TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 L518 2213383-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


L518 2213381-1/27E

L518 2213383-1/14E

L518 2213384-1/14E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 26.04.2021 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , alle StA. ASERBAIDSCHAN, die minderjährigen Beschwerdeführer XXXX , XXXX vertreten durch XXXX , alle vertreten durch BBU, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.12.2018, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.04.2021 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als „bP1“ bis „bP3“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Aserbaidschan und brachten nach Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich - mit von dem deutschen Konsulat in Usbekistan für Österreich stellvertretend ausgestellten Visa - am 16.11.2018 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die weibliche bP 1 ist die Mutter der minderjährigen bP 2 und 3.

I.2.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP 1 im Wesentlichen Folgendes vor:

Sie hätte zuletzt seit 14 Jahren in Usbekistan gelebt. Bereits im Jänner 2018, nach dem Tod ihres Ehemannes, hätte sie den Entschluss gefasst nach Österreich zu reisen, da hier ihre beiden Brüder leben und diese ihr helfen könnten. Sie wolle ihre Kinder schützen.

Sie hätte ihre Reisepässe am 14.11.2018 einem bekannten türkischen Staatsbürger gegeben, damit dieser die Pässe zu ihren Eltern nach Aserbaidschan bringen kann. Dies hätte sie getan, da die Visa abgelaufen wären.

Zu den Gründen der Ausreise gab die bP an, dass sie einer in Aserbaidschan unterdrückten georgischen Volksgruppe namens Ingiloyzi angehören würde und ihr Mann und sie sich bemüht hätten, die Traditionen und Sprache beizubehalten. Der Mann habe wegen seiner Aktivitäten Aserbaidschan im Jahre 1982 verlassen und hätte seitdem in Usbekistan gelebt. Er sei nur 2004 nach Aserbaidschan zurückgekommen, um sie zu heiraten und seien sie dann gemeinsam nach Usbekistan gegangen. In Usbekistan und Aserbaidschan hätten sie immer Probleme gehabt. Im Jänner 2018 sei ihr telefonisch mitgeteilt worden, dass der Ehegatte aufgrund einer Gehrindblutung im Krankenhaus sei. Nach seinem Tod hätte die bP 1 ihn zur Bestattung nach Aserbaidschan zurückgebracht. Dann sei sie wieder nach Usbekistan zurück, wo sie den Wohnort gewechselt habe. Sie hätte Angst gehabt in einem fremden Land ohne ihren Mann zu leben.

Auch die Eltern und Brüder wären Aktivisten für die unterdrückte Volksgruppe, deswegen wäre ihren Eltern auch zweimal der Kuhstall angezündet worden. Ein Bruder sei bei einem Unfall verstorben.

Für ihre eigenen Tätigkeiten als Aktivistin könnten „sie“ ihr Haus verbrennen. Sie hätten Angst um das Leben der Söhne und wären deshalb nun nach Österreich gekommen und möchte hier bleiben.

I.2.2. Vor der belangten Behörde brachte die bP 1 in ihren beiden Einvernahmen zum Fluchtgrund im Wesentlichen Folgendes vor:

Einvernahme 10.12.2018

LA: Welche Sprachen sprechen Sie und auf welchem Niveau?

VP: Ich spreche gut Aseri, ich kann auch Georgisch, das ist auch meine Muttersprache, da ich aber weit weg wohnte, spreche ich diese nicht perfekt.

LA: Haben Sie Befangenheitsgründe oder sonstige Einwände gegen die anwesenden Personen?

VP: Nein, habe ich nicht.

[…]      

LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die gestellten Fragen zu beantworten?

VP: Ja.

LA: Sie sind die gesetzliche Vertreterin für Ihre beiden Söhne XXXX . Sollte es auf Fragen abweichende Antworten für Ihre Kinder geben, dann sagen Sie das bitte.

VP: Ja, mache ich.

LA: Leiden Sie an irgendwelchen Krankheiten oder benötigen Sie Medikamente?

VP: Nein, nichts Seriöses.

LA: Sind Ihre Kinder gesund?

VP: Mein jüngster Sohn hat orthopädische Probleme mit seinen Beinen. Er wurde aber bereits in Usbekistan behandelt. Der Ältere hatte Probleme mit den Knien, die Ärzte haben ihm verboten Kampfsportarten und ähnliches zu machen, er solle nur schwimmen.

LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 16.11.2018 von der Polizei befragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit?

VP: Ja, nur die Wahrheit.

LA: Haben Sie in Österreich Verwandte oder andere Personen zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Finanzielle Abhängigkeit gibt es von niemand. Hier in Österreich leben zwei Brüder von mir. Einer ist bereits österreichischer Staatsbürger, er heißt XXXX , der andere hat einen grauen Pass, er heißt XXXX (Anmerkung: IFA 820548703)

LA: Bekommen Sie also von Ihren Brüdern keine finanzielle Unterstützung?

VP: Nein, ich bin von ihnen unabhängig. Ich habe eine eigene Familie und habe selbst gearbeitet.

LA: Haben Sie ein Bankkonto?

VP: Nein.

LA: Über wie viel Geld verfügen Sie derzeit etwa?

VP: Nichts, nur was ich hier bekommen habe.

LA: Wann sind Sie das erste Mal nach Europa gereist?

VP: XXXX .2018.

LA: Sie sind legal mit Visum über Russland und Deutschland nach Österreich eingereist – ist das richtig?

VP: Ich war nicht in Deutschland – ich bin direkt von Moskau nach Wien geflogen.

LA: Wie, wo und für welches Land haben Sie dieses Visum beantragt?

VP: Ich habe mich an eine Touristik Firma gewandt. In Usbekistan gibt es keine österreichische Botschaft. Es wurde gesagt, dass Deutschland für Österreich das Visum ausstellt – es war keine Botschaft sondern ein Visums-Zentrum. Touristik-Firma hat für mich die Unterlagen eingereicht. Sie haben mich begleitet. Ich habe einen Vertrag, den habe ich der Polizei in Salzburg vorgelegt.

LA: Haben Sie Vermögensmittel nachweisen müssen, um die Visa zu bekommen?

VP: Nein, es wurde lediglich eine Arbeitsbestätigung verlangt, es war ein Touristen-Visum.

LA: Hat jemand für Sie eine Verpflichtungserklärung abgeben müssen, damit Sie die Visa bekommen können?

VP: Dazu waren ein gebuchtes Hotel und die Tickets für Hin- und Rückreise nötig und auch medizinische Krankenversicherung.

LA: Sie haben ein Rückreise-Ticket gekauft, im Wissen, dass Sie es nicht benützen werden, ist das richtig?

VP: Ich habe beschlossen, nicht mehr zurückzukehren.

LA: Sie haben somit die Behörden getäuscht und ein Touristen-Visum missbräuchlich beantragt und gebraucht, ist Ihnen das bewusst?

