Index
70 SchulenNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung der LehrplanV über Lehrpläne für Berufsschulen hinsichtlich der Einführung des Pflichtgegenstandes "Berufsbezogene Fremdsprache" sowie der Erhöhung der Gesamtstundenzahl für den Lehrberuf Elektroinstallateur nach Aufhebung der die generelle Einführung weiterer Pflichtgegenstände ermöglichenden Bestimmungen des SchulorganisationsG durch den Verfassungsgerichtshof wegen Gesetzwidrigkeit mangels Prüfung der Erforderlichkeit des Unterrichtsgegenstandes für diesen LehrberufSpruch
In der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 26. April 1976 über die Lehrpläne für Berufsschulen, BGBl. Nr. 430/1976, werden in der Anlage A/4/1 (Rahmenlehrplan für die Lehrberufe Elektroinstallateur, Betriebselektriker, Starkstrommonteur), in der Fassung des ArtI Z54 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 27. Juni 1990, mit der die Lehrpläne für Berufsschulen geändert werden, BGBl. Nr. 555/1990, in der Stundentafel als gesetzwidrig aufgehoben:
a) unter der Anführung der Pflichtgegenstände die Wendung "Berufsbezogene Fremdsprache4)" und die Angabe der Stunden "1160 - 1120" sowie die Wendung "Gesamtstundenzahl (ohne Religionsunterricht)" und die Angabe der Stunden "1440",
b) unter der Anführung der Freigegenstände die in runder Klammer stehende Wendung "bzw. als Fortsetzung des Pflichtgegenstandes 'Berufsbezogene Fremdsprache' in der dem halben Jahr entsprechenden Schulstufe".
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 1995 in Kraft.
Der Bundesminister für Unterricht und Kunst ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.
Im übrigen wird der Antrag, soweit er vom Erstantragsteller eingebracht wurde, zurückgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Unterricht und Kunst) ist schuldig dem Erstantragsteller zu Handen seines bevollmächtigten Vertreters die mit 16.500,- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Der Erstantragsteller bildet als Lehrberechtigter Lehrlinge aus, der Zweitantragsteller war (beim Erstantragsteller) Lehrling des Lehrberufes Elektroinstallateur. Beide Antragsteller brachten unter Berufung auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG folgenden (Individual-)Antrag ein:
"Es wird beantragt, die Anlage A Abschnitt III Unterabschnitt C ('Berufsbezogene Fremdsprache') und die Stundentafel in der Anlage A/4/1 (Rahmenlehrplan für die Lehrberufe Elektroinstallateur, Betriebselektriker, Starkstrommonteur) der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst BGBl. 1976/430 über die Lehrpläne der Berufsschulen in der Fassung der Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport BGBl. 1990/555 (ArtI Z11, 54) als gesetzwidrig aufzuheben."
b) Die erste der angefochtenen Verordnungsbestimmungen wurde durch ArtI Z11 der Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 27. Juni 1990, BGBl. 555, mit der die Lehrpläne für Berufsschulen geändert werden, in die Anlage A, Abschnitt III, der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Lehrpläne für Berufsschulen, BGBl. 430/1976, idF mehrerer Novellen, als (neuer) Unterabschnitt C. eingefügt.
Durch die Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst, mit der die Lehrpläne für Berufsschulen geändert werden, BGBl. 757/1994 (Z5), wurde in der Anlage A der Verordnung BGBl. 430/1976 der Abschnitt III neu gefaßt, wobei ua. an die Stelle des durch die Verordnung BGBl. 555/1990 neu eingefügten Unterabschnittes "C. Berufsbezogene Fremdsprache" der Unterabschnitt "D. Berufsbezogene Fremdsprache" trat.
Der Unterabschnitt "C. Berufsbezogene Fremdsprache" der Verordnung BGBl. 430/1976, idF des ArtI Z11 der Verordnung BGBl. 555/1990, - idF der Z5 der Verordnung BGBl. 757/1994 nunmehr Unterabschnitt "D. Berufsbezogene Fremdsprache" - steht in folgendem normativen Zusammenhang:
In ArtI §1 der Verordnung BGBl. 430/1976, in der - hier maßgeblichen - Fassung der Verordnung BGBl. 148/1984, lautet der im gegebenen Zusammenhang bedeutsame Einleitungssatz:
"§1. Für die Berufsschulen, ausgenommen die hauswirtschaftlichen Berufsschulen, sind die in den im folgenden genannten Anlagen enthaltenen Rahmenlehrpläne, jeweils in Verbindung mit Anlage A (mit Ausnahme der darin unter II wiedergegebenen Lehrpläne für den Religionsunterricht), anzuwenden:"
Die Anlage A ist folgendermaßen überschrieben:
"Allgemeines Bildungsziel, allgemeine didaktische Grundsätze und gemeinsame Unterrichtsgegenstände der Berufsschulen".
Der Abschnitt III der Anlage A hat folgende Überschrift:
"Bildungs- und Lehraufgaben, Lehrstoff, didaktische Grundsätze der einzelnen Unterrichtsgegenstände".
