof entspricht daher nicht dem Gesetz.

6.3.5. Hieraus ergibt sich, daß ein negativer Kompetenzkonflikt tatsächlich vorliegt und weiters, daß der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes, die Beschwerde zurückzuweisen, nicht dem Gesetz entsprach.

Es war daher auszusprechen, daß die Entscheidung über die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt und der entgegenstehende Beschluß dieses Gerichtshofes aufzuheben.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

8. Kosten waren der Antragstellerin dennoch nicht zuzusprechen, da die - wenn auch zu Unrecht erfolgte - Zurückweisung der Beschwerde ihrem eigenen Antrag entsprach.

Schlagworte

VfGH / Kompetenzkonflikt, VfGH / Abtretung, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit Verwaltungsgerichtshof, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:KI1.1994

Dokumentnummer

JFT_10058786_94K00I01_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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