VP: Sie müssen das verstehen, anders hätte ich nicht fliehen können.

LA: Obwohl der Staat Deutschland Ihrer Übernahme bereits zugestimmt hat, macht Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch und prüft die Verfahren Ihrer Familie inhaltlich. Aufgrund der österreichischen Visa ist Österreich für Ihre Verfahren zuständig und es liegt keine Dublin-Zuständigkeit Deutschlands vor.

Ihr Verfahren wird vorerst nicht zugelassen. Es wird geprüft, ob Ihr Antrag im Zulassungsverfahren abzuweisen ist.

LA: Geben Sie einen Überblick von wann bis wann Sie wo gelebt haben.

VP: Von meiner Geburt 1975 bis 2004 lebte ich in Aserbaidschan. Nach der Heirat zog ich im Februar 2004 nach Usbekistan, wo ich mich bis zum XXXX .2018 aufgehalten habe.

LA: Welche Ausbildung haben Sie?

VP: Hochschulabschluss.

LA: Wo haben Sie von wann bis wann gearbeitet?

VP: Als Mathematiklehrerin von 1997 bis 2004 in Aserbaidschan. Dann sind meine Kinder auf die Welt gekommen und da habe ich nur noch fallweise gearbeitet. Von 2016 bis 2018 habe ich Vollzeit als Lehrerin in Usbekistan gearbeitet.

LA: Können Sie ungefähr sagen wie viel Sie in Aserbaidschan und in Usbekistan verdient haben?

VP: In Usbekistan zwischen 100 und 150 USD. Was ich Aserbaidschan verdient habe, weiß ich nicht mehr, es war in Landeswährung und ist schon sehr lange aus.

LA: Haben Sie gefühlsmäßig in Aserbaidschan oder Usbekistan mehr verdient, oder etwa gleich viel?

VP: Genau kann ich das nicht sagen, aber ungefähr gleich.

LA: Wurde Ihnen das Geld jeweils bar ausbezahlt?

VP: 20 % bar und 80 % überwiesen – es war ein Gehaltskonto. Ein richtiges Bankkonto habe ich nicht, das ist nur ein Konto, wo mein Gehalt hinüberwiesen wird.

LA: Sie haben eine Karte mit der Sie von diesem Konto Geld abheben können, oder?

VP: Ja, gegen eine Gebühr von einem Prozent kann ich von diesem Konto Geld abheben.

LA: Wie ist der derzeitige Kontostand?

VP: Da ich jetzt nicht arbeite, kommt jetzt kein Geld auf dieses Konto.

LA: Haben Sie dieses Konto benötigt, um den Ablauf des Visums abzuwickeln?

VP: Zur Abwicklung habe ich es nicht benötigt, aber Dienstleistungen habe ich damit bezahlt. Beim Reisebüro habe ich bar bezahlt.

LA: Können Sie Auszüge von diesem Konto von den letzten 6 Monaten bis heute mitnehmen?

VP: Da muss ich mich an die Bank wenden.

LA: Dann machen Sie das.

LA: Was können Sie mir über Ihren Mann erzählen – wo hat er sein Leben verbracht?

VP: Von seiner Geburt 1961 bis 1982/83 hat er in Aserbaidschan gelebt. Damals war noch Sowjetunion. Von 1982/83 bis zu seinem Tod im Jänner 2018 hat er dann in Usbekistan gelebt.

LA: Was hat Ihr Mann gearbeitet?

VP: Er hat auf der Universität in Usbekistan in einer Lagerhalle gearbeitet.

LA: Bekommen Sie jetzt nach dem Tod Ihres Mannes eine Witwenrente?

VP: Ich habe von der Uni, seinem Arbeitgeber eine Einmalzahlung bekommen, ca. 200 USD. Eigentlich sollte ich auch vom Staat etwas bekommen, das wurde jedoch noch nicht verrechnet.

LA: Haben Sie das beim Staat angesucht?

VP: Ja, ich habe mich schon an die Behörden gewandt, der Antrag wird noch bearbeitet. Einmal habe ich noch vom Staat zw. 70 und 80 USD Beerdigungsgeld bekommen.

LA: Woran ist Ihr Mann gestorben?

VP: Mir wurde mitgeteilt, dass mein Mann im Krankenhaus liegt. Noch bevor ich zu ihm kam, ist er verstorben. Mir wurde gesagt, dass er verletzt wurde und daran gestorben ist.

LA: Haben Sie einen Bericht von der Polizei oder dem Krankenhaus?

VP: Ich könnte was besorgen, eine Sterbeurkunde habe ich mit.

LA: Steht in den Unterlagen etwas über die Todesursache?

VP: Er hatte großflächige Blutungen im Weichgewebe des Gehirns und er hatte auch noch andere Verletzungen.

LA: Warum sind Sie von Usbekistan jetzt nach Österreich gekommen?

VP: Es war für meine Kinder dort gefährlich zu leben.

LA: Warum?

VP: Mein Mann sagte zu mir, falls er nicht mehr am Leben ist, soll ich wegfahren.

LA: Sie haben doch über 14 in Usbekistan gelebt und dort auch gearbeitet, warum müssten Sie jetzt plötzlich ausreisen – wo besteht die Gefahr für Ihre Kinder?

VP: Mein Mann hat gesagt, wenn er stirbt, soll ich mit den Kindern wegfahren. Wenn er nicht mehr da sei, wäre es für mich und die Kinder gefährlich. Ich konnte nicht nach Aserbaidschan zurückkehren, dort ist es auch gefährlich. Weil meine Brüder hier sind kam ich hierher.

LA: Sie haben aber angegeben, dass Ihre Eltern und eine Schwester nach wie vor in Aserbaidschan leben, warum könnten Sie nicht dort leben?

VP: Meine Eltern sind schon alt, mein Mann hat eine ethnische Volksgruppe unterstützt zu der auch wir gehören. Das war auch der Grund, warum mein Mann schon damals Aserbaidschan verlassen musste. Er zog nach Usbekistan. Er hat zwar dann seine Heimat besucht aber nie wieder dort gelebt.

LA: Können Sie sagen, dass nach über 14 Jahren sich nichts geändert hat und noch immer gewisse Ethnien in Aserbaidschan Probleme hätten?

VP: Dazu kann ich schon etwas sagen und zwar die Rechte meiner ethnischen Gruppe sind genauso wie vor 14 Jahren eingeschränkt.

LA: Was für eine Ethnie wäre es?

Anmerkung: Der Dolmetscher versucht etwas in kyrillischer Sprache zu finden und zu übersetzen. (INGILOYS – engl.)

LA: Was würde diese Ethnie auszeichnen – in Sprache, Kultur und Religion?

VP: Sprache ist Georgisch, die Religion ist Islam und wir haben eine eigene Kultur. Meine Brüder haben denselben Fluchtgrund gehabt.