Im Abschnitt III der Anlage A gehen dem vormaligen
Unterabschnitt "C. Berufsbezogene Fremdsprache", nunmehr
Unterabschnitt "D. Berufsbezogene Fremdsprache", folgende Unterabschnitte voraus:
"A. Politische Bildung"
"B. Deutsch und Kommunikation"
"C. Betriebswirtschaftlicher Unterricht"
c) Die zweite der angefochtenen Verordnungsbestimmungen - es ist dies die Stundentafel der Anlage A/4/1 (Rahmenlehrplan für die Lehrberufe Elektroinstallateur, Betriebselektriker, Starkstrommonteur) zur Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über die Lehrpläne für Berufsschulen, BGBl. 430/1976, idF mehrerer Novellen, - wurde durch ArtI Z54 der bereits erwähnten Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport, BGBl. 555/1990, neu gefaßt und durch Z7 der Verordnung BGBl. 757/1994 geringfügig geändert. Sie lautet:
"I. Stundentafel
Gesamtstundenzahl: 3 1/2 Schulstufen zu insgesamt
1 440 Unterrichtsstunden (ohne Religionsunterricht), davon in der ersten Klasse 540, in der zweiten Klasse 360, in der dritten Klasse 360 und in der vierten Klasse 180 Unterrichtsstunden
Pflichtgegenstände Stunden
Religion1) 2)
Politische Bildung 80
Betriebswirtschaftlicher Unterricht.........200-240
Wirtschaftskunde mit Schriftverkehr
Rechnungswesen3)
Fachunterricht 1 160-1 120
Berufsbezogene Fremdsprache4)
Grundlagen der Elektrotechnik3)
Fachkunde3)5)
Fachrechnen 3)6)
Fachzeichnen
Laboratoriumsübungen
Gesamtstundenzahl (ohne -------------
Religionsunterricht) 1 440
Freigegenstände
Religion1) 2)
Lebende Fremdsprache (als
zweite Fremdsprache bzw. als
Fortsetzung des
Pflichtgegenstandes 'Berufsbezogene
Fremdsprache' in der dem
halben Jahr entsprechenden
Schulstufe)4)
Unverbindliche Übungen
Leibesübungen
Förderunterricht4)
-------------
1)
2) Siehe Anlage A, Abschnitt II.
3)
Dieser Pflichtgegenstand kann in Leistungsgruppen mit vertieftem Bildungsangebot geführt werden.
4)
Siehe Anlage A, Abschnitt III.
5)
Die Fachkunde kann in folgende Unterrichtsgegenstände geteilt werden: Werkstoff- und Materialkunde, Installationskunde, Licht- und Wärmetechnik, Maschinen- und Gerätekunde, Steuer- und Regeltechnik, Meßkunde.
6) Der Unterrichtsgegenstand 'Fachrechnen' kann in 'Grundlagen der Elektrotechnik' eingebaut werden."
Mit dieser Neufassung wurde ua. die Stundenzahl für den den Pflichtgegenstand "Berufsbezogene Fremdsprache" einschließenden Fachunterricht von 980-940 auf 1160-1120 und die Gesamtstundenzahl (ohne Religionsunterricht) von 1260 auf 1440 erhöht.
3.a) Die Antragsteller erachten die angefochtenen Verordnungsbestimmungen mit näherer Begründung deshalb für gesetzwidrig, weil sie ihrer Ansicht nach in den - hier allein in Betracht kommenden - Bestimmungen des §6 sowie des §47 des Schulorganisationsgesetzes (im folgenden: SchOG) keine Deckung finden.
b) Das SchOG enthält in seinem §6 (in der hier maßgeblichen Fassung der 14. SchOG-Novelle, BGBl. 323/1993; die 15. SchOG-Novelle, BGBl. 512/1993, durch die §6 neuerlich geändert wurde, betrifft nicht den - hier maßgeblichen - Abs4 des §6) Bestimmungen über Lehrpläne, die für alle in diesem Gesetz geregelten Schularten, somit auch für die berufsbildenden Pflichtschulen (Berufsschulen) gelten. Über die Lehrpläne dieser Schulen finden sich besondere Bestimmungen in §47 SchOG.
In §6 Abs1 SchOG (idF der 14. SchOG-Novelle) lautet der erste Satz:
"Der Bundesminister für Unterricht und Kunst hat für die in diesem Bundesgesetz geregelten Schulen Lehrpläne durch Verordnung festzusetzen."
Die Abs2 und 4 (soweit hier von Bedeutung) des §6 SchOG idF der 14. SchOG-Novelle lauten:
"(2) Die Lehrpläne haben zu enthalten:
a)
die allgemeinen Bildungsziele,
b)
die Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Unterrichtsgegenstände und didaktische Grundsätze,
c)
den Lehrstoff,
d)
die Aufteilung des Lehrstoffes auf die einzelnen Schulstufen, soweit dies im Hinblick auf die Bildungsaufgabe der betreffenden Schulart (Schulform, Fachrichtung) sowie die Übertrittsmöglichkeiten erforderlich ist und
e) die Gesamtstundenzahl und das Stundenausmaß der einzelnen Unterrichtsgegenstände (Stundentafel),
f) soweit es schulautonome Lehrplanbestimmungen erfordern, sind Kernanliegen in den Bildungs- und Lehraufgaben oder den didaktischen Grundsätzen oder im Lehrstoff zu umschreiben.
(4) Welche Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, alternative Pflichtgegenstände, verbindliche Übungen, Freigegenstände, unverbindliche Übungen) jedenfalls in den Lehrplänen vorzusehen sind, wird im II. Hauptstück für die einzelnen Schularten festgesetzt. Im Lehrplan kann bestimmt werden, daß zwei oder mehrere der im II. Hauptstück angeführten Pflichtgegenstände als alternative oder als zusammengefaßte Pflichtgegenstände zu führen sind. Überdies können bei Unterrichtsgegenständen, die eine zusammengesetzte Bezeichnung haben, die Teile gesondert oder in Verbindung mit anderen solchen Teilen geführt werden. Darüber hinaus können in den Lehrplänen auch weitere Unterrichtsgegenstände als Pflichtgegenstände, verbindliche Übungen, Freigegenstände (auch Freigegenstände für besonders begabte und interessierte Schüler mit entsprechenden Anforderungen) und unverbindliche Übungen sowie ein Förderunterricht vorgesehen werden. ..."
§47 SchOG (zuletzt geändert durch die 7. SchOG-Novelle, BGBl. 365/1982) hat folgenden Wortlaut:
"§47. Lehrplan der Berufsschulen
(1) Im Lehrplan (§6) der Berufsschulen sind als Pflichtgegenstände vorzusehen:
1. Religion (nach Maßgabe der Bestimmungen des Religionsunterrichtsgesetzes);
2.
Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung;
3.
betriebswirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstände.
(2) An jenen Berufsschulen, an denen Religion nach den Bestimmungen des Religionsunterrichtsgesetzes nicht als Pflichtgegenstand gelehrt wird, ist Religion als Freigegenstand vorzusehen.
(3) In einem, zwei oder drei Pflichtgegenständen im Bereich des betriebswirtschaftlichen und fachtheoretischen Unterrichtes sind zwei Leistungsgruppen vorzusehen. Hievon hat eine Leistungsgruppe die zur Erfüllung der Aufgabe der Berufsschule notwendigen Erfordernisse und die andere ein erweitertes oder vertieftes Bildungsangebot zu vermitteln.
(4) Ferner sind im Lehrplan Leibesübungen als unverbindliche Übung und eine lebende Fremdsprache als Freigegenstand vorzusehen."
c) Auf Grund des SchOG, insbesondere der §§6 und 47, ergingen die (mehrfach novellierte) Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 26. April 1976 über die Lehrpläne für Berufsschulen, BGBl. 430/1976, sowie die Verordnung des (damaligen) Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 27. Juni 1990, mit der die Lehrpläne für Berufsschulen geändert werden, BGBl. 555/1990. Mit der zuletzt genannten Verordnung wurde unter anderem der Pflichtgegenstand "Berufsbezogene Fremdsprache" an den Berufsschulen eingeführt.
4. Die Antragsteller begründen ihre Auffassung, daß die angefochtenen Verordnungsbestimmungen gesetzwidrig seien, insbesondere mit folgenden Ausführungen:
"III.
Vorweg sei betont, daß die Nützlichkeit des Erlernens von Fremdsprachen auch für die Antragsteller auf der Hand liegt und in keiner Weise in Zweifel gezogen wird.
Es war jedoch durch das Gesetz nicht gedeckt und daher gesetzwidrig, durch Verordnung eine berufsbezogene Fremdsprache als Berufsschul-Pflichtgegenstand ohne Prüfung der Erforderlichkeit für jeden einzelnen Lehrberuf generell für alle Lehrberufe einzuführen.
IV.
Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen stützen sich auf die §§6 und 47 des Schulorganisationsgesetzes BGBl 1962/242 (SchOG), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl 1988/327.
a) Die hier maßgeblichen Stellen des §6 Abs3 SchOG idF der 7. SchOG-Novelle BGBl. 1982/365 lauten:
'(3) Welche Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, alternative Pflichtgegenstände, verbindliche Übungen, Freigegenstände, unverbindliche Übungen) in den Lehrplänen vorzusehen sind, wird in den Bestimmungen des II. Hauptstückes für die einzelnen Schularten festgesetzt. ... Darüber hinaus können in den Lehrplänen auch weitere Unterrichtsgegenstände als Freigegenstände und unverbindliche Übungen sowie ein Förderunterricht vorgesehen werden. ...'
b) Der §47 SchOG wurde durch die 5. SchOG-Novelle BGBl 1975/323 neu gefaßt. Im Abs1 entfiel die Unterscheidung zwischen gewerblichen und kaufmännischen Berufsschulen. Diese Bestimmung hatte fortan zu lauten:
'(1) Im Lehrplan (§6) der Berufsschulen sind als Pflichtgegenstände vorzusehen:
1. Religion (nach Maßgabe der Bestimmungen des Religionsunterrichtsgesetzes);
2. Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung;
3. betriebswirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstände.'
Weiters wurde dem §47 durch die 5. SchOG-Novelle folgender Abs3 angefügt:
'(3) als Freigegenstände sind Leibesübungen und lebende Fremdsprache vorzusehen.'
Durch die 7. SchOG-Novelle BGBl 1982/365 wurde der bisherige §47 Abs3 als nunmehriger Abs4 wie folgt gefaßt:
'(4) Ferner sind im Lehrplan Leibesübungen als unverbindliche Übung und eine lebende Fremdsprache als Freigegenstand vorzusehen.'
V.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der 5. SchOG-Novelle (488 BlgNR. 13.GP) heißt es zur Änderung des §47:
'Entsprechend den Ausführungen unter a) entfällt auch in §47 eine Trennung der Lehrplanbestimmungen für 'gewerbliche' und 'kaufmännische' Berufsschulen. Die einheitliche Regelung wird jener nachgebildet, die derzeit für die gewerblichen Berufsschulen gilt. Dabei soll jedoch eine etwas flexiblere Gestaltung gewählt werden, um den verschiedenen Erfordernissen der einzelnen Lehrberufe im Lehrplan Rechnung tragen zu können. Daher wird statt der Anführung der Pflichtgegenstände 'Staatsbürgerkunde' oder 'Deutsch' die Formulierung 'Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung' gewählt.
Vielfach an das Bundesministerium für Unterricht und Kunst herangetragenen Wünschen entsprechend wird überdies vorgesehen, daß im Lehrplan Leibesübungen und lebende Fremdsprachen als Freigegenstände vorzusehen sind.'