LA: Warum würden Sie wegen dieser Gruppe Probleme haben – warum können Sie nicht zurück?

VP: Wir können zum Beispiel einem neugeborenen Kind keinen georgischen Vornamen geben. In den Sowjetzeiten gab es eine georgische Schule, die gibt es zwar nach wie vor, aber es wird gedrängt, dass man eine aserbaidschanische oder russische Schule besuchen soll.


Anmerkung: Der Dolmetscher übersetzt eine relevante Passage aus den Länderinformationen betreffend Ethnien.

LA: Möchten Sie dazu etwas sagen?

VP: Aber wir möchten unsere Bräuche bewahren, keinem steht es zu diese zu zerstören.

LA: Wie kommen Sie auf die Idee, dass Sie Einschränkungen zu befürchten hätten und Ihnen jemand nicht erlauben würde Ihre Bräuche auszuüben?

VP: Nach meiner Ausreise nach Aserbaidschan habe ich regelmäßig meine Heimat besucht und weiß wie es dort ist. Ich habe meinen Mann dort beerdigt. Ich war dort von 25.01.2018 bis 19.03.2018.

LA: Was haben Sie dort erlebt, was Sie auf die Idee bringen würde, dass Sie dort Probleme hätten?

VP: Ich war in Trauer, ich bin nicht aus dem Haus rausgegangen, auch nicht meine Kinder. Es ist eine Tradition, man darf nach der Beerdigung 40 Tage lang nicht zum Grab gehen, ich habe das dort abgewartet, dann ging ich zu Grab und kehrte wieder zurück. In der Zeit, wo ich nicht zuhause war, haben meine Nachbarn mir berichtet, dass jemand da war und nach uns gefragt hätte, ich weiß aber nicht warum. Danach nahm ich eine Mietwohnung in XXXX bis zur Ausreise.

LA: Können Sie mir erklären warum jemand genau nach Ihnen suchen würde, den Sie nicht kennen?

VP: Mein Mann hat mir nicht alle Details erzählt, aber er hat INGILOYS unterstützt. Ich glaube es ist der Grund, warum man nach uns gefragt hat.

LA: Hat es einen konkreten Grund oder Vorfall gegeben, warum Sie Usbekistan verlassen hätten müssen?

VP: Konkrete Bedrohungsszenarien gab es keine. Ich bin kaum aus dem Haus rausgegangen. Ich habe bereits erzählt, dass die Nachbarn erzählt haben, dass jemand nach uns gefragt hat. Eine Bekannte von der Schule hat auch erzählt, dass jemand in der Schule war und nach mir gefragt hätte.

LA: Sie haben vorhin angegeben, dass Sie seit 2 Jahren eine Vollzeitanstellung an der Schule haben, nun behaupten Sie, dass Sie kaum mehr aus dem Haus rausgegangen sind?

VP: Ich bin schon zu meiner Arbeit gegangen, auch meine Kinder gingen zu der Schule. Diese wird bewacht, da habe ich mich sicher gefühlt. Ich bin abends nie aus der Wohnung rausgegangen, das habe ich damit gemeint.

Anmerkung: Der VP wird eine Mitteilung gemäß § 29 vorgelegt. Der Inhalt und die Auswirkungen werden der VP ausführlich erklärt und die VP unterzeichnet diese. Eine Kopie wird ausgehändigt. Der VP wird mitgeteilt, dass zeitnahe ein weiterer Termin zu einem Parteiengehör mit Rechtsberatung stattfindet. Die VP unterschreibt und erhält eine Kopie.

Anmerkung: Der VP werden die Länderinformationsblätter zur aktuellen Lage in Aserbaidschan ausgefolgt. Der VP wird der Inhalt erklärt und bekanntgegeben, dass sie bis zum Parteiengehör Ende dieser oder Anfang nächster Woche Zeit hat eine mündliche oder schriftliche Stellungnahme dazu abzugeben.

Anmerkung: Der VP wird aufgetragen Ihre Kontoauszüge bei der Bank organisieren und vorlegen.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Ich möchte noch anführen, dass bei der Beerdigungszeremonie Menschen anwesend waren, die ich nie zuvor gesehen habe.

Frage an die Rechtsberaterin: Ist für die Rechtsberatung noch etwas offen?

RB: Nein.

Die bisherige Niederschrift wird nun rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

Zu dem Konto und der Visumsbeschaffung: 

VP: Ich habe eine Bankbestätigung bei der Botschaft vorgelegt. Ich habe ein Konto eröffnet mit 4.001 USD. Vor meiner Abreise habe ich dieses Konto wieder aufgelöst.

LA: Wo ist das Geld jetzt – haben Sie darauf Zugriff?

VP: Ich habe damit die Flugtickets und das Hotel bezahlt, den Rest habe ich mitgenommen und mittlerweile aufgebraucht.

LA: Haben Sie das Geld selbst erwirtschaftet, oder woher hatten Sie es?

VP: Es waren unsere Familienersparnisse.

LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

VP: Ausgezeichnet.

LA: Hat Ihnen der Dolmetscher das rückübersetzt, was Sie gesagt haben?

VP: Ja.

[…]

Einvernahme 13.12.2018

LA: Sie haben mir einen Youtube-Link geschickt – um was geht es dabei?

VP: Es wird dabei berichtet, dass Lehrbücher aus Georgien nach Aserbaidschan in das Dorf gebracht wurden, wo ich gewohnt habe. Diese Bücher waren für die georgischen Schulen bestimmt. Im Video ist auch zu sehen, wie die aserbaidschanischen Polizisten die Lehrbücher den Kindern wieder wegnehmen und die Bücher wieder zurückgeben. Die Kinder weinen dabei. Die Erwachsenen waren mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden, konnten aber nichts machen.

LA: Wer hätte diese Bücher gebracht?

VP: Es war ein Vertreter von dem georgischen Bildungsministerium.

LA: Kommen Sie in dem Video vor oder hat es sonst einen besonderen Bezug zu Ihnen?

VP: In diesem Video bin ich nicht zu sehen, aber es geht um meine Heimat und um mein Dorf. Dort sollten meine Kinder zur Schule gehen. Wenn ich dort geblieben wäre, hätte das direkt meine Kinder betroffen.

LA: Hätten Ihre Kinder dann dort nicht Georgisch lernen können?

VP: Unsere Muttersprache ist Ingiloisch – es ist Georgisch mit einem Dialekt, wir haben keine eigene Schrift sondern nur Georgisch. Es ist wie Aserbaidschanisch und Türkisch. Es ist zwar ein Dialekt, aber wir können uns mit Georgiern zu 100 % verständigen.

LA: Wo befindet sich Ihr Reisepass derzeit?

VP: Mein Visum war abgelaufen, ich habe Türken gebeten meinen Reisepass nach Aserbaidschan zu schicken.