Die Materialien zur 5. SchOG-Novelle, wonach
-
der Begriff 'Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung' an die Stelle der Pflichtgegenstände 'Staatsbürgerkunde' oder 'Deutsch' getreten ist, um in einer 'etwas flexibleren Gestaltung' den verschiedenen Erfordernissen der einzelnen Lehrberufe im Lehrplan Rechnung tragen zu können, und gleichzeitig
-
eine lebende Fremdsprache als Freigegenstand eingeführt wurde,
schließen es sowohl bei einer historischen wie auch bei einer systematischen Interpretation völlig aus, unter der Etikette 'berufsbezogene Fremdsprache' eine lebende Fremdsprache unter die im Lehrplan vorgesehenen Pflichtgegenstände - sei es als Unterrichtsgegenstand der Allgemeinbildung (Z2), sei es als betriebswirtschaftlichen oder für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstand (Z3) - zu subsumieren.
Die Materialien machen klar, daß die vom Gesetzgeber beabsichtigte Flexibilität eine Berücksichtigung der Erfordernisse einzelner Lehrberufe ermöglichen sollte, keineswegs aber eine Grundlage bilden wollte, generell und pauschal für alle Lehrberufe einen neuen Pflichtgegenstand einzuführen.
Speziell für die lebenden Fremdsprachen bringt der Gesetzgeber klar zum Ausdruck, daß er sie - geäußerten Wünschen entsprechend - als Freigegenstand und nicht unterschiedslos für alle Lehrberufe als Pflichtgegenstand haben will.
VI.
Eine zusätzliche Stütze findet dieses Argument im §6 Abs3 SchOG, dessen hier wesentliche Teile auch schon in der 5. SchOG-Novelle lauteten:
'(3) Welche Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, alternative Pflichtgegenstände, Freigegenstände, unverbindliche Übungen) in den Lehrplänen vorzusehen sind, wird in den Bestimmungen des II. Hauptstückes für die einzelnen Schularten festgesetzt. ... Darüber hinaus können in den Lehrplänen auch weitere Unterrichtsgegenstände als Freigegenstände und unverbindliche Übungen sowie ein Förderunterricht vorgesehen werden.'
Daraus geht hervor, daß der Gesetzgeber der 5. SchOG-Novelle die Gegenstände als im Gesetz verhältnismäßig fest umschrieben ansah, wobei er für Freigegenstände und unverbindliche Übungen - also nicht für Pflichtgegenstände - die Einführung weiterer Unterrichtsgegenstände durch den Verordnungsgeber ermöglichen wollte (wie immer dies unter dem Blickwinkel des Art18 B-VG zu beurteilen ist).
Die Systematik des §6 Abs3 SchOG idF der 5. Novelle unterstreicht somit, daß eine so wesentliche Einführung wie die einer berufsbezogenen Fremdsprache als Pflichtgegenstand für alle Lehrberufe nicht dem Verordnungsgeber überlassen bleiben sollte und daß ein solcher Schritt nur mit einer Änderung des Gesetzes zulässig wäre.
VII.
Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat zum Entwurf der Verordnung BGBl 1990/555 folgende Stellungnahme abgegeben, die von den Antragstellern aufgegriffen und zum Inhalt dieses Antrages gemacht wird:
'Der vorliegende Verordnungsentwurf, mit dem für alle Rahmenlehrpläne eine allgemeine Berufsschulzeitausweitung durch Aufnahme des Pflichtgegenstandes Englisch als 'Berufsbezogene Fremdsprache' bzw. durch zusätzliche Vermittlung fachspezifischer Inhalte vorgesehen ist, bringt unserer Meinung nach keinerlei bildungspolitische Vorteile. Allein die Einführung einer berufsbezogenen Fremdsprache für alle Lehrberufe, ohne Prüfung der Notwendigkeit für die einzelnen Lehrberufe, sowie die Verlängerung des Fachunterrichtes um 60 Stunden für die 3-, 3 1/2- und 4-jährigen Lehrberufe ohne Angabe von Lehrstoffinhalten läßt erkennen, daß es hier nicht um bildungspolitische Notwendigkeiten geht, sondern um die Verlängerung der Berufsschulzeit um jeden Preis. Verstärkt wird unsere Annahme noch dadurch, daß bei Lehrberufen, bei denen im Lehrplan derzeit bereits ein Fremdsprachenunterricht vorgesehen ist - es sind dies Koch, Kellner, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Einzelhandelskaufmann, Großhandelskaufmann, Buchhändler, Drogist, Fotokaufmann, Musikalienhändler, Reisebüroassistent, Spediteur, Friseur und Perückenmacher - laut 'Erläuterungen' ebenfalls eine Berufsschulzeitausweitung von 180 Unterrichtsstunden vorgesehen werden soll.
Die Einführung einer berufsbezogenen Fremdsprache als Pflichtgegenstand in den Berufsschullehrplänen wird in den 'Erläuterungen' zu diesem Entwurf als vordringliche bildungspolitische Aufgabe dargelegt. Als Motive für die Einführung werden die internationale Wirtschaftsverflechtung, die Bestrebungen Österreichs nach einer Teilnahme am europäischen Markt, sowie die Tatsache, daß ab Herbst 1990 Pflichtschulabsolventen an die Berufsschule kommen, die Englischkenntnisse aus 7 Jahren Englischunterricht (Volks- und Hauptschulen, PTL) mitbringen, angeführt. Diese Begründung für die Einführung eines berufsbezogenen Englischunterrichtes für alle Lehrberufe ist unserer Meinung nach keineswegs überzeugend und bildungspolitisch begründet. Es ist vielmehr zu befürchten, daß es bei dem berufsbezogenen Fremdsprachenunterricht für alle Lehrberufe zu einer de-facto-Fortführung des in mehrfacher Hinsicht unbefriedigenden Pflichtschulunterrichtes kommen wird. Wir sind nach Durchsicht des gesamten Entwurfes zur Ansicht gelangt, daß sowohl die Einführung des berufsbezogenen Fremdsprachenunterrichtes für alle Lehrberufe als auch des vermehrten Fachunterrichtes die offensichtliche Absicht bzw. Vorwand für eine Ausweitung der Berufsschulzeit für alle Lehrberufe darstellt. Wir lehnen daher den Entwurf in der vorliegenden Form entschieden ab und legen nachstehend weitere Gründe dar:
* Wenn man im Pflichtgegenstand 'Berufsbezogene Fremdsprache' im Lehrplanentwurf einerseits die Bildungs- und Lehraufgabe und andererseits den Lehrstoff durchsieht, kommt man zu dem Schluß, daß der überwiegende Teil des Lehrstoffes dem allgemeinbildenden Englisch zuzurechnen ist. Die wenigen, für die einzelnen Berufe angeführten berufsbezogenen Lehrstoffinhalte, rechtfertigen jedenfalls nicht die Einführung eines Pflichtgegenstandes 'Berufsbezogene Fremdsprache' in allen Lehrberufen.
* Neben den Lehrberufen, bei denen im Lehrplan derzeit eine oder zwei Fremdsprachen vorgesehen sind, wird nunmehr ein berufsbezogener Fremdsprachenunterricht als Pflichtgegenstand für alle Lehrberufe in Aussicht gestellt. Hiebei wurde in keiner Weise berücksichtigt, daß Englisch als berufsbezogene Voraussetzung als eigener Pflichtgegenstand für viele Lehrberufe gar nicht erforderlich ist, wie etwa für Lehrberufe des Baugewerbes oder der Metallbranche, um nur einige anzuführen.
* Nicht überprüft wurde auch vom do Ministerium, ob bei allen Lehrberufen das gleiche Stundenausmaß von insgesamt 120 Stunden für die Vermittlung der Fremdsprache erforderlich ist. Wie beispielsweise in der betrieblichen Praxis festgestellt werden konnte, hat sich für die Erlernung von Englisch für Lehrlinge eine Kursstunde im Abstand von 14 Tagen bestens bewährt. Auch im Zusammenhang mit dem Lehrplan für den Lehrberuf Spediteur, der seit vielen Jahren einen Unterricht in englischer Sprache mit nur insgesamt 80 Stunden vorsieht, wobei hier ein relativ hohes Niveau für Lehrlinge erreicht wird, zeigt sich, daß das vorgesehene Stundenausmaß von 120 Stunden nicht von vornherein erforderlich ist.
* Laut 'Erläuterungen' ( S 3), ist eine Berufsschulzeitausweitung auch für jene Lehrberufe vorgesehen, bei denen derzeit bereits in den Lehrplänen 'Englisch' als Unterrichtsgegenstand vorgesehen ist. Auch bei den Lehrberufen 'Papiermacher' sowie bei den graphischen Lehrberufen wird die Berufsschulzeit - zwar in geringerem Ausmaß als bei den übrigen Lehrberufen - ausgedehnt. Offensichtlich erfolgt dies nur, um die geplante Ausweitung des Berufsschulunterrichtes um 180 Unterrichtsstunden auch bei diesen Lehrberufen, bei denen dzt bereits eine Berufsschulausweitung besteht, zu erreichen. Bei all diesen Lehrberufen wurde jedoch offensichtlich nicht geprüft, ob sachliche und fachliche Notwendigkeiten eine Berufsschulzeitausweitung rechtfertigen.
* Überhaupt nicht zur Diskussion gestellt wurde vom Unterrichtsministerium die Frage der Unterweisung von Gastarbeiterkindern, von Sonderschülern im berufsbezogenen Fremdsprachenunterricht bzw welche Maßnahmen hier zu treffen wären. Auch für Schüler, die eine andere lebende Fremdsprache als Englisch in der Pflichtschule erlernt haben, wird keine Regelung getroffen. Darüber hinaus läßt die ggsst Novelle überhaupt völlig offen, welche Fremdsprache nun tatsächlich im Gegenstand 'Berufsbezogene Fremdsprache' erlernt werden soll. Lediglich in den 'Erläuterungen' wird Englisch als zu erlernende Sprache erwähnt.