LA: Wo und wann hätten Sie diesen Türken die Pässe übergeben?

VP: In Salzburg bei einem Kebap-Stand in der Nähe des Hotels XXXX , wo ich gelebt habe. Da habe ich diese Türken gebeten, meinen Pass meinen Eltern zu schicken

LA: Warum hätten Sie das so veranlassen sollen – können Sie das erklären?

VP: Weil das Visum einfach nicht mehr gültig war.

LA: An welchen Tag haben Sie den Pass an einen Türken gegeben?

VP: Das Visum war bis XXXX .2018 gültig – ich habe mich entschieden nicht zurückzufahren. Ich habe meinen Pass am 14.11.2018 dem Türken übergeben.

LA: Sie haben diesen Türken erst in Österreich kennen gelernt, richtig?

VP: Ja, ich kannte sie vorher nicht.

LA: Noch einmal, warum hätten Sie den Pass zu den Eltern schicken sollen – ein abgelaufenes Visum ist doch kein Grund dafür? Versuchen Sie nicht eher dadurch eine Abschiebung zu erschweren?

VP: Ich wollte einfach hierbleiben, denn dieses Dokument habe ich hier nicht mehr gebraucht. Ich dachte, dass der Pass ohne Visum nicht mehr gültig ist.

LA: Sie haben das bei der Befragung am Montag angegeben, dass Sie in Aserbaidschan gelebt haben, bis Ihr Mann Sie geheiratet und zu sich nach Usbekistan geholt hätte – ist das so korrekt?

VP: Ja, mein Mann lebte schon in Usbekistan, heiratete mich in Aserbaidschan und nahm mich mit nach Usbekistan.

LA: War das der Grund warum Sie 2004 Aserbaidschan verlassen haben?

VP: Ja, das war wegen der Heirat. Aber ich konnte nicht mehr in Aserbaidschan leben, da mein Mann dort nicht mehr leben konnte.

LA: Welche Staatsangehörigkeit hatte Ihr Ehemann?

VP: Usbekische. Er wollte nicht mehr nach Aserbaidschan zurückkehren. Er ist 1982/83 von dort geflohen.

LA: Was wären damals seine Fluchtgründe gewesen? 

VP: Mein Mann hat eine georgische Schule besucht und abgeschlossen, er war auch sehr aktiv. Er wollte die Traditionen unserer Volksgruppe bewahren und hat auch viele andere Landsleute unterstützt. Er konnte in Aserbaidschan nicht studieren, deshalb reiste er aus.

LA: Waren Sie in Aserbaidschan jemals in Haft?

VP: Nein.

LA: Bestehen gegen Sie aktuelle Fahndungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbriefe oder ähnliches in Aserbaidschan?

VP: Nein.

LA: Sind Sie je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich betroffen gewesen?

VP: Nein.

LA: Sind Sie je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

VP: Nein.

LA: Haben Sie die Kontoauszüge mitgebracht, um die ich Sie ersucht hatte?

VP: Ich habe meine Freundin gebeten und sie ist zur Bank gegangen. Sie hat aber keine Informationen bekommen – die sagten ihr, dass Sie eine Vollmacht von mir brauchen würde. Ich versuche persönlich mit der Buchhaltung Kontakt aufzunehmen, um diese zu besorgen – dazu brauche ich noch etwas Zeit.

LA: Können Sie den Kontostand nicht online abfragen?

VP: Onlinefunktion bei diesem Konto habe ich nicht – wir haben eine Funktion, mit der man bei Kontobewegungen SMS bekommt, aber ich habe die usbekische SIM-Karte nicht mehr, wo diese SMS drauf wären.

LA: Was haben Sie mit der SIM-Karte gemacht – weggeworfen?

VP: Da muss ich meinen Sohn fragen, ich habe ihm gesagt, dass er sie rausnehmen soll. Sie ist jetzt blockiert und funktioniert nur in Usbekistan.

LA: Wenn ich diese SIM-Karte hier in Österreich in ein Telefon geben würde, könnte ich keine SMS oder anderes sehen?

VP: Ich weiß es nicht, man müsste es ausprobieren – mit dem Internet kenne ich mich nicht gut aus.

LA: Wo genau haben Sie in Aserbaidschan gelebt?

VP: In XXXX .

LA: Wo leben Ihre Eltern und Ihre Schwester?

VP: Auch in dieser Siedlung.

Anmerkung: Der VP wird eine Karte von Aserbaidschan vorgelegt. Die VP zeigt markiert auf der Karte Ihren früheren Wohnort und den Wohnort der Eltern.

LA: Können Sie die genaue Adresse angeben?

VP: Meine Eltern leben in der Straße XXXX und meine Schwester wohnt in der anderen Straße, ich weiß nicht wie diese heißt.

LA: Wie ist dort die Wohnsituation?

VP: Sie haben Häuser, so wie hier.

LA: Könnten Sie bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan zumindest vorübergehend bei Ihren Eltern/Ihrer Schwester wohnen – ungeachtet von anderen Einflussfaktoren?

VP: Bei meiner Schwester kann ich nicht wohnen, ihr Haus ist „voll“. Bei meinen Eltern kann ich nur zu Besuch bleiben, für ein paar Tage.

LA: Wo haben Sie die 2 Monate gewohnt, als Sie das letzte Mal in Aserbaidschan waren?

VP: Ich wohnte im Elternhaus meines verstorbenen Mannes, wo die Familie seines jüngsten Bruders wohnt.

LA: Könnten Sie in Aserbaidschan wieder arbeiten?

VP: Wegen der Last, die auf mir liegt, kann ich das nicht. Ich kann nicht dorthin, meine Rechte würden dort eingeengt. Es ist für mich gefährlich. Meinen Eltern wurde schon zweimal der Viehstall angezündet. Es kommt zu keinen weiteren Handlungen, weil sie schon so alt sind. Mein Bruder kam bei einem inszenierten Autounfall um.

LA: All diese Probleme hängen mit der Volksgruppenzugehörigkeit zusammen?

VP: Ja und auch wegen Unterstützung von anderen Menschen, die zu unserer Volksgruppe dazugehören.

Betreffend Volksgruppenzugehörigkeit:

LA: Welcher islamischen Richtung gehören die Ingiloi an?

VP: Sunnit.

LA: Gibt es bei den Ingiloi auch andere Glaubensströmungen?

VP: Ich kann nur von meiner Familie sprechen – wir sind alle Sunniten – von anderen Glaubensrichtungen habe ich nie etwas gehört.

LA: Können Sie sagen wie viele Ingiloi-Angehörige es in Aserbaidschan etwa gibt? Wie viel prozentuell zur Gesamtbevölkerung?

VP: Ich kann’s nur schätzen – vielleicht sind es 40.000 vielleicht auch 100.000 Personen. In unserem Dorf leben ca. 10.000 Einwohner und fast alle sind Inglioyer. Ich meine da auch andere Glaubensrichtungen – zB Georgier die Christen sind.