* Hinsichtlich jener Schüler, die keine oder nur geringe Vorbildung in der Fremdsprache haben, versucht das do Ressort zumindest einen Lösungsvorschlag, wobei es in den didaktischen Grundsätzen zum Pflichtgegenstand 'Berufsbezogene Fremdsprache' heißt: 'Zur Verbesserung der Chancen von Schülern, die keine oder nur geringe Vorbildung in der Fremdsprache haben, tritt bei der Vermittlung des Lehrstoffes die Leistungsbeurteilung in den Hintergrund. Das Schwergewicht des Unterrichtes für diese Schüler liegt auf der Vermittlung der sprachlichen Grundfertigkeiten'. Dies würde bedeuten, daß Schüler mit mangelnden oder keinen Kenntnissen in der englischen Fremdsprache - und Untersuchungen zeigen, daß nach wie vor Mängel bei den Englischkenntnissen der Pflichtschüler bestehen - keinen berufsbezogenen Englischunterricht erhalten würden, da ja das Schwergewicht des Unterrichtes für diese Schüler auf der Vermittlung der sprachlichen Grundfertigkeiten liegen soll. Es erhebt sich somit die Frage, weshalb dann für alle Lehrberufe ein pflichtiger berufsbezogener Fremdsprachenunterricht vorgesehen wird. Wir vertreten jedenfalls die Meinung, daß die pflichtige Einführung eines derartigen Gegenstandes für alle Schüler bedingen müßte, daß diese auch aufgrund ihrer Vorkenntnisse der Vermittlung der wesentlichen Lehrstoffinhalte folgen können bzw gewährleistet ist, daß die Berufsschule auf dem Niveau des Pflichtschulabschlusses bauen kann. Für die Bundeswirtschaftskammer ist es jedenfalls unakzeptabel, bei einem leistungsorientierten Pflichtgegenstand wie 'Berufsbezogene Fremdsprache' bei der Leistungsbeurteilung sozusagen Abstriche zu machen. Es müßten daher für diese Schülergruppen entsprechende Sonderregelungen vorgesehen werden. Jedenfalls zeigt dieser Lösungsvorschlag des do Ministeriums, daß es dem Unterrichtsressort offensichtlich in erster Linie nicht um die Vermittlung der berufsbezogenen Fremdsprachenkenntnisse geht, sondern um eine Ausweitung der Berufsschulzeit.
* Die hier vorgeschlagene 'Eintopflösung' für den berufsbezogenen Fremdsprachenunterricht läßt auch vermuten, daß man derzeit kaum mit einer fundierten Ausbildung rechnen kann. Bis heute wurde vom Unterrichtsministerium keine Maßnahme gesetzt, die die Schulung eines geeigneten Lehrpersonals vorsehen würde. Sprachlehrer, die allgemeinbildendes Englisch vermitteln können, sind unserer Meinung nach für die Vermittlung von berufsbezogenen Englischkenntnissen nicht geeignet. Da sie zu den einzelnen Berufen keine Beziehung haben. Fachlehrer hingegen besitzen meist nicht die nötigen Sprachkenntnisse und Ausbildung für die Vermittlung der Fremdsprache. Wir halten es daher für verantwortungslos, für alle Lehrberufe einen Pflichtgegenstand 'Berufsbezogene Fremdsprache' vorzusehen, ohne rechtzeitig für geeignetes Lehrpersonal Vorsorge zu treffen.
* Die Bundeswirtschaftskammer hat auch erhebliche rechtliche Bedenken gegen die pflichtige Einführung von Englisch an den Berufsschulen in der vorgesehenen Form einer bloßen Lehrplanverordnung. Der Inhalt der Lehrpläne der Berufsschulen ist im §47 des Schulorganisationsgesetzes grundsätzlich geregelt. §47 Abs1 zählt in taxativer Weise die vorzusehenden Pflichtgegenstände auf. Dies sind: Religion (nach Maßgabe der Bestimmungen des Religionsunterrichtsgesetzes);
Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung;
betriebswirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstände. §47 Abs4 sieht die lebende Fremdsprache ausdrücklich als Freigegenstand vor.
Nun ist wohl nicht zu bezweifeln, daß in jenen Lehrberufen, wo die Beherrschung einer Fremdsprache (insb Englisch) unmittelbar zur Berufsausübung gehört - so insb in verschiedenen Dienstleistungsberufen, bei denen Englisch bereits heute vorgesehen ist - die Aufnahme dieser Fremdsprache in den Lehrplan der Berufsschule durch den §47 Abs1 Z3 ('betriebswirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstände') gedeckt ist. In all jenen Berufen, wo diese Voraussetzung jedoch nicht zutrifft, ist der diesbezügliche Lehrplaninhalt jedenfalls durch §47 Abs1 Z3 Schulorganisationsgesetz nicht gedeckt.
Als Unterrichtsgegenstand der 'Allgemeinbildung' (iSd §47 Abs1 Z2 SchOG) kann die Fremdsprache - jedenfalls nach dem bisherigen Verständnis des §47 SchOG - nicht aufgefaßt werden. Einer solchen Interpretation steht die eindeutige Formulierung des §47 Abs4 entgegen, welcher die lebende Fremdsprache in der berufsbildenden Pflichtschule als Freigegenstand vorsieht.
Nach Auffassung der Bundeswirtschaftskammer bedürfte daher die Einführung einer nicht unmittelbar zur Berufsausübung gehörenden und für diese notwendigen Fremdsprache als Pflichtgegenstand der Berufsschule einer entsprechenden Novellierung des §47 SchOG. Ohne eine solche wird daher die Einführung von Englisch als Pflichtgegenstand in der Berufsschule in sehr vielen der betroffenen Berufe ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erfolgen und damit erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken ausgesetzt sein.
* Wie bereits eingangs darauf hingewiesen, sind für die 3-, 3 1/2- und 4-jährigen Lehrberufe neben den 120 Stunden für den Fremdsprachenunterricht zusätzlich für die Vermittlung fachspezifischer Inhalte noch weitere 60 Unterrichtsstunden vorgesehen. Auch hier wird für alle Lehrberufe ohne Überprüfung, ob für die Vermittlung fachspezifischer Inhalte bei den einzelnen Lehrberufen überhaupt die Notwendigkeit besteht, generell eine Stundenausweitung im Ausmaß von 60 Stunden vorgesehen. Die Einführung dieses Fachunterrichtes erfolgt ohne Fühlungnahme mit der Wirtschaft und ohne, daß Vorschläge unterbreitet worden wären. Wir möchten bei dieser Gelegenheit auch festhalten, daß die im Vorblatt zu diesem Entwurf getroffene Feststellung, daß die Verhandlungen in dem vorliegenden Entwurf ihren Niederschlag gefunden hätten, nicht nur nicht richtig ist, sondern jeglicher Grundlage entbehrt. Gespräche wurden lediglich in 7 Berufen, nämlich Maschinenschlosser, Werkzeugmacher, Radio- und Fernsehmechaniker, Elektromechaniker für Schwachstrom, Bürokaufmann, Einzelhandelskaufmann, Industriekaufmann auf Expertenebene geführt, wobei auch hier weitgehend keine Einigung erzielt werden konnte.