LA: Wo lebt die Mehrheit der Angehörigen dieser Volksgruppe?

VP: In Zaqatala hauptsächlich.

LA: Sonst noch in einer größeren Stadt vielleicht auch?

VP: Nicht das ich wüsste, hauptsächlich eben in Zaqatala. Das Territorium heißt Saingilo.

LA: Lesen Sie bitte folgenden Satz laut vor.

Georgisch:

????? ???? ??????? ?????????? ??????? ?????????? ??????????? ????????? ???? ??????????? ??????? (AsylG) 57 ?????? ????????.

Deutsche Übersetzung:

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

LA: Nun übersetzen Sie den Satz in das Russische und sagen Sie Ihn möglichst wortwörtlich dem Dolmetscher auf.

Dolmetscher: Vom Sinn her richtig übersetzt – zusammengefasst eine abweisende Entscheidung zu einem Aufenthaltstitel.

VP: Ich habe keine georgische Schule besucht und deshalb bin ich mit der georgischen Grammatik nicht vertraut.

LA: Haben die Inglioy irgendwelche Bräuche oder Traditionen, die sie von den anderen Muslimen in Aserbaidschan unterscheiden würden?

VP: Wir haben hauptsächlich dieselben Feiertage, wie die anderen Moslems. Wir haben eine traditionelle Küche zum Beispiel.

LA: Wenn Sie jetzt nach Aserbaidschan zurückmüssten, inwiefern würden Sie eingeschränkt sein?

VP: Ich kann auf keinen Fall zurück – eher würde ich hier einen Suizid begehen. Ich kann meinem Enkelkind keinen georgischen Namen geben. Wenn man die georgische Schule besucht hat, kann man danach keinen Job finden. Man wird einfach wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt.

LA: Sind die Vornamen Ihrer Söhne georgischen Ursprungs?

VP: Den ersten Sohn nannten wir zu Ehren des Großvaters ( XXXX , Anm.), der Vorname des zweiten Sohnes ( XXXX , Anm.) ist georgisch.

LA: Möchten Sie zu den Länderinformationen heute eine Stellungnahme abgeben?

VP: Diese Informationen haben Sie aus dem Internet, Sie haben dort nicht gewohnt und haben es auch nicht gespürt. Sie wissen nicht wie es dort zugeht, so etwas steht nicht im Internet.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: In dem Link, was ich Ihnen geschickt habe, gibt es auch ein Video auf Deutsch. In den Informationsblättern von Ihnen steht, dass Aserbaidschan nicht korrupt ist – in diesem Video wird das Gegenteil bewiesen. Aserbaidschan ist eines der korruptesten Länder der Welt. Ich will Ihnen von den fingierten Autounfall erzählen, wo mein Bruder getötet wurde. Er wollte seinem Sohn einen georgischen Namen, XXXX , geben. In der Geburtsurkunde wurde jedoch XXXX eingetragen. Mein Bruder hat immer gegen die Behörden gekämpft. Am Hochzeitstag von meinem Bruder XXXX wurde ein Autounfall für meinen Bruder XXXX inszeniert, bei diesem Autounfall kam er ums Leben, das war am XXXX .2010. Auch er wollte seinem Kind einen georgischen Namen geben. Ich bin auch bei dieser Hochzeit gewesen, aber diese fand nicht statt. Wenn ich in diesem Auto gewesen wäre, wäre ich jetzt nicht mehr am Leben.

(VP ist aufgebracht und hat immer wieder Tränen in den Augen, Anm.)

LA: Wann war der inszenierte Unfall von Ihrem Bruder mit dem Sohn XXXX ?

VP: XXXX ist der Vater vom XXXX .

VP: Auch mein Bruder XXXX von so einem fingiertem Autounfall betroffen gewesen, er hat es aber überlebt. Er war der einzige, der am Leben geblieben ist. Alle anderen Autoinsassen kamen dabei ums Leben.

LA: Sind Ihre Brüder dann gleich geflohen?

VP: XXXX ist gleich nach dem Unfall geflohen, XXXX ist nach dem Tod von XXXX geflohen.

LA: Ist Ramazan gleich danach geflohen und wohin?

VP: Er ist nicht gleich ausgereist, sondern anderthalb Jahre später – er hat ja geheiratet – es fand aber wegen des Unfalls keine Hochzeit statt. 2013 wurde mein Mann in XXXX vergiftet und kam ins Krankenhaus. Ende Dezember 2017 wurde er zusammengeschlagen.

LA: Warum haben Sie das bisher in keinen Befragungen erzählt, sondern kommen erst jetzt damit?

VP: Wissen Sie, ich habe so viel zu erzählen und wurde nicht konkret danach gefragt. Deswegen kann ich das nicht erzählen, weil Sie mich unterbrechen. Außerdem wurde mein Mann auch schon vor unserer Heirat zusammengeschlagen, ihm wurde die Nase gebrochen. Ich kann Ihnen da auch Fotos zeigen, wie er davor und danach ausgesehen hat.

LA: Stehen diese Verletzungen Ihrer Meinung nach in Verbindung mit Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

VP: Ja, auf jeden Fall. Mein Mann hat andere Ingiloy finanziell unterstützt. Von diesem Geld wurden die Ingiloy in der Heimat unterstützt. Von dem Geld wurden Lehrbücher gekauft. Es gab auch eine Internet-Seite wo die Leute kommuniziert haben.

LA: Diese Verletzungen und das Vergiften hat alles in Usbekistan stattgefunden?

VP: Ja, deshalb kann ich auch dorthin nicht zurückgehen. Wir haben im Jänner 2004 geheiratet. Die Hochzeitsfeier fand in einem Restaurant statt. Aus Angst war mein Mann nicht auf der eigenen Hochzeit anwesend. Er hat nur ein paar Verwandte im Haus seiner Eltern zusammengerufen und dort gefeiert. 2004-2018 war mein Mann nur einmal in seiner Heimat. Das war 2012 bei der Beerdigung seines Bruders für eine Woche.

LA: Welchen Bruder meinen Sie?

VP: Sein Bruder hieß XXXX . Er war sein jüngerer Bruder.

LA: Wie ist dieser gestorben?

VP: Krankheitsbedingt.

LA: Ihr Mann war seit 2004 wirklich nur einmal in Aserbaidschan und zwar 2012 – bleiben Sie dabei?

VP: Ja. Dann ist mein Mann 2018 gestorben – ich kann Ihnen medizinische Atteste nachbringen.

LA: Ihr Mann ist schon 1982/83 aus Aserbaidschan ausgereist, jetzt behaupten Sie dass er wegen der Volksgruppenzugehörigkeit in Usbekistan verletzt, vergiftet und vielleicht sogar getötet worden wäre – wie können Sie das erklären?