Diese beabsichtigte Ausweitung des Fachunterrichtes um 60 Unterrichtsstunden entbehrt jeglicher sachlicher Begründung seitens des do Ministeriums und enthält darüber hinaus keinerlei Vorschläge bzgl der zu vermittelnden Lehrstoffinhalte. Für die Vermittlung fachspezifischer Inhalte wurden beispielhaft lediglich neue Technologien, deutsche Sprachkenntnisse, verkaufskundliche Fertigkeiten sowie Informatikkenntnisse angeführt. Ein Begutachtungsverfahren ohne Kenntnis des genauen Inhaltes der Fachtheorie bei den einzelnen Lehrberufen, die vermittelt werden sollen, läßt nicht nur an seiner Sinnhaftigkeit zweifeln, sondern vor allem auch an der Gesetzmäßigkeit dieses Entwurfes. Darüber hinaus zeigt auch hier die bloße Ausweitung des Berufsschulunterrichtes ohne Angabe konkreter Lehrstoffinhalte, daß es dem Unterrichtsministerium offensichtlich nur um die Berufsschulzeitausweitung geht und nicht um die Vermittlung fachlicher Kenntnisse.
* In dem bereits genannten Vorblatt zum vorliegenden Entwurf wird als Alternative zu den vorgeschlagenen Rahmenlehrplänen lediglich bemerkt, daß die Beibehaltung des derzeitigen Zustandes keine echte Alternative darstelle. Wir bedauern es, daß das Ministerium nicht einmal den Versuch gemacht hat, die Möglichkeit der Vermittlung der Fremdsprachenkenntnisse ohne Ausweitung der Berufsschulzeit zu überprüfen bzw eine entsprechende Durchforstung der derzeitigen Lehrpläne vorzunehmen. Wie konkrete Beispiele zeigen, ist es durchaus möglich, eine lebende Fremdsprache auch ohne Ausweitung der Berufsschulzeit zu unterrichten. Derzeit erfolgt beispielsweise bereits eine fremdsprachliche Ausbildung ohne Berufsschulzeitausweitung in den Lehrberufen Koch, Kellner, Hotel- und Gastgewerbeassistent, sowie Reisebüroassistent, um nur einige zu nennen. Dafür, daß es darüber hinaus sehr wohl Alternativen gibt, die den Unterrichtsertrag der Berufsschule erhöhen könnten, um damit auch moderneren Anforderungen gerecht zu werden, sei beispielhaft die verbesserte Ausbildung der Pflichtschüler bzw die Anhebung der Schulabgängerqualifikation dieser Schulen genannt, sowie auch die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen in der Berufsschule und eine verbindliche regelmäßige Lehrerfortbildung.
Aus all den angeführten Gründen lehnen wir den vorliegenden VO-Entwurf entschieden ab, insb die generelle Berufsschulzeitausweitung für einen berufsbezogenen Fremdsprachenunterricht ohne jegliche Differenzierung nach Lehrberufen, sowie die generelle Ausweitung des Fachunterrichtes bei den 3-, 3 1/2- und 4-jährigen Lehrberufen, wobei nicht einmal Lehrstoffinhalte angegeben und auch hier keine Differenzierungen nach Lehrberufen vorgenommen wurden."
5. Der Bundesminister für Unterricht und Kunst verteidigt die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen mit folgenden Ausführungen:
"1. Zur gesetzlichen Grundlage für die Einführung des Pflichtgegenstandes Berufsbezogene Fremdsprache durch Verordnung
Die Antragsteller berufen sich primär auf §6 Abs3 SchOG und §47 SchOG in der Fassung der 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle, der in einem Absatz 3 die lebende Fremdsprache als Freigegenstand vorsieht und schließen daraus, daß die Einführung eines Pflichtgegenstandes Lebende Fremdsprache ohne Gesetzesänderung unzulässig und damit gesetzes- und verfassungswidrig sei.
Dazu darf bemerkt werden:
a) Der Freigegenstand Lebende Fremdsprache wurde zu Beginn der 70-er Jahre durch die 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle, wie die Erläuterungen ausführen, aufgrund vielfacher an das Bundesministerium für Unterricht und Kunst herangetragener Wünsche eingeführt. Seine gesetzliche Grundlage ist §47 Abs3 SchOG (nunmehr §47 Abs4 SchOG). Der Freigegenstand Lebende Fremdsprache wird auch nach Einführung der Berufsbezogenen Fremdsprache weiterhin geführt, stellt also nach wie vor ein zusätzliches freiwilliges Bildungsangebot für Berufsschüler dar und ist daher mit einem Pflichtgegenstand nicht vergleichbar.
Gemäß §6 Abs3 SchOG kann der Verordnungsgeber (im Hinblick auf das Bildungsziel der betreffenden Schulart und §2 SchOG) Lehrpläne für Freigegenstände erlassen. In Form einer lex specialis verpflichtete der Gesetzgeber anläßlich der 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle den Bundesminister für Unterricht und Kunst eine lebende Fremdsprache als Freigegenstand vorzusehen. D.h. der Wille des Gesetzgebers war ausschließlich darauf gerichtet das Freigegenstandsangebot der Berufsschule in einem Mindestausmaß festzulegen.
b) §46 SchOG definiert die Aufgabe der Berufsschule (= Allgemeines Bildungsziel der Berufsschule) so:
'....in einem berufsbegleitenden fachlich einschlägigen Unterricht den berufsschulpflichtigen Personen die grundlegenden theoretischen Kenntnisse zu vermitteln, ihre betriebliche Ausbildung zu fördern und zu ergänzen sowie ihre Allgemeinbildung zu erweitern'.