VP: Es herrscht Visumsfreiheit, man kann jederzeit ein- und ausreisen. Ich bin überzeugt, dass da aserbaidschanische Behörden dahinter stecken – zB KGB.

LA: Was hätten die aserbaidschanischen Behörden für ein Interesse Angehörige einer derart kleinen Volksgruppe bis ins Ausland zu verfolgen und zu verletzen oder gar zu töten?

VP: Es ist auch eine Territorialfrage, damals war es eine georgische Region. Wenn die Lehrbücher aus Georgien dort verteilen, dann würde man die Menschen auf die georgische Seite ziehen und das will die aserbaidschanische Behörde auf keinen Fall zulassen. Es ist ein Konflikt zwischen Georgien und Aserbaidschan. Es ist kein kriegerischer Konflikt, sondern ein Staatsproblem.

In meinen Nachbarsdörfern, wo früher noch Ingliyisch gesprochen wurde, spricht heute keiner mehr so, sondern alle nur Aserbaidschanisch. 2017 hat uns XXXX in XXXX besucht. Seine Familie war mit. Wir haben uns getroffen. Seitdem wurde mein Mann noch mehr verfolgt.

LA: Erklären Sie möglichst genau, wie die Autounfälle fingiert worden sind, wo Verwandte von Ihnen absichtlich getötet worden wären?

VP: Beweise dafür, dass diese Unfälle inszeniert worden sind habe ich nicht. Die beiden haben in XXXX Medizin studiert, haben auch Beziehungen zum georgischen Ministerium gehabt. Wir haben eine andere Mentalität. Es kann doch kein Zufall, dass einer nach dem anderen durch einen Autounfall ums Leben kommt, oder der Viehstall angezündet wird. So viele Zufälle gibt es nicht.

LA: Wie genau sind die Tötungen durch Autounfälle abgelaufen? Nennen Sie alle technischen Details.

VP: Den Hergang von diesen Unfällen weiß ich nicht, ich weiß auch nicht, ob etwas manipuliert wurde. Wir wollten eine Hochzeit feiern und dann passiert so etwas.

LA: Hat sich jemand dazu bekannt?

VP: Ich weiß nicht, ob die Verfahren noch offen sind – ich habe keine Informationen, dass jemand sich schuldig bekannt hätte.

Frage an die Rechtsberaterin: Ist für die Rechtsberatung noch etwas offen?

RB: Nein.

Die bisherige Niederschrift wird nun rückübersetzt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

Korrekturen:

Seite 2, Abs. 2: Statt Ministerium war Aktivisten gemeint.

Seite 2, Abs. 5: Das Visum war fast abgelaufen, nicht bereits abgelaufen.

Seite 5, Abs. 1: Ich habe nicht gemeint hauptsächlich in XXXX , sondern auch in XXXX .

Seite 6, Abs. 8:  Ich möchte erwähnen, dass mein Ehegatte nicht direkt bei der Beerdigung dabei war, er hat es terminlich nicht geschafft. Er war erst eine Woche später bei der Trauerfeier dort und zwar für drei Wochen und nicht nur für eine.

LA: Die Glaubensströmung von Ihrer Volksgruppe Ingiloy sunnitisch?

VP: In meiner Familie sind alle Sunniten, ob mittlerweile andere Ingiloyer andere Glaubensrichtungen haben, kann ich nicht sagen. Ich habe noch nie gehört, dass ein Ingiloyer ein Schiite wäre.

[…]      

LA: Hat Ihnen der Dolmetscher das rückübersetzt, was Sie gesagt haben?

VP: Ja.

[…]      

VP: Ich möchte noch sagen, warum ich nach Österreich und nicht zB. nach Russland gegangen bin. Ich möchte, dass der österreichische Staat hier mich und meine Kinder beschützt. Außerdem sind meine Brüder hier, zur Unterstützung.

[…]      

I.2.3. bP2 – bP3 beriefen sich auf die Gründe der bP1 und auf den gemeinsamen Familienverband und wurde die bP 2 lediglich 2x kurz einvernommen.

Vorgelegt vor dem BFA wurde von den bP:

?        Flugtickets

?        Rechnungen und Informationen von einem Reisebüro zu den Buchungen, Versicherung und Visumserlangung

?        Heirats- und Sterbeurkunde mit russischer Übersetzung

?        Kopie der Reisepässe mit gültigen Schengen-Visum

I.3. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen gewährt.

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

-        Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Ihre Identität konnte mittels der Kopie Ihres Reisepasses mitsamt einem von den deutschen Behörden für die österreichische Botschaft ausgestellten Schengen-Visums und dem Abgleich Ihrer Daten mit der VIS-Datenbank festgestellt werden.

Die Herausgabe Ihres Reisepasses haben Sie verweigert und behaupten diesen über einen zufällig kennengelernten Türken an Ihre Eltern nach Aserbaidschan geschickt zu haben.

Dass Sie Staatsangehörige Aserbaidschans, einer georgischen Volksgruppe und der Religionsgemeinschaft der Sunniten angehören, sowie dass Sie aus der dem Dorf XXXX stammen, ergibt sich aus Ihren plausiblen Angaben, sowie aus den vorhandenen Sprach- und Ortskenntnissen.

Dass Sie in Aserbaidschan geboren sind, sowie den Großteil Ihres Lebens (29 Jahre) ebendort verbracht haben, ist durchaus plausibel und es ist auch kein Grund ersichtlich, Ihnen in diesem Zusammenhang keinen Glauben schenken zu können. Auch wird Ihnen geglaubt, dass Sie nach Ihrer Heirat mit einem Usbeken im Jahre 2004 nach Usbekistan verzogen sind und bis zu Ihrer Einreise in Europa dort gelebt haben.

Die Feststellung, dass Sie arbeitsfähig sind, ergibt sich aus Ihren Angaben im Verfahren. Sie gaben an, nach einem Universitätsstudium in Aserbaidschan sieben Jahre lang als Mathematiklehrerin gearbeitet zu haben. Nach Ihrer Heirat und den Geburten Ihrer beiden Söhne haben Sie 2016 in Usbekistan wieder zu arbeiten begonnen. Sie hatten zuletzt bis zur Ausreise eine Vollzeitanstellung als Lehrerin.

Die Feststellung zu Ihrer Gesundheit ergibt sich aus Ihren Angaben. Sowohl bei der Befragung durch die Polizei, als auch später im Rahmen der beiden Parteiengehöre vor dem BFA haben Sie jeweils angegeben, keine Beschwerden, Verletzungen oder Erkrankungen zu haben, auch würden Sie keine Medikamente benötigen.

-        Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Sie haben im Rahmen der Erstbefragung vor der Polizei Folgendes dazu angegeben:

Ihr Ehemann wäre im Jänner 2018 verstorben, Ihre Eltern und eine Schwester würden in Aserbaidschan leben. Sie hätten zuletzt seit 14 Jahren in Tashkent, Usbekistan, gelebt. Sie hätten bereits im Jänner 2018, nach dem Tod Ihres Ehemannes, den Entschluss gefasst nach Österreich zu reisen, da hier Ihre beiden Brüder leben und diese Ihnen helfen könnten.

Zu den Gründen Ihrer Ausreise gaben Sie an, dass Sie einer in Aserbaidschan unterdrückten, georgischen Volksgruppe namens Ingiloyzi angehören würden und Ihr Mann sich bemüht hätte die Traditionen und Sprache beizubehalten – aus diesem Grunde hätte er Aserbaidschan im Jahre 1982 verlassen und hätte seitdem in Usbekistan gelebt. Nach seinem Tod hätten Sie ihn zur Bestattung nach Aserbaidschan zurückgebracht.

Am 10.12.2018 haben Sie bei einer ersten Befragung vor dem BFA Folgendes dazu angegeben:

LA: Warum sind Sie von Usbekistan jetzt nach Österreich gekommen?

VP: Es war für meine Kinder dort gefährlich zu leben.

LA: Warum?

VP: Mein Mann sagte zu mir, falls er nicht mehr am Leben ist, soll ich wegfahren.

LA: Sie haben doch über 14 in Usbekistan gelebt und dort auch gearbeitet, warum müssten Sie jetzt plötzlich ausreisen – wo besteht die Gefahr für Ihre Kinder?

VP: Mein Mann hat gesagt, wenn er stirbt, soll ich mit den Kindern wegfahren. Wenn er nicht mehr da sei, wäre es für mich und die Kinder gefährlich. Ich konnte nicht nach Aserbaidschan zurückkehren, dort ist es auch gefährlich. Weil meine Brüder hier sind, kam ich hierher.

LA: Sie haben aber angegeben, dass Ihre Eltern und eine Schwester nach wie vor in Aserbaidschan leben, warum könnten Sie nicht dort leben?

VP: Meine Eltern sind schon alt, mein Mann hat eine ethnische Volksgruppe unterstützt zu der auch wir gehören. Das war auch der Grund, warum mein Mann schon damals Aserbaidschan verlassen musste. Er zog nach Usbekistan. Er hat zwar dann seine Heimat besucht aber nie wieder dort gelebt.

LA: Können Sie sagen, dass nach über 14 Jahren sich nichts geändert hat und noch immer gewisse Ethnien in Aserbaidschan Probleme hätten?

VP: Dazu kann ich schon etwas sagen und zwar die Rechte meiner ethnischen Gruppe sind genauso wie vor 14 Jahren eingeschränkt.

LA: Was würde diese Ethnie auszeichnen – in Sprache, Kultur und Religion? […]

LA: Warum würden Sie wegen dieser Gruppe Probleme haben – warum können Sie nicht zurück?

VP: Wir können zum Beispiel einem neugeborenen Kind keinen georgischen Vornamen geben. In den Sowjetzeiten gab es eine georgische Schule, die gibt es zwar nach wie vor, aber es wird gedrängt, dass man eine aserbaidschanische oder russische Schule besuchen soll.

[…]

LA: Was haben Sie dort erlebt, was Sie auf die Idee bringen würde, dass Sie dort Probleme hätten?

VP: Ich war in Trauer, ich bin nicht aus dem Haus rausgegangen, auch nicht meine Kinder. Es ist eine Tradition, man darf nach der Beerdigung 40 Tage lang nicht zum Grab gehen, ich habe das dort abgewartet, dann ging ich zu Grab und kehrte wieder zurück. In der Zeit, wo ich nicht zuhause war, haben meine Nachbarn mir berichtet, dass jemand da war und nach uns gefragt hätte, ich weiß aber nicht warum. Danach nahm ich eine Mietwohnung in Tashkent bis zur Ausreise.

LA: Können Sie mir erklären warum jemand genau nach Ihnen suchen würde, den Sie nicht kennen?

VP: Mein Mann hat mir nicht alle Details erzählt, aber er hat INGILOYS unterstützt. Ich glaube es ist der Grund, warum man nach uns gefragt hat.

LA: Hat es einen konkreten Grund oder Vorfall gegeben, warum Sie Usbekistan verlassen hätten müssen?

VP: Konkrete Bedrohungsszenarien gab es keine. Ich bin kaum aus dem Haus rausgegangen. Ich habe bereits erzählt, dass die Nachbarn erzählt haben, dass jemand nach uns gefragt hat. Eine Bekannte von der Schule hat auch erzählt, dass jemand in der Schule war und nach mir gefragt hätte.

Am 13.12.2018 haben Sie bei einer zweiten Befragung vor dem BFA Folgendes dazu angegeben:

LA: Sie haben das bei der Befragung am Montag angegeben, dass Sie in Aserbaidschan gelebt haben, bis Ihr Mann Sie geheiratet und zu sich nach Usbekistan geholt hätte – ist das so korrekt?

VP: Ja, mein Mann lebte schon in Usbekistan, heiratete mich in Aserbaidschan und nahm mich mit nach Usbekistan.

LA: War das der Grund warum Sie 2004 Aserbaidschan verlassen haben?

VP: Ja, das war wegen der Heirat. Aber ich konnte nicht mehr in Aserbaidschan leben, da mein Mann dort nicht mehr leben konnte.

LA: Welche Staatsangehörigkeit hatte Ihr Ehemann?

VP: Usbekische. Er wollte nicht mehr nach Aserbaidschan zurückkehren. Er ist 1982/83 von dort geflohen.

LA: Was wären damals seine Fluchtgründe gewesen? 

VP: Mein Mann hat eine georgische Schule besucht und abgeschlossen, er war auch sehr aktiv. Er wollte die Traditionen unserer Volksgruppe bewahren und hat auch viele andere Landsleute unterstützt. Er konnte in Aserbaidschan nicht studieren, deshalb reiste er aus.

LA: All diese Probleme hängen mit der Volksgruppenzugehörigkeit zusammen?

VP: Ja und auch wegen Unterstützung von anderen Menschen, die zu unserer Volksgruppe dazugehören.

LA: Welcher islamischen Richtung gehören die Ingiloi an?

VP: Sunnit.

LA: Gibt es bei den Ingiloi auch andere Glaubensströmungen?

VP: Ich kann nur von meiner Familie sprechen – wir sind alle Sunniten – von anderen Glaubensrichtungen habe ich nie etwas gehört.

LA: Können Sie sagen wie viele Ingiloi-Angehörige es in Aserbaidschan etwa gibt? Wie viel prozentuell zur Gesamtbevölkerung?