Die Aufgabe der Berufsschule (§46 SchOG) ist das generelle Ziel, an dem sich der Verordnungsgeber bei der Lehrplanerlassung orientieren muß. §46 SchOG und alle von ihm abgeleiteten Rechtsvorschriften müssen jede für sich gesehen die Aufgabe der Österreichischen Schule (§2 SchOG) erfüllen, dazu zählt auch 'die Jugend mit dem für das Leben und den künftigen Beruf erforderlichen Wissen und Können auszustatten'. Darüberhinaus sind auch die anderen Bestimmungen des I. Hauptstückes des Schulorganisationsgesetzes maßgebend ('Allgemeine Bestimmungen über die Schulorganisation'). Dazu zählt auch §6 SchOG, die allgemeine Lehrplangrundlage für die Berufsschullehrpläne - diese Bestimmung definiert die Lehrplanbestandteile (allgemeine Bildungsziele, Bildungs- und Lehraufgaben der einzelnen Unterrichtsgegenstände, (Lehrstoff und) Aufteilung des Lehrstoffes auf die einzelnen Schulstufen sowie Gesamtstundenzahl und Stundenausmaß der einzelnen Unterrichtsgegenstände (Stundentafel) und enthält für den Bundesminister für Unterricht und Kunst die Ermächtigung für die im Schulorganisationsgesetz geregelten Schularten Lehrpläne durch Verordnung zu erlassen. Welche Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, verbindliche Zbungen, Freigegenstände, unverbindliche Übungen) in den Lehrplänen vorzusehen sind, wird in den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Schulorganisationsgesetzes festgesetzt (§6 Abs3 SchOG). Siehe auch die Materialien zum Schulorganisationsgesetz (RV) 733 Blg Sten Prot NR IX.GP zu §6:
'Im Hinblick auf Art18 Abs1 und 2 der Bundesverfassung wurde die Verordnungsermächtigung so gefaßt, daß sie im Zusammenhalt mit den sonstigen Bestimmungen über die einzelnen Schularten, vor allem deren Bildungsaufgaben und Lehrplan, einen klaren Rahmen für den Verordnungsgeber bereits im Gesetz vorzeichnet.'
Das II. Hauptstück, näherhin §47 SchOG nimmt nicht die Aufzählung einzelner Pflichtgegenstände vor (wie z.B. die Lehrplangrundlage für die Allgemeinbildenden höheren Schule, §39 SchOG), sondern zählt zwei Pflichtgegenstandsgruppen auf und zwar:
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Unterrichtsgegenstände der Allgemeinbildung sowie
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betriebswirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoretischen und praktischen Unterrichtsgegenstände.
Die Berufsbezogene Fremdsprache ist der zweiten Gegenstandsgruppe zuzurechnen.
c) Die gesetzlichen Grundlagen für die Lehrpläne im gesamten berufsbildenden Schulwesen sind, um durch Lehrplanverordnung rasch auf die sich kontinuierlich ändernden Anforderungen der Wirtschaft reagieren zu können dort weit gefaßt, wo es um die schulische Nahtstelle zur Wirtschaft geht, nämlich im Pflichtgegenstandskatalog des für die Berufsausbildung pflichtigen Bildungsangebots, so z.B. §60 SchOG für die Handelsschule ('die im Hinblick auf die künftige Berufstätigkeit erforderlichen naturwissenschaftlichen, fachtheoretischen, praktischen, betriebswirtschaftlichen und berufskundlichen Unterrichtsgegenstände'). Eine weitere primäre gesetzliche Grundlage ist daher auch immer das Bildungsziel der betreffenden Schulart.
d) Bei der Ausbildung im Lehrberuf durch die Berufsschule können diese gesetzlichen Grundlagen schulorganisationsrechtlicher Art nicht isoliert betrachtet werden - die Berufsschule ist ein Teil der dualen Ausbildung im Lehrberuf und muß auf den anderen Teil der dualen Ausbildung, die betriebliche Ausbildung, Bedacht nehmen:
§5 des Berufsausbildungsgesetzes definiert den Lehrberuf als Tätigkeiten,
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die eine der Gewerbeordnung unterliegende Beschäftigung zum Gegenstand haben,
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die geeignet sind im Wirtschaftsleben den Gegenstand eines Berufes zu bilden und
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deren sachgerechte Erlernung mindestens 2 Jahre erfordert
oder
Tätigkeiten,
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die hinsichtlich der Berufsausbildung der Gesetzgebung und Vollziehung des Bundes unterliegen
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bei denen die Ausbildung als Lehrling zweckmäßig ist
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die geeignet sind im Wirtschaftsleben den Gegenstand eines Berufes zu bilden und
-
deren sachgerechte Erlernung mindestens 2 Jahre erfordert
Der Wirtschaftsminister wird durch §7 des Berufsausbildungsgesetzes ermächtigt, durch Verordnung eine Lehrberufsliste zu erlassen. In der Lehrberufsliste sind die Lehrberufe und die Dauer der Lehrzeit festzusetzen.
Gemäß §8 des Berufsausbildungsgesetzes hat der Wirtschaftsminister durch Verordnung für die einzelnen Lehrberufe Ausbildungs