VP: Ich kann’s nur schätzen – vielleicht sind es 40.000 vielleicht auch 100.000 Personen. In unserem Dorf leben ca. 10.000 Einwohner und fast alle sind Inglioyer. Ich meine da auch andere Glaubensrichtungen – zB Georgier die Christen sind. […]

LA: Haben die Inglioy irgendwelche Bräuche oder Traditionen, die sie von den anderen Muslimen in Aserbaidschan unterscheiden würden?

VP: Wir haben hauptsächlich dieselben Feiertage, wie die anderen Moslems. Wir haben eine traditionelle Küche zum Beispiel.

LA: Wenn Sie jetzt nach Aserbaidschan zurückmüssten, inwiefern würden Sie eingeschränkt sein?

VP: Ich kann auf keinen Fall zurück – eher würde ich hier einen Suizid begehen. Ich kann meinem Enkelkind keinen georgischen Namen geben. Wenn man die georgische Schule besucht hat, kann man danach keinen Job finden. Man wird einfach wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt.

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: In dem Link, was ich Ihnen geschickt habe, gibt es auch ein Video auf Deutsch. In den Informationsblättern von Ihnen steht, dass Aserbaidschan nicht korrupt ist – in diesem Video wird das Gegenteil bewiesen. Aserbaidschan ist eines der korruptesten Länder der Welt. Ich will Ihnen von den fingierten Autounfall erzählen, wo mein Bruder getötet wurde. Er wollte seinem Sohn einen georgischen Namen, XXXX , geben. In der Geburtsurkunde wurde jedoch XXXX eingetragen. Mein Bruder hat immer gegen die Behörden gekämpft. Am Hochzeitstag von meinem Bruder XXXX wurde ein Autounfall für meinen Bruder XXXX inszeniert, bei diesem Autounfall kam er ums Leben, das war am XXXX .2010. Auch er wollte seinem Kind einen georgischen Namen geben. Ich bin auch bei dieser Hochzeit gewesen, aber diese fand nicht statt. Wenn ich in diesem Auto gewesen wäre, wäre ich jetzt nicht mehr am Leben.

(VP ist aufgebracht und hat immer wieder Tränen in den Augen, Anm.)

LA: Wann war der inszenierte Unfall von Ihrem Bruder mit dem Sohn XXXX ?

VP: XXXX ist der Vater vom XXXX .

VP: Auch mein Bruder XXXX von so einem fingiertem Autounfall betroffen gewesen, er hat es aber überlebt. Er war der einzige, der am Leben geblieben ist. Alle anderen Autoinsassen kamen dabei ums Leben.

LA: Sind Ihre Brüder dann gleich geflohen?

VP: XXXX ist gleich nach dem Unfall geflohen, XXXX ist nach dem Tod von XXXX geflohen.

LA: Ist XXXX gleich danach geflohen und wohin?

VP: Er ist nicht gleich ausgereist, sondern anderthalb Jahre später – er hat ja geheiratet – es fand aber wegen des Unfalls keine Hochzeit statt. 2013 wurde mein Mann in XXXX vergiftet und kam ins Krankenhaus. Ende Dezember 2017 wurde er zusammengeschlagen.

LA: Warum haben Sie das bisher in keinen Befragungen erzählt, sondern kommen erst jetzt damit?

VP: Wissen Sie, ich habe so viel zu erzählen und wurde nicht konkret danach gefragt. Deswegen kann ich das nicht erzählen, weil Sie mich unterbrechen. Außerdem wurde mein Mann auch schon vor unserer Heirat zusammengeschlagen, ihm wurde die Nase gebrochen. Ich kann Ihnen da auch Fotos zeigen, wie er davor und danach ausgesehen hat.

LA: Stehen diese Verletzungen Ihrer Meinung nach in Verbindung mit Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit?

VP: Ja, auf jeden Fall. Mein Mann hat andere Ingiloy finanziell unterstützt. Von diesem Geld wurden die Ingiloy in der Heimat unterstützt. Von dem Geld wurden Lehrbücher gekauft. Es gab auch eine Internet-Seite wo die Leute kommuniziert haben.

LA: Diese Verletzungen und das Vergiften hat alles in Usbekistan stattgefunden?

VP: Ja, deshalb kann ich auch dorthin nicht zurückgehen. Wir haben im Jänner 2004 geheiratet. Die Hochzeitsfeier fand in einem Restaurant statt. Aus Angst war mein Mann nicht auf der eigenen Hochzeit anwesend. Er hat nur ein paar Verwandte im Haus seiner Eltern zusammengerufen und dort gefeiert. 2004-2018 war mein Mann nur einmal in seiner Heimat. Das war 2012 bei der Beerdigung seines Bruders für eine Woche

LA: Ihr Mann ist schon 1982/83 aus Aserbaidschan ausgereist, jetzt behaupten Sie dass er wegen der Volksgruppenzugehörigkeit in Usbekistan verletzt, vergiftet und vielleicht sogar getötet worden wäre – wie können Sie das erklären?

VP: Es herrscht Visumsfreiheit, man kann jederzeit ein- und ausreisen. Ich bin überzeugt, dass da aserbaidschanische Behörden dahinter stecken – zB KGB.

LA: Was hätten die aserbaidschanischen Behörden für ein Interesse Angehörige einer derart kleinen Volksgruppe bis ins Ausland zu verfolgen und zu verletzen oder gar zu töten?

VP: Es ist auch eine Territorialfrage, damals war es eine georgische Region. Wenn die Lehrbücher aus Georgien dort verteilen, dann würde man die Menschen auf die georgische Seite ziehen und das will die aserbaidschanische Behörde auf keinen Fall zulassen. Es ist ein Konflikt zwischen Georgien und Aserbaidschan. Es ist kein kriegerischer Konflikt, sondern ein Staatsproblem.

In meinen Nachbarsdörfern, wo früher noch Ingliyisch gesprochen wurde, spricht heute keiner mehr so, sondern alle nur Aserbaidschanisch. 2017 hat uns Ramazan in Tashkent besucht. Seine Familie war mit. Wir haben uns getroffen. Seitdem wurde mein Mann noch mehr verfolgt.

LA: Hat sich jemand dazu bekannt?

VP: Ich weiß nicht, ob die Verfahren noch offen sind – ich habe keine Informationen, dass jemand sich schuldig bekannt hätte.

LA: Wie genau sind die Tötungen durch Autounfälle abgelaufen? Nennen Sie alle technischen Details.

VP: Den Hergang von diesen Unfällen weiß ich nicht, ich weiß auch nicht, ob etwas manipuliert wurde. Wir wollten eine Hochzeit feiern und dann passiert so etwas.

LA: Erklären Sie möglichst genau, wie die Autounfälle fingiert worden sind, wo Verwandte von Ihnen absichtlich getötet worden wären?

VP: Beweise dafür, dass diese Unfälle inszeniert worden sind habe ich nicht. Die beiden haben in Tiflis Medizin studiert, haben auch Beziehungen zum georgischen Ministerium gehabt. Wir haben eine andere Mentalität. Es k

